Protokoll der Sitzung vom 12.04.2000

Ich bitte die Ministerien sehr eindringlich, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Stellungnahmeersuchen des Petitionsausschusses vordringlich zu bearbeiten, eventuell nach Verbesserung für Verwaltungsabläufe zu suchen, um die Frist von einem Monat zu wahren.

Lassen Sie mich dennoch unterstreichen: Im Regelfall wurde der Petitionsausschuss im Rahmen seiner Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger des Landes MecklenburgVorpommern von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung sowie den ihnen nachgeordneten Behörden kompetent und engagiert unterstützt, so dass den Petenten in vielen Fällen geholfen werden konnte. Im Berichtszeitraum waren es 112 Fälle, bei denen dem Anliegen der Petentinnen und Petenten entsprochen werden konnte. Somit waren 24,1 Prozent der Eingaben erfolgreich.

Die Analyse der Anliegen der Bürgerinnen und Bürger macht deutlich, dass immer noch typisch ostdeutsche Themen Anlass zur Abgabe einer Petition sind. So standen 15-mal offene Vermögensfragen, 17-mal Probleme im Zusammenhang mit der einmaligen Zuwendung nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz, 9-mal Fragen der Rehabilitierung und 8-mal Probleme mit dem Rentenüberleitungsgesetz im Mittelpunkt von Petitionen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Petitionsausschuss entschlossen, ein Treffen mit Vertretern ostdeutscher Petitionsaus

schüsse in Schwerin anzuregen, um diese speziellen Schwerpunkte der Eingaben gezielt zu analysieren und zu diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Schluss meiner Rede, Ihnen nochmals die Lektüre des Tätigkeitsberichtes wärmstens zu empfehlen. Wir haben durch die Behandlung von Petitionen die Möglichkeit, Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern direkt in unser politisches Tagesgeschäft einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Menschen unseres Landes aber auch immer wieder ermutigen, von ihrem Petitionsrecht Gebrauch zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte Sie, dem Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 1999 Ihre Zustimmung zu geben. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Grams.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Mahr von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leider kann man wieder feststellen, dass der Plenarsaal recht leer ist, wenn es um Petitionen geht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Dies ist mehr als traurig, sind es doch gerade die Petitionen, die uns Parlamentariern Handlungsbedarf anzeigen.

Aber nun zum Bericht 1999. Trotz des häufigen Sekretärswechsels liegt uns ein ausgezeichnetes, klar gegliedertes und aussagekräftiges Papier vor.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Unser herzlicher Dank gilt den Mitarbeitern des Ausschusssekretariats. Wenn ich beim Danken bin, auch an dieser Stelle Dank und Anerkennung an die Mitglieder des Ausschusses,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Annegrit Koburger, PDS)

auch wenn ich mir bei einigen Kollegen der CDU tiefgründigere und kontinuierlichere Mitarbeit wünschen würde.

Es macht viel Arbeit, sich wöchentlich auf circa vier bis fünf Beratungen mit Regierungsvertretern und etwa sechs bis acht ausschussinternen Beratungen über Petitionen vorzubereiten. Aber das sind wir dem Vertrauen, das die Petenten uns entgegenbringen, einfach schuldig. Wo sonst tritt der Bürger mit uns Abgeordneten so direkt und unmittelbar in Kontakt wie im Petitionsausschuss?

Wenn uns auch 1999 mit 502 Petitionen 13,5 Prozent weniger Eingaben erreichten – der Vorsitzende hatte das auch schon in der Presse mitgeteilt –, lässt das nicht auf den Schwierigkeitsgrad der einzelnen Petitionen

schließen. Zwar geht die Zahl der einfachen zurück, es bleiben aber die schweren Fälle.

Hier ein Beispiel, aus Zeitgründen sehr gekürzt dargestellt: Ein Diplomlehrer, Fach ML, arbeitet bei einem freien Träger. Er hat sich in einem weiteren Lehrfach hoch qualifiziert. Das Bildungsministerium erkennt dies jedoch nicht an und will dem freien Träger den Zuschuss für den Diplomlehrer nicht zahlen. Zu dieser Petition hat der Ausschuss siebenmal getagt, davon zweimal mit Regierungsbeteiligung und einmal mit dem Bildungsträger. Der Bildungsausschuss hat sich dreimal mit der Petition beschäftigt, bis wir sie endlich im Zeitraum Juni bis Dezember zugunsten des Petenten abschließen konnten.

Dahinter, liebe Kolleginnen und Kollegen, verbirgt sich viel, viel Detailarbeit, Hartnäckigkeit und Bürgernähe der Mitglieder des Ausschusses.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Annegrit Koburger, PDS)

Für die Arbeitskreise der Koalition sind Petenten eben keine Querulanten oder lästige Briefschreiber. Im Gegenteil, die Arbeitskreise der SPD und PDS arbeiten bei der Lösung der durch die Petition aufgezeigten Probleme eng zusammen. Hier bewährt sich die Koalition.

