Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

Meine Damen und Herren, auch in Punkt 4 unseres Antrages fordern wir die Landesregierung zum Handeln auf,

nämlich dergestalt, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass Beschlüsse der europäischen Kommission auch EU-weit einheitlich umgesetzt werden, denn das ist nun überhaupt nicht der Fall. Mit deutscher Gründlichkeit ist es der rot-grünen Bundesregierung unter der Ressortchefin Frau Künast gelungen, den heimischen Landwirten Wettbewerbsnachteile zu bescheren, über die sich andere Mitgliedsstaaten genüsslich die Hände reiben. Hier kommt es wirklich zu Wettbewerbsverzerrungen. So testet Deutschland alle geschlachteten und gefallenen Rinder auf BSE seit Dezember, andere EU-Staaten untersuchen lediglich die gefallenen und notgeschlachteten Tiere über 30 Monate. Im Alleingang senkte Deutschland das Untersuchungsalter auf 24 Monate, die anderen Mitgliedsstaaten wollten erst ab 01.07.2001 eine Untersuchung von Rindern über 30 Lebensmonate einführen. Deutschland sprach bereits im Dezember vergangenen Jahres ein generelles Tiermehlfütterungsverbot aus. In anderen Ländern ist dies nur befristet und überdies sind bestimmte Tierarten, wie Schweine und Geflügel, davon ausgenommen. Dies ist aus Verbraucherschutzsicht gut zu betrachten, aber ist es nicht vielleicht zu viel des Guten?

(Zuruf von Friedbert Grams, CDU)

Da muss man sich die Frage stellen, warum in Deutschland den Landwirten hier Steine in den Weg gelegt werden. Es kann doch von einer EU-weiten Gleichbehandlung der Bauern nicht die Rede sein, wenn ein niedersächsischer Landwirt in der Schweinemast kein Fischmehl einsetzen darf, sein holländischer Nachbar dieses jedoch tun kann und dann dank kürzerer Mastzeiten eine deutlich bessere Auslastung des Mastplatzes erreicht und unter dem Strich ein besseres Betriebsergebnis erwirtschaftet. Und nun soll auf Antrag der SPD die Zielrichtung unseres Antrages vollständig umgedreht werden. Nicht nur, dass EU-Beschlüsse auch EU-weit einheitlich umgesetzt werden müssen, nein, deutsche Beschlüsse, Beschlüsse der Bundesregierung sind EU-weit umzusetzen. Das könnte man wirklich als Wende bezeichnen, als Novum, dass Beschlüsse eines Mitgliedsstaates gleichermaßen gemeinschaftsweit umgesetzt werden. Vielleicht ist das eine Illusion. Wie dies in der Praxis aussehen soll, erschließt sich mir nicht.

Nein, meine Damen und Herren, verehrte SPD-Kollegen, dies geht wirklich nicht. Entscheidungsgremium ist zunächst die Europäische Kommission und dann der Ministerrat und in dem gilt es, Mehrheiten für eigene Vorstellungen zu finden, also Mehrheiten zu finden, ansonsten lassen sich diese nicht umsetzen. Da ist viel diplomatisches Geschick gefragt, von dem Frau Bundesministerin Künast bedauerlicherweise nicht allzuviel gezeigt hat. Deshalb ist sie mit ihren Vorstellungen bisher nicht ausreichend durchgekommen. Vor diesem Hintergrund ist es völlig falsch, Beschlüsse eines Mitgliedsstaates, in diesem Falle der Bundesregierung, EU-weit umsetzen zu wollen. Umgedreht wird ein Schuh daraus.

(Friedbert Grams, CDU: Richtig.)

Die CDU-Fraktion lehnt die Beschlussempfehlung unseres Antrages somit ab, und zwar enttäuschenderweise. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Holznagel.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Scheringer von der PDS-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Holznagel, Ihre Darstellung ist insgesamt nicht ganz richtig, denn die Punkte 1 und 2 des CDU-Antrages wurden im Landwirtschaftsausschuss von den Kollegen der CDU gar nicht mehr vertreten.

