Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das steht nicht auf dem Zettel. Keine Ahnung!)

Ihre Redezeit ist aber leider auch schon zu Ende. Sie müssen zum Schluss kommen.

Der Wille des Gesetzgebers für die Insolvenzordnung war es, im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens möglichst im Einvernehmen zwischen Schuldnern und Gläubigern eine Einigung herbeizuführen, um kosten- und zeitaufwendige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Die Vollstreckung befristet auszusetzen, um weitere Hemmnisse abzubauen, wird diesem Ziel gerecht werden und deshalb bitte ich um Zustimmung zu dem Antrag. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/2063. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/2063 mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Zur Durchführung des Konnexitätsprinzips, Drucksache 3/2057.

Antrag der Fraktion der CDU: Zur Durchführung des Konnexitätsprinzips – Drucksache 3/2057 –

Das Wort zur Begründung hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg. Bitte sehr, Herr Rehberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es ist gut ein Jahr vergangen, seitdem das Konnexitätsprinzip durch Änderung der Landesverfassung in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt wurde. Damals wurde dieser Schritt als erster Baustein zu einer umfassenden Funktionalreform im Lande gefeiert. Mit den kommunalen Spitzenverbänden waren sich alle Parteien einig, dass eine Verlagerung von Vollzugsaufgaben von der Landes- auf die Kommunalebene nur dann durchführbar ist, wenn die notwendigen Kosten den Kommunen erstattet werden.

Meine Damen und Herrn Abgeordnete! „Die Jahresbilanz fällt aus kommunaler Sicht schlecht aus“, urteilt der Städteund Gemeindetag in einer Presseerklärung am 20. April dieses Jahres. Ich zitiere weiter: „Das Konnexitätsprinzip ist ein Versprechen, das nicht gehalten wurde, da es ohne Vereinbarung von Umsetzungsverfahren leer läuft.“

Meine Damen und Herren, laut Kommunalverfassung sind bei entsprechenden Gesetzen und Verordnungen Kostenfolgeabschätzungen unter Beteiligung der kommunalen Verbände vorzunehmen. Solche gemeinsamen Folgekostenabschätzungen finden aber in der Realität nicht statt. Über die Fälle, in denen das Konnexitätsprinzip Anwendung findet, und das Verfahren, insbesondere, wie die kommunalen Kosten ermittelt werden, gibt es bis heute keine Lösung, obwohl die CDU-Fraktion dies bereits bei den Beratungen zur Änderung der Kommunalverfassung angemahnt hatte.

Das Verhalten der Landesregierung lässt in mir Zweifel auftauchen, ob sie den Verfassungsauftrag wirklich aus

führen will, denn bisher hat sie das Konnexitätsprinzip noch in keinem Fall – in keinem Fall! – zugunsten der Kommunen angewendet. Die bisherige Praxis der Landesregierung sieht so aus:

Durch eine einseitige restriktive Interpretation des Gesetzestextes wird der Anwendungsbereich der Kommunalverfassung eingeengt und das Konnexitätsprinzip verneint. So wurde zum Beispiel mit der Landesbauordnung der Aufgabenkreis der unteren Bauaufsichtsbehörden erweitert, da sie sowohl für die Überwachung der Einhaltung der neuen Vorschriften als auch für ein gegebenenfalls notwendiges ordnungsrechtliches Einschreiten bei Nichteinhalten der neuen Standards zuständig sind. Darüber hinaus wurden die Landkreise und Kommunen als Eigentümer von Liegenschaften verpflichtet, behindertengerechte Eingänge zu diesen Gebäuden zu schaffen.

(Irene Müller, PDS: Barrierefrei!)

Nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände führten die Einführung der neuen Anforderungen der Landesbauordnung und die damit verbundenen neuen Aufgaben zu einer finanziellen Mehrbelastung der Landkreise und Kommunen. Eine Kostenfolgeabschätzung und ein finanzieller Ausgleich wären nach den Regelungen der Kommunalverfassung vorzunehmen gewesen.

Dies geschah jedoch nicht. In einer Interpretation der Regelung der Kommunalverfassung durch den Landesrechnungshof wurde ausgeführt, dass das Konnexitätsprinzip – über seinen Wortlaut hinaus – auch bei Änderungen von Standards einschlägig sein solle, wenn dabei zusätzliche Kosten für die Gemeinden entstünden. Diese offensichtlich vom Gesetzgeber gewollte Interpretation müsse aber restriktiv gehandhabt werden. Im Ergebnis wurde die Anwendung des Konnexitätsprinzips in diesem Fall verneint, ein Kostenausgleich für die Kommunen findet nicht statt.

Eine weitere restriktive Anwendung des Konnexitätsprinzips zeigt sich darin, dass die Landesregierung nur die direkt durch eine Verordnung bei den Kommunen entstehenden Kosten betrachtet und für die kausal durch die Verordnung entstandenen Folgekosten das Konnexitätsprinzip nicht anwendet. So führen die Hundehalterverordnung und die dort enthaltenen zusätzlichen Aufgaben der Kommunen nach Auffassung des Innenministeriums nicht zur Anwendung des Konnexitätsprinzips, da die Kommunen für diese Aufgaben Gebühren fordern können. Den Kommunen entstehen aber enorme Kosten dadurch, dass nach In-Kraft-Treten der Verordnung etliche Kampfhunde von ihren Haltern ausgesetzt werden beziehungsweise sichergestellt werden müssen und auf Kosten der Gemeinden untergebracht, gefüttert und ärztlich versorgt werden müssen. Meine Damen und Herren, dafür kann eine Kommune keine Gebühren nehmen. Der Städte- und Gemeindetag ist der Auffassung, dass eine Regelung zur Übernahme der Kosten aus Gründen des Konnexitätsprinzips erforderlich ist. Eine Einigung hierüber hat nicht stattgefunden.

Wird das Konnexitätsprinzip dann, trotz aller einengenden Betrachtungsweisen, einmal für anwendbar gehalten, so findet eine Kostenfolgeabschätzung mit den kommunalen Landesverbänden nicht statt, sondern die Landesregierung stellt einseitig fest, dass die Übertragung der neuen Aufgabe durch den Wegfall einer bisherigen Aufgabe mehr als kompensiert wird. Beispielhaft ist der Gesetzentwurf zur Neuregelung von Aufgaben im öffentlichen

Gesundheitsdienst, der den Gesundheitsämtern die Überwachung des Einzelhandels mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken überträgt und sie von der Aufgabe der Überwachung der Krankenhaushygiene entlastet. Die im Gesetzentwurf enthaltenen Kostenberechnungen werden allerdings von den kommunalen Landesverbänden als völlig unrealistisch bezeichnet. Eine Einigung hat nicht stattgefunden.

Und selbst wenn sowohl das Konnexitätsprinzip bejaht wird als auch eine Beteiligung der kommunalen Landesverbände an der Kostenfolgeabschätzung stattgefunden hat, wie es im Gesetzentwurf für den Katastrophenschutz vorgetragen wird, stellt die Landesregierung die Kostenerstattung unter den Vorbehalt, dass die Möglichkeit der Kostenerstattung im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung 2002 geklärt werde.

Bislang letzter Akt der Verunsicherung – wir haben uns gestern darüber unterhalten – bei der Anwendung des Konnexitätsprinzips aber ist der Gesetzentwurf zum Landeswahlgesetz, in dem den Kommunen zwar keine neuen Aufgaben übertragen werden – sie waren auch bisher für die Durchführung der Landtagswahlen zuständig –, ihnen aber die Kostenerstattung für die Inanspruchnahme von Räumen, Mitarbeitern und Arbeitszeit gestrichen wird – meines Erachtens ein Anwendungsfall für das Konnexitätsprinzip.

Diese Beispiele, meine Damen und Herren, im Kontext zur Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung legen die Vermutung nahe, dass die Landesregierung lieber ihren eigenen Haushalt betrachtet, als die Umsetzung des Konnexitätsprinzips offensiv zu gewährleisten,

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist eine Unterstellung.)

denn so richtig wollten Sie die Verfassungsänderung ja gar nicht, wobei die deutlichste Bremse der Entwicklung die Kollegen der von der Finanzministerin geführten SPD waren. So ist die Geschichte der Umsetzung des Verfassungsauftrages lediglich als weiterer unrühmlicher Akt zu sehen, den Kommunen das ihnen zustehende Geld vorzuenthalten. Da ist die Liste leider lang, meine Damen und Herren, die vom Kindergeld über die Rentenreform und natürlich bis hin zum unrühmlichen 2,5-Milliarden-Deckel im FAG reicht – alles Maßnahmen zu Lasten der Kommunen.

So geht es nicht weiter. Die Einführung des Konnexitätsprinzips darf kein Pyrrhussieg sein. Deshalb ist ein verbindliches Gesamtkonzept für die Umsetzung des Konnexitätsprinzips erforderlich. Es ist eine einvernehmliche Interpretation des Anwendungsbereiches in den verschiedenen Ressorts der Landesregierung notwendig, die sich auch an dem Gedanken des Konnexitätsprinzips orientiert, nämlich einen fairen Ausgleich zwischen kommunaler und Landesseite herzustellen. Hierbei sind die kommunalen Spitzenverbände im Vorfeld der Gesetze an Kostenschätzungen und Möglichkeiten der Kostendeckung zu beteiligen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, wird eine derartige einvernehmliche Regelung über die Umsetzung des Konnexitätsprinzips zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden nicht gefunden, wird es eine dringend notwendige Funktionalreform in diesem Land nicht geben. Es ist höchste Zeit zu handeln, bevor das Landesverfassungsgericht Hinweise zur Umsetzung des Konnexitätsprinzips geben muss.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nach meiner Kenntnis das erste und einzige Gesetz, die Novellierung der Landesverfassung in diesem Punkt, das einstimmig durch den Landtag gegangen ist. Ich appelliere an unser aller Selbstverständnis eines Abgeordneten, wirklich zu hinterfragen, warum ist seit einem Jahr nichts, aber auch gar nichts passiert,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

obwohl viele Erlasse, Verordnungen und Gesetze gemacht wurden – ich habe nur beispielhaft einige aufzählen können –, den Kommunen jedoch keine Entlastung zuteil wurde, aber Belastungen zuhauf. Ich appelliere deswegen an uns alle, weil wir es einstimmig beschlossen haben, dass wir alle über Parteigrenzen hinweg dafür sorgen, dass den Kommunen wirklich das Konnexitätsprinzip, das bei uns in der Verfassung verankert wurde, dann auch letztendlich zugute kommt. Ansonsten haben wir alle miteinander eine Schmierenkomödie abgezogen und daran will ich nicht teilhaben. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, PDS)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat das Wort der Innenminister Herr Timm. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Rehberg, Sie sagen, mit der Einführung des Konnexitätsprinzips sei beabsichtigt worden, die Verlagerung von Vollzugsaufgaben des Landes auf die Kommunen weiterzubetreiben. So habe ich Sie eben verstanden. Nun kümmert sich gerade in der Enquetekommission jeder Einzelne, der dort sitzt, inklusive der Wissenschaftler und der Kommunalvertreter, genau um diese Frage. Sie fehlen!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Deswegen gibt es auch keine Ergebnisse.)

Wenn Sie das wirklich ernst meinen, dann gehört auch Ihr Beitrag in diese Debatte,

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

um genau diese Arbeit weiterzuführen. Das ist der Punkt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Haben Sie mehr zu bieten?)

Nur, meine Damen und Herren, die CDU hat acht Jahre regiert in diesem Land.

(Dieter Markhoff, CDU: Das können Sie stecken lassen!)

Wir haben die Aufgabe, hinterlassene Probleme wegzuräumen,

(Dieter Markhoff, CDU: Das können Sie stecken lassen! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

und Sie ziehen sich zurück und arbeiten nicht mal im parlamentarischen Verfahren vernünftig in den Gremien mit. Da frage ich mich: Wie ernst ist denn eigentlich Ihr Beitrag, den Sie heute hier liefern?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Was erzählen Sie denn da wieder?! – Dieter Markhoff, CDU: Kommen Sie zum Thema, Herr Minister!)

Meine Damen und Herren, …

(Dr. Armin Jäger, CDU: Was haben Sie denn gemacht?! Kommen Sie mal zur Sache! – Zuruf von Dieter Markhoff, CDU)