Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

Also ich glaube, über Finanzausstattung der neuen Bundesländer und Kürzungen kann man nicht lachen.

Herr Riemann, ich würde in dem Zusammenhang und mit der Sachkenntnis der inhaltlichen Argumentation und den Beratungen, die insbesondere auch im Sonderausschuss des Bundestages laufen, mich gern vergewissern, was konkret diesem Artikel zugrunde liegt. Ich würde da eher sagen, ich möchte mir das dann schwarz auf weiß ansehen, ohne dass ich hier aus einer Zeitung mit Aussagen konfrontiert werde, die ich so auch gar nicht nachvollziehen kann.

Darf ich noch eine zweite Frage stellen?

Bitte sehr, Herr Riemann.

Frau Gramkow, wie beurteilen Sie das Vorhaben des Bundesfinanzministers im Maßstäbegesetz, dass finanzkräftige Länder und insbesondere hier die Südschiene nur noch einen geringeren Teil ihrer überdurchschnittlichen Steuereinnahmen abgeben sollen? Das ist das Vorhaben des Bundesfinanzministers, was Herr Ringstorff in der Südschiene …

Ich glaube, Herr Riemann, Frau Gramkow hat die Frage verstanden.

… eben gerade kritisiert hat.

Auch in diesem Zusammenhang, denke ich, wird es wichtig sein, dass wir uns die Vorstellungen der Bundesregierung zum Maßstäbegesetz, wenn sie dann formuliert sind, genau anschauen, uns in die Debatte einbringen und nicht schon vorverurteilen, was vielleicht noch gar nicht auf dem Papier steht. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Frau Gramkow.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der SPD-Fraktion. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Thema Länderfinanzausgleich ist ja nicht nur heute schon viel geredet worden, sondern in den letzten Tagen gab es dazu viele Pressemeldungen. Wir haben uns im Landtag dann ebenfalls mit dem Thema schon mehrfach befasst und ich bin mir sicher, das wird auch zukünftig noch der Fall sein. Ein Tauziehen um die finanzielle Ausstattung zwischen den Ländern, die den Wettbewerbsföderalismus, und den Ländern, die einen solidarischen Föderalismus favorisieren, ist im Gange. Und, meine Damen und Herren, es geht dabei um sehr viel Geld. 1997 betrug zum Beispiel das Volumen des Finanzausgleichs insgesamt mehr als 50 Milliarden DM. Urheber dieser Auseinandersetzungen sind die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die mit ihrer überwiegend ideologisch motivierten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eine völlige Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs erreichen wollten. Dies hätte auch für Mecklenburg-Vorpommern bei Erfolg verheerende Auswirkungen gehabt.

Mit dem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. November 1999 ist nun der Bundesgesetzgeber aufgefordert worden, bis Ende 2002 ein Maßstäbegesetz als Vorschaltgesetz, das die Prinzipien der Umverteilung festschreibt, zu verabschieden. Bund und Länder sind übereingekommen, diesen Termin auf Ende 2001 vorzuziehen. Ich meine, ein ehrgeiziges Ziel, und viel Zeit bleibt nun nicht mehr, um eine von Bund und Ländern gemeinsam getragene Lösung zu finden, denn es besteht ja auch durchaus die Gefahr, dass aus einem andauernden Streit zwischen den Ländern möglicherweise der Bund als lachender Dritter hervorgeht und seine Zuweisungen an die Länder reduzieren könnte.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das plant Hans Eichel.)

Vor diesem Hintergrund ist es in jedem Fall außerordentlich erfreulich, Herr Riemann, dass auf der Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten am letzten Wochenende in Wiesbaden die Länderchefs den Streit über den Länderfinanzausgleich vorerst beigelegt und sich einvernehmlich auf Grundsätze eines Kompromisses verständigt haben, in dem die gemeinsame Position aller Länder – ich betone, aller Länder – Berücksichtigung finden. Es wäre natürl i c h auch ein Erfolgt für den solidarischen Föderalismus, wenn am Ende des noch schwierigen Prozesses eine 16-zu-0-Lösung aller Länder zustande kommen könnte.

Bis dahin gilt es aber für die Finanzminister, sicherlich noch viele schwierige, aber wohl auch durchaus lösbare Detailfragen zu klären.

Besonders wichtig für Mecklenburg-Vorpommern – da greife ich nur einen Punkt heraus – ist, dass die Finanzkraft der Kommunen und darüber hinaus natürlich die dünne Besiedlung im Länderfinanzausgleich stärkere Berücksichtigung finden. Die Flächenländer, insbesondere Mecklenburg-Vorpommern, das Land mit der geringsten Einwohnerdichte, müssen für hohe zusätzliche Infrastrukturkosten zum Beispiel im Verkehrsbereich, bei der Polizei, bei den Schulen und so weiter aufkommen. Dieser Situation trägt das Bundesverfassungsgericht Rechnung und fordert den Gesetzgeber auf zu prüfen, ob eine unterdurchschnittliche Bevölkerungsdichte einen finanziellen Mehrbedarf rechtfertigt.

Was hat nun Wiesbaden unserem Land gebracht? Ich sehe hier zwei große Punkte oder zwei wichtige Erfolge, die sich aus Wiesbaden für unser Land ergeben:

Erstens. Erfreulich sind vor allen Dingen die Beschlüsse, dass der Aufbau Ost gesamtdeutsche Aufgabe von Bund und Ländern bleibt und dass die Bundesregierung auch nach der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs überproportionale Zuweisungen für die ostdeutschen Länder zur Verfügung stellen soll. Angesichts der nach wie vor sehr großen Probleme in Ostdeutschland und des enormen Nachholbedarfs beim Aufbau der Infrastruktur und in der Angleichung der Lebensverhältnisse – ich verweise auf die Thesen von Wolfgang Thierse – ist dies wohl auch sicherlich zwingend notwendig. Allerdings müssen diesen so positiven Grundsatzbeschlüssen – und da teile ich natürlich auch die Position von Frau Gramkow – die entsprechenden politischen Taten folgen,

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS, und Angelika Gramkow, PDS)

wenn es schließlich gilt, die Aufbauhilfe für Ostdeutschland nicht nur fortzusetzen, sondern mit mindestens 30 Milliarden DM im Jahr und darüber hinaus über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren festzuschreiben, denn um diese Größenordnung geht es.

Zweitens möchte ich Wiesbaden insbesondere natürlich positiv bewerten, weil die Beschlüsse zur Neuregelung des Länderfinanzausgleichs im Wesentlichen als Erfolg – ich betone, im Wesentlichen – für den Kreis der elf meist finanzschwachen Bundesländern zu werten sind, denn schließlich, und das ist unbestritten, wurde der Angriff der Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen abgewehrt, den solidarischen Föderalismus auszuhebeln und das Verfassungsgebot, gleiche Entwicklungschancen für alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland, in Frage zu stellen, somit praktisch abgewehrt.

Ich glaube, an dieser Stelle ist es sicherlich auch angebracht, in aller Deutlichkeit zu sagen, dass einen großen Anteil am Erfolg von Wiesbaden unser Ministerpräsident mit seinem Verhandlungsgeschick hatte. Überlegt und souverän, wie es seine Art ist, hat er seine Rolle als Vorsitzender der Konferenz genutzt, um in der Sache erfolgreich zu sein, und, was wichtig ist, er hatte dabei immer unser Landesinteresse im Blick und letztendlich auch Erfolg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eine große Leistung hat aber auch unsere Finanzministerin Sigrid Keler vollbracht, ebenfalls ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Finanzministerium, denn seit vielen Monaten haben sie sich erfolgreich dabei eingebracht, als es galt, den Hannoveraner Kreis zu organisieren und, was natürlich noch viel wichtiger ist, ihn inhaltlich so zu entwickeln, dass letztendlich mit dem Hannoveraner Modell eine überzeugende Alternative vorgelegt wurde zum so genannten Südländermodell. Ich bin mir sicher, vieles von dem, was dort angearbeitet wurde, wird sich dann in der Endphase oder in der Endfassung wiederfinden und mit Sicherheit auch zugunsten unseres Landes.

Was bleibt als Fazit von Wiesbaden? Ich möchte es kurz zusammenfassen: Durchaus positiv, aber nicht euphorisch sind die Ergebnisse zu bewerten oder man könnte auch sagen, es wurde viel erreicht, aber es sind noch schwierige Detailfragen zu lösen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, ich fordere Sie hier ausdrücklich auf, sich einzubringen im Interesse des Landes. Machen Sie Ihren Einfluss geltend, damit wir gemeinsam für unser Land im Länderfinanzausgleich letztendlich für uns das Optimale und das Beste erreichen! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Herr Borchert.

Ich schließe damit die Aussprache.

Im Laufe der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/1817 aufgrund des in der laufenden Sitzung abgegebenen Berichtes des Ministerpräsidenten und der Finanzministerin für erledigt zu erklären. Über diesen Antrag lasse ich jetzt abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenprobe. – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/1817 für erledigt erklärt.

Meine Damen und Herren, die Fraktion der PDS hat um eine zehnminütige Auszeit gebeten. Ich unterbreche die Sitzung und wir setzen sie fort um 14.05 Uhr.

Unterbrechung: 13.53 Uhr

__________

Wiederbeginn: 14.05 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Bericht der Landesregierung zur Arbeitsmarktlage in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/1824.

Antrag der Fraktion der CDU: Bericht der Landesregierung zur Arbeitsmarktlage in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1824 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Glawe von der CDU-Fraktion. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU hat einen Bericht zur Arbeitsmarktlage in Mecklenburg-Vorpommern bean

tragt. Ich denke, aus gutem Grund. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist und bleibt in Mecklenburg-Vorpomm e r n bedrückend. Wir hatten zum Jahresende 2000 167.000 Menschen ohne Beschäftigung. Das sind so viele, wie eigentlich in einer Konjunktur, die ja angesprungen ist, unüblich ist.

Meine Damen und Herren, das Wachstum in Mecklenburg-Vorpommern steigt,

(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS: Sonst wäre es auch kein Wachstum.)

aber dieses Wachstum hat keine Effekte in Bezug auf die Beschäftigungslage in Mecklenburg-Vorpommern.

(Annegrit Koburger, PDS: Das haben wir Ihnen schon damals bei Ihrem netten Pro- gramm gesagt, dass das nicht funktioniert.)

Und da mögen Sie ja ruhig lachen, meine Damen und Herren von der PDS. Sie haben 1998 gesagt, Arbeit für alle.

(Peter Ritter, PDS: „Arbeit her“, hatten wir gesagt, Herr Glawe.)

Sie sehen, wo Sie sind mit „Arbeit für alle“.

(Peter Ritter, PDS: Auf dem Plakat stand „Arbeit her“, nicht „Arbeit für alle“.)

Die SPD hat gesagt, sie will die Arbeitslosenzahlen um 50 Prozent halbieren.