Oder weshalb hat sich die Landesregierung für die Verbandsklage in der Light-Version entschieden? Doch bestimmt nicht aufgrund des Druckes der Naturschutzverbände.
Schon vor drei Jahren wurde im Rahmen der Anhörung zum Landesnaturschutzgesetz deutlich, dass der über
wiegende Teil der Anzuhörenden gegen die Einführung der Verbandsklage votierte. Insgesamt hat die Anhörung seinerzeit gezeigt, dass die Verbandsklage für Mecklenburg-Vorpommern ein ungeeignetes Instrument darstellt und die im Gesetzentwurf sichergestellte breite Verbandsbeteiligung – bereits im Vorfeld naturschutzrelevante Vorhaben – sinnvoller und richtiger ist. Diese Anhörungsergebnisse werden seitens der Landesregierung aber immer noch ignoriert. Ansonsten hätten wir ja den Gesetzentwurf nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn auch der Umweltminister heute wieder betont hat, dass die Einführung der Verbandsklage den wirtschaftlichen Interessen des Landes nicht entgegensteht, so ist es doch unverständlich, warum einzelne Projekte, wie die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ oder Projekte im bauplanungsrechtlichen Innenbereich, von der Verbandsklage ausgenommen werden sollen.
(Peter Ritter, PDS: Wenn Sie einen Antrag stellen, das zu ändern, stimme ich sofort zu. – Heiterkeit bei Caterina Muth, PDS)
Erfahrungen belegen, dass die Befürchtungen hinsichtlich Verfahrensverzögerungen und Kostenerhöhungen einen realistischen Hintergrund haben. Ich denke, das sehen Sie auch so. So haben 11 der 13 Bundesländer im Rahmen einer Untersuchung der Freien Hansestadt Hamburg über Verzögerungen und Kostensteigerungen durch die Verbandsklage berichtet. Da hilft es auch nichts, wenn der Umweltminister verkündet, dass die Verbände mit dem Instrument der Verbandsklage verantwortungsbewusst umgehen, und darauf verweist, dass bereits in 1 3 Bundesländern das Verbandsklagerecht im Landesnaturschutzgesetz verankert ist, gleichzeitig aber die negativen Erfahrungen anderer Bundesländer mit diesem Rechtsinstrument verschweigt. Und das muss man hören.
Denken Sie bitte daran, dass allein die Verzögerung bei der Errichtung des Ems-Sperrwerkes zu Kosten von über 20 Millionen DM geführt hat.
Ja, und das muss ich auch immer wieder sagen: Diese Verzögerung wurde von den Umweltverbänden aufgrund des niedersächsischen Verbandsklagerechts durchgesetzt. Der Planfeststellungsbeschluss zur Vertiefung der Ems wurde 1994 seitens des NABU und des BUND beklagt. Aufgrund einer umfänglichen Zahlung des Landes Niedersachsen von insgesamt 17,5 Millionen DM wurde diese Klage wieder zurückgezogen. Sicherlich wird die Landesregierung auch betonen, dass es in Brandenburg mit Einführung der Verbandsklage 28.000 Verwaltungsakte gab, von denen lediglich elf beklagt wurden. Doch eine Verzögerung durch die Verbandsklage bei der Ansiedlung der Gaskraftwerke in Lubmin, dem Vorhaben der Oetken-Gruppe auf dem Bug oder bei der Ansiedlung
des BMW-Werkes hier in Schwerin hätte fatale Folgen für den Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Wettbewerb um Investitionen entscheidet oftmals abschließend ein Gefühl aus dem Bauch heraus. Das darf man auch nicht vergessen.
Die Verbandsklage ist für dieses Gefühl eines Investors sicherlich nicht förderlich. Ich gehe sogar so weit, dass sich die Landesregierung dieser Tatsache auch bewusst ist. Offensichtlich wurde die Einführung aufgrund entscheidender Investitionsvorhaben im Lande erst jetzt eingebracht. Oder um es anders auszudrücken: Vielleicht haben Sie doch inzwischen auch kalte Füße bekommen.
(Caterina Muth, PDS: Ach! – Peter Ritter, PDS: Wir mussten uns ja noch was für das dritte Jahr aufheben und konnten nicht gleich alles am Anfang machen.)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir wollen aber die Umweltverbände ja bei der Durchführung von Planungen und Projekten beteiligen. Das haben wir immer wieder deutlich gemacht. Hier muss das Miteinander gesucht werden und nicht vor Gericht. Die Einhaltung der Gesetze kann und darf auch nicht an die Verbandsklage gehängt werden. Dann müssten wir in jedem Gesetz auch die Verbandsklage einführen und ich glaube, das ist nicht notwendig.
