Protokoll der Sitzung vom 04.04.2001

(Dr. Manfred Rißmann, SPD: Da bleibt sie auch. – Zuruf von Gerd Böttger, PDS)

Allein diese historische Entwicklung begründet Gedanken und Bestrebungen, den musealen Standort Neustrelitz erneut zu beleben. Die bereits ausgeführten aktuellen Entwicklungen bezüglich des Großraumes Berlin und der historischen Verknüpfungen ins Brandenburgische stützen derartige Überlegungen.

Die Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpommern gingen bei ihren Entscheidungen zur Verwaltungsstruktur von einer möglichst ausgewogenen regionalen Standortstruktur aus. Trotzdem wurden innerhalb der letzten zehn Jahre Entscheidungen getroffen, die sich zu Lasten des Standortes Neustrelitz auswirkten. Sie finden die Fakten in der Begründung zum Antrag. Zahlreiche, zum Teil attraktive Verwaltungs- und Residenzliegenschaften des Landes in Neustrelitz, die ohnehin erhalten werden müssen, stehen gegenwärtig leer und warten auf eine angemessene Nutzung.

(Gerd Böttger, PDS: Bei uns auch. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Bei mir zu Hause gibt es auch viele leere Gebäude.)

Das gemeinsam vom Landkreis Mecklenburg-Strelitz, der Stadt Neustrelitz und der Stadt Neubrandenburg vorgelegte Material einer Standortempfehlung listet sofort verfügbare 8.364 Quadratmeter landeseigene Nutzfläche mit einer Erweiterungsoption von rund 50 Prozent auf. Diesen Argumenten zu folgen entspricht nach meiner Sicht einem wachen Realitätssinn.

Noch ein Wort zur Rolle von Museen. Mit der Schließung des Technischen Landesmuseums und des Archäologischen Museums im Schloss Schwerin am 16.11.1992 stellte sich immer wieder die Frage nach der Bedeutung der Sammlungen als Besuchermagnet. Ausgedrückt in Zahlen hat sich der Besucherstrom im Schloss Schwerin seit 1988 mit 303.600 Besuchern kontinuierlich bis 1997 mit einem Stand von 172.200 Besuchern reduziert, ohne dass ein Bruch infolge der beiden fehlenden Museen erkennbar wäre. Ab 1998 bis einschließlich 2000 pegelten sich die Besucherzahlen wieder bei einem Stand von reichlich 190.000 ein. Damit nimmt das Schloss Schwerin insgesamt eine hervorgehobene Besucherposition ein.

Weit abgeschlagen ist das fußläufig erreichbare Galeriemuseum mit rund 33.000 Besuchern in 2000. Die attraktive Sammlung des wiedereröffneten Technischen Landesmuseums konnte im Jahr 2000 gerade mit

14.400 Besuchern aufwarten, ein Argument, das widerlegt, dass die innerstädtische verknüpfte Ansiedlung von Museen in Schwerin auch positive Konsequenzen auf die Besucherströme hat. Mit einer Besucherzahl von 12.200 Besuchern im Museum der Stadt Neustrelitz steht dieses kleine Museum bereits jetzt der Frequenz des Technischen Landesmuseums kaum nach. Überhaupt weisen Untersuchungen des Instituts für Museumskunde für die Bundesrepublik insgesamt nach, dass rund 57 Prozent der Museumsbesucher auf kleinere und regionale Museen mit Besucherzahlen bis zu 15.000 Besuchern entfallen. Insofern sollten politische Entscheidungen auch den Sachargumenten und nicht durchaus verständlichen Emotionen folgen.

(Angelika Gramkow, PDS: Und das bei Ihrem Antrag?! Da lacht ja das Huhn! – Wolfgang Riemann, CDU: Ja, Frau Gramkow, dann stellen Sie mal im Haus- halt mehr Geld für das Theater ein!)

Nach mehrfachen und unterschiedlich geprägten Diskussionen in den letzten Tagen auf parlamentarischer Ebene glaube ich, dass der Kern der Diskussion zu dem vorliegenden Thema der möglichst kostengünstige Einsatz von Landesimmobilien ist. Hier sind Aussagen zu werten, die zwar ohne endgültige Verbindlichkeit hinsichtlich der Kosten einer Ansiedlung in der Schweriner Stellingstraße oder hinsichtlich der Nutzung leerstehender Immobilien in Neustrelitz mit dem notwendigen Herrichtungsaufwand entstehen. Zusätzlich habe ich Positionen vernommen, die bei möglichen Kosteneinsparungen einen Einsatz zugunsten der Theaterlandschaft sehen möchten.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ihre Redezeit ist schon lange abge- laufen, Herr Nolte. Fünf Minuten!)

Insofern hat die Entscheidung der Landesregierung in dieser Sache durchaus weitgehende, besonders finanzielle Konsequenzen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Jörg Vierkant, CDU)

Danke, Herr Nolte.

