Es heißt in Paragraph 54: „Die oberste Landesbehörde“ – also hier das Innenministerium – „kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, daß die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen“
Der Begriff, auf den Sie sich stützen, ist offensichtlich der der Ausländergruppe. Und ich muss Ihnen sagen, das habe ich Ihnen auch schon mehrfach gesagt,
und schon gar nicht allein und ausschließlich. Das ist doch dahinter das Argument, Herr Schädel, über das wir uns jetzt schon seit einem halben Jahr austauschen, und ich sage es jetzt an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich: Deswegen ist dieser Paragraph für diesen Fall nicht anwendbar.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag hätte einen ganz anderen Klang, und das ist auch der letzter Satz, den ich dazu sagen will, wenn an irgendeiner Stelle, möglichst an einer wichtigen Stelle, formuliert wäre, dass der Zweck des Antrages oder das Ziel des Antrages zu verfolgen ist im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
Das fehlt hier, Herr Schädel, und deswegen sage ich Ihnen, ohne dass wir die geltenden gesetzlichen Bestimmungen einhalten, ist der Sinn dieses Antrages rechtsstaatlich nicht umsetzbar und demzufolge für mich auch nicht nachvollziehbar. – Vielen Dank.
Was ist gesetzwidrig daran, wenn wir erstens sagen, wir wollen eine Bundeseinheitlichkeit herstellen, und zweitens sagen, wir definieren diese bestimmte Ausländergruppe? Wir definieren die bestimmte Ausländergruppe. Es ist doch in Rheinland-Pfalz auch am Alter beziehungsweise an einem Status, es ist doch ganz allgemein festgelegt worden.
Ausländergruppe ist doch nicht festgemacht an der Nationalität, an dem Staat, wohin sie abgeschoben werden, sondern ist Ausländergruppe.
Herr Schädel, erstens, die Bundeseinheitlichkeit, von der Sie sprechen, ist ja hergestellt. Das Ausländergesetz ist ein Bundesgesetz und durch die Länder zu vollziehen, eine andere Bundeseinheitlichkeit ist gar nicht erforderlich als diese. Im Einzelfall …
Zweiter Punkt, es gibt Einzelfälle oder auch Gruppenfälle, ich komme gleich auf einen Fall in dieser Art, wo durch Zustimmung des Bundesinnenministers und unter Einholung der Zustimmung bei einer großen Anzahl
11 oder 16, das sind verschiedene Fälle – von Bundesländern eine bestimmte Ausländerentscheidung getroffen werden kann. Ich will Ihnen so einen Einzelfall nennen, den hat der Vorgänger in meinem Hause zu behandeln gehabt. Es ist der Anschlag auf das Asylbewerberwohnheim in Lübeck gewesen. Dort sind, ich meine, acht Ausländer ums Leben gekommen. Diese wurden in Lübeck bestattet und es ging darum, ihre Familien in Lübeck zu behalten. Es gab eine lange Auseinandersetzung zwischen dem Innenminister aus Schleswig-Holstein und dem Bundesinnenminister, damals hieß er noch Kanther, und zwar wegen dieses Zustimmungsverfahrens. Letztlich nach einer sehr langen Auseinandersetzung ist dies auch erfolgt. Aber, Herr Schädel, bei allem Verständnis für Ihr Engagement ist doch Lübeck in keiner Weise vergleichbar mit Frau Koleba und ihrem Sohn.
Wissen Sie – und ich greife das auf, was Herr Friese gesagt hat –, man kann durch die Überdehnung in einem bestimmten Einzelfall einen unglaublichen Schaden anrichten bei den Personen, die es wirklich am Ende brauchen, und das ist hier nicht gegeben.
Und zuletzt zu Ihrer Frage nach der Gesetzeswidrigkeit oder, wenn ich das richtig verstanden habe, Ihres Antrages. Sie sagen, „dass Menschen ohne eigenes Verschulden in Not und Lebensgefahr geraten können“ – und diesen dann Aufenthaltsrechte in der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren sind –
(Angelika Gramkow, PDS: Das steht da nicht. – Heike Lorenz, PDS: Das steht da nicht. Da steht, dass man das anerkennen muss.)
„und aus diesem Grund ihre Heimat, ihren Geburtsort, auch gegen ihren Willen, für immer verlassen müssen“. Und der Landtag soll bedauern, dass das so ist.
Aber wenn ich das Ganze richtig verstehe, sollen diese Personen in Mecklenburg-Vorpommern einen Aufenthaltsstatus bekommen.
Das Ausländergesetz unterscheidet zwischen einem Asylgrund – und dieser wird festgestellt durch das Bundesamt zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge –
und den Möglichkeiten der Ausländerbehörden in den Ländern. Da geht es nicht mehr darum, ob der Asylgrund vorliegt oder nicht, sondern „nur noch“ jedenfalls ausschließlich um humanitäre Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen,
gesundheitliche, familiäre, Fragen der Ausbildung der Kinder und andere. Das sind aber humanitäre Gründe, die im Aufenthaltsland, beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern, und nicht im Herkunftsland vorliegen. Wenn Sie das vermischen –
und den Eindruck gewinne ich bei der Lektüre Ihres Antrages –, dann, meine ich, haben Sie den Zielpunkt und den Zweck des Ausländergesetzes
der Bundesrepublik nicht erkannt. Denn dieses Gesetz unterscheidet einerseits zwischen dem, was die Anerkennung im Verfahren für die Antragsteller, die aus Asylgründen hier ihren Antrag stellen, ausmacht, und Hinderungsgründen für die Abschiebung in den Bundesländern andererseits. Dies müssen wir, Herr Schädel, wenn wir auf rechtsstaatliche Art und Weise miteinander darüber sprechen wollen, auch auseinander halten können, sonst kommen wir hier nicht weiter.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 3/1211 zur Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsantrag zu? –