Protokoll der Sitzung vom 13.03.2003

Dadurch wird natürlich die Bedrohung durch Saddam, die Sie sicherlich nicht bestreiten werden, auch wenn sie uns hier weit entfernt so direkt möglicherweise nicht trifft, doch immer größer, weil er nicht dumm ist und die Zerstrittenheit der westlichen Welt und innerhalb Europas, der Europäischen Union natürlich erkennt. Die Vereinten Nationen werden Autorität einbüßen …

(Andreas Bluhm, PDS: Ja, weil die Amerikaner sich nicht darum scheren, wie der Sicherheitsrat entscheidet.)

Das wissen Sie doch noch gar nicht, Herr Kollege. Warten Sie doch!

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS – Andreas Bluhm, PDS: Das interessiert ihn nicht.)

… und letztlich werden sie auch damit ad absurdum geführt.

Wenn dieses einträte, hätte die Völkergemeinschaft doch kein Mittel mehr, sich gegen irgendwelche Bedrohungen zu richten. Es würden wahrscheinlich wieder irgendwelche Blöcke entstehen, die nun so in diesem Sinne gar nicht mehr vorhanden waren. Das werden Sie sicher mit mir auch sehen,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

dass die Amerikaner auf der einen Seite und die Europäische Union, wenn sie denn ein einheitliches Gebilde ist und nicht ein Riss durch dieses Gebilde geht und wir eine neue politische Achse haben, durchaus friedliche Gremien sind, um es so zu sagen.

Glücklicherweise habe ich den Eindruck, dass die Menschen in Niedersachsen und in Hessen das – ich komme auch wieder auf den Bundeskanzler zurück –, was der Bundeskanzler auf einem Marktplatz in Goslar, einer Kleinstadt im Harz, verkündet hat, eben nicht so wohlwollend zur Kenntnis genommen haben, wie Sie es uns hier verkaufen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Margret Seemann, SPD: Wie weit wollen Sie denn noch gehen?)

Und darüber hinaus muss man auch erkennen, dass der Bundeskanzler gemeinsam mit den EU-Staats- und -Regierungschefs am 17. Februar einer Erklärung zugestimmt hat, die den Krieg als letztes Mittel benennt. Hier, meine Damen und Herren von der SPD, denke ich, haben Sie ein Problem, denn dieses ignorieren Sie ja offensichtlich völlig. Und man muss auch feststellen, dass die Beseitigung einer Bedrohung mit friedlichen Mitteln, wenn sie denn nicht eintritt, nicht dadurch realisiert wird, dass man sie schlicht ignoriert. Das reicht nicht aus, um die Bedrohung zu beseitigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Weil die CDU-Fraktion in dem Punkte, in dem der Bundeskanzler dieser Erklärung der Staats- und Regierungschefs zugestimmt hat, dem Bundeskanzler folgt, hat sie diesen Änderungsantrag – und hier bin ich bei Ihrer Frage – eingebracht, der ausdrücklich auf diese Erklärung Bezug nimmt. Die Vereinten Nationen verdienen Vertrauen und diese Organisation muss auch vom Landtag Mecklenburg-Vorpommern, wenn er sich denn damit beschäftigt, muss sie auch unterstützt werden. Wir können doch nicht dieser Organisation, die für unser aller Sicherheit letztendlich auch verantwortlich ist, das Vertrauen entziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der für die Bundesrepublik Deutschland entstandene …

Hier leuchtet die Lampe auf, ich werde dann gleich zum Ende kommen.

(Birgit Schwebs, PDS: Na ein Glück! – Torsten Koplin, PDS: Vertrauens- entzug! Das gibt’s ja wohl nicht!)

Der für die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union entstandene Schaden ist doch enorm. Sie können es doch heute auch schon erkennen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in Europa isoliert, es gibt jetzt eine politische Achse Berlin–Paris–Moskau–Peking, wie auch immer. Wir haben mehrere Lager innerhalb der Europäischen Union. Wir sprechen auch im Bereich der Verteidigungspolitik nicht mehr mit gemeinsamer Sprache.

(Frank Ronald Lohse, SPD: Das müssen wir auch nicht.)

Das war das Ziel jahrelanger Aufbauarbeit, dieses gemeinsam in Europa, das wir alle vor Augen hatten. Wir haben noch in der letzten Debatte hier in diesem Hohen Hause darüber gesprochen, dass auch Deutschland mit als Baumeister der Europäischen Union aufgetreten ist.

Im Moment muss man sagen, dass dieser Baumeister eher Hammer und Meißel in der Hand hat denn die Maurerkelle.

