Protokoll der Sitzung vom 09.04.2003

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Eine Sondergebietskulisse für Vorpommern und Rügen hat sehr gute wirtschaftliche Impulse gebracht.

Gerne erinnere ich hier auch noch mal an meinen Geschichtsexkurs zum Thema Eurorapid, wo wir einen weiten Ausflug nach Rom gemacht haben. Zur Erinnerung: Die 100.000 Kilometer Allwetterstraßen, die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wirken und von den Römern im 1. Jahrhundert wohlgemerkt angelegt wurden als Konsularstraßen. Alle Wege führen nach Rom, das wäre natürlich ein Anspruch für Deutschland und für unser Bundesland. Alle Wege, viele Wege sollten auch nach und durch Mecklenburg-Vorpommern führen. Schauen wir – und seien wir nicht zu einseitig – nur auf unser Land, schauen wir auch auf unsere Nachbarn, zum Beispiel Dänemark: Der Storebelt ist gebaut, der Øresund ist gebaut mit Direktanbindung an den fünftgrößten Flughafen Europas, Kopenhagen. Wir haben den Fehmarn-Belt in Aussicht. Das darf hier niemand versäumen und vergessen zu sagen.

(Reinhard Dankert, SPD: Richtig.)

Es gibt eine Haushaltsstelle in Brüssel zum FehmarnBelt und die Schleswig-Holsteiner sind da auch leidenschaftlich dabei, auch wenn das für uns …

(Reinhard Dankert, SPD: Saugefährlich ist das!)

Darf ich dieses Wort benutzen, ohne einen Ordnungsruf zu bekommen, Herr Dankert?

… saugefährlich ist.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es!)

Danke schön.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Auch da gilt es aufzupassen. Es könnte schöner bezeichnet werden, aber gerade in der Scandlines-Debatte haben wir uns diesem Thema auch besonders gewidmet.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Vergessen wir nicht, das mit nördlichste europäische Land, Finnland, liegt auf Platz 1 in der Wirtschaft Europas. Wie hat man das geschafft? Nicht durch Stöhnen, sondern durch Klotzen

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig!)

und man hat dort Zukunftstechnologien hingebracht.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut!)

Genauso gehen die Schweden mit Biotechnologien in der Lundregion ganz nach vorn. Die Polen klotzen über eigene Autobahnen direkt in den Ballungsraum Berlin hinein. Verkehrswege sind Wirtschaftswege.

Und auch unser guter Klassiker Herr Goethe ist zu zitieren: „Um Deutschland ist mir nicht bange. Das werden die Lokomotiven tun.“ Ich werde jetzt nicht alles wiederkäuen. Wiederkäuen ist es nicht, Sie haben sehr gute Ausführungen gemacht. Wie gesagt, mit dem Zug, das ist ein besonderes Thema, dazu habe ich mich hier schon leidenschaftlich äußern dürfen an diesem Podium.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Auf diesem Podium fehlt allerdings noch der Eurorapid.)

M-V hat wirtschaftlich nur Zukunftschancen, wenn wir uns in die Logistik dieser europäischen Wirtschaftswege wettbewerbsstark einbinden. Wir kennen unsere Zahlen und die sollten wir auch immer vor Augen haben, ohne ein Land schlechtzureden, sondern wissen, wo wir stehen. Auf 1.000 Einwohner kommen bei uns 27 Industriearbeitsplätze, im Vergleich dazu im Westen 89, Ostdeutschland Gesamtlinie 37 Arbeitsplätze. Wir sind ein Flächenland, beschaulich, natürlich, touristisch schön. 80 Prozent unserer Einwohner leben im ländlichen Siedlungsraum. 8 5 Städte zusammengerechnet an Einwohnern ergeben dann erst eine Einwohnerzahl von einer Million Einwohner. Gehen wir in andere Bundesländer, nimmt man drei, vier Städte, dann stehen wir bei einer Million Einwohner und haben dadurch Ballungsgebiete, die uns in diesem Land fehlen. Deshalb ist unsere Erreichbarkeit in andere Distributionsgebiete ein wirtschaftliches Gebot.

Wer A sagt, muss auch B sagen. Das A bedeutet für Rügen 157 Millionen Investitionen in den Hafen Saßnitz, 130 Millionen Euro Fischwerk Saßnitz, 10 Millionen Übernachtungen werden im Tourismus geleistet. 1.800 Pendler verlassen unsere Insel täglich, um Arbeit außerhalb der Insel zu finden. Und die Frequentierung auf dem Rügendamm in Spitzenzeiten durch Auto und Fernlastverkehre ist auch bekannt – 25.000 Pkw.