(Friedbert Grams, CDU: Dazu hat sie auch gar nichts gesagt. – Zurufe von Hannelore Monegel, SPD, und Heinz Müller, SPD)

Und zum Punkt 3 hat der Landwirtschaftsausschuss sich davon überzeugen können, dass durch den Bericht des Ministers die in diesem Punkt eingeforderten Maßnahmen inzwischen längst laufen. Der Antrag war also eigentlich zu spät auf den politischen Tisch dieses Landes gelegt worden. Wir wollten ihn ja für erledigt erklären, aber von geschäftsordnungsmäßigen Grundlagen ausgehend ging das einfach nicht. Um einen Punkt für erledigt zu erklären, mussten wir noch einmal im Nachgang entscheiden, ob ja oder nein, und das haben wir getan.

Zu Punkt 4: Das sehe ich nämlich genau anders, als Sie das sehen, verehrte Frau Kollegin Holznagel. Ich gehe davon aus, dass selbstverständlich ständig politischer Druck gemacht werden muss, dass EU-Regelungen einheitlich gelten müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das brauchen wir nicht extra zu beschließen. Andererseits besagt die Passage, dass sich Deutschland natürlich auch vorsehen sollte, eigene Beschlüsse zu fassen, die EU-weit umgesetzt werden sollen, die man aber EU-weit nicht durchkriegt. Das ist damit nämlich auch gesagt. Und das ist eigentlich die Anstrengung, die wir in diesem Punkt zukünftig sehen, dass also mit der Potenz unseres Landes hier der entsprechende Druck auch auf die Bundesregierung in diesem Sinne ausgeübt wird.

Die PDS-Fraktion wird also dieser Beschlussempfehlung ihre Zustimmung geben können.

Frau Präsidentin, gestatten Sie vielleicht einige Bemerkungen.

Dies war oder ist nun meine letzte Rede im Landtag. Das waren anstrengende, aber auch schöne Jahre. Ich bedanke mich bei allen, die an meiner Arbeit Anteil hatten und haben, sie unterstützten, die mir geholfen haben oder die mich über die Jahre begleitet haben. Dabei denke ich nicht nur an meine Freunde, an die Damen und Herren Abgeordneten, sondern auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung. Ich bedanke mich bei allen, die Vertrauen in mich und meine Person gesetzt haben. Ich habe in diesen Jahren viele Freundinnen und Freunde gewonnen und das Angenehme dabei für mich ist, dass ich sagen kann, auch bei politischen Konkurrenten Freunde zu haben. Es ist ein wichtiges meiner Prinzipien, auch in harter politischer Auseinandersetzung die Person, die andere Ansichten vertritt, nicht zu verletzen und zu beschädigen. Wir haben also alle zu tun für mehr Toleranz und Achtung voreinander.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich aus meiner ersten Rede als Fraktionsvorsitzender von der Oppositionsbank zitiere. Das Zitat lautet: „Eine effiziente und konsequent ökologisch orientierte Wirtschaft ist letztlich die einzig dauerhafte Basis zur positiven Lösung der vielfältigen sozialen, geistig kulturellen und Umweltprobleme, das heißt, für die von uns allen angestrebte höhere Lebensqualität in unserem Lande.“ Das galt damals und das gilt noch heute. Ich kann nur empfehlen, nicht dem Grundsatz eines berühmten deutschen Politikers zu folgen, „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“, sondern ruhig trotz Belastung und Hektik einmal nachzulesen, ob und wie lange das eigene gegebene Wort Gültigkeit hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Wir haben hier in diesem Hohen Haus eine Fülle von Gesetzen verabschiedet und uns selbst gegebene Gesetze geändert und präzisiert. Wir haben Einfluss genommen, sofern wir konnten, auf die Bundesgesetzgebung und es wurde eine Fülle von Verordnungen erlassen. Das möchte ich hier nicht vertiefen und auch nicht bewerten. Aber das Gesagte traf und trifft natürlich auch für den Landwirtschaftsausschuss zu, der dort ganz intensiv an solchen Fragen gearbeitet hat. Das Klima in diesem Ausschuss muss ein besonderes sein, denn mein Freund Arnold Schoenenburg sagte oft verwundert: „Die Bauern sind sich immer am schnellsten einig.“ Es geht aber nicht immer darum, sich einig zu sein, sondern dass man sich trotz konträrer gegensätzlicher Auffassungen täglich in Achtung voreinander begegnen kann.

Damit verabschiede ich mich heute von Ihnen. Der Mann mit den roten Socken geht. Noch einmal meinen Dank an Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Vielen Dank, lieber Kollege Scheringer.

Ich glaube, ich spreche im Namen aller, wenn wir Ihnen alles, alles Gute für die Zukunft wünschen, und vielleicht darf ich es ein wenig lax ausdrücken: Hansi, du wirst uns fehlen.

(Beifall bei SPD und PDS)

Kommen wir nun wieder zum eigentlichen Thema zurück. Auf der Rednerliste steht jetzt Frau Monegel für die SPD-Fraktion. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Frau Kollegin Holznagel, Sie haben in besonderer Weise die Mitglieder der SPD-Fraktion im Landwirtschaftsausschuss angesprochen. Mein Vorredner hat schon einiges zu Ihren Ausführungen gesagt. Ich würde Ihnen empfehlen, hören Sie noch mal richtig zu! Vielleicht bringen wir Sie dann auch auf den allerneuesten Stand.

Der Agrarrat in Luxemburg hat wichtige Signale für eine neue Agrarpolitik in Europa gesetzt. Das Tiermehlverfütterungsverbot gilt weiter und die auch von unserer Landesregierung unterstützten Vorstellungen zur Beschränkung der zu tötenden Rinder in BSE-Herden auf die Kohorten sind im EU-Recht verankert. Es wäre leichtsinnig zu behaupten, dass die BSE-Gefahr gebannt sei, aber wir

wissen jetzt zumindest besser, welches die notwendigen Schritte bezüglich BSE sind. Und es geht darum, diese in Deutschland umzusetzen. Leider sind im Zusammenhang mit der BSE-Krise die Kosten für die Tierkörperbeseitigung beträchtlich gestiegen. Der Tiermehlverkauf als Refinanzierungsmöglichkeit für die Aufwendungen bei der Tierkörperbeseitigung ist im Wesentlichen weggefallen und die Beseitigung des spezifizierten Risikomaterials hat die Tierkörperbeseitigung zusätzlich verteuert. Es bestand die Gefahr, dass Tierhalter durch illegale Beseitigung von Tierkörpern diese Kosten senken oder einsparen. Damit geriet die Tierkörperbeseitigung als öffentliche Aufgabe zur Verhinderung von Tierseuchen in Gefahr. Ich bin daher sehr froh, dass mit der Übernahme von einem Drittel der Kosten als freiwillige Leistung des Landes ein wesentlicher Beitrag zur Kostenentlastung für die Tierhalter erbracht wird und zugleich die Gefahren von Schwarzentsorgungen erheblich gemindert werden konnten.

Ich betone, die Tierkörperbeseitigung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deren Finanzierung nicht dem Land allein übertragen werden kann, so, wie es in Ihrem Antrag ausgeführt wurde. Die Kostenfreistellung der Landkreise,

(Friedbert Grams, CDU: Zusätzlich, zusätzlich.)

wie in populistischer Weise von Ihnen, meine Damen und Herren der Oppositionsfraktion, beantragt, ist als ungerechtfertigte Subvention anzusehen und EU-rechtlich nicht machbar. Wichtig ist, dass die Entgelte für die Tierkörperbeseitigung im Rahmen bleiben. Die ständige Überwachung der den Entgelten zugrunde liegenden Berechnungen seitens der Landesregierung ist daher sehr zu begrüßen. So wurde erst kürzlich wieder eine Senkung der Entgelte veranlasst, weil für die Verarbeitung von Tiermehl eine kostengünstigere Lösung nachgewiesen wurde. Gemeinsam mit den anderen Bundesländern hat die Landesregierung eine Buchprüfung der Entsorgungsunternehmen in Auftrag gegeben. Das sind richtige Schritte im Interesse unserer Landwirte. Um eine zumindest teilweise Refinanzierung der Tierkörperbeseitigungskosten zu erreichen, wird vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei ein Vorhaben gefördert, dass die Gewinnung von Biodiesel aus Tierfett vorsieht. Ziel muss es sein, dass die Futtermittelindustrie die Voraussetzungen dafür schafft, dass das Tiermehlfütterungsverbot für Monogastriten aufgehoben werden kann. Hier sind klare Verhältnisse zu schaffen und dafür setzen wir uns ein. Die Landwirte müssen in diese Leistungen vertrauen können, genauso wie der Endverbraucher von Lebensmitteln an der Ladentheke. Die Antwort auf die BSE-Problematik muss in höherer Verbrauchssicherheit liegen und darin sehen wir die höchste Priorität für unser politisches Handeln.

Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, Herr Scheringer hat es schon ausgeführt, Ihr Antrag kam zu spät, in allen Positionen. In der Beratung im Landwirtschaftsausschuss hat unser Landwirtschaftsminister deutlich gemacht, dass er sehr wohl schon ein Stück weiter ist und diese Interessen für unser Land, für unsere Landwirte schon längst wahrgenommen hat und zu entsprechenden Ergebnissen gekommen ist. Ich empfehle daher, die Beschlussempfehlung anzunehmen.

(Friedbert Grams, CDU: Die Punkte 3 und 4 sind offen, nach wie vor.)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin.

Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Der Landwirtschaftsausschuss empfiehlt in Nummer 1 seiner Beschlussempfehlung, die Ziffern 1, 2 und 3 des Antrages auf Drucksache 3/1934(neu) abzulehnen. Wer dieser Nummer 1 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich frage jetzt noch mal – bitte, liebe Kollegen, macht noch ein bisschen mit –, wer der Nummer 1 der Beschlussempfehlung, das heißt also, die Ziffern 1, 2 und 3 des Antrages auf Drucksache 3/1934 (neu) abzulehnen, zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen bitte. – Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Damit ist die Nummer 1 der Beschlussempfehlung auf Drucksache 3/2145 angenommen, und zwar mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei einer Stimmenthaltung der PDS und Stimmenthaltung der CDU-Fraktion.

Wer der Nummer 2 der Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenprobe. – Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke sehr. Damit ist die Nummer 2 der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion bei einer Stimmenthaltung aus den Reihen der PDS-Fraktion und Gegenstimmen der CDU-Fraktion angenommen.

Wie bereits zu Beginn der gestrigen Sitzung vereinbart, rufe ich an dieser Stelle den Tagesordnungspunkt 23 auf. Er beinhaltet a) die Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Enquete-Kommissionen, Drucksache 3/2118, und b) die Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Veränderung in der Zusammensetzung der Enquete-Kommission, Drucksache 3/2120. Zum Antrag auf Drucksache 3/2118 liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2161 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Enquete-Kommissionen – Drucksache 3/2118 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/2161 –

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Veränderung in der Zusammensetzung der Enquete-Kommission – Drucksache 3/2120 –

Das Wort zur Begründung des Antrages auf Drucksache 3/2118 hat der Abgeordnete Herr Friese von der SPDFraktion. Bitte sehr.