Protokoll der Sitzung vom 08.03.2001

(Zuruf von Martin Brick, CDU)

Sie sollten Rahmenbedingungen für eine perspektivische Entwicklung sein. In einer längerfristigen Entwicklung darf die Existenz der verschiedenen Produktionsformen nicht in Frage gestellt werden. Es geht darum, fließende Übergänge zu Landwirtschaftsbetrieben zu schaffen, die die Kriterien von Qualitätsproduktion, Umweltschutz, Tierschutz und Erhöhung von Wertschöpfung – und hier zitiere ich die neue Verbraucherschutzministerin, das ist schon mehrfach gemacht worden: „Klasse statt Masse“ – erfüllen. Eine für den Verbraucher nachvollziehbare gläserne Produktion beginnt bereits beim Anbau beziehungsweise beim Kauf von Futtermitteln und

endet an der Ladentheke. Jedes Einzelprodukt in der Kette muss dem Anspruch einer Qualitätskontrolle gerecht werden. Erst dann kann von einer zertifizierten Produktion die Rede sein.

Wer sich den neuen Kriterien stellt, das betrifft die konventionelle Landwirtschaft genauso wie die ökologisch ausgerichteten Unternehmen, darf in diesem Prozess nicht allein gelassen werden. Wir sind uns bewusst, dass höhere Standards nicht zum Nulltarif zu haben sind. Eine Sonderförderung ist gegenwärtig durch die Länder nicht möglich. Der Landtag sollte deshalb bekräftigen: Solange ein entsprechender internationaler Konsens nicht erreichbar ist, darf die WTO einzelne Mitglieder nicht daran hindern, regionale Entscheidungen für entsprechend hohe Maßnahmen zu ergreifen und daraus resultierende höhere Kostenbelastungen für ihre Landwirte angemessen auszugleichen.

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Brick?

Bitte sehr, Herr Brick.

Danke, Herr Präsident.

Frau Schildt, die Wertschätzung für Ihren Antrag ist ja nun in diesem Hause nicht sehr hoch.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Na, na, na!)

Wir sind hier nicht mal ein Drittel. Ich frage Sie, ob Sie das in Ordnung finden, dass der Landwirtschaft, die der größte Betriebszweig in diesem Lande ist, so wenig Reverenz erwiesen wird, was auch für die Wertschätzung zu Ihrem Antrag bezeichnend ist.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Was soll denn das jetzt?)

Ich bedanke mich für die Frage, Herr Brick. Wir haben da vollkommene Übereinstimmung. Ich bedauere es. Wir sprechen vor allen Dingen über Verbraucherschutz und wir alle hier im Parlament sind Verbraucher.

Richtig.

Wir setzen uns für die Bürger unseres Landes und für ihre Interessen ein. Und deshalb kann ich Ihre Forderung oder Ihre Meinung nur voll unterstützen.

Vielen herzlichen Dank.

(Reinhard Dankert, SPD: Sind sechs CDU-Abgeordnete überhaupt anwesend?)

Ich setze meine Rede jetzt fort.

Ich habe bewusst von einem allumfassenden gesellschaftlichen Prozess gesprochen. Strukturveränderungen und neue Vertriebsformen oder Marktansprüche benötigen wissenschaftliche Begleitung, fundamentales agrar- und betriebswirtschaftliches Wissen der landwirtschaftlichen Unternehmer, neue ideenreiche Verarbeitungsrezepte und eine transparente Darstellung für den Konsumenten. Nach unserer im Antrag deutlich gemachten Auffassung brauchen wir allen Sachverstand an einem Tisch. Das habe ich schon einmal ausgeführt. Die Landesregierung muss das organisieren und, soviel ich weiß, hat sie das inzwischen. Der runde Tisch ist, soviel

ich weiß, mit Vertretern von Wissenschaft und Forschung, Futtermittel-, Milch- und Fleischproduzenten sowie des Verbraucherschutzes ins Leben gerufen. Angesprochen sind dazu auch die berufsständischen Vertretungen, von denen wir nicht nur Forderungen an die Politiker, sondern eigene Ideen erwarten.

Wir stehen am Anfang eines langen Weges. Gestalten wir ihn durch dieses Hohe Haus gemeinsam! Und ich bitte auch Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CDUFraktion, doch darüber nachzudenken, ob Sie uns auf diesem Weg begleiten wollen.

(Martin Brick, CDU: Da müssen Sie überweisen.)

Ich beantrage allerdings Abstimmung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1936. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1936 ist mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Übernahme der Kosten der Tierkörperbeseitigung durch das Land, auf Drucksache 3/1934(neu).

Antrag der Fraktion der CDU: Übernahme der Kosten der Tierkörperbeseitigung durch das Land – Drucksache 3/1934(neu) –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Holznagel von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Frau Holznagel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es eben gehört. Die so genannte BSE-Krise hat gravierende Auswirkungen nicht nur auf unsere heimische Landwirtschaft, das Agrargewerbe sowie die fleischverarbeitenden Betriebe, sondern, man kann es so sagen, auf ganz Deutschland. Viele rinderhaltende Betriebe sind in ihrer Existenz bedroht. In der Lebensmittelbranche sind schon jetzt viele Beschäftigte von Kurzarbeit bedroht, Tausende von Arbeitsplätzen gelten als akut gefährdet, es gibt die ersten Schließungen von fleischverarbeitenden Unternehmen.

