Herr Friese, nehmen Sie den kleinen Unterschied zur Kenntnis, den es zwischen der SED und der PDS gegeben hat? Und wären Sie mit der SED eine Koalition eingegangen?
Herr Schoenenburg, wenn ich dieses nicht zur Kenntnis nehmen würde und wenn ich dieses nicht genau beobachtet hätte, würde ich nicht hinter dieser Koalition stehen. Ich nehme dieses zur Kenntnis. Ich nehme allerdings auch zur Kenntnis, dass Sie sich als Nachfolgepartei der SED begreifen.
Insofern sind die Vorwürfe, die ich an die SED richte, immer wieder auch Vorwürfe, denen Sie sich nicht entziehen sollten. Sie sind nicht mitschuldig oder bedingt, aber Sie sind in jedem Falle mit verantwortlich.
Lieber Herr Prachtl, Sie haben den Sinn eines Ordens in der heutigen Zeit daran versucht zu messen, dass Sie
sagten, in einem Lande, in dem es noch nicht Zeit ist zur Versöhnung, in der es Versöhnung noch nicht gibt, ist es verfrüht, Orden zu verleihen. In unserem Lande gibt es Versöhnung. Die Landesregierung hat es sich auf die Fahnen geschrieben, diese Versöhnung zu leisten.
Es mag ja sein, dass es Parteien in diesem Lande gibt, die dieses anders sehen. Aber die Regierungsparteien haben sich dazu entschlossen. In diesem Lande arbeiten wir daran, dass es Versöhnung gibt.
Herr Prachtl, Sie haben angespielt auf die Frage, ob es denn Sinn macht, Orden zu verleihen in einer Zeit, in der die politische Kultur unter die Räder gekommen ist. Ich möchte daran erinnern, dass im Augenblick eine ganz konkrete Partei in Deutschland dafür verantwortlich gemacht werden kann, wenn politische Kultur unter die Räder kommt. – Schönen Dank.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1048 zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Im Verlauf der Beratung hat die Fraktion der PDS zusätzlich die Überweisung zur Mitberatung an den Innenausschuss vorgeschlagen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit zwei Gegenstimmen der SPD-Fraktion, zwei Gegenstimmen der PDS-Fraktion, zwei Stimmenthaltungen bei der PDSFraktion, zwei Stimmenthaltungen bei der SPD-Fraktion und zwei Stimmenthaltungen bei der CDU-Fraktion angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Bericht zum Stand der Kriminalprävention, Drucksache 3/940.
Unterrichtung durch die Landesregierung: Bericht zum Stand der Kriminalprävention – Drucksache 3/940 –
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Prävention und Repression gehören zusammen.
Diese Trennung, die gelegentlich in der Sprache erfolgt, ist nicht möglich und sie ist auch gar nicht gewollt. So besitzt ein konsequenter polizeilicher Einsatz immer auch präventiven Charakter. Vor allem deshalb ist hartes und konsequentes polizeiliches Vorgehen ein entscheidendes Mittel, um vorbeugende Verbrechensbekämpfung zu erwirken, und dies hat natürlich immer auch pädagogische Wirkung.
Aber, meine Damen und Herren, Prävention ist letztlich mehr, mehr als polizeiliche Arbeit. Es muss auch mehr sein, als die Polizei selbst leisten kann. Der von der Landesregierung gewählte ursachenorientierte Präventionsansatz verfolgt das Ziel, Straftaten dort zuvorzukommen, wo sie entstehen, in den Städten, in den Stadtteilen, in den Gemeinden unseres Bundeslandes. Deswegen ist klar, meine Damen und Herren, der Präventionsansatz bedarf der Mitwirkung aller zu beteiligenden Seiten, der Kommunen, der Landesministerien, der Vereine, Verbände, Kirchen, vieler Bürgerinnen und Bürger. Gerade deshalb ist die Präventionsarbeit das Vermitteln demokratischer Grundwerte. Es geht in der Präventionsarbeit um die Geltendmachung des Rechtes, das für alle gilt – ein ganz aktueller Ansatz! Es geht um die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte in unserem Land, es geht um die Akzeptanz der demokratischen Institutionen, es geht um Toleranz, Humanismus, Ausländerfreundlichkeit.