Genau. Und darauf wollte ich noch einmal hinweisen, für die Betroffenen ist es immer möglich, die Einhaltung der Gesetze einzuklagen. Deswegen brauchen wir nicht die Verbandsklage.
Aber viel wichtiger ist, aus diesem Grunde haben wir im Landesnaturschutzgesetz Paragraph 64 ein umfängliches Beteiligungsgesetz der Paragraph-29-Verbände verankert. Und das, denke ich, ist der Kernpunkt. Hier haben die Verbände bereits im Vorfeld von Projekten die Möglichkeit, umfangreich Stellung zu nehmen. Ich finde, das reicht aus, um einen wirkungsvollen Naturschutz sicherzustellen. Und ich freue mich, wenn die Verbände auch dieses ausnutzen, denn klar ist, dass die Einführung der Verbandsklage derzeit weder nach Europa- noch nach Bundesrecht zwingend geboten ist.
(Peter Ritter, PDS: Wir müssen nicht erst warten, bis die EU uns zu etwas zwingt wie bei den FFH-Gebieten.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorgelegte Gesetzentwurf beschränkt sich natürlich nicht nur auf die Einführung der Verbandsklage. Das hat auch die Opposition bemerkt. Neben reinen rechtstechnischen Anpassungen sehe ich in der Einführung eines Kompensationsflächenkatasters und der Neuregelung des Paragraphen 16 – Genehmigungsverfahren bei Eingriffen in Natur und Landschaft – weitere Schwerpunkte des Gesetzentwurfes. Gerade die finanziellen Auswirkungen der zuletzt genannten Regelungen werden im Rahmen der Anhörung noch diskutiert werden müssen.
Da meine Fraktion eine Novelle des Landesnaturschutzgesetzes nicht für notwendig erachtet, lehnen wir
den vorgelegten Gesetzentwurf natürlich ab. Wir überweisen ihn aber jetzt in die Ausschüsse in der Hoffnung, dass die Anhörung mit den fachkompetenten Gremien den entsprechenden Einfluss auf die Beratung hat und der Entwurf dann seine richtigen Veränderungen erhält. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit der heutigen Einbringung eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes geht der Landtag Mecklenburg-Vorpommern einen weiteren Schritt in Richtung eines modernen Umweltrechts in unserem Bundesland. Per aspera ad astra, beginnend mit gerade mal 13 Paragraphen, zusammengefasst in dem einst so genannten Vorschaltgesetz, verläuft der steinige Weg der Naturschutzgesetzgebung in Mecklenburg-Vorpommern seit der ersten Legislaturperiode bis heute.
Der große Griff nach den Sternen, wenn auch immer wieder in Angriff genommen, ist jedoch dieses Mal wiederum nicht gelungen, wenn auch, das muss man den Verfassern dieser Gesetzesnovelle bescheinigen, einzelne Fortschritte durchaus erzielt werden konnten. Gesetze werden heute glücklicherweise nicht mehr wie in biblischen Zeiten in Stein gemeißelt. Die uns umgebende Gesellschaft macht ständig neue Erfahrungen und setzt diese auf parlamentarischem Wege um. Solche Erfahrungen, manifestiert in zahlreichen Stellungnahmen zum Gesetzentwurf an das Ministerium, sowie Erfahrungen aus dem Vollzug haben in der Novelle ihren Niederschlag gefunden.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, seit 1990 streiten Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpommern für ein Verbands- oder Vereinsklagerecht. Völlig unverständlich ist es, dass verantwortungsvolle Umweltpolitiker aus den Reihen der CDU bis zum heutigen Tage der Verbandsklage ihren Widerstand entgegengesetzt haben. Wir haben es gerade eben wieder bestätigt gehört.
Man denke nur an den kläglich gescheiterten Antrag zur letzten Landtagssitzung, mit dem die Opposition die Landesnaturschutzgesetzgebung für Mecklenburg-Vorpommern unter einer fadenscheinigen Begründung auf das Abstellgleis schieben wollte. Erinnern wir uns: In der Koalition mit der CDU brachte die SPD im Jahre 1996 in einem von den Sozialdemokraten erarbeiteten Gesetzentwurf die Verbandsklage ein. Um das Gesetz dereinst nicht am Widerstand der Union scheitern zu lassen, verzichtete die SPD schließlich notgedrungen auf die Festschreibung dieses Klagerechtes.