Dem Bericht entnehmen Sie, wie oft der Ausschuss sich um Stellungnahmeersuchen an die Regierung gewandt hat. Ich danke auch hier für die merklich besser gewordene Qualität dieser Stellungnahmen. Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die ausgezeichneten Stellungnahmen des Justizministeriums zu Petitionen aus dem Strafvollzug.

Es ist wohl bedauerlich, wenn die Ministerien Fristverlängerung für Stellungnahmen beantragen müssen, aber andererseits verlangen wir Ausschussmitglieder auch Antworten mit Hand und Fuß. Ich glaube, wir können dem Parlament mit Stolz verkünden, dass etwa ein Viertel der Eingaben zugunsten der Petenten abgeschlossen werden konnten. Natürlich kann im Petitionswesen keine hundertprozentige Planerfüllung angestrebt werden, aber die Mitglieder des Ausschusses werden auch weiterhin mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für die Petenten arbeiten.

Wie Sie auch dem Bericht entnehmen können, gibt es eine sehr hohe Zahl von Petitionen, die sich mit Gebühren und Abgaben aus dem Bereich der Kommunen beschäftigen. Der Ausschussvorsitzende wies schon darauf hin. Hier sehe ich auch für die gewählten Vertreter der Kommunen eine Pflicht. Augenscheinlich genügt es nicht, Beitragssatzungen und Gebührenverordnungen im amtlichen Anzeiger zu veröffentlichen. Eine breite Diskussion in den Gemeinden und Kreisen wäre sicher hilfreich.

Eine umfassende Analyse, warum Petitionen aus den Landkreisen Güstrow, Uecker-Randow sowie aus den kreisfreien Städten Rostock, Schwerin und Neubrandenburg vergleichsweise hoch sind, hat der Ausschuss bisher noch nicht vorgenommen.

Gestatten Sie mir nun einen kleinen Blick über den Gartenzaun. Uns liegen regelmäßig die Berichte der Petitionsausschüsse aller Bundesländer vor. Während in den neuen Bundesländern die breite Palette des Lebens vom Bauantrag über Fragen zum Vermögen bis zum Wohngeld vertreten sind, sind die Petitionsausschüsse der alten Bundesländer zum überwiegenden Teil mit Petitio

nen zum Asylrecht beschäftigt. Ich habe das nicht zu bewerten, kann aber doch ableiten, dass das Arbeitsspektrum in Mecklenburg-Vorpommern ein sehr breites ist.

(Peter Ritter, PDS: Weil es hier nicht so viele Ausländer gibt.)

Ich wage auch die kühne Behauptung, dass das Vertrauen in die Demokratie in unseren Bundesländern keineswegs so erschüttert ist, wie die Umfragen, Zeitungsund Fernsehberichte es uns ab und zu anzeigen wollen, sonst gäbe es nicht die hohe Zahl und das breite Spektrum der Eingaben. In diesem Sinne bitte ich die Regierung auch weiterhin um gute Zusammenarbeit. Uns Mitgliedern im Petitionsausschuss wünsche ich für die Zukunft den Idealismus, den wir brauchen, um mit den Aktenbergen fertig zu werden, last, but not least den Mitarbeitern des Sekretariats Ruhe und Gelassenheit mit den manchmal nicht einfachen Abgeordneten unseres Ausschusses. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Frau Mahr.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Koburger von der Fraktion der PDS.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Auch ich möchte mich namens der PDSFraktion noch einmal ausdrücklich bei den fleißigen Bienchen im Ausschusssekretariat, aber auch bei den Ausschussmitgliedern bedanken. Ansonsten hätten wir vielleicht sogar eine Terminverlängerung beantragen müssen, was zum Glück nicht passiert ist, um diesen Tätigkeitsbericht hier heute beraten zu können.

Aus dem Tätigkeitsbericht geht hervor, dass wir weniger Petitionen haben. Das wurde hier schon erwähnt. Es wäre allerdings ein Trugschluss, daran den tatsächlichen Arbeitsumfang der Mitglieder des Ausschusses oder des Ausschusssekretariats messen zu wollen. Eine wesentliche Ursache liegt unseres Erachtens nach darin, dass geänderte rechtliche Regelungen in bestimmten Bereichen, die somit Grundlage für Petitionen waren, beseitigt wurden, wie zum Beispiel beim Rentenstrafrecht, oder teilweise beseitigt wurden. Des Weiteren haben Einwohnerinnen und Einwohner in den letzten Jahren schon mehr Erfahrungen – wenn auch nicht immer positive – sammeln können, wie, wo und wann sie sich mit unterschiedlichen Beteiligungsformen einbringen können, und tun dies auch. Ebenso sind die umfangreichsten strukturellen Veränderungen, die zum Teil zu einer großen Anzahl von Massenpetitionen geführt haben, abgeschlossen.

Dagegen sind die Inhalte der jetzt eingehenden Petitionen zumeist von sehr komplexer und komplizierter Materie, so dass der Ausschuss und im Vorfeld die Berichterstatterinnen und Berichterstatter für den Abwägungs- und Entscheidungsprozess zum Teil langwierige Recherchen, Anhörungen et cetera durchführen müssen. Ich denke, diese gründliche Befassung und das gemeinsame Ringen im Ausschuss selber wie auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Verwaltungen der unterschiedlichen Ebenen hat zu zahlreichen positiven Entscheidungen im Interesse von Petentinnen und Petenten führen können. Um so schwieriger allerdings ist es, wenn trotz aller Bemühungen keine Abhilfe geschaffen werden kann.

