Verantwortungsvoll wäre es auch, wenn sich die Landesregierung mehr mit der Lage arbeitsloser Schwerbehinderter beschäftigen würde.
Im Juni weist die amtliche Arbeitsmarktstatistik des Landesarbeitsamtes Nord hier eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahresmonat von Plus 320 Personen auf insgesamt 4.168 Personen aus. Das entspricht einem Anstieg von sage und schreibe 8,3 Prozent. Wahrlich kein Ruhmesblatt und wieder einmal mehr Zeichen dafür, dass diese Landesregierung zwar verbal viel für Behinderte zu tun vorgibt, konkret aber nichts voranbringt.
Ich bin auch sehr gespannt, wie sich die Schwerbehindertenausgleichsabgabe entwickeln wird. Auch daran wird ablesbar sein, wie glaubwürdig die Landesregierung in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich tatsächlich handelt.
Zusammenfassend, meine Damen und Herren, unterstreiche ich, die CDU-Fraktion stellt sich nicht prinzipiell gegen diesen Gesetzentwurf, aber wir sehen noch Veränderungs- und Ergänzungsbedarf. Wir setzen deshalb auf konstruktive Beratungen in den Ausschüssen und fordern Sie auf, mit uns – anstatt uns den guten Willen abzusprechen – um den besseren Weg zu ringen, wie es sich parlamentarisch gehört. – Ich danke Ihnen.
Ja, Frau Kleedehn, das ist nun mal so, dass Politik die Kunst des Möglichen ist. Und es ist immer eine Interessenabwägung. Ich meine, auch mit diesem Gesetz, mit der Novellierung der Landesbauordnung, haben wir eine Interessenabwägung vorzunehmen. Es liegt natürlich in der Natur des Finanzministeriums, erst einmal finanzielle Bedenken anzumelden. Ich meine jedoch, im parlamentarischen Verfahren kann man die verschiedenen Bedenken, aber auch Wünsche berücksichtigen. Und ich sehe es genauso, dass man das im parlamentarischen Verfahren sehr kooperativ miteinander klären kann.
Nichts ist so gut, dass es nicht verbesserungswürdig ist. Das betrifft auch die Landesbauordnung, die gegenwärtig in Mecklenburg-Vorpommern existiert. Und das, was die Koalitionsfraktionen hier vorgelegt haben, lässt sich, glaube ich, von dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit ableiten.
Deswegen ist dieser Ansatz von mir hier nur zu begrüßen. Denn es ist das wichtigste Ziel – nicht nur der Regierung, sondern auch der Koalitionsfraktionen –, die weitgehende Integration von Menschen mit Behinderungen zu erreichen.
Es ist ein Teil unseres Strebens, besonders die Schwachen und Hilfsbedürftigen in unserer Gesellschaft zu unterstützen, um auch ihnen die Möglichkeit zu geben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und einen angemessenen Lebensstandard zu erreichen.
Wollen Sie jetzt zur Diskussion sprechen oder wollen Sie eine Frage stellen? Dann tun Sie das! Ich glaube schon, es gebietet auch die Kultur,
(Harry Glawe, CDU: Gucken Sie mal in die Statistik rein, dann wissen Sie genau, was Sie angefangen haben!)
dass man sich gegenseitig zuhört. Ich habe noch gar nicht angefangen, Herr Glawe, und schon kommen Sie mit Konterargumenten.
(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Siegfried Friese, SPD: Er geht ja schon. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Also, wir sind von unserem Ansatz zur sozialen Gerechtigkeit ausgegangen und haben diesen Gesetzentwurf vorgelegt als Koalitionsfraktionen. Ich kann ihn begrüßen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zeichnet sich eine deutliche Verbesserung der Situation für Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft ab, auch – und das ist, glaube ich, allen klar – wenn das Landesbaurecht allein natürlich nicht ausreichend ist, um alle Erschwernisse im täglichen Leben zu erleichtern. Die vorgesehene Novellierung der Landesbauordnung ist daher ein wichtiger und dringend notwendiger Schritt in die richtige Richtung.