B heißt zeitliche Umsetzung. Dazu hat mein Kollege Herr Vierkant genau ausgeführt. Und wir wollen hier auch nicht in Zahlenschacherei verfallen, ob 2005, 2006. Es gilt, Fakten zu schaffen mit dem guten Geld, das da ist. Die Klagen von Beschwerdeführern zum Planfeststellungsverfahren wurden zurückgezogen. Es bleibt noch diese Vogelzuggeschichte mit Brüssel. Da müssen wir natürlich tapfer dranbleiben, damit wir damit nicht irgendwie in die falsche Richtung torpediert werden.

Ein Problem bleibt: Wer A sagt, muss B sagen, und das C – dazu haben Sie Ausführungen gemacht, die Maut obendrauf –, das könnte diese wirtschaftlichen hochkarätigen Subventionen natürlich konterkarieren. Und selbst unser Wirtschaftsminister hält ja wenig von einer Mautgebühr. Das Bekenntnis finde ich erst einmal großartig, dass Sie hier nicht den Spagat wagen, sondern sich sehr eindeutig äußern. Denn immerhin würde eine Maut 30 Jahre für die Rückzahlung der 50-prozentigen Kosten bedeuten, die Konzessionäre ja selbst privat finanziert einbringen. Wir lange heute Firmen überlebensfähig sind, das können wir uns selbst ausmalen, so dass 30 Jahre ja fast utopisch erscheinen, um sich dort an ein Konsortium zu binden.

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

Dieses Modell wäre deutschlandweit übrigens auch einmalig. Ich führe als Beispiel nur an: Wenn wir als Insel Maut zahlen sollten, was machen wir mit den Berlinern? Berlin hat mehr Brücken als Venedig. Wer zahlt hier Brückenzoll? Niemand. Rügen, Deutschlands einziger Insellandkreis mit mehr als 73.000 Einwohnern und immerhin 2,5 Millionen Touristen über das Jahr sowie Rügens Wirtschaft – der Hafen wurde erwähnt, dazu gehören aber auch 892 Handwerksbetriebe, das verarbeitende Gewerbe Fisch und insgesamt betrachtet dieser maritime Standort als maritime Autobahn nach Skandinavien und ins Baltikum –, darf nicht mit einer Maut nachträglich wirtschaftlich abgestraft werden.

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

Es gilt, wie die Hunderten Heringsangler zu dieser Zeit –

ein imposantes Bild im Übrigen auf unserem Rügendamm – gemeinsam auch diesen Fisch mautfrei an den Wirtschaftshaken unseres Landes zu bringen. Und was für ein Imagebild: der neue Rügendamm! Jeder konnte sich darüber sicher noch nicht so viele Gedanken machen. Es ist ja klar, als Lokalpolitiker ist das Thema wesentlich näher gerückt als vielleicht in anderen Ecken des Landes, wo man sich dieses Geld ebenso wünschte. Das Verständnis habe ich selbstverständlich auch. Aber wir müssen auch dankbar sein, dass Menschen vor uns 1936 die Entscheidung getroffen haben, so zukunftsweisend, so solide zu bauen, dass dieser Rügendamm – fast 60 Jahre alt – überhaupt diese Frequentierung erträgt. Und wenn es dann eine neue zweite Sundquerung wird, 540 Meter lang, 42 Meter hoch, fantastische Ausblicke auf unsere schöne Hansestadt Stralsund, Pylone von 92 Metern, ich denke, das ist ein Imagebild, das uns allen im Land und unserer Wirtschaft gut tut. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Skrzepski.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht viel Gesagtes wiederholen, sondern noch zwei neue Aspekte einbringen. Schon im Altertum haben Handelswege das Erblühen von Regionen zur Folge gehabt. Und gerade deshalb ist es so hoch zu schätzen, dass wir mit diesem Bundesverkehrswegeplan, der uns hier vorliegt, Instrumente haben, auch für unser Land solche Wege zu schaffen, diese zu stabilisieren, damit Handelsstandorte wie Rostock wie große Standorte unseres Landes entwickelt werden können.

