(Beifall und Zuruf von Dr. Klaus-Michael Körner, SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Vielen Dank für das Demokratieverständnis!)
Und das wissen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, auch ganz genau. Ihnen geht es darum, den Kandidaten für den Oberbürgermeistersessel in Greifswald zu beschädigen, und dafür ist Ihnen fast jedes Mittel recht.
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist eine Denkstruktur, das ist unglaublich! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)
Sie verstehen nur eines nicht, meine Damen und Herren, damit schaden Sie nicht einer Person, wohl aber der Demokratie und dem Ansehen der Politik insgesamt.
(Harry Glawe, CDU: Das ist ja unerhört! – Dr. Armin Jäger, CDU: Das hat der Landtagsprä- sident in hervorragender Weise selbst geschafft.)
Meine Damen und Herren, die Koalition wird der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in unveränderter Fassung zustimmen und den Änderungsantrag der CDU ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gewiss Sache der Opposition, Streit vom Zaune zu brechen,
wo und wann immer es ihr beliebt. Dazu gehört selbstverständlich auch die Anrufung des Verfassungsgerichtes, wenn sie meint oder vorgibt, zu einem ihrer verfassungsmäßigen Rechte verletzt worden zu sein.
Die CDU hat, wie wir alle wissen, Klage beim Greifswalder Verfassungsgericht eingereicht. Zunächst wird sich aber zeigen, wie justitiabel in diesem konkreten Fall in Ansehung des Zustandekommens der Enquetekommission und der Rolle der CDU dabei der von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, behauptete Verfassungsrechtsgrundsatz der Fairness und Loyalität in der Handhabung der Geschäftsordnung des Landtages tatsächlich ist. Wie auch immer, eine Prognose wage ich allerdings im Voraus. Das Gericht wird Fairness und Loyalität möglicherweise daran messen müssen, wie die CDU mit der Geschäftsordnung des Landtages umging, als sie noch in der Koalition etwas zu sagen und erste Tatsachen und Fakten dazu auch geschaffen hatte. Dieser Grundsatz der Fairness und Loyalität in der Handhabung der Geschäftsordnung gegenüber der Opposition ist, so er sich in Greifswald als justitiabel erweist, meilenweit davon entfernt, was jetzt die CDU für fair und loyal hält und für sich in Anspruch nimmt.
Bei Ihnen, meine lieben Damen und Herren von der CDU, war, als Sie noch die regierende Majorität darstellten, die Manipulation und willkürliche Handhabung der Geschäftsordnung tägliche Übung. Ich kann das aus eigener Betroffenheit, da ich acht Jahre lang Opposition war, auch sagen. Das betrifft gerade auch die Besetzung von Vorsitzendenstellen in den bisherigen Untersu
chungsausschüssen und der bisher veranstalteten Enquetekommission. Sie sollten daher, bevor Sie hier ein solches Gezeter wegen einer eigentlichen Nichtigkeit vom Stapel lassen, ruhig einmal Ihre parlamentarische Vergangenheit, sozusagen Ihre Sturm- und Drangzeit, Revue passieren lassen.
Und ich werde noch darauf zurückkommen, Ihr inzwischen abhanden gekommenes Langzeitgedächtnis etwas aufzufrischen. So weit, so schlecht aber.
Ich denke jedoch, dass hinter der mehr als jämmerlichen Kampagne der CDU weniger juristische Klagegründe stehen, obwohl es juristisch ausformuliert ist. Denn was ist in der Sache eigentlich los? Zunächst liegt mir sehr daran festzustellen, dass diese Koalition sich in reichlicher Geduld bemüht hat, die Opposition für das Projekt der Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“ zu gewinnen. Wir haben uns in der Sache gegenüber der CDU durchaus tolerant, aufmerksam, fair und loyal verhalten. Beweis: Selbstverständlich waren und sind wir nach wie vor der Meinung, dass die Fragen der zukünftigen Gestaltung unserer Gemeinden sowie der Gemeindeund Verwaltungsstrukturen in größtmöglichem Konsens unter Einbeziehung der Opposition beraten und entschieden werden sollten.
Übrigens, was heißt in Bezug auf Gemeinden Opposition? In vielen Gemeinden gibt es äußerst unterschiedliche Strukturen und Zusammenarbeitsbündnisse und auch Besetzungen der Bürgermeister von den verschiedenen Parteien. Hier verwischen sich alle Konturen von Koalition oder Opposition. Insofern ist es logisch, dass Koalition und Opposition in diesen die Gemeinden berührenden Dinge eng zusammenarbeiten.
Ist hier nicht der Fall. Ich werde Ihnen schon sagen, wann Sie bockig geworden sind und warum Sie bockig geworden sind.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Was? – Peter Ritter, PDS: Na, bei euch ist ja was los im Ausschuss! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)
Meine Damen und Herren von der CDU, wir wollten und wollen Sie auch weiterhin im Boot der Gemeindereform haben. Dies ist für uns keine taktische Frage, ich sage Ihnen das ausdrücklich, sondern entspricht unserem Selbstverständnis.