Meine Damen und Herren, um hier jetzt auch zum Ende zu kommen, bitte ich Sie sehr herzlich, dem wohl gemeinten Änderungsantrag der CDU-Fraktion zuzustimmen

(Volker Schlotmann, SPD: Das glaube ich Ihnen nicht. – Ute Schildt, SPD: Das kann man Ihnen doch nicht glauben.)

und sich der Verantwortung, die wir nicht nur den Wählern, sondern auch den Menschen in MecklenburgVorpommern und in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber haben, zu stellen.

Herr Ritter, Sie hatten jetzt eine Frage.

Bitte, Herr Ritter, stellen Sie Ihre Frage.

Sehr verehrter Kollege, Sie haben mangelndes Engagement in den vorhergehenden Legislaturperioden beklagt. Können Sie mir erstens erklären, warum in der 2. Legislaturperiode Ihre Fraktion einen Antrag meiner Fraktion zum Abschiebestopp für Kurdinnen und Kurden abgelehnt hat?

(Beifall Karsten Neumann, PDS)

Und zweitens, was hat Sie daran gehindert, solche Anträge hier zu stellen?

Herr Kollege Ritter, ich will mal auf den zweiten Teil antworten, weil mir der erste Teil naturgemäß etwas schwer fällt, da ich ja erst seit dieser Legislaturperiode hier Abgeordneter bin.

(Gabriele Schulz, PDS: Sie haben sich damit doch so intensiv beschäftigt.)

Uns hat natürlich nichts gehindert, entsprechende Anträge zu stellen. Aber Sie müssen berücksichtigen, dass ich hier sehe, dass Sie einen Antrag einbringen, dem man natürlich nur dem Grunde nach zustimmen kann. Wenn Sie sagen, Frieden wollen wir, dann wird es niemanden in diesem Lande geben, der sagt, nein, wir wollen keinen Frieden. Das wäre doch Unsinn.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und das werden Sie auch von keinem verlangen und das werden Sie auch von keinem hören.

(Gabriele Schulz, PDS: Wir haben das im Antrag konkreter benannt. – Zuruf von Heike Polzin, SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Ach, hören Sie doch auf!)

Aber es ist doch auch so, dass Sie erkennen müssen, diese von der PDS angeschobenen Debatten, die ja dem Grunde nach gar nicht schlecht sind,

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

wir dürfen und wollen ja über alles diskutieren – das müssen wir übrigens auch mit den Vereinigten Staaten tun, auch wenn das zurzeit nicht praktiziert wird, aber das war nicht Ihre Frage –, diese Debatten, die erscheinen jetzt, so dass man den Eindruck haben muss, Sie wollen sich nur vordergründig gegen irgendeine wie auch immer befürchtete Vorherrschaft oder eine Arroganz,

(Volker Schlotmann, SPD: Sie haben zu viele Vorurteile.)

wie auch immer Sie das nennen wollen, der Amerikaner zur Wehr setzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Dieser Eindruck entsteht, weil vorher eben nichts geschehen ist. Und das Elend und die Not vieler, vieler Tausender und Millionen Menschen waren für uns wahrnehmbar, wenn auch nur über das Fernsehgerät.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Oh Gott!)

Sie haben zwar die Frage nicht beantwortet, trotzdem danke schön.

Gestatten Sie jetzt eine Anfrage des Abgeordneten Schulte?

Herr Kollege Ankermann, Sie haben gesagt, die Vereinten Nationen verdienen Vertrauen. In Ihrem Änderungsantrag der CDU-Fraktion heißt es: „Die vorrangige Verantwortung zur Entwaffnung des menschenverachtenden Regimes im Irak liegt beim Sicherheitsrat“. Wenn ich das richtig verstehe, bedeutet das ja automatisch, dass auch Dritte Verantwortung für die Entwaffnung des Irak haben. Habe ich das jetzt so zu verstehen, wenn ein Staat im UN-Sicherheitsrat eine ihm nicht genehme Entscheidung erhält, auf gut Deutsch, wenn die Amerikaner sich mit ihrer Entscheidung nicht durchsetzen können, dass dann die Amerikaner auch von sich aus einen Angriff führen dürften und Sie das unterstützen würden

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

und, wenn das so ist, dass im Endeffekt einzelne Staaten nicht mehr auf die Zustimmung des UN-Sicherheitsrates bei der Führung von Angriffskriegen angewiesen sind? Wo machen Sie dann die Unterschiede zwischen größeren und kleineren Staaten? Dürfen größere Staaten das und dürfen es kleinere Staaten nicht oder darf das dann jeder?

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, und Regine Lück, PDS)

Herr Abgeordneter, eine kurze Frage.