Herr Helmrich und Herr Born, beide sind ja Justizminister im Ruhestand, wissen es doch aus ihrer Amtszeit ganz genau: Mecklenburg-Vorpommern ist nun mal kein Land der unbegrenzten Möglichkeiten, was die Bereitstellung von Personal und Mitteln betrifft.
Den Antrag der CDU lehnen wir ab, schon weil er nicht weiß, was er eigentlich will, und nicht sagt, wo die Probleme sind.
Offizielle Justizschelte, wie man vielleicht dem Satz 1 entnehmen könnte, dazu sollte sich der Landtag auch in Ansehung des konkreten Verfahrens nicht verstehen. Satz 2 – die 15 Richterstellen, das wäre ein Beschluss, der haushaltsmäßig dieselbe Relevanz hätte wie die Abgabe eines Lottoscheins. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bliebe der Gewinn, das heißt der Erfolg, aus. Wir hätten wieder mal einen Papiertiger hier beschlossen. Der Rechtsstaat jedenfalls bekäme mit einem solchen Papier zur Bekämpfung und Bestrafung von rechtsterroristischen Mördern und Brandstiftern leider keine Zähne. Da muss man dann schon andere Register ziehen.
Was also alles in allem Ihren Antrag betrifft, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie sich gesagt sein: Dünnbier bleibt Dünnbier! – Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben einen Antrag eingebracht und haben jetzt zwei Reden dazu gehört. In der letzten Rede immerhin die Frage: Wie ist es denn gekommen? Der Justizminister leider Gottes hat sich nur hingestellt und hat bedauert, hat wiederholt, dass so was nicht sein darf und dass er Lichtenhagen sehr ernst nimmt. Ein Wort zur Erklärung habe ich nicht gehört.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Genau. – Dr. Ulrich Born, CDU: Da muss er ja auch seinen Vorgänger fragen.)
Ich darf noch einmal hervorheben, dass wir uns in diesem Hause, glaube ich, in der Grobbeurteilung alle völlig einig sind. Das ging auch aus den Worten von Herrn Ritter hervor.
Zunächst der Ministerpräsident wörtlich in der Pressedokumentation „Schweriner Volkszeitung“: „,Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass erst jetzt Anklage erhoben wird‘, kritisiert Ringstorff. Die Justiz sei zwar unabhängig, aber Richter am Landgericht Schwerin müssten sich dennoch kritische Fragen der Öffentlichkeit gefallen lassen.“ Beim Justizminister ist davon nichts zu hören!
Der Justizminister sagt selbst in der Pressedokumentation „Lübecker Nachrichten“ vom 21.11.: „Ein Ausreißer, wie er nie vorkommen darf“. Und wenn er dann hier in diesem Hohen Hause zunächst einmal sagt, so etwas überhaupt hier vorzutragen, sei eigentlich nicht nötig, aber dann auch kein Wort der Erklärung sagt, dann muss ich schon sagen, ist das für dieses Hohe Haus zu wenig.
Deshalb lassen Sie mich einmal sagen, wie weit unsere Ermittlungen zum Sachverhalt gedeihen können. Und wir werden das auch noch der Presse, wenn sie jetzt weggeht und bisher nur die Entschuldigungen gehört hat, deutlicher machen.
Wir haben Anfang der Legislaturperiode eine Anfrage gestellt über die Belastung der Gerichte. Wir haben in diesem Jahr erneut Anfragen gestellt über die Belastung der Gerichte. Diese Zahlen sind nicht sehr genau. Dazu werde ich gleich noch etwas sagen, aber zunächst mal, soweit wir sie daraus entnehmen können: Strafsachen erster Instanz beim Amtsgericht – länger als drei Jahre dauern dort die Verfahren – 0,5 Prozent. Das scheint nicht sehr viel zu sein. Erste Instanz Landgericht, und um solche geht es hier, das ist ein erstinstanzliches Verfahren beim Landgericht: Da sind die Rückstände, die länger als drei Jahre sind, gestiegen von 1999 1 Prozent, im Jahre 2000 3,4 Prozent
Nur der Justizminister, nicht wir, kann differenzieren, was kommt beim Amtsgericht und was kommt beim Landgericht an. Aber wenn man die Zahlen in etwa interpretiert, müssen das bei uns im Lande zwischen 120 bis 200 Verfahren sein, die länger da sind als drei Jahre. Dazu sind die Statistiken da, dass man so etwas daraus entnehmen kann. Und zur Verfahrensdauer die schnellsten. Baden Württemberg hat jetzt nachgezogen. Die Statistik, die das Justizministerium uns übersandt hat, besagt, dass im Jahre 1999 die erstinstanzlichen Verfahren beim Landgericht im Schnitt fünf Monate gedauert haben und jetzt im Jahre 2001 zehn Monate. Das heißt, die Verfahrensdauer bei landgerichtlichen Verfahren hat sich in den letzten Jahren verdoppelt.
Das ist der Grund gewesen, weshalb wir eine Stellenvermehrung beantragt haben. Und es ist völlig richtig, was vorhin gesagt worden ist, dass bei uns – der Justizminister hat darauf hingewiesen – wegen des Altersaufbaus, wegen des Aufbaus der Gerichtsbarkeit in diesem Lande nur 92 Prozent der Richter tatsächlich vor Ort arbeiten, wegen Krankheit oder anderen Gründen. Diese Gründe sind berechtigt für den einzelnen Richter, nur dieses Land reagiert auf diese schlechte Besetzung vor Ort nicht.
Wir haben das im Ausschuss erörtert, wir haben das kritisiert, wir haben dafür Stellen beantragt. Die kalte Schulter hat man uns gezeigt. Das ist die nackte Wahrheit!
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU: Richtig!)
Die Anträge, die uns abgelehnt worden sind in den Ausschüssen, haben wir gestern bei den Haushaltsberatungen nicht noch einmal wiederholt, weil sie uns im Ausschuss bereits abgelehnt worden sind. Wir kommen hier wieder mit diesen Stellen wegen insgesamt langer Verfahrensdauern bei uns, nicht nur speziell auf dieses Verfahren gemünzt, nur wir haben es jetzt hier noch einmal wieder vorgetragen. Sie werden es heute nach dem, was ich gehört habe, wahrscheinlich wieder ablehnen. Wir werden uns darüber die nächsten Wochen weiter unterhalten.
Wir werden weitere Anfragen dazu stellen. Wir sind der Auffassung – und das schien ja auch so ein bisschen aus den Dingen, die ich zitiert habe, und aus dem, was Herr Ritter gesagt hat –, die Öffentlichkeit hat einen Anspruch zu erfahren, warum dieses Verfahren neun Jahre gedauert hat.
Das schließt nicht aus, dass ich auch zu meiner Zeit, als ich Justizminister gewesen bin bis 1994, Fehler gemacht habe, das weiß ich nicht, vielleicht sogar in diesem Verfahren. Dann muss ich das aushalten. Aber das müssen auch die anderen Justizminister aushalten, damit das deutlich ist.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Die wollen das ja gar nicht. – Wolfgang Riemann, CDU: Und nicht Vertu- schen und unter den Teppich kehren.)
Und, meine Damen und Herren, was die Gerichtsbelastung anbetrifft, die Tendenz ist steigend und bei den Zivilsachen nicht anders. Eine solche Belastung muss meines Erachtens für einen Justizminister ein Alarmzeichen sein, wenn sich die Durchschnittsdauer erster Instanz bei den Landgerichten in drei Jahren verdoppelt und wenn der prozentuale Anstieg der Sachen, die länger als drei Jahre liegen, von 1 Prozent auf 4,5 Prozent wächst. Das ist ein Alarmzeichen.
Aber wenn auch diese Zahlen nicht sehr genau sind, muss ich etwas zur Statistik sagen: Wir haben Mitte des Jahres eine Kleine Anfrage gestellt und hofften dann für die ersten beiden Quartale, die Zahlen zu bekommen. Wir bekommen eine Antwort fürs erste Quartal, und zwar im August. Da mögen ja bitte schön wohl die Zahlen bis Ende Juni vorliegen, denn die Gerichte müssen berichten jeweils bis zum 5. eines Folgemonats. Nein, es wird uns geantwortet, die Zahlen für das zweite Quartal könnten noch nicht mitgeteilt werden.
Ich habe darüber in der Öffentlichkeit, auch um der Justiz nichts anzuhängen, Herr Justizminister, nicht ein einziges Wort verloren. Nur wenn uns dann hier gesagt wird, unsere Zahlen seien alle nicht in Ordnung, dann sage ich jetzt, wie die Zahlen im Justizministerium zusammengetragen werden.
Ich zitiere Drucksache 3/2278: „Die statistische Erfassung der Daten basiert auf der bei den Gerichten angeordneten Zählkartenerhebung.... Auf Grund von Anwenderfehlern und eines Softwarefehlers wurden rückwirkend ab Januar 2001 in einigen Amtsgerichten Korrekturen in der Zählkartenstatistik erforderlich. Das Statistische Landesamt wurde gebeten, die Weiterverarbeitung bis zur Vorlage der nachbearbeiteten Statistikdaten einstweilen zurückzustellen.“ Im Klartext: Schon die Zahlen, die wir fürs erste Quartal bekommen haben, waren nicht in Ordnung.
Bis 30.08. sollten die betreffenden Gerichte die korrigierten Statistiken nachreichen und dann würden wir sie schon noch bekommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zahlen, die sozusagen das Signal sein müssen, ob Gerichte überlastet sind oder nicht, diese Zahlen werden im Justizministerium schlampig erhoben.
Das ist nicht meine These, sondern das teilt das Gericht selbst mit, nur das Wort „schlampig“ habe ich hinzugefügt.