Protokoll der Sitzung vom 16.05.2001

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem jetzt Ihnen vorliegenden Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes und des Volksabstimmungsgesetzes soll eine Anpassung an tatsächliche und rechtliche Veränderungen vorgenommen werden. Dies ist von Bedeutung für eine reibungslose und vor allem fehlerfreie Durchführung der nächsten Landtagswahl und für künftige

Volksabstimmungen. Ich will Ihnen die Schwerpunkte dieses Gesetzes in sechs Punkten zusammenfassen:

1. Neugestaltung der Landtagswahlkreise 2 und 3

2. Einführung der so genannten Behördenklausel, von vielen gewünscht

3. Neuregelungen zur Wahlstatistik

4. Datenschutz und Kostenerstattung

5. Verlängerung der Prüfungsfrist für Plebiszite

6. redaktionelle Neubeschreibung von Wahlkreisen

Zum ersten Punkt: Neugestaltung der Landtagswahlkreise 2 und 3, nämlich die, die in Neubrandenburg liegen

Ein Schwerpunkt des Gesetzentwurfes ist die notwendige Neugestaltung der Landtagswahlkreise 2 und 3, also der Neubrandenburger Wahlkreise I und II dort. Die verfassungsrechtliche Vorgabe möglichst gleich großer Wahlkreise ergibt sich aus dem Grundsatz der gleichen Wahl und vor allem aus dem Prinzip der Chancengleichheit der Wahlkreisbewerber im Wettbewerb um die Wählerstimmen. Dieses Prinzip würde verletzt, wenn ein Wahlkreis um mehr als 33 und ein Drittel Prozent von der durchschnittlichen Bevölkerungsgröße abweichen würde. Bei dem Wahlkreis 3 lag die Abweichung schon zum Ende des Jahres ‘99 bei 32,68 Prozent. Ohne Neugestaltung würde hier schon bei einer Abwanderung von weiteren 320 Einwohnern aus der Stadt Neubrandenburg die verfassungsrechtliche Höchstgrenze überschritten. Wir haben also ein Problem des Stadt-Umland-Verhältnisses, in diesem Fall der kreisfreien Stadt Neubrandenburg, in Bezug auf das Landeswahlgesetz. Dank der guten Zusammenarbeit mit der Stadt Neubrandenburg selbst ist es jedoch gelungen, einen Ausgleich durch eine neue Zuordnung von fünf Stadtteilen der beiden Wahlkreise vorzunehmen. Damit haben wir eine zukunftssichere Struktur gefunden, die sich an die Stadtgrenzen hält und die Stadtteile nicht völlig und unnötig zerschneidet.

Zum zweiten Punkt: Einführung der so genannten Behördenklausel

Der Gesetzentwurf enthält die Einführung einer Behördenklausel, um durch den Rückgriff auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes die Besetzung der Wahlvorstände abzusichern. Man kann sich fragen, warum man das machen muss. Man muss es jedoch deswegen machen, weil es leider in der Vergangenheit nicht genügend Freiwillige gab in den Wahlvorständen, um die Wahl jeweils absichern zu können. Diese Regelung liegt im besondern Interesse der Kommunen, weil dort die Wahlvorstände abgesichert werden müssen, da in der Vergangenheit die Gewinnung von ehrenamtlichen Wahlvorständlern im Wesentlichen auf den kommunalen Verwaltungen selbst gelastet hat. Wahlaufrufe in Behörden, an Universitäten, in Gerichtsgebäuden und bedauerlicherweise auch in weiteren demokratischen Institutionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern haben bislang jedenfalls keine Früchte getragen.

Dritter Punkt: Wahlstatistik

Eine Neufassung der Wahlstatistik ist geboten, da auch der Bund diese Materie durch das Wahlstatistikgesetz zur besseren Wahrung des Wahlgeheimnisses neu geregelt hat. Auch wenn in der Praxis bislang keine Vorfälle bekannt geworden sind, dass das Wahlgeheimnis durch die statistischen Erhebungen verletzt worden sein könnte,

sind in der Vergangenheit dennoch Zweifel aufgekommen, ob für die repräsentative Wahlstatistik eine ausreichende präzise Rechtsgrundlage vorhanden ist. Die Statistik wurde deshalb für die Wahlen 1994 und ‘98 ausgesetzt.

An einer Fortführung der repräsentativen Wahlstatistik bei künftigen Wahlen besteht aber dennoch ein erhebliches Interesse. Die unterschiedliche Wahlbeteiligung und die Differenzen im Wahlverhalten zwischen Frauen und Männern in den verschiedenen Altersgruppen zeigen ein zuverlässiges Bild der politischen Partizipation innerhalb der Wahlbevölkerung eines Landes an. Die Ergebnisse dieser Statistik sind deshalb sowohl für die Parteien in Mecklenburg-Vorpommern, für wissenschaftliche Erhebungen, auch für das Parlament, seine Fraktionen, die Regierung und weitere Behörden von Bedeutung. Manche sagen, auf derartige Statistiken würden sie nichts geben, andere sagen, dies sei Kaffeesatzleserei, aber dennoch, meine ich, ist dies ein mögliches Instrument, um den Wählerwillen deutlicher als allein nur durch das Wahlergebnis zu erkennen.

Entscheidend ist dabei jedoch, dass der notwendigen Sicherung des Wahlgeheimnisses auf umfassende Weise Rechnung getragen wird. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen, zum Beispiel die Festlegung einer Mindestanzahl von Wahlberechtigten für die Stichprobenauswahl und das Verbot der Zusammenführung von Wählerverzeichnis und Stimmzetteln, wird gewährleistet, dass auch künftig kein Rückschluss auf das Wahlverhalten einzelner Wähler möglich sein wird.

Vierter Punkt: Datenschutz und Kostenerstattung

Die öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses aus datenschutzrechtlichen Gründen kann durch ein Recht auf Einsichtnahme abgelöst werden. Die Kostenerstattung wird durch die Einführung eines bundeseinheitlichen Betrages je Wahlberechtigten geändert.

Fünfter Punkt: Verlängerung der Prüfungsfrist

Der Gesetzentwurf regelt auch eine Verlängerung der Prüfungsfrist für den Landeswahlleiter bei Volksbegehren auf drei Monate, um so sorgfältig wie es irgend geht die Plebiszite in diesem Lande vorbereiten zu können. Wir meinen, man sollte genau dieses Anliegen, die Exaktheit der Vorbereitung, unterstützen.

Sechster Punkt: Neubeschreibung von Wahlkreisen

Breiten Raum nimmt im Gesetzentwurf die bloße Neubeschreibung von Wahlkreisen ein. Hierbei handelt es sich nicht um einen neuen Zuschnitt von Wahlkreisen, sondern lediglich um die Anpassung an kommunale Gebiets- und Namensänderungen, die laufend geschehen. Da es sich dabei also um eine formale Korrektur des Namens allein handelt und um nicht mehr, sieht der Gesetzentwurf vor, diese Aufgabe zukünftig dem Innenministerium zu übertragen.

Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Bedeutung dieses Gesetzesvorhabens für die im nächsten Jahr anstehende Landtagswahl haben wir im Hause nach Verabschiedung des Bundeswahlgesetzes so schnell es irgend ging – und an dieser Stelle will ich den beiden kommunalen Landesverbänden herzlich für ihre Eile dort danken – an diesem Gesetz gearbeitet. Wir legen Ihnen dieses jetzt vor und ich bitte Sie nun, auch Ihrerseits so schnell es geht dieses Gesetz zu beraten und zu verab

schieden, denn wie gesagt die nächsten Landtagswahlen stehen bevor. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Timm.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich gehe davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, und eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Rehberg von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wer immer gedacht hat, zur Durchführung einer erfolgeichen Wahl braucht man einen oder am besten mehrere Kandidaten, einige Wähler, einen Zettel, einen Stift, eine Wahlurne und einige Leute, die zählen können, wer also immer diesen Gedanken hatte, der dürfte im November vergangenen Jahres bei der Wahl von George W. Bush zum Präsidenten der Vereinigten Staaten etwas nachdenklich geworden und seit der Wahl am Sonntag in Italien endgültig davon überzeugt sein: Man braucht ein vernünftiges Wahlgesetz, das dann professionell umgesetzt wird. Deshalb finde ich es gut und richtig, dass wir nunmehr einen Gesetzentwurf zur Aktualisierung des bestehenden Wahlrechtes vorgelegt bekommen.

Das wäre nun eigentlich keiner intensiveren weiteren Aussprache wert, die wir hier im Plenum zu führen haben. Normalerweise gelte es, eine Überweisung in die Ausschüsse vorzunehmen, die Fachleute tagen zu lassen und dann in der Zweiten Lesung die Grundlagen zu legen, damit wir im Herbst nächsten Jahres weder amerikanische noch italienische Verhältnisse bekommen. Wir haben darüber zu entscheiden, wie das Landeswahlgesetz modifiziert wird, wie effektiv, transparent, wählerfreundlich und kosteneffizient der Wahlakt durchgeführt wird. Da dürften sicherlich an der einen oder anderen Stelle noch ein paar Veränderungen vorgenommen werden können, die ich heute hier nicht diskutieren muss.

Vor dem Hintergrund der Debatte um die Umsetzung des Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung allerdings möchte ich schon ein wenig genauer auf die vorgeschlagene Ziffer 20 mit dem vorgeschlagenen Berechnungsverfahren über die Wahlkostenerstattung eingehen, denn da wird mal wieder die Landeskasse auf Kosten der Kommunen saniert. Normalerweise führen wir eine Landtagswahl durch und die Kosten liegen beim Land. Dann führen wir Kommunalwahlen durch und die Kosten liegen bei den Kommunen. Und dann gibt es Wahltermine, bei denen wir Kosten sparen wollen, an denen nämlich Landtags- und Kommunalwahlen auf einem Tag liegen.

Folglich gibt es eine Regelung über die Kostenverteilung, die wie folgt aussehen soll, ich zitiere den Gesetzestext: „Bei zeitgleicher Durchführung einer Landtagswahl mit Wahlen oder Abstimmungen auf kommunaler Ebene wird der Erstattungsbetrag gegenüber der jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaft anteilig um die auf Grund der zeitgleich durchgeführten Wahl oder Abstimmung erzielten Einsparungen gekürzt.“ Wer den Inhalt nicht ganz verstanden hat, dem sei die Begründung zitiert: „In diesem Fall“ – gemeint sind gemeinsame Kommunalund Landesabstimmungen – „werden gegenüber der jeweiligen Gemeinde bzw. dem Amt oder Landkreis von dem auf der Grundlage des landeseinheitlichen Durch

schnittsbetrages errechneten Erstattungsbetrag die Kosten abgezogen, die die jeweilige kommunale Gebietskörperschaft durch die Zusammenlegung ihrer Wahl oder Abstimmung mit der Landtagswahl erspart hat.“ Ich weiß nicht, meine Damen und Herren Abgeordnete, was Sie darunter verstehen. Ich verstehe darunter, dass Abstimmungen zusammengelegt werden, damit gespart wird, der Sparbetrag aber ausschließlich beim Land bleibt. Die Kommunen haben von einem gemeinsamen Abstimmungstag nichts. Das finde ich nicht nur unfair – eine hälftige Teilung wäre gerecht –, sondern auch noch illegal. Schließlich handelt es sich um das Konnexitätsprinzip.

Deshalb müssen wir an diesem Punkt in jedem Fall noch einmal intensiv diskutieren. Dabei geht es nicht nur um das Geld, denn eine wichtige Begründung für die Zusammenlegung von Wahlterminen ist das Ziel, eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen. Erhalten die Kommunen keinen finanziellen Anreiz, eine Zusammenlegung durchzuführen, steigt die Tendenz zu Einzelwahlterminen. Dadurch wird also die Wahlbeteiligung gesenkt, so dass die finanzielle Frage hochpolitisch und parteipolitisch interessant wird. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Meine Damen und Herren, zu einer vernünftigen Wahl gehören allerdings nicht nur eine nachvollziehbare und tragfähige gesetzliche Basis, die wir mit dem Landeswahlgesetz jetzt schaffen werden, sondern auch Redlichkeit der Parteien gegenüber den Wählerinnen und Wählern. Und da haben Sie leider, meine Damen und Herren von SPD und PDS, ein deutliches Defizit aufzuweisen. Ich möchte gar nicht darauf eingehen, was für ein jämmerliches Schauspiel Sie denjenigen Menschen zurzeit bieten, von denen Sie gewählt wurden.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)

Für mehr Gerechtigkeit, für mehr soziale Wärme, für mehr Arbeitsplätze und für eine bessere Kommunikation mit der Bundesregierung – bekommen haben sie, die Wähler, allerdings steigende Arbeitslosigkeit, geringere Investitionen, Streichungen sozialer Leistungen, eine Abkopplung von der Entwicklung im Westen, eine Abnickpolitik gegenüber der Bundesregierung und nun auch noch das Ende des Prima-Klima-Clubs.

Es wird heute endgültig klar, dass es Ihnen nur noch um die Macht geht. Dieses Bündnis hat inhaltlich nichts mehr zu bieten und jetzt ist es auch noch stimmungsmäßig am Ende. Das Einzige, was die Koalition von SPD und PDS noch zusammenhält, ist die Alternativlosigkeit ihrer Parteistrategen. Hier gilt nicht mehr, erst das Land und dann die Partei, sondern umgekehrt.

(Siegfried Friese, SPD: Thema!)

Meine Damen und Herren, das ist schon zum Thema. Herr Friese, ich komme noch zu weiteren Themen.

(Heinz Müller, SPD: Ich bin gespannt.)

Das Agieren von SPD und PDS wird besonders deutlich, wo die Gefahr besteht, bei Wahlen ins Hintertreffen zu geraten. Wir haben es erlebt bei der Demontage des Hagenower Bürgermeisterkandidaten der CDU, wir haben es erlebt bei der Demontage zweier CDU-Kandidaten für das Amt des Landrates im Kreis Demmin und wir erleben das bei der Demontage von Ferdinand Pieper auf Rügen, die letztlich dazu führte, dass Herr Pieper das Handtuch geschmissen hat.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Hannelore Monegel, SPD, Angelika Peters, SPD, und Heike Polzin, SPD: Na, na, na, na!)

Als Thomas Diesterhöft im Landkreis Demmin – hören Sie genau zu – für die CDU zum Landratskandidaten vorgeschlagen werden sollte, wurden Vorermittlungen gegen den Dezernenten aufgenommen, die bis heute zu keinerlei Ergebnissen geführt haben. Das einzige Ergebnis: Der Kandidat hat verzichtet, um sich und seine Familie nicht einer Schmutzkampagne auszusetzen.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD)

Um Ihrer Erinnerung nachzuhelfen: Das Ende des Termins der Vorermittlung gegen Herrn Diesterhöft ist – das ist makaber – der 11. August, zwei Tage vor dem 13. August, dem ersten Wahlgang zur Landratswahl in Demmin.

(Heike Polzin, SPD: Wer im Glashaus sitzt, …)

Ist das ein Zufall, meine Damen und Herren?

Der Kreisvorsitzende der CDU Ernst Wellmer wurde dann Kandidat und das gleiche Spiel begann von vorn. Erneut begann das Innenministerium mit Prüfungen hinsichtlich des Baus des Rathauses, die erneut zu keinen inhaltlichen Ergebnissen führten. Das Ergebnis war lediglich der Verzicht Ernst Wellmers. Hier werden nicht nur Menschen demontiert, sondern es wird ganz gezielt versucht, das Ziel, das mit politischen Mitteln nicht erreicht werden kann, nämlich in Vorpommern Spitzenpositionen zu besetzen,

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)