Protokoll der Sitzung vom 12.12.2001

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf hat das Parlament in mehreren Sitzungen intensiv beschäftigt, besonders wegen der intensiven Beziehungen und den Berührungspunkten zum Landeshaushalt 2002 und 2003.

Wenn heute die Zweite Lesung dieses Gesetzes ansteht und die entsprechende Beschlussempfehlung mit Mehrheitsentscheidung vorliegt, so hat die CDU ein durchaus differenziertes Votum vorzutragen. In den Grundzügen muss ich für die CDU äußern, dass wir das Anliegen dieses Gesetzes durchaus verstehen und akzeptieren können. Diese Akzeptanz bezieht sich auf drei grundsätzliche Fragen:

Erstens begrüßen wir ausdrücklich die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren bei Investitionen des Landes, die mit der neuen Struktur, der Errichtung des Betriebes für Bau und Liegenschaften, einhergeht. Sie wissen, meine Damen und Herren, die Umstellung von der Dreistufigkeit des Genehmigungsverfahrens formal auf die Zweistufigkeit, die bis heute noch nicht faktisch erreicht wurde, kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit bei der dringend notwendigen Beschleunigung der Genehmigungsverfahren bei den Hochbauprojekten des Landes. In der neuen Struktur des BBL können diese Genehmigungsverfahren beträchtlich abgekürzt und effektiv gestaltet werden.

Zweitens begrüßt meine Fraktion ganz ausdrücklich die Ausnutzung aller Möglichkeiten, die ein modernes Facilitymanagement bietet. Ich brauche dies hier nicht weiter auszuführen, da bereits in der zweiten Legislaturperiode ein diesbezüglicher Antrag unserer Fraktion eingebracht und in diesem Hohen Hause diskutiert wurde.

Drittens begrüßen wir alle Möglichkeiten einer Effizienzsteigerung der Landesverwaltung, die auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreicht werden soll. Allerdings müssen wir genau an dieser Stelle vermerken, dass die beabsichtigte Steigerung der Effektivität noch lange nicht mit dem Text der Vorlage erreicht wurde, so, wie sie heute beschlossen werden soll, denn kaufmännische Grundsätze führen nicht automatisch zu einer Steigerung der Effizienz. Arbeitet denn die Landesregierung bisher etwa nicht auch nach den üblichen Bewirtschaftungsgrundsätzen für

Immobilien? Diese Frage muss doch berechtigt sein. Diese Frage muss sich auch genau an dieser Stelle anschließen, denn wenn in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass Einsparungsmöglichkeiten in Millionenhöhe die Folge sein werden, ist zu fragen, warum die Landesregierung in den letzten Jahren nicht mit gleicher Konsequenz diese Möglichkeiten bereits genutzt hat.

Und genau an dieser Stelle stellt sich die Frage nach den realen Schwierigkeiten der Umsetzung von Einsparungen im öffentlichen Haushalt, denn es hat sich nichts an der Situation geändert. Vorher, das heißt nach den gegenwärtig geltenden Regelungen, und auch nachher, nach den zukünftigen Regelungen, müssen die gleichen Leute Einsparungen erbringen und möglicherweise sich selbst einsparen.

Die Struktur des neuen Betriebes für Bau und Liegenschaften erleichtert die Effektivitätssteigerung nicht per se, denn die Errichtung eines Landesbetriebes gemäß Paragraph 26 der Landeshaushaltsordnung erreicht nicht automatisch das vorgegebene Ziel. Vielmehr stellt diese Struktur eines Landesbetriebes ein ganz verständliches neues Hindernis für die Ausnutzung aller Effektivitätskriterien dar.

Ich komme nun zweitens ausdrücklich zu den Problemen, die aus der Sicht der CDU-Fraktion mit der Verabschiedung dieses Gesetzes am heutigen Tag nicht zu akzeptieren sind.

Zum Ersten muss ich darauf verweisen, dass dieses Gesetz einer Sturzgeburt gleichkommt, ohne die angemessene Vorbereitung zu sichern. In der Anhörung wurde deutlich, dass andere Bundesländer Vorbereitungszeiten für sich nutzen und Mindesteinführungs- und Übergangszeiten von einem Jahr bis zu vier Jahren als sinnvoll ansehen.

In Mecklenburg wird im September dieses Jahres, also 2001, ein Gesetz vorgelegt, das gemäß Kabinettsbefassung ursprünglich im Mai 2001 dem Landtag übergeben werden sollte. Im September wird rückwirkend die Struktur des Finanzministeriums in der Abteilung 4 und 5 zusammengelegt und rückwirkend per 01.07. die Verantwortlichkeit der Landesbauämter Schwerin und Neubrandenburg in die neue Struktur überführt. Das heißt, jetzt, im Dezember, liegen noch keinerlei Effektivitätsnachweise vor, die darstellen, wie die neue Struktur überhaupt – in diesen Monaten, muss man ja so sagen – gearbeitet hat. Auch in der Abteilung 4 und 5 des Finanzministeriums wurden bisher keine Einsparungen sichtbar, auch nicht im Stellenplan der Folgejahre. Vielmehr hat diese Abteilung noch die zusätzliche Abordnung eines weiteren Abteilungsleiters aus dem Kultusministerium zu verzeichnen.