Aber gehen wir einmal genau in diesen Bundesverkehrswegeplan, gucken wir uns doch einmal die Maßnahmen an. Da haben wir Maßnahmen im vordringlichen Bedarf, die gesichert sind, und dann haben wir den weiteren Bedarf, für den Planungen ausgelöst werden können, wenn bestimmte Prüfungen erfolgt sind. Wir haben die Umweltrisikoeinschätzungen, die laufen, und wir haben FFH-Verträglichkeitsprüfungen. Und ich sage Ihnen, ich komme aus einer Region, aus dem Kreis Demmin, das ist ein Naturparadies, und wir haben FFH-Gebiete en gros. Wir haben aber auch die Verantwortung zu planen, dass diese Regionen sich entwickeln. Deshalb meine ich, dass es sehr wichtig ist, dass wir in Zukunft für das weitere Verlaufen dieser Planungen sehr vernünftig miteinander umgehen. Bei der weiteren Planung von FFH-Gebieten muss auch solch eine Planung von Verkehrswegen Berücksichtigung finden. Das, was in der ersten Runde gemeinsam mit der Kommunalpolitik noch nicht so gut gelaufen ist, dass wir klar formulieren, an dieser Stelle hat der Mensch Vorrang und an der Stelle die Natur, das müssen wir in der zweiten Runde besser meistern. Das ist auch unsere Aufgabe als Abgeordnete, da die Kommunalpolitiker zu unterstützen, aufzufordern, jetzt klar zu formulieren, an welcher Stelle geht etwas und wo nicht, damit das besser eingearbeitet werden kann, denn ein Bundesverkehrswegeplan ist so gut wie wir Vorarbeit leisten als Abgeordnete, als Kommunalpolitiker, als Landespolitiker.

Ich möchte noch einmal eingehen auf das von Frau Schwebs Gesagte. Ich meine, dass der Bundesverkehrswegeplan insgesamt sehr ausgeglichen ist. Aber wir haben nun einmal ein sehr dünn besiedeltes Land und die Auslastung der Schienenwege ist von ihrer Rentabilität abhängig. Sie werden nur dann befahren, wenn sie sich wirklich wirtschaftlich darstellen lassen im Unterschied zur Straße. Der Bürger in unserem Land, im dünn besiedelten Land will erreichbar sein, er will am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können und deshalb werden die Prioritäten im Unterschied zur Bundesrepublik etwas anders ausfallen. Auch daran müssen wir gemeinsam arbeiten, da müssen wir konkrete Forderungen und Analysen auch umsetzen. Aber Wirtschaftlichkeit spielt dabei eine enorme Rolle, das dürfen wir nicht vernachlässigen, und daran wollen wir auch gemeinsam weiterarbeiten.

Ich denke, dass der Bundesverkehrswegeplan ein sehr gutes Fundament ist für die weitere Entwicklung unseres Landes und dass wir das auch begrüßen. Viele Kommunalpolitiker, die dabei waren in der ersten Liste, haben sich schon sehr positiv geäußert und ich glaube, die Menschen werden es auch akzeptieren, wenn diese Straßen gebaut werden und wenn sie besser erreichbar sind und auch selbst dahin kommen, wo sie hin möchten. – Besten Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Schildt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der CDU-Fraktion Herr Riemann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach so viel Lob von meinen Kollegen muss ich doch etwas Wasser in den Wein gießen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Zumindest verkauft sich Otto gut, würde ich hier sagen.

Mir fehlen in Ihrer Rede, Herr Minister, Aussagen, aber auch im Bundesverkehrswegeplan die Frage des Eurorapid, keine Aussage dazu.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Mir fehlt, da ich nur eine Minute Redzeit habe, die Aussage: Wird die Ortsumgehung Wolgast mit den 39 Millionen eine neue Brücke erhalten oder geht es über die alte Brücke?

(Minister Dr. Otto Ebnet: Über die neue.)

Na, dann müssen wir noch ein paar Millionen Euro dazulegen. Also das ist, wenn ich mir die Straßenabschnitte angucke, nicht ausfinanziert. Mir fehlt: Was wird in Anklam mit der Umgehungsstraße? Wird sie durch Anklam eingeschwenkt werden? Soll es tatsächlich frische Luft für Vögel und Stauabgase für die Menschen in Anklam geben, weil wir eben dort mit dem FFH-Gebiet etwas gemacht haben, was dazu führt, dass wir dort möglicherweise nicht bauen können?

Und ich habe auch noch eine Frage – sicherlich zur Karniner Brücke. Und es ist, glaube ich, auch peinlich, aber wenn man sich hier hinstellt und sagt, da habe ich noch Hoffnung. Nicht angemeldet ist dieses von unserer Landesregierung. Brandenburg hat das Vorhaben Karniner Brücke angemeldet.

(Minister Dr. Otto Ebnet: Das stimmt nicht, Herr Riemann. Das ist Quatsch!)

Das ist nicht dementiert worden, Herr Minister.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Stimmt das?)