Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

(Zuruf von der PDS: Frage!)

Die Frage kommt gleich. Geduld!

... und was dann sicherlich – da haben Sie auch Recht – Ersatz war für Geld, früher Landleistung. Aber wissen Sie eigentlich, dass der Begriff „Orden“ eine weit längere Tradition, eine über tausendjährige hat, dass er Ausdruck einer Gleichgesinnung ist? Ich erinnere an die früheren Ritterorden und ähnliche.

Ich bitte um eine kurze Frage.

Ich muss die Frage so formulieren, weil es im Sachzusammenhang steht.

Wissen Sie eigentlich, Herr Dr. Schoenenburg, dass der ursprüngliche Sinn eines Ordens eine Gleichgesinnung verschiedener Menschen ist? Und wenn wir mit diesem Orden Gleichgesinnung erreichen, dürfte das dem ursprünglichen Ansatz näher kommen. Wissen Sie das und würde das für Sie die Sache in ein neues Licht rücken, wenn es nicht um die äußere Betrachtung geht, sondern um die innere Überzeugung, zu einem Kreis zu gehören, der sich für dieses Land besonders einsetzt?

Herr Dr. Körner, ich habe Ihre lange Frage sehr wohl gehört und verweise darauf, dass ich gerade zu diesem Thema meinen Einstieg gewählt habe. Ich sage es noch einmal: Der Ursprung des Ordens liegt nach dem Staatslexikon von 1961 in dem Beginn der Neuzeit, als fürstliche Heerführer ihren verdienten Unterführern Schaumünzen mit Bild und Wappen des Fürsten verliehen. Sie konnten damit die vordem üblichen Geldgeschenke einsparen. Das ist der Ursprung und das andere ist die Legende.

Das ist e i n Ursprung.

Das ist d e r Ursprung. Also Sie wollen doch jetzt hier wohl nicht mit dem Staatslexikon polemisieren?!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich halte mich ans Amtliche, da bin ich staatstragend genug. Also halte ich mich an diese Definition und ich finde sie auch völlig zutreffend. Und ich denke, dass es wenig Sinn macht, auch wenn ich Ihrem Gedanken folgen möchte, einen auserwählten Kreis von 100 Menschen in einen erlauchten Kreis sozusagen auch offiziell aufzunehmen. Was soll denn das, wenn ich das Ehrenamt in Mecklenburg-Vorpommern stärken will? Dann muss ich mir etwas einfallen lassen, was wirklich die tausenden hier im Land wirklich unermüdlich tätigen Ehrenamtlichen – vom Laubenpieper, Kleingärtner über den Anglerverband bis zur Feuerwehr oder sonst wohin – wirklich bedenkt,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

nämlich Otto Normalverbraucher, der außen vor stehen bleibt bei der jetzigen Konstruktion.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Dr. Schoenenburg.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Friese von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einer demokratisch verfassten Gesellschaft sind Orden nicht unumstritten. Orden heben Personen aus der Masse heraus. Häufig stellte man diese dann auf einen Sockel, zu dem das Volk aufschauen sollte. Die deutsche Geschichte kennt mehr als genug Beispiele für diese Praxis, die man auch Heldenverehrung nennen kann. Mit diesen Absichten hat der vorgelegte Gesetzentwurf der Landesregierung nichts zu tun.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD)

Sein Ansatz ist nicht Verehrung, sondern Dank sagen. Das sollte in einer demokratischen Republik nicht als störend empfunden werden, im Gegenteil. Eine Demokratie lebt vom Engagement seiner Bürger für das Allgemeinwohl, und genau hier setzt der Orden an. Dieser Verdienstorden soll an Personen – es wurde bereits ausgeführt – verliehen werden, die sich in besonderer Weise um das Land verdient gemacht haben. Es handelt sich allein um eine ideelle Anerkennung ohne materielle Zuwendung an die Ausgezeichneten. Damit kann ich nicht nur leben, nein, ich begrüße diesen Orden.

Meine Damen und Herren, nehmen wir Politiker doch bitte zur Kenntnis, Landesidentität und Stolz auf Geschaffenes sind doch Befindlichkeiten, denen wir nicht ablehnend gegenüberstehen, sondern die wir befördern sollten.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das ist ein sehr bekanntes Vorhaben. Ich bin stolz auf das Geleistete.)

Und so wenig, wie die Mühen ehrenamtlichen Engagements nur verstandesmäßig geleistet werden, mit harter Arbeit verbunden sind und oft emotional erfahren werden, so kann die Anerkennung dieses Engagements und der Dank nicht nur rational und mit einem Wort abgegolten werden. Unterschätzen wir die emotionale Dimension und öffentliches Aufsehen von Danksagungen für gesellschaftliches Engagement nicht! Wer in außergewöhnlicher Weise Leistungen für das Land und seine Menschen erbringt, hat Anspruch darauf, anerkannt zu werden. Das Land sagt mit diesem Orden nicht nur Dank, meine Damen und Herren, es ermutigt auch Hiesige wie Auswärtige, konkrete Leistungen für Mecklenburg-Vorpommern zu erbringen. Der Ministerpräsident ist gut beraten, diesen Verdienstorden künftig in würdiger Weise zu verleihen.