Keine Gesellschaft, meine Damen und Herren, war bisher frei von Kriminalität. Auch die Bibel brauchte die zehn Gebote. Aber jede Gesellschaft, vor allem die demokratische, benötigt für ihren inneren Zusammenhalt eine Übereinkunft über die für sie konstitutiven Grundwerte. Dieses ist die entscheidende Voraussetzung, die sich auch und vor allem der demokratische Staat selber nicht geben kann. Deshalb ist Präventionsarbeit oder Präventionspolitik der Landesregierung in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe, und zwar Hilfe zur Selbsthilfe für die demokratische Entwicklung unseres Bundeslandes im Ganzen. Gerade deshalb, meine Damen und Herren, ist es entscheidend, dass alle demokratischen Kräfte bei der Präventionsarbeit mitwirken. Diese Arbeit ist immer konkret, das sagt schon der Name „Präventionsarbeit“. Deshalb geht es um das Zusammenwirken vor Ort. Es geht immer darum, Kriminalität dort zu bekämpfen, wo sie entsteht, in den Kommunen, den Städten und Gemeinden unseres Bundeslandes, also um die lokale Präventionsarbeit.
Eine besondere Ausprägung der Erscheinungsform von Jugendkriminalität ist derzeit der Rechtsextremismus. Ich will ihn hier besonders erwähnen. Neben allen harten polizeilichen Maßnahmen geht es zentral um die demokratischen Grundwerte unter den Jugendlichen, die wir alle gemeinsam unseren jungen Leuten nahe bringen müssen. Die Polizei, besonders die MAEX-Einheiten, arbeiten gut, aber diese können natürlich nicht die Ursachen des Rechtsextremismus angehen oder bekämpfen. Das ist eine Aufgabe, die wir alle gemeinsam, die gesamte Gesellschaft letztlich, leisten müssen.
Ich will ein paar Ausführungen zum Aufbau und zum Inhalt des Ihnen vorgelegten Präventionsberichtes der Landesregierung aus dem ersten Jahr der Regierungsarbeit machen. Ein Kapitel beschäftigt sich mit den polizeilichen Kriminalpräventionsmaßnahmen. Hier haben wir die Studie über Gewalt an den Schulen aufgeführt. Wir haben auch einige Ausführungen gemacht zur Kindersymphatiefigur, die das Landeskriminalamt gemeinsam mit den Kunststudenten in Heiligendamm entwickelt hat. Inzwischen ist auch entschieden worden, die Möwe soll es sein für die Kinder. Wir haben eine Darstellung über die Fahrradkodierung gegeben. Ich bin sehr gespannt, wie sich die PKS bei den Fahrraddiebstählen im Jahr 1999 entwickelt. Wir haben über den Bäderdienst Ausführungen gemacht. Aber alle diese Ausführungen sind hier bei der polizeilichen Kriminalprävention natürlich in erster Linie zentrale Aufgaben der Landespolizei.
In einem zweiten Abschnitt, nämlich dem Abschnitt über den Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung, haben wir die moderierende Aufgabe des Innenministeriums beschrieben bei der Präventionsarbeit als Hilfe zur Selbsthilfe. Der Präventionsbeirat hat einen Vorstand, er hat Arbeitsgemeinschaften, und zwar zum ersten Mal jetzt im Jahr 1999 die Arbeitsgemeinschaften Jugendkriminalität, Massenkriminalität, Opferschutz und Opferhilfe, Extremismus und kommunale Präventionsarbeit, errichtet. Hier wird sehr intensiv gearbeitet. Der Bericht hat eine Reihe von Einzeldarstellungen über die geförderten Projekte, die der Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung vorgeschlagen hat, aufgeführt.
In einem weiteren Abschnitt haben wir Präventionsmaßnahmen zusammengefasst, zum Beispiel die Saisonbeiräte in einigen Touristenregionen unseres Landes oder auch die Initiative „Sport statt Gewalt“. Dann haben wir ressortbezogene Maßnahmen, zum Beispiel aus dem Justizministerium den Täter-Opfer-Ausgleich, aus dem Sozialministerium die sozialraumorientierte Arbeit im Sinne der Angebote der Kinder- und Jugendhilfe aufgeführt.
Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte hat Ausführungen gemacht zu den Frauenhäusern im Land und zum Beispiel auch zu dem Verein CORA in Rostock, der Bildungsminister über die schulische Präventionsarbeit. Es ist ebenfalls berichtet worden über die Forschungsprojekte, die an den Universitäten und an einer Fachhochschule in Mecklenburg-Vorpommern ins Leben gerufen worden sind.
Außerdem verweisen wir ausdrücklich in diesem Präventionsbericht auf die interministerielle Arbeitsgruppe Prävention, die dabei ist, ihren handlungsorientierten Maßnahmenkatalog vorzulegen oder auszuarbeiten, um ihn dann vorlegen zu können. Dieser ist noch in Arbeit und wird demnächst natürlich dem Landtag vorgestellt werden können.
Meine Damen und Herren! Wir wären sehr daran interessiert, weitere Vorschläge für konkrete Präventionsprojekte in Mecklenburg-Vorpommern vorgetragen zu bekommen. Alle diese Vorschläge, die dann hoffentlich kommen, sind natürlich bei uns in der Geschäftsstelle des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung sehr herzlich willkommen. Es muss darum gehen, vor Ort Hilfestellung zu leisten, damit in der praktischen Verbrechensvorbeugung, die vor Ort immer dazu führen soll, dass Straftaten erst gar nicht begangen werden, die Dinge vorangebracht werden.
Ich persönlich will vor allem auch an dieser Stelle den Abgeordneten im Innenausschuss herzlich danken, die den Mittelansatz im Haushalt 2000 noch einmal erhöht haben. Es dient natürlich den kommunalen Präventionsräten sehr, wenn wir in diesem Sinne die konkrete Projekte, die vor Ort auf den Weg gebracht werden sollen, auch ein wenig finanziell mit anschieben können. Wie gesagt, wir haben im Jahr 2000 mehr Mittel als je zuvor. Ich hoffe für den Haushalt 2001, dass auch dann unser Vorschlag, den wir einbringen werden, durchgetragen wird. Vielleicht kann auch hier oder da noch ein kleiner Ansatz hinzukommen.
Ich bedanke mich für die Unterstützung und erwarte, wie gesagt, hier und da Vorschläge, die wir in unsere Arbeit mit einbeziehen können. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke zunächst, dass wir in diesem Hause in der Grundbewertung des vorliegenden Berichts durch die Landesregierung übereinstimmen, dass uns ein sehr umfänglicher und aussagekräftiger Bericht, ergänzt auch durch die Rede des Innenministers zur Kriminalitätsprävention in unserem Lande, vorliegt.
Es wird für die PDS-Fraktion deutlich, dass die Kriminalitätsprävention zu Recht auf eine breite gesellschaftliche, staatliche und kommunale Grundlage gestellt wird und weiter gestellt werden muss. Es entspricht dem Geist und den Buchstaben der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und PDS, dass wir der gesellschaftlichen Prävention mehr Aufmerksamkeit als in der letzten Legislaturperiode schenken.
Herr Innenminister, Sie haben zu Recht auf das Verhältnis und die Einheit zwischen Prävention und Repression hingewiesen. Auch wir sagen, das eine kann man vom anderen nicht trennen. Und eine vernünftige Repression ist natürlich auch eine Prävention.
Ich glaube, das steht nicht zur Diskussion. Allerdings sind wir uns wohl einig, dass es in diesem Verhältnis natürlich auch ein Primat gibt. Und das Primat ist unserer Meinung nach die ganze Präventionsarbeit, das heißt: Vorbeugen ist wichtiger als heilen. Hier unterscheiden wir uns natürlich von konservativen Vorstellungen, wie sie besonders in der Person des ehemaligen Innenministers Kanther verkörpert worden sind. Wir alle kennen seine Auffassung, dass man jeden, der Korruption begeht, jeden, der Geldwäsche betreibt, fangen muss. Nicht wahr, Herr Thomas, Sie haben ihn oft zitiert und Sie kennen natürlich auch seine Auffassung, dass man auch jeden Schwarzfahrer