Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

Es heißt hier, dass die Landesregierung die Bundesregierung unterstützen soll, um Verbraucher vor unseriösen Telekommunikationsdienstleistungen zu schützen. So weit ist das ja alles noch in Ordnung. Was letztlich aber nach sicherlich umfangreichen Beratungen mit Unterstützung des Ministeriums zu Papier gebracht wurde, ich spreche hier von diesem Antrag, nicht über das, was dem Bundestag vorliegt, um das vorsichtig auszudrücken, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist schlicht nichts: erstens nichts Fachliches, zweitens nichts Sachliches und drittens nichts Landtagstaugliches! Ich werde das begründen. Es heißt: „Die Landesregierung wird in ihren Bemühungen unterstützt“. Harmloser geht es im parlamentarischen Prozess – unabhängig von der Thematik – kaum. Vielleicht wäre noch die Kenntnisnahme der Begrüßung der Bemühungen eine Alternative.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Aber Regierungshandeln, bei dieser Landesregierung muss man das besonders sagen, lässt sich mit solchen Floskeln wohl kaum erreichen, da muss schon ein bisschen mehr passieren. Aber dann wird dieser Antrag vermeintlich fachlich. Die Landesregierung soll dafür Sorge tragen, dass Mehrwertdiensterufnummern wie etwa 0118er Nummern dem Gesetz unterworfen werden. Hier beweisen die Koalitionsfraktionen echte Fähigkeiten, nämlich den Blick in eine ferne Zukunft.

(Heike Polzin, SPD: Man muss Visionen haben.)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, solche Nummern existieren schlicht und einfach derzeit in Deutschland nicht. Vielleicht hätten Sie vorher nicht die 5880 wählen sollen, sondern es einmal mit der 11880 versucht, denn da werden Sie geholfen und eine vernünftige Auskunft hätten Sie auch erhalten!

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielleicht sehe ich aber auch die Tragweite der Nummernspiele nicht. Aber das kann mir ja einer der nächsten Redner der Fraktionen der SPD und PDS einmal erläutern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Meine Damen und Herren, genug der fachlichen und sachlichen Tiefstapelei? Nein! Leider kann ich Ihnen auch Folgendes nicht ersparen: Die von Ihnen unter Punkt 2 geforderte Einbeziehung des Mobilfunks in das Gesetz würde nur unnötige Druckkosten verursachen, da sie im Gesetzentwurf bereits enthalten ist.

(Angelika Peters, SPD: In der Begründung!)

Ich gebe zu – und das ist auch nach der gestrigen Anhörung unstreitig –, es gab einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der war in der Tat grottenschlecht. Die Ministerin hat ja eben auch dargelegt, was alles noch verbesserungsbedürftig ist. Aber dann hat es einen Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegeben, da ist vieles weitergehender geregelt als das, was Sie in Ihrem harmlosen Antrag hier geregelt wissen wollen. Ich will Ihnen ja glauben, dass Sie in irgendeiner Art und Weise die positiven Absichten, die geäußert wurden, mit dem Antrag befördern wollen. Aber hier heißt es: Die Nummern, die ich eben genannt habe, sollen einbezogen werden. Die Nummern, die es also gar nicht gibt! Ich sage Ihnen, was stattdessen aus unserer Sicht tatsächlich in dem Gesetzentwurf, der inzwischen aufgrund der Initiative der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion verbessert worden ist, wirklich

enthalten sein muss. Das geht über das hinaus, was Sie uns mit Ihrem Antrag zunächst hier aufgeschrieben haben:

Erstens. Das Gesetz sollte auf das Festnetz wie auf das Mobilnetz anwendbar sein und keine zeitlichen Differenzen beim In-Kraft-Treten des Gesetzes erlauben, um einer Verlagerung des Missbrauchs von einem zum anderen Netz vorzubeugen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Das hat die Ministerin im Grunde genommen eben auch hier unterstützt.

Zweitens. Das Gesetz sollte auf allen Nummerngassen für Mehrwertdienste wie 0190er, 0191er, 0193er, 0900er, 0136er oder 0137er Nummern anwendbar seien,

(Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

um eine Verlagerung des Missbrauchs von einer auf eine andere Nummerngasse zum Schaden der Verbraucher und der seriösen Anbieter zu vermeiden, zumal die Ausnahme einer Nummerngasse vor dem Gesetz sachlich nicht begründet wäre.

Drittens. Es muss eine Datenbank zur Erfassung der Mehrwertdiensterufnummern bei der Regulierungsbehörde aufgebaut werden.

Viertens. Dialer müssen vor Inbetriebnahme bei der Regulierungsbehörde bei Erfüllung von Mehrwertdienstevoraussetzungen registriert werden.

Fünftens. Zum Schutz der Verbraucher müssen Preisansagepflichten vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit und bei Tarifänderung festgelegt werden, Verstöße dagegen mit einem Bußgeld belegt werden.

Sechstens. Die Regulierungsbehörde muss den Verbrauchern Auskunft erteilen können über Name und Anschrift der Diensteanbieter.

Siebentens. Ein Inkassoverbot für den Rechnungssteller bei Einwendungserhebung oder Zahlungsverweigerung durch den Rechnungsempfänger in der Telekommunikationskundenschutzverordnung soll als wichtigste Schutzvorschrift für die Verbraucher gegen unberechtigte Forderungen aufgenommen werden.

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind nur einige wesentliche Punkte zum Thema Telekommunikationsdienstleistungen und Verbraucherschutz genannt. Ich kann nur empfehlