Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

(Annegrit Koburger, PDS: Wo liegt ein Gesetzentwurf vor?)

129 Millionen DM hatten Sie im Haushalt im Jahr 2000 für 2001 vorgesehen.

Dann sind Sie erwischt worden, dass Sie die Betriebskosten künstlich heruntergerechnet haben. Dann hat Ihre Finanzministerin gesagt: Okay, 8 Millionen DM brauchen wir und 3 Millionen DM gebe ich ihnen. Und was machen Sie jetzt? Jetzt bringen Sie ein Gesetz ein und wollen die Kosten auf Eltern, Landkreise und Kommunen abwälzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sie haben einen Gesetzentwurf geschrieben und wir sollen ihn einbringen, dass Sie ihn schon kennen, oder was?)

Das ist die Wahrheit.

(Unruhe bei Abgeordneten der PDS)

Und uns unterstellen Sie, dass wir kinderfeindlich agieren. Das ist ja wirklich ein starkes Stück!

Ich sage Ihnen noch eins: Sie sind ja eigentlich nur noch hier, um zu reden. Sie handeln ja nicht mehr. Es wird nur noch geredet und geredet und geredet. Vorwärts kriegen Sie nichts mehr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Barbara Borchardt, PDS: Das zeigen Sie aber heute ganz deutlich! Sie reden und reden. – Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Glawe, wenn Sie das alles wissen, warum wollen Sie dann noch ein externes Gutachten? – Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)

Meine Damen und Herren! Noch einmal zur Integration, Kollege Dr. Rißmann. Natürlich ist es wichtig, dass man integrative Gruppen schafft oder ortsnahe Dinge auch diskutiert. Nur man muss sich auch mal die Frage stellen: Was ist sinnvoll? Die Einzelanerkennung muss sein. Und dann geht es natürlich darum, was ist an integrativen Gruppen zu schaffen, wie teuer werden sie.

(Annegrit Koburger, PDS: Sehen Sie, nur das habe ich gemeint! – Zurufe von Barbara Borchardt, PDS, und Irene Müller, PDS)

Sie wissen ganz genau, dass die Landkreise für jeden integrativen Platz, der anerkannt ist, 55 DM pro Tag bezahlen müssen. Das wissen Sie.

(Annegrit Koburger, PDS: Na geht es nun um die Förderung behinderter Kinder, oder nicht?)

Deswegen propagieren Sie ja diese Thematik immer nach oben, weil es den Landeshaushalt relativ wenig kostet, meine Damen und Herren.

Aber jetzt noch einmal zurück zum Antrag. Wir möchten, wenn wir so einem Gesetz zustimmen sollen, alle Daten auf dem Tisch haben, deswegen stellen wir diesen Antrag. Wir möchten auch wissen, wie hoch denn nun der Investitionsstau im Land tatsächlich ist. Sie haben ja seit Jahren nichts mehr für die Kommunen in dieser Frage bereitgestellt.

(Irene Müller, PDS: Sie sind doch in der Liga- sitzung immer dabei. Hören Sie gar nicht zu?)

Sie haben die Kommunen im Stich gelassen. Sie haben auch die freien Träger im Stich gelassen, meine Damen und Herren.

(Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Irene Müller, PDS)

Die letzte Million haben Sie 1999 aus dem Haushalt genommen. Das ist einfach so. Und wenn wir jetzt die Fragen danach stellen, dann sagen Sie, wir machen einen populistischen Antrag. Darüber haben wir schon geredet. Das wissen wir alles schon, meine Damen und Herren.

Ich sage Ihnen noch einmal, die Große Anfrage der CDU zu diesem Thema hat Sie ja einerseits erschreckt, andererseits haben Sie die Anfrage teilweise so beantwortet,

(Irene Müller, PDS: Hast du dich erschrocken? – Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS: Nee!- Dr. Margret Seemann, SPD: Ich habe mich auch nicht erschrocken. – Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)

dass man nicht mit allen Daten, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben, leben kann. Deswegen möchten wir, dass wir zu dieser Sache wirklich verlässliche Dinge auf den Tisch bekommen.

Und ich sage Ihnen noch eins: Wir lassen nicht zu, dass Sie alles das, was Sie jetzt vorhaben, den Eltern und den Landkreisen und den Kommunen und den freien Trägern, die das alles mit verantworten müssen, meine Damen und Herren, in die Schuhe schieben.

(Annegrit Koburger, PDS: Woher wollen Sie das wissen?)

Und darüber wird noch zu reden sein. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1821. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1821 mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion abgelehnt.

