Protokoll der Sitzung vom 31.01.2002

(Peter Ritter, PDS: Sie müssen mal eine ordentliche Arbeitskreissitzung machen.)

Herr Kollege Albrecht, könnten Sie vielleicht den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen empfehlen, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nachzulesen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

um die unterschiedlichen soziologischen und rechtlichen Begriffe von Familie einmal nachvollziehen zu kön

nen, so dass sie nicht Sie fragen müssen, was Familie ist oder nicht?

(Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Annegrit Koburger, PDS)

Ja, das ist eine sehr gute Anregung. Lesen Sie das Urteil nach! Ich bedauere allerdings, Herr Abgeordneter Born, dass die Ministerin Keler sich hier hingestellt hat und mit etwas langatmigen Zügen aus dem Urteil zitiert hat,

(Birgit Schwebs, PDS: O Mann!)

nämlich in eine Richtung, die wir gar nicht haben wollten, denn letztendlich soll hier glaubhaft gemacht werden, dass es den Betroffenen gar nicht so schlecht geht.

(Zuruf von Karla Staszak, SPD)

Ich bin dankbar für diese Anregung. Wir geben das weiter. Lesen Sie das Urteil nach! Denn eins ist ja auch klar: Die Richter haben nämlich gesagt, dass sie so etwas, wie es jetzt die Bundesregierung beschlossen hat, gar nicht wollten. Es ging darum, dass die Familien nicht schlechter gestellt werden, die einen Eheschein haben. Und jetzt ist das Gegenteil eingetreten, mit der Begründung, es ist kein Geld da.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, das ist der Punkt: die Frage der Prioritäten. Und wenn wir nicht begreifen, die Prioritäten in der Gesellschaft richtig zu setzen, dann haben wir die Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft verloren.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Und dann kann es nicht darum gehen, Frau Ministerin, hier aufzuzählen, welche angeblichen Steuervorteile es gibt,

(Angelika Gramkow, PDS: Es gibt auch wirk- liche Steuervorteile und nicht nur angebliche.)

so dass – und das haben Sie ja fast wörtlich sinnbildlich gesagt – hier den Betroffenen eine ganze Menge Geld in der Tasche bleibt. Frau Keler, Ihnen muss ich doch nicht erklären, wie hoch die Kaufkraft in diesem Lande ist!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren, und das zeigt auch, dass diese Argumente nicht greifen. Wir brauchen klare, einfache Regelungen.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

Und dazu gehört ein Familiengeld, wie es die CDU auf den Weg bringen will.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Wer soll denn davon leben? – Rudolf Borchert, SPD: Es wird aber auch alles miteinander vermengt: Ökosteuer, Familiengeld. – Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)

Es geht nicht, dass die Bundesregierung hier die Betroffenen benachteiligt.

Ich habe vorhin schon versucht, Ihnen das zu erklären: Allein mit Geld können wir nicht die Existenz angleichen

(Dr. Margret Seemann, SPD: Allein mit frommen Wünschen geht das auch nicht.)

zwischen Familien und denjenigen, die ohne Kinder möglicherweise sehr viel Geld verdienen. Das wird nicht gelingen.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja, wer will denn das?)

Es wird selbst in dem utopischen Fall, dass die PDS vielleicht einmal die Bundesregierung stellt, nicht dazu kommen.

(Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Sie müssen sich das Steuergesetz mal angucken!)

Es geht nicht, das wissen Sie genauso wie ich. Es geht natürlich auch um eine Diskussion im Wertekontext, aber dennoch spielt die finanzielle Ausstattung der Familien eine große Rolle und wir nehmen das ernst.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Wir haben ein Steuerkonzept entwickelt. Ich stelle Ihnen das gern zur Verfügung.)

Meine Damen und Herren, wenn wir die Diskussion um Abwanderung und demographische Entwicklung wirklich ernst nehmen wollen – und wir nehmen diese Diskussion sehr ernst,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Auf einmal! Die anderen Jahre nicht, Herr Albrecht.)

wir haben sie ins Land gesetzt, weil wir wissen, wie viele Familien davon betroffen sind –, dann müssen wir auch den Familien das Gefühl geben, dass sie uns wichtig sind. In diesem Lande brauchen wir diese Diskussion umso mehr, als uns Menschen und Familien verloren gehen. Und deshalb ist unser Antrag goldrichtig, hier eine Initiative zu starten, mit der diese Fehlentwicklung aufgehalten wird, zurückgedreht wird, und das möglichst schnell, denn es kommt sowieso, nur uns dauert dieser Prozess viel zu lange. Sie werden erleben, dass diese Entscheidungen zurückgedreht werden, dass Benachteiligung nicht mehr stattfindet. Wir wollen, dass das möglichst schnell passiert, denn wir brauchen schnelle Handlungen,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Deshalb muss das Bundesverfassungsgericht über Ihre Familienpolitik entscheiden.)

damit dieses Land wieder zukunftsfähig wird. – Vielen Dank.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Rudolf Borchert, SPD: Keine Substanz!)

Danke schön, Herr Albrecht.

Noch einmal ums Wort gebeten hat die Finanzministerin des Landes Frau Keler. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mir noch mal den Antrag angesehen von der CDU-Fraktion, weil ich jetzt langsam verunsichert war, was die CDU-Fraktion eigentlich wollte.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Vorher lesen!)

Und ich lese es Ihnen noch einmal vor, auch wenn Sie es vielleicht wieder als langatmig empfinden, aber in Punkt 3 fordert die CDU-Fraktion: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf,“

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

„über eine Bundesratsinitiative Maßnahmen einzufordern, die die steuerliche Benachteiligung alleinerziehender Mütter und Väter durch gleichwertige Kompensationen an anderer Stelle aufheben.“ Und da sage ich jetzt erst mal, eine steuerliche Benachteiligung von allein erziehenden Müttern und Vätern gibt es nicht,

(Harry Glawe, CDU: Ach so!)

denn das Bundesverfassungsgerichtsurteil hat gerade das anders festgelegt. Erstens!

(Wolfgang Riemann, CDU: Sogar Ihr Staatssekretär widerspricht Ihnen. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Zweitens. Den Haushaltsfreibetrag können nur geltend machen allein erziehende Mütter oder Väter, die arbeiten und die ein entsprechendes Einkommen haben. Diese können das steuerlich geltend machen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Rudolf Borchert, SPD: 40 Prozent.)