Nun aber, der Wählerwille macht es dennoch möglich, heute die Verbandsklage mit der Ihnen vorliegenden Gesetzesnovelle einzubringen. Wenn man, meine Damen und Herren der CDU, Ihre heutigen Gegenargumente zum
Verbandsklagerecht zur Kenntnis nimmt, wird deutlich, dass Sie immer noch keinen Schritt auf den Weg der Erkenntnis setzen konnten. Sie reisen wie eh und je auf die gleiche Tour, mit der Sie die Menschen in unserem Land verunsichern und fehlinformieren: Die Verbandsklage sei unnötig, der Staat reiche völlig aus, um den Erhalt der Rechtsnormen zu garantieren.
Die Einführung einer Verbandsklage zeige nur das fehlende Vertrauen des Landes in seine Behörden und beschädige am Ende nur die Wirtschaftskraft des Landes.
Aber das ist schlichtweg falsch, Herr Brauer. Das Verbandsklagerecht trägt als demokratisches Grundrecht dem Umstand Rechnung, dass die Feststellung, wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter, häufig zu einem Unterliegen der Interessen des bewahrenden Naturschutzes gegenüber anderen Interessen führt. Kein Investor, kein Vorhabensträger, kein Planer muss eine Verbandsklage als Rechtsmittel zur Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen befürchten, wenn er, und dies ist entscheidend, verantwortungsvoll und sorgfältig in Kenntnis der sensiblen geschützten Bereiche der Natur und Landschaft unter Akzeptanz der Naturschutzgesetzgebung handelt.
Nun ist vorgesehen, mit der Novellierung das lange geforderte Klagerecht für die nach Bundesrecht anerkannten Verbände gesetzlich zu verankern. In seinem Wirkungsspektrum ist es allerdings in ungerechtfertigter Weise derart abgeschwächt und harmlos, dass sich eine Auseinandersetzung hier damit eigentlich nicht lohnt. Der räumliche Geltungsbereich ist eingeschränkt auf Nationalparke, Naturschutzflächen und FFH-Flächen. Gebiete, die per Gesetz oder Verordnung oder europäisches Gemeinschaftsrecht ohnehin höchste Schutzkategorie repräsentieren, sind im Bewusstsein der Allgemeinheit entsprechend akzeptiert, so dass sich Eingriffe in Natur und Landschaft für diese Räume ohnehin generell ausschließen sollten.
Meine Damen und Herren, als ein Positivum ist die Entscheidung im Paragraphen 16 „Genehmigungsverfahren bei Eingriffen in Natur und Landschaft“ zu werten. Ausgleichszahlungen werden nunmehr an die Stiftung Umwelt und Naturschutz weitergeleitet und dort zunächst geparkt. Landkreise und kreisfreie Städte, denen man hiermit sehr entgegenkommt, können auf Antrag Mittel aus Ausgleichszahlungen für die naturschutzrelevanten Projekte beantragen. Ein Vergaberat soll die demokratische Schaltstelle sein. Ob nun hier ein latentes Konfliktpotential zum Kuratorium der Stiftung Umwelt und Naturschutz aufgebaut wird, muss im Rahmen der Beratungen im Umweltausschuss noch geprüft werden. Dieser Lösungsvorschlag scheint mir wenig praktikabel.
Meine Damen und Herren, hervorzuheben ist die Aufnahme der jagdlichen Nutzung hinsichtlich der förderlichen Ziele für den Naturschutz. Es bleibt aber die grundsätzliche Frage für die doch unverbindlichen Appelle des Paragraphen 4, ob angesichts der jetzt eröffneten öffentlichen Debatte zur Neuorientierung der landwirtschaftlichen und umweltgerechten und mehr verbraucherorientierten Nutzung von Böden, Gewässern und biogenen Ressourcen dieser Ansatz noch zeitgemäß,
geschweige denn auch progressiv ist. Mecklenburg-Vorpommern hätte hier die Chance, Vorreiter zu werden. Warum blieb diese Chance ungenutzt? Schließlich wird mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes diese Problematik wohl aufgegriffen werden. Auch die Beantwortung meiner Kleinen Anfrage auf der Drucksache 3/2033 „Befugnisse zur Überprüfung der Einhaltung von § 4 des Landesnaturschutzgesetzes (LNatG M-V) …“ bietet in diesem Zusammenhang Beratungsstoff.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, mit einer gewissen Enttäuschung muss ich feststellen, dass die Verfasser den Paragraphen 21 in seiner ursprünglichen Fassung hinsichtlich der Ausweisung sensibler mariner Schutzgebiete belassen wollen. So steht die Aufforderung zur Ausweisung mariner Schutzgebiete nach wie vor im Konjunktiv. Man könne ja handeln und entsprechend der Empfehlung der HELCOM, wenn man es denn wolle, weitere marine Schutzgebiete ausweisen. Überhaupt scheint mir der marine Naturschutz im Gesetz, vielleicht auch im Hause des Umweltministeriums noch unterbelichtet.