Wenn eine angemessene Übergangszeit über den Erfolg oder Misserfolg der neuen Struktur entscheiden soll, dann ist aufgrund der Zeitfolge, die mit diesem Gesetz entschieden wird, von vornherein das Scheitern dieses Gesetzes beschlossen.

Zweitens stelle ich namens meiner Fraktion den Effektivitätsnachweis, der in der Gesetzesbegründung vorgetragen wird, in Frage. Mit dem Haushaltsentwurf 2002/2003 konnte in keiner Form die Effizienz der neuen Struktur nachgewiesen werden. Im Zusammenhang mit der Ergänzungsliste wurden kameralistisch, das heißt fotografisch genau, Haushaltsansätze aus dem Einzelplan 12 in die neue Struktur der BBL übertragen. Sowohl bei den Be

wirtschaftungskosten als auch im Stellenplan der beteiligten Strukturen sind keinerlei Effektivitätsgewinne zu verzeichnen oder festzustellen. Das heißt, der Haushalt für die Jahre 2002 und 2003 bleibt den Nachweis der beabsichtigten Effektivität schuldig. Die beabsichtigten Millioneneinsparungen bleiben den Haushaltsverhandlungen einer neuen Legislatur vorbehalten.

Frau Peters hat schon mit Recht darauf hingewiesen, dass der Haushalt nicht klar über die neuen Wirkungsweisen der neuen Struktur Aussagen trifft. Die Kenntnisse des Parlamentes werden eindeutig geschmälert. Frau Peters hat deutlich darauf hingewiesen, dass die ansonsten verbindlichen Erläuterungen zum Einzelplan 12 in den neuen Ausführungen in der Gliederung – Bestandteil des Wirtschaftsplanes der BBL – fehlen.

Drittens entscheidet heute der Landtag über die Errichtung einer Riesenstruktur, die zukünftig in der Größenordnung von 1.000 Mitarbeitern arbeiten wird. Ich brauche nicht darauf zu verweisen, dass diese Struktur, die Planungs- und Bauleistungsverträge vergibt, die mit Leistungserbringern über Reinigungs-, Gartenpflege- und Bewachungsverträge verhandelt, besonders anfällig sein wird für alle Formen der Einflussnahme, möglicherweise auch Vorteilsnahme von interessierter Seite. Wenn sich dieser Landesbetrieb verselbständigt und in Teilen möglicherweise kaum noch kontrollierbar sein wird, dann haben wir eine öffentliche Begünstigung von nicht gewollten Strukturen zu verzeichnen.

Ich will dies hier bewusst nicht weiter ausführen, aber es sei mir gestattet, besonders deutlich auf diese Problematik zu verweisen. Wenn zum Beispiel in der Position des Finanzausschusses darauf hingewiesen wird, dass Planungsleistungen wie im bisherigen Umfang weitergegeben werden sollen an Planungsund Architekturbüros, so ist dies nur eine Absichtserklärung, die in keiner Weise durch den Gesetzestext gedeckt ist. Vielmehr ist es durchaus möglich, dass der neue Betrieb für Bau und Liegenschaften solche Leistungen mehr oder geringer als gegenwärtig vergibt oder bei sich behält.

Es stellen sich viertens aber auch weitere praktische Probleme, die mit dem Gesetz ins Leben gerufen werden. Zum Beispiel wird ein stärkeres Effektivitätsdenken in der Landesverwaltung eingefordert.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist aber gut so.)

Na selbstverständlich ist das gut so. Wie soll dies aber passieren bei dem Zwang, das Mietverhältnis in Landesimmobilien aufrechtzuerhalten? Das ist doch genau der Widerspruch. Oder die andere praktische Frage:

(Angelika Gramkow, PDS: Die sind doch aber nicht unendlich, die Mietverträge.)

Wie ist zum Beispiel zu verfahren, wenn ein Ministerium tatsächlich aus Effektivitätsgründen auf Teile seiner Fläche verzichtet und diese Immobilienleerfläche als Leerstand anmeldet? Soll da vielleicht ein Blumenhändler rein oder ein Architekturbüro? Das geht ja nicht.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Abgeordnetenbüros. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ja, das wird ein Witz. Da kann ich nur drüber kichern.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja, vielleicht verwerten wir mal was.)

Wer soll in diese frei gezogenen Teilflächen einziehen? Wie sollen diese Rest- oder Stückchenflächen, die sich dann ergeben, diese Flickenteppiche zukünftig effektiv weiter genutzt werden? Es entstehen also reale Schwierigkeiten bei der Umsetzung und Erreichung von Einsparungen. Und wenn der Zwang entfällt, Landesimmobilien zu nutzen, dann werden möglicherweise Behörden unter Zugrundelegung des Effektivitätsgedankens auf Räumlichkeiten privater Anbieter, außerhalb der Stadtgrenze oder wie auch immer ausweichen.

Die gleichen Leute, die heute mit den Aufgaben der Liegenschaftsverwaltung betraut sind, stehen dann zukünftig unter dem Druck einzusparen, und ich habe vorhin ausdrücklich gesagt, möglicherweise auch sich selbst einzusparen. Es stellt sich also die Frage, was dann anders werden kann. Ich will hier die kritische Beurteilung abschließen, weil ich meine, dass die Geburtsfehler dieses Gesetzes deutlich geworden sind. Und ich sage deutlich, eine Worst-case-Betrachtung ist in der Situation der Verabschiedung eines solchen Gesetzes immer wichtig und notwendig. Wenn es besser läuft, kann das nur gut sein.

Die Landesregierung beabsichtigt, mit diesem Gesetz weiterhin zu verwalten, anstatt zu gestalten.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

Und während der Anhörung wurde deutlich an dem Bremer Modell, dass man durchaus auch eine totale Privatisierung diskutieren kann.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Kann man alles.)

Die Landesregierung meint weiterhin, dass Umziehen im eigenen Haus schon gleichzusetzen ist mit Effektivitätssteigerung. Ich denke, dies ist eine gravierende Täuschung. Ich muss einmal drastisch sagen, Putzmittel oder Putzarbeiten über Sammelbestellung einzukaufen, wird den Haushalt der zukünftigen Jahre nicht grundlegend sanieren. Hier sind andere Schritte in eigenem verantwortlichen Handeln der Landesregierung erforderlich.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Die gegebene Situation, die ich versucht habe, hier kurz zu beschreiben, veranlasst die CDU-Fraktion, sich zu diesem Gesetzentwurf zu enthalten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Bei der Kritik müssten Sie aber dagegen stimmen.)

Jetzt hat das Wort Frau Gramkow von der PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Peters hat namens der SPDFraktion, ich denke, sehr anschaulich die Situation um den Gesetzentwurf wiedergegeben. Eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen, außer, Herr Nolte, mit Geburtsfehlern sollte man lernen umzugehen. Man kann es nicht, wenn nicht geboren wird.

(Georg Nolte, CDU: Lieben Sie behinderte Kinder?)

Insofern ist Ihre Enthaltung eigentlich nur ein Ausdruck dafür, dass Sie nicht einmal bereit sind, diesen Schritt des effizienten Umganges mit Vermögen, mit Bauaufträgen, mit Strukturen in diesem Land zu gehen, sondern sich dahinter verstecken, dass Sie sagen, die CDU kann ja nicht

mal anerkennen, im Rahmen der Landesregierung ist mal etwas hervorragend gelaufen. Ja, auch wir sehen Probleme auf uns zukommen. Aber im Anarbeitungsstand in den Projektgruppen ist uns doch klar geworden, wie weit es schon gediehen ist. Wir beginnen im Prinzip am 01.01. mit der Zusammenführung zweier Strukturen.

(Georg Nolte, CDU: Ab 01.01.2003.)

Und wir errichten den Betrieb zum 01.01.2004. Ich denke, bei strukturellen Entscheidungen sollte man sich eine längere Zeit erst gar nicht vorbehalten.

Die PDS-Fraktion stimmt dem vorgelegten Gesetzentwurf und insbesondere auch den Entschließungen zu, die nämlich zeigen, dass wir es sehr ernst meinen damit, diesen Prozess zu begleiten, insbesondere was den Umgang mit den Beschäftigten betrifft und auch die sensible Frage, inwieweit die Strukturen der Polizei und entsprechend die Sicherheitslage des Landes Berücksichtigung findet. Hier hat die Landesregierung dem Ansinnen des Parlamentes stattgegeben, dieses aktiv miteinander zu begleiten. Ich denke, es ist ein praktikables Angebot. Stimmen auch Sie diesem Gesetzentwurf zu!

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Siegfried Friese, SPD: Richtig. Jawohl.)

Frau Finanzministerin Keler hat noch einmal ums Wort gebeten. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie hatten ja gemerkt, eigentlich wollte ich mich gar nicht mehr zu Wort melden. Aber, Herr Nolte, ein bisschen muss ich Ihre Ausführungen noch mal richtig stellen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie wollen was dazu sagen.)

Erstens. Die Zusammenlegung der Abteilungen 4 und 5 im Finanzministerium ist zum 01.01.2001 erfolgt. Es war jetzt bloß noch nachträglich die Genehmigung einzuholen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Also Sie dürfen jetzt bitte den Bau- und Liegenschaftsbereich und die Abteilungen 4 und 5 nicht durcheinander bringen. Das ist die erste Sache.

Zweitens. Es heißt allgemein, in Mecklenburg-Vorpommern geht die Welt 50 oder 100 Jahre später unter.