Während sich die Notlage in der Landwirtschaft und im verarbeitenden Gewerbe mit jedem Tag verschlimmert, streiten sich Bund und Länder über die BSE-Folgekosten. Dreieinhalb Monate nach Feststellung des ersten BSEerkrankten Rindes in Deutschland liegt noch immer kein Finanzierungskonzept vor. In dieser Situation, denke ich, ist es wichtig, dass hier das Land handelt.

Meine Damen und Herren, die bereits angelaufenen Maßnahmen wie das unschädliche Beseitigen des spezifizierten Risikomaterials, die flächendeckenden BSETests, das Verfütterungsverbot von Tiermehl und Tierfetten bei allen Tierarten sowie die Verstärkung der Kontrolle der Futter- und Hilfsmittel sind entscheidende Schritte zur Überwindung der BSE-Krise. Ebenso unverzichtbar sind Hilfen für die in Not geratenen landwirtschaftlichen Betriebe und Ernährungswirtschaftsbetriebe. Deutsch

land hat aber im vorauseilenden Gehorsam Maßnahmen erlassen, die über die Beschlüsse der EU-Kommission hinausgehen. Das betrifft das unbefristete Tiermehlverfütterungsverbot genauso wie die Testung aller Rinder ab 24 Lebensmonate und nicht nur der gefallenen Tiere oder im Rahmen der Herauskaufaktion für Rinder über 30 Monate die Testung und dann Schlachtung und eventuelle Vernichtung der Rinder.

Durch diese dem Verbraucher eine höhere Sicherheit suggerierenden Maßnahmen der Grünen-Landwirtschaftsministerin entstehen unserer heimischen Landwirtschaft handfeste Wettbewerbsnachteile gegenüber ihren EU-Kollegen und enorme Verluste.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

So gibt es innerhalb Europas eine verbreitete Auffassung, das befristete Tiermehlverfütterungsverbot nicht zu verlängern, sondern unter bestimmten Auflagen, die in Deutschland übrigens schon lange eingehalten werden, das sei hier angemerkt, in der Schweinemast wieder zu erlauben. So wird der holländische und dänische Schweinemäster seine Schweine dann vielleicht eineinhalb Monate eher schlachtreif haben als sein deutscher Kollege, die Auslastung je Mastplatz ist eine bessere, der Futteraufwand geringer – von vergleichbarer Wettbewerbsfähigkeit also dann keine Spur mehr.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht – das darf ich hier als Tierärztin sagen – gibt es für Schweine als Allesfresser auch überhaupt keine Bedenken. Und im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist eine sinnvolle Verwertung gefallener Tiere nur zu begrüßen.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Deutschland muss für EU-einheitliche Regelungen eintreten und keine Hürden zum Nachteil der heimischen Landwirtschaft errichten.

(Beifall Lutz Brauer, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Durch das Auftreten von BSE in Deutschland ist eine Kostenlawine entstanden, die die Land- und Ernährungswirtschaft zu erdrücken droht. Ich möchte die wesentlichsten Punkte nennen:

1. die Entsorgung der so genannten Altbestände an Tiermehl, Tierfetten und Futtermitteln, die diese Bestandteile enthalten

2. die Entsorgung der seit dem 02.12.2000 in den Tierkörperbeseitigungsanstalten aus Schlachtabfällen hergestellten Tiermehle und Tierfette

3. die im Rahmen der amtlichen Fleischuntersuchung vorgeschriebenen BSE-Tests

4. die Einkommensausfälle in der Landwirtschaft und der gewerblichen Wirtschaft

5. die von der Europäischen Kommission wegen der schwierigen Marktsituation beschlossene Herauskaufaktion für ältere Rinder

Um gleich beim Letzteren zu bleiben, für mich unverständlich ist, dass Deutschland im Rahmen der Ankaufserstattung circa 1.000 DM pro Tier erhält, Frankreich 1.319 DM, Luxemburg 1.545 DM. Hier frage ich: Sind einige Länder gleicher? Ich denke, hier muss die Landesregierung im Sinne unserer Landwirte bei der Bundesregie

rung heftig intervenieren, dass auch für die deutschen Bauern die höheren Sätze ausgezahlt werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Nicht genannt habe ich bei der Kostenaufzählung die gestiegenen Kosten für die Tierkörperbeseitigung um circa das Dreifache. Nach geltender Rechtslage sind in Mecklenburg-Vorpommern beseitigungspflichtige Körperschaften die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Beseitigungspflicht wurde jedoch auf dem Wege der Beleihung auf das in Mecklenburg-Vorpommern ansässige Unternehmen SARIA übertragen, die wiederum ihrerseits den Landwirten die Entsorgung in Rechnung stellt. Mit diesem Verfahren wurde den Landwirten eine steuerliche Entlastung durch den Vorsteuerabzug ermöglicht.

Durch die im Zusammenhang mit der BSE-Bekämpfung erlassenen Maßnahmen stiegen die Entsorgungskosten so dramatisch an, dass sie von den Landwirten allein nicht mehr getragen werden können. Das möchte ich deutlich betonen.