Die Koalitionsfraktionen haben den Gesetzentwurf mit viel Engagement und Kompetenz ausgearbeitet, übrigens nicht im stillen Kämmerlein, sondern in Konsultation mit Verbänden und Vereinen, übrigens auch mit denen, in denen keine behinderten Menschen vertreten sind. Ich meine schon, hier hat ein umfangreicher Konsultationsprozess stattgefunden. Und dieser Weg hat sich gelohnt. Was jetzt vorliegt, ist nach meiner Auffassung einerseits
ausgewogen und angemessen im Interesse der Menschen mit Behinderungen, andererseits werden auch die finanziellen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten mit berücksichtigt.
Das ist, meine Damen und Herren, verantwortungsvolle Politik. Und, Herr Glawe – er ist nun wohl doch gegangen –,...
(Heiterkeit bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Götz Kreuzer, PDS – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)
Herr Glawe, es wird sich lohnen, dass diese Veränderung der Landesbauordnung vorgenommen wird. Es werden ganz konkrete Resultate erzielt im Interesse derer, über die wir jetzt hier sprechen.
Der Gesetzentwurf wird in den Landtagsausschüssen beraten werden. Es werden Anhörungen stattfinden mit den Verbänden und Interessenvertretungen und, wie ich schon sagte, hier kann die eine oder andere Detailregelung sicherlich noch verändert werden. Ich meine, der Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, ist ein überzeugendes Beispiel, wie an einer Lösung eines solchen Problems herangegangen werden kann, denn diese Menschen mit Behinderungen können nicht genug politische und gesellschaftliche Lobby bekommen.
Meine Damen und Herren, insbesondere bei Einrichtungen mit allgemeinem Besucherverkehr ist es wichtig, dass die Gestaltung der baulichen Anlagen den Behinderten ermöglicht, diese Anlagen ohne fremde Hilfe zweckentsprechend zu nutzen und somit leichter am öffentlichen Leben teilzuhaben. Denn es geht ja in der Endkonsequenz um Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben, an Bildung und Kultur, an wirtschaftlicher Betätigung, an Geselligkeit und Freizeitgestaltung. Und die behindertengerechte, barrierefreie Gestaltung der Umwelt ist eine wesentliche Bedingung für die soziale Integration und eigenständige Lebensführung behinderter und alter Menschen. Bauliche Hindernisse stellen für diese Menschen auch gesellschaftliche Schranken dar. Das ist ja oft anhand von Beispielen beschrieben worden. Jeder, der nicht behindert ist, kann das ja selbst mal praktizieren, wie es denn wäre, wenn man gehbehindert ist, oder er verschließt einfach mal die Augen, um nicht sehend durch unsere Umwelt zu gehen.
Daraus leiten sich Erfordernisse an die bauliche Umwelt ab, durch die den behinderten, aber auch älteren Menschen und anderweitig hilfsbedürftigen Personen wie Müttern mit Kleinkindern die eigenständige Mobilität ermöglicht wird. Barrierefreie Gebäude, barrierefreie sonstige bauliche Anlagen sind für Behinderte die Voraussetzung, sich in der gebauten Umwelt zu bewegen und so im gesellschaftlichen Alltag integriert zu sein, teilhaben zu können am gesellschaftlichen Leben.
Die Landesbauordnung enthält mit den Vorschriften des Paragraphen 52 derzeit schon einen umfangreichen Katalog öffentlich zugänglicher Bauten, die zwingend barrierefrei gebaut werden müssen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll dieser Katalog in ausgewogener Weise noch erweitert werden. Beispielsweise sollen künftig Ver
kaufsstätten mit über 500 Quadratmetern Verkaufsraumfläche und Neubauten von kleineren Hotels und Pensionen ab zehn Gastbetten barrierefrei errichtet werden. Die Einzelheiten, die dazu notwendig sind, ergeben sich aus der DIN 18024 über die Planungsgrundlagen für barrierefrei zu errichtende öffentlich zugängliche Gebäude. Diese technische Regel hat das Ministerium für Arbeit und Bau als technische Baubestimmung eingeführt und sie ist damit zwingend zu beachten.