Meine Damen und Herren, ein Problem habe ich mit diesem Orden allerdings doch. Und hier möchte ich anknüpfen, an das, was Herr Schoenenburg gesagt hat. In Paragraph 3 der Begründung wird Auskunft gegeben darüber, dass der Orden sich an den Greifen-Orden des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin anlehnt. Dieser wurde ab 1904 als Großherzoglich Mecklenburgischer Greifen-Orden verliehen. Nun wäre nichts verfehlter, als dem Ministerpräsidenten das Anknüpfen an feudale oder monarchische Bestrebungen zu unterstellen. Ich weiß, das Gegenteil ist der Fall. Dennoch sollte geprüft werden

und wir werden ja im Ausschuss Gelegenheit haben –, ob in dieses Ordensverleihungsunternehmen nicht auch die reichen demokratischen Traditionen unseres Landes, die es ja gibt, mit einbezogen werden können.

Herr Dr. Schoenenburg, ganz abschneiden möchte ich diese – die großherzoglichen – Traditionen im Unterschied zu Ihnen vielleicht nicht. Ich meine, wir sollten die Traditionen annehmen, die auf uns überkommen sind. Wesentlich ist doch, wie wir damit umgehen und wie wir unsere demokratischen Traditionen als Fortsetzung davon begreifen. Dieser Aspekt scheint mir wichtig und er scheint bei Ihnen anders gelagert zu sein.

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Aber darüber können wir ja reden. Einen konkreten Vorschlag, wie dieses geschehen könnte, kann ich freilich heute noch nicht unterbreiten, aber wir stehen erst am Anfang dieses Gesetzgebungsverfahrens. Die SPD stimmt der Überweisung des Gesetzentwurfes in die genannten Ausschüsse zu.

Lassen Sie mich kurz noch etwas zu meinen Vorrednern sagen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was ist mit dem Schleifchen?)

Herr Dr. Schoenenburg, Sie verwiesen darauf, dass es in der Weimarer Republik untersagt war, staatliche Orden zu verteilen. Ich möchte nur daran erinnern, dass von Ihrer Vorgängerpartei, von den Kommunisten, diese Weimarer Republik, die jetzt immer mal auf das Tablett gehoben wird, vehement bekämpft wurde.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Dr. Henning Klostermann, SPD)

Zum Zweiten möchte ich daran erinnern, wir fragen uns häufig, warum ist denn Weimar untergegangen?

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zurufe von einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielleicht hatte es auch etwas damit zu tun, dass es der Politik nicht gelungen ist, in Weimar eine emotionale Beziehung der Bürger zu dieser neuen demokratischen Republik aufzubauen. Darüber sollte man doch einmal nachdenken.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Dann hätten wir in der DDR gewinnen müssen, denn da gab es so viele Orden.)

Herr Schoenenburg, heute lachen und diesen ersten Versuch eines demokratischen Gemeinwesens auf deutschem Boden auf das Schärfste bekämpft zu haben, wie Sie es tun, ist unredlich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Birgit Schwebs, PDS)

Herr Friese, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schoenenburg?

Bitte, Herr Dr. Schoenenburg.

Also, Herr Friese, ich habe mich nicht nur auf die Weimarer Republik bezogen. Und ich habe die Weimarer Republik selbstverständlich nicht bekämpft. Damals war ich noch nicht geboren.

(Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS)

Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass es nicht nur in der Weimarer Republik keine staatlichen Orden gab.

Bitte die Frage stellen.

Ich frage Sie: Haben Sie auch zur Kenntnis genommen, dass es im Deutschen Reich durch das Reich keinen verliehenen Orden gab?

Herr Dr. Schoenenburg, ich möchte gerne, dass wir in diesem Hause auch die Gelegenheit nutzen, uns über politische Grundverständnisse von Parteien zu unterhalten. Ich habe sehr wohl in Erinnerung, dass Ihre Vorgängerpartei sehr vehement die Weimarer Republik als solche verteufelt hat und noch dazu als eine Republik unter sozialdemokratischer Führung. Ich finde, wir sollten dieses nicht einfach wegwischen. Es ist sehr leicht heute, mit ironischen Anmerkungen und aus einer intellektuellen Position heraus, sich über ein Vorhaben lustig zu machen, das Ordenstiftung heißt.

(Angelika Gramkow, PDS: Oh, Herr Friese!)

Ich meine, damit werden wir dem Anspruch nicht gerecht.

Frau Präsidentin, darf ich noch eine Frage stellen?