Es ist vorgesehen, dass jeder Abgeordnete, der zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen möchte, eine Redezeit von maximal fünf Minuten hat. Abgeordnete, die hierzu reden möchten, melden den Bedarf beim Schriftführer zu meiner Rechten an. Insgesamt ist zunächst eine Redezeit mit einer Dauer von 60 Minuten vorgesehen, die auch nicht überschritten werden sollte. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Körner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Obwohl man durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann – und hier spreche ich insbesondere meine Kolleginnen und Kollegen aus Schwerin an, Sie, Frau Gramkow, denn ich denke, Sie werden sich zu diesem Thema auch noch äußern, Herr Böttger hört ganz gespannt zu –, man kann

(Gerd Böttger, PDS: Und muss.)

ja sehr unterschiedlicher Meinung sein, ob ein solcher Antrag hier in diesem Landtag wirklich gut aufgehoben ist,

obwohl ich mich natürlich bei den, wenn ich richtig gezählt habe, 27 Abgeordneten bedanken möchte, die diesen Standort Neustrelitz unterstützen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Bitte. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Es sind nur noch 26.)

Dennoch kann man geteilter Meinung sein, denn die Kompetenz der Entscheidung liegt einmal nicht im Landtag und zum Zweiten …

(Gerd Böttger, PDS: Gott sei Dank! – Angelika Gramkow, PDS: Die liegt beim Haushaltsgesetzgeber und das ist der Landtag.)

Die Kompetenzentscheidung über den Standort liegt bei der Landesregierung.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Da irren Sie sich, Herr Dr. Körner. – Wolfgang Riemann, CDU: Wenn Ihr das Geld nicht gebt, dann gibt es nichts.)

Wenn es kein Geld gibt, dann gibt es überhaupt keinen Standort.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: So ist das.)

So ist das. Diese Kompetenz liegt beim Landtag. Der Landtag kann sagen, es gibt oder es gibt nicht, aber er kann nicht sagen, wo.

(Angelika Gramkow, PDS: Doch. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das ist richtig falsch.)

Er kann es sagen, wo, aber das ist meines Erachtens trotzdem keine Entscheidung des Landtages sinnfälligerweise, denn bisher waren es drei Standorte, und obwohl es ja nicht wenige Abgeordnete sind, sind zumindest die Unterzeichner nicht eine Mehrheit des Landtages. Mittlerweile ist die Stadt Wismar, die Stadt Greifswald hier mit ins Rennen gegangen. Und wenn wir noch ein oder zwei Wochen darüber diskutieren,

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann will Koserow das auch noch.)

gibt es sicherlich auch zehn Bewerber und noch mehr, und dann gibt es überhaupt keine Mehrheit mehr in diesem Landtag.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ribnitz-Damgarten. – Harry Glawe, CDU: Dann hätten Sie den Antrag nicht unterschreiben sollen, Herr Dr. Körner. – Glocke der Vizepräsidentin)

Ich habe diesen Antrag natürlich unterschrieben,

(Harry Glawe, CDU: Ein Bündnis, Frau Ministerin, ein Bündnis.)

weil ich denke, dass es gute Argumente gibt für Neustrelitz,

(Beifall Lorenz Caffier, CDU)

und ich möchte einige dieser Argumente kurz benennen. Ich werde die Zeit von fünf Minuten nicht brauchen, deshalb bitte ich, dass Sie mir zuhören. Es sind vier Punkte, aber die, denke ich, haben einiges Gewicht.

Doch vorweg noch ein Wort zu diesem so genannten Gutachten. Da ist ein Gutachten in Auftrag gegeben worden zur Standortfindung. Dieses Gutachten spricht so für sich selbst, dass man es getrost auf den Tisch legen kann, denn es ist so schlecht gearbeitet, dass es seine Intenti

on, die es vorgibt, nämlich für Schwerin zu votieren, durch die inhaltliche Qualität oder, ich muss sagen, Missqualität wieder in Frage stellt.

(Gerd Böttger, PDS: Ach, das gefällt Ihnen bloß nicht von einem unbekannten Abgeordneten bei der PDS-Fraktion.)

Schauen Sie sich das Gutachten an, Herr Böttger, schauen Sie es sich an! Sie werden sehen, dieses Gutachten ist völlig oberflächlich gearbeitet.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Wer hat denn das in Auftrag gegeben?)

Aber einige Argumente pro Neustrelitz: Wissen Sie, in Neustrelitz, einer ehemaligen Residenzstadt, gibt es bis heute etliche leerstehende Liegenschaften in Größenordnungen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, die gibt’s hier auch.)

Liegenschaften, Landesliegenschaften, die frei stehen,

(Herbert Helmrich, CDU: Ja, hier auch.)

die sofort benutzt werden könnten,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wie teuer ist das gewesen?)