In der Begründung zum Gesetzentwurf wird mein Ministerium aufgefordert, den für die Landesbauordnung geltenden Begriff des Behinderten im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift zu definieren. Über die genaue Formulierung wird mit den Ressorts, also mit den anderen Ministerien noch zu sprechen sein. Ich bin aber sicher, dass es uns als Landesregierung gelingt, eine Formulierung im Sinne der Koalitionsvereinbarung zu finden, die den Interessen der Menschen mit Behinderungen tatsächlich entspricht.
Meine Damen und Herren, im Gesetzentwurf ist auch vorgesehen, die vorhandenen Verwaltungsgebäude und Gerichtsgebäude des Landes, also den Altbestand – Herr Kreuzer ging darauf ein –, barrierefrei anzupassen. Damit, Frau Kleedehn, soll ein Zeichen gesetzt werden – man kann natürlich noch viel mehr aufnehmen –, aber es soll ein Zeichen gesetzt werden, ein Signal gegeben werden, das auch andere, und ich denke hier vor allem an unsere kommunalen Körperschaften, anregen soll, ihre öffentlichen Einrichtungen ebenfalls barrierefrei anzupassen. Insoweit will das Land Mecklenburg-Vorpommern hier mit gutem Beispiel vorangehen.
Nun ist es so, dass man nicht alles der freien Disposition der Träger überlassen kann – also Tagesstätten, Werkstätten und Heimen für Behinderte, Förderschulen für Behinderte wie auch Altenheimen, Altenwohnheimen, Altenpflegeheimen –, wie Barrierefreiheit realisiert wird und ob überhaupt Barrierefreiheit realisiert wird. Bei diesen Einrichtungen ist eine Anpassungspflicht anlässlich größerer baulicher Änderungen unverzichtbar. Das sind wir unseren Menschen mit Behinderungen einfach schuldig. Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen schafft hierfür eine gesetzliche Grundlage.
Ich möchte aber noch auf eine weitere vorgesehene Änderung der Landesbauordnung hinweisen. Künftig soll auch bei den Bauvorhaben, die im vereinfachten Verfahren genehmigt werden, die Einhaltung der Vorschriften über die Barrierefreiheit von der Baugenehmigungsbehörde geprüft werden. Das ist, glaube ich, genau der Ansatz, den Herr Glawe vielleicht meint, dass man auch den guten Willen umsetzen muss. Und das bedarf der Kontrolle und Überprüfung. Das soll hier erreicht werden, denn das war bisher nicht der Fall. Sicherlich mag der eine oder andere sagen, dass es sich hier um eine weitere Regulierung handelt, aber es ist eine Schutzvorschrift für die schwächeren Mitglieder in unserer Gesellschaft und diese muss dann tatsächlich auch durchgesetzt werden.
Nun bin ich aber der Meinung, wenn wir uns schon mit der Landesbauordnung beschäftigen, dann haben wir den einen Teil – das sind die Bedingungen, wie Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben, am wirt
schaftlichen, kulturellen Leben besser teilhaben können. Aber ich meine, man kann auch über die Veränderung der Landesbauordnung ein Stück Entbürokratisierung erreichen. Ich will mich dafür einsetzen, dass das Errichten von kleineren Carports und Garagen im Innenbereich unserer Städte und Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Genehmigung möglich ist. Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Bürgermeistern und Landräten, die das angesprochen haben, dass das eine Erleichterung der Arbeit in der Verwaltung mit sich bringen würde und auch eine Vereinfachung für die Bürgerinnen und Bürger, die solche Bauvorhaben realisieren wollen. Also, es wäre auch ein Schritt zu mehr Bürgerfreundlichkeit und Verwaltungsvereinfachung.
Deswegen rege ich hier an, im Zuge der Novellierung der Landesbauordnung auch eine solche Frage mit aufzunehmen.