Vereinbarungsgemäß rufe ich auf den Z u s a t z t a g e so r d n u n g s p u n k t: a) Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Pläne der Bundesregierung zur Strukturreform der Bundeswehr, Drucksache 3/1864(neu), in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Geplante Schließungen von Bundeswehrstandorten in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/1868. Zum Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1868 liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Abgeordneten Monty Schädel, Karsten Neumann, Annegrit Koburger, Kerstin Kassner, Dr. Gerhard Bartels, Barbara Borchardt, Torsten Koplin, Irene Müller und Gabriele Schulz, Fraktion der PDS, auf Drucksache 3/1890 vor.

Antrag der Fraktion der CDU: Pläne der Bundesregierung zur Strukturreform der Bundeswehr – Drucksache 3/1864(neu) –

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Geplante Schließungen von Bundeswehrstandorten in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1868 –

Änderungsantrag der Abgeordneten Monty Schädel, Karsten Neumann, Annegrit Koburger, Kerstin Kassner, Dr. Gerhard Bartels, Barbara Borchardt, Torsten Koplin, Irene Müller, Gabriele Schulz, Fraktion der PDS – Drucksache 3/1890 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der CDU hat der Abgeordnete Herr Grams von der CDUFraktion. Bitte sehr, Herr Grams.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Abgeordnete und Vertreter der betroffenen Kommunen! Ihnen, liebe Abgeordnete, liegt heute auf der Drucksache 3/1864(neu) ein Antrag der CDU-Fraktion zu den Plänen der Bundesregierung zur Strukturreform der Bundeswehr vor. Wir haben hier in diesem Hohen Hause schon oft zu Fragen der Bundeswehr das Pro und Kontra diskutiert. Ich erinnere an die Tiefflugproblematik, an das Konzept zur Anpassung der Streitkräftestrukturen im April 1995 und im Dezember 2000 zur jetzigen Strukturreform. Aber heute hier zu dieser Problematik zu sprechen fällt mir schwer, denn die Schmerzgrenze wird überschritten.

Immer wieder hat die CDU-Fraktion hervorgehoben, dass sie zur Bundeswehr und ihren Aufgaben steht. Ich denke, es ist uns gelungen, das kurze und doch große Wort von Bürgern in Uniform hier in Mecklenburg-Vorpommern zum größten Teil umzusetzen. Ich denke, gerade ich kann dies beurteilen, weil ich meinen Wahlkreis in einem der größten Standorte in Mecklenburg-Vorpommern habe. Das muss auch in Zukunft so bleiben. Die Angehörigen der Bundeswehr sind ein fester Bestandteil im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben auch im Landkreis Uecker-Randow, aber besonders in der Stadt

Eggesin. Wie sagte eine Bürgerin aus Eggesin: „Die Armee ist schon zur Tradition geworden. In den Einheiten am Standort arbeiten auch sehr viele Zivilbeschäftigte.“ Deshalb dürfte es Ihnen, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, auch nicht schwer fallen, dem Punkt 1 unseres Antrages Ihre Zustimmung zur Bedeutung der Bundeswehr zu geben.

Die Bekanntgabe der Streichung von Stellen bei der Bundeswehr durch den Verteidigungsminister Herrn Scharping am 29. Januar 2001 konnte vom größten Teil der Bürger im Landkreis Demmin, dem Uecker-RandowLandkreis und anderen Standorten nur mit großer Bestürzung und voller Enttäuschung aufgenommen werden. Mecklenburg-Vorpommern soll nach den nun bekannten Plänen in den nächsten Jahren bis zu 4.000 Bundeswehrstellen verlieren, die Hälfte davon allein in Eggesin. Wenn diese Reduzierung so drastisch, wie nun angekündigt, die strukturschwächsten Regionen, den Landkreis Demmin mit 1.042 und die Stadt Eggesin mit etwa 1.792 – künftig nur noch 55 Stellen –, betrifft bei Arbeitslosenquoten von 24,7 beziehungsweise 23,7 Prozent, erhebt sich die Frage, ob dies, wie es Bürger ansprechen, politisch und nicht sachlich motiviert ist. Denn die Oberzentren wie Rostock und Neubrandenburg erhalten Zuwachs. Hier sind zusätzliche Investitionen notwendig, bereits getätigte – wie am Standort Eggesin mit weit über 100 Millionen DM – werden wertlos.