Meine Damen und Herren! Wenn es auch kein generelles Mittel sein kann, so erweisen sich doch Überweisungen von Petitionen an die Landesregierung oder an die Fraktionen als sehr sinnvoll. Dies gilt insbesondere, wenn die angestrebten Lösungen nur durch politische Entscheidungen der Legislative oder der Exekutive erreicht werden und nicht im Ermessens- oder Entscheidungsspielraum einzelner Beamtinnen und Beamten liegen können.

Ebenso verhält es sich mit Anliegen, die einer sehr langfristigen und umfassenden Lösung bedürfen, noch dazu, wenn mehrere Ebenen und Entscheidungsträger darin eingebunden werden müssen. Als markantestes Bespiel dafür wäre hier die Massenpetition zur Auswertung der Kinderrechtswahl zu nennen. Hier müssen die unterschiedlichen Ebenen – Kommune, Land, aber auch Schulen – kooperativ in die Erarbeitung von Strategien, Programmen und Gesetzen eingebunden werden, um dem Anliegen gerecht werden zu können. Das gilt für die Forderungen nach einem breit gefächerten bezahlbaren Freizeitangebot ebenso wie bei der vorgebrachten Problematik der Gewalt in Familien oder an Schulen.

Die Sensibilisierung der Gesellschaft, das Erlernen friedlicher Konfliktlösungsstrategien oder gesetzliche Regelungen auf Bundesebene zur gewaltfreien Erziehung sind nur langfristig und in enger Zusammenarbeit zu erreichen. Auch die Überweisungen an den Petitionsausschuss des Bundestages stehen nicht als ledigliche Verweisung auf die andere Zuständigkeit, sondern haben schon zu Lösungen länderübergreifender Probleme geführt. So ist jetzt ein Gesetz der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren, das den durch Blutproben mit Hepatitis C infizierten Personen eine bessere rentenrechtliche Regelung und finanzielle Entschädigung sichert.

(Beifall Harry Glawe, CDU)

Damit konnte weitestgehend dem Anliegen von PetentInnen entsprochen werden, auch wenn der Umfang der finanziellen Entschädigung den Erwartungen der Betroffenen noch nicht gerecht wird.

Das waren nur einige wenige konkrete Beispiele, die das Wirken des Ausschusses als Ganzes in Kooperation mit anderen und dem Bundestag kenntlich machen.

Meine Damen und Herren! Aus dieser Kooperation der Petitionsausschüsse anderer Bundesländer wird deutlich, dass es im Zusammenhang mit den inhaltlichen Schwerpunkten erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West gibt. An einzelnen Bespielen ist das hier dargelegt worden. Ich denke, dass hier zum großen Teil noch sehr unterschiedlichen Lebensverhältnissen in Ost und West Rechnung zu tragen ist. Frau Mahr hatte schon gesagt, bei uns spiegelt sich das bunte Leben wider. In den alten Bundesländern konzentriert es sich doch mehr auf Asylund Ausländergesetzgebung, wobei natürlich festzustellen ist, dass es dort insgesamt einen wesentlich höheren Anteil gibt als bei uns.

In den Tätigkeitsberichten der östlichen Bundesländer haben wir nach wie vor – und auch das wurde hier schon erwähnt – Probleme der Vermögensfragen, der Bodenreform oder Fragen zu Gebühren und Abgaben im kommunalen Bereich, die eine wesentliche Rolle spielen. Die Asylproblematik kann man schon fast als marginal bei uns bezeichnen. Da sollte man allerdings auch noch einmal hinterfragen – und ich habe zumindest die Erfahrung

gemacht, weil ich eine Berichterstatterin auf diesem Gebiet bin –, dass viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber kaum oder gar keine Kenntnisse über ihre Rechte, eine Petition einreichen zu können, haben. Da müssten wir noch einmal überlegen, in welchen Formen man das hier bekannt machen kann.

Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich noch auf eine andere Sache aufmerksam machen, die in diesem Tätigkeitsbericht noch keine Rolle spielen konnte, da die Petitionen noch nicht abgeschlossen sind. Der nächste Bericht wird sich sicherlich darauf beziehen. Zum Teil ist auf diese Problematik schon durch entsprechende Interessenverbände aufmerksam gemacht worden. Wir haben zunehmend mit Petitionen aus den unterschiedlichen Bereichen der öffentlichen Verwaltung zu tun zum Thema Mobbing. Die Angst um den Arbeitsplatz entwickelt sich zu einem Konkurrenzkampf zwischen Kolleginnen und Kollegen. Dies führt augenscheinlich zu solchen brisanten Formen und hat mittlerweile ein solches Ausmaß angenommen, dass Betroffene uns als ihre letzte Chance, dem gegenzusteuern, ansehen.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)