Und hierin unterscheiden wir uns allerdings deutlich von der CDU. Ich will nur daran erinnern, meine Damen und Herren, wie die CDU, als sie noch die regierende Partei war, die Kreisgebietsreform, die Funktionalreform sowie auch das ominöse Bündel – jetzt muss ich lesen – Kostensenkende Strukturmaßnahmen durchstanzte. Das waren in der Tat fast Nacht-und-Nebel-Aktionen mit viel Geheimniskrämerei uns gegenüber. Die Opposition, also damals wir, die PDS-Fraktion, jedenfalls blieb bis zu guter Letzt außen vor – Mitarbeit und gut gemeinte und taugliche Vorschläge in der Sache nicht zugelassen. Ich habe hier von dieser Stelle aus mehrfach völlig umsonst geredet.
Wir wollen anders vorgehen. Eine unserer Schlussfolgerungen übrigens: Wir wollen mit dieser Enquetekommission eine ergebnisoffene, nicht überhastete, eine transparente parlamentarische und außerparlamentarische Beratung über das weitere Schicksal der kommunalen Selbstverwaltung in unserem Land sowie auch eine vorurteilslose und sachliche Analyse und Prüfung des gegenwärtigen Ist-Zustandes erreichen. Dazu waren und sind Sie, meine Damen und Herren von der CDU, eingeladen, selbst wenn Sie uns mit dem Verfassungsgericht massiv drohen.
Und selbstverständlich ist dann beispielsweise auch im Vorfeld bei der CDU sondiert worden. Sie waren in allen wichtigen Fragen, auch in der Vorsitzendenfrage, nicht so ahnungslos, wie Sie heute tun. Herr Rehberg, Kollege Rehberg, Sie werden sich sicherlich noch daran erinnern, wer bei Ihnen auf der Matte stand beziehungsweise neben Ihnen auf der Couch saß. Und da ist nicht nur das Grundanliegen besprochen, sondern es sind auch die organisatorischen Details zur Sprache gebracht worden. Die CDU kann daher nicht sagen, dass sie in der Frage des Vorsitzes ausgetrickst beziehungsweise auf halbem Wege ausgeschaltet worden ist.
Ihr Problem lag doch nicht bei der Ausgestaltung der Geschäftsordnung. Ihre Bauchschmerzen lagen doch ganz woanders,
denn zunächst passte der CDU wohl die ganze Richtung nicht. Es gab zu Beginn Ihrerseits erhebliche Zweifel und Abneigung. Daraus haben Sie nie einen Hehl gemacht. Ihre Begehrlichkeit kam doch erst, als die Karawane sozusagen politisch ins Laufen kam,
als nämlich die kommunalen Spitzenverbände und die nicht im Landtag vertretenen Parteien wie die FDP und die Grünen beim Zustandekommen der Kommission mitzogen. Da nunmehr das Projekt Gestalt annahm, wurde es für die CDU interessant und ernst und flugs wollten Sie nicht nur auf den fahrenden Zug, sondern gleich auf dessen Lokomotive aufspringen,
nämlich den Vorsitz kolportieren und das Projekt politisch dominieren. Klar ist, dass die Koalition sich von Ihnen in beidem nicht den Schneid abkaufen lassen wollte und konnte. Aber trotz allem hat auch im weiteren parlamentarischen Verfahren die Koalition die Opposition fast
um deren Teilnahme bekniet. Sie hat darum beispielsweise in beachtlichem Umfang von der CDU gewollte Änderungen im Einsetzungsbeschluss der Enquetekommission zugelassen und dem Innenausschuss langwierige, teilweise das Projekt verzögernde Diskussionen der CDU und selbst schulmeisternde Belehrungen von Herrn Dr. Jäger hingenommen und im Interesse der Sache weggesteckt, meine Damen und Herren.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Wären Sie unserem Rat gefolgt, dann müssten Sie jetzt nicht da vorne stehen und reden.)
Dies alles nur aus einem Grund: um die Enquetekommission auf möglichst breiter gemeinsamer demokratischer Grundlage unter Einschluss der CDU zu Wege zu bringen. Das heißt, der CDU standen und stehen alle verfassungs- und geschäftsordnungsmäßigen Rechte zu, an der Arbeit der Enquetekommission zunächst einmal teilzunehmen.
(Beifall Gabriele Schulz, PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, wie denn? Die gibt es doch rechtlich gar nicht.)
Allerdings hat sie nicht den Vorsitz der Enquetekommission bekommen, der ihr eben aus Sicht der Koalition nach der Geschäftsordnung überhaupt nicht zustand. Und die Mehrheit hat nun einmal ein Verfahren beschlossen, das für die Besetzung der Kommissionsvorsitzenden eine Wahl aus dem Kreis der Mitglieder der Kommission vorsah, soweit diese Mitglieder des Landtages sind. Ein sehr natürliches Verfahren.