Noch im August 2000 beim Besuch des Bundeskanzlers und des Verteidigungsministers in der Kaserne Stallberg versprach der Verteidigungsminister, dass der Standort Eggesin sicher ist. Die Bürger haben auf die Zusagen des Verteidigungsministers im Beisein des Bundeskanzlers und des Ministerpräsidenten unseres Landes vertraut. Die Bürger des Landkreises fühlen sich verschaukelt und betrogen. Ich möchte heute nicht die Meinung vieler Bürger, die mich in den letzten Tagen und Stunden erreichten, wiedergeben. Der Präsident würde mir sofort das Wort entziehen und mich des Saales verweisen. So nur einige Meinungen: „Die Politiker sagen nicht die Wahrheit.“, „Sie leben gut von unseren Steuergeldern und denken nur an sich selbst.“

Nach der gestrigen Landtagssitzung bin ich mit meinem Kollegen Herrn Helmrich in den Uecker-RandowKreis gefahren, um mich über die Stimmung vor Ort zu informieren. Die Bürger vor Ort sind deprimiert, fassungslos und bereit, mit allen Mitteln für die Rücknahme der Streichungspläne zu kämpfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und auf der Zuschauertribüne)

Meine Damen und Herren, einen Moment bitte! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass Sie hier sind und zuhören. Es ist aber üblich, dass Beifall nur von den Abgeordneten gegeben wird.

(Zuruf von der Zuschauertribüne: Die klatschen ja nicht!)

Ich bitte Sie, dieses zu beachten.

Wir haben nichts zu verlieren. Die positiven Pflänzchen der wirtschaftlichen Entwicklung werden mit einem Schlag zunichte gemacht. Deshalb kann der Landtag nur die Streichpläne des Bundesministeriums vom 29. Januar 2001, wie in unserem Antrag in Punkt 2 gefordert, ablehnen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir, die Zielstellung unseres Antrages einmal an einem konkreten Beispiel darzustellen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands waren die gesamtdeutschen Streitkräfte um rund ein Drittel zu reduzieren. Mit der Rückführung der Streitkräfte waren für Kreise, Städte und Orte sowie für die Bürger erhebliche Einschnitte verbunden. Die Auflösung beziehungsweise Reduzierung einzelner Standorte brachte grundsätzliche Veränderungen für das persönliche und wirtschaftliche Leben einiger Regionen mit sich. So waren im ehemaligen Großstandort Eggesin bis 1989 circa 15.000 Soldaten stationiert, gegenwärtig sind es noch circa 4.000. Insofern hat diese Region bereits in den letzten Jahren erhebliche Opfer gebracht und ihren Anteil zur Umstrukturierung geleistet. Die nun vorgesehene Kürzung auf fast 2.000 Soldaten am Großstandort Eggesin muss mit Unterstützung aller politischen Kräfte – ich betone, aller politischen Kräfte – abgewendet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Schon diese Pläne zeigen deutlich, welchen Stellenwert die Bundesregierung strukturschwachen Regionen in den neuen Bundesländern beimisst. Die Umsetzung dieser Pläne bedeutet für die Stadt Eggesin das Aus. Der Rückgang der Versorgungs- und Dienstleistungsaufträge führt zum Verlust von Hunderten von Arbeitsplätzen. Der Untergang oder die Existenz der Handwerks- und Handelsgeschäfte ist in Frage gestellt. Es wird mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote im Landkreis Ueckermünde, in Demmin und anderen Standorten gerechnet, aber in der Stadt Eggesin auf über 50 Prozent. Damit einhergehend wird mit einem Bevölkerungsrückgang von zurzeit 6.600 Einwohner auf 2.600 gerechnet. Der Leerstand von Wohnungen wird auf circa 1.500 ansteigen und Schließungen öffentlicher Einrichtungen wie des neu eröffneten Freizeitzentrums sind nur eine Frage der Zeit. Das einzige Schwimmbad im Kreis hat die Bundeswehr in Eggesin. Auch dies wird bei der Schließung der Vergangenheit angehören. Es wird mit einem Verlust der Kaufkraft von jährlich 50 bis 60 Millionen DM gerechnet. All diese Auswirkungen tragen dazu bei, dass die Stadt Eggesin zahlungsunfähig wird.

Für mich unverständlich ist, dass der Ministerpräsident nichts von den Streichplänen gewusst haben will, wie der Antwort zu meiner Kleinen Anfrage vom 14. Januar 2001 zu entnehmen ist. Es waren der Landesregierung auch keine Maßnahmen zur sozialverträglichen Abstimmung oder Absicherung bekannt. Aber knapp 14 Tage später wird gesagt, das Schlimmste vom Land abgewendet zu haben. Mit dieser Wertung hat die Landesregierung sich mit den Streichplänen abgefunden und lässt eine ganze Region im Stich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und auf der Zuschauertribüne – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen sagen, wenn Sie sich nicht an die Ordnung des Hauses halten, dann können Sie hier nicht zuhören. Es ist eine bestimmte Spielregel, die es im Parlament gibt, und die ist einzuhalten. Das bitte ich zu beachten, trotz aller Emotionen. – Danke.

Na ja, der Landkreis UeckerRandow liegt eben doch schon fast in Polen, ansonsten würde unser Ministerpräsident wie die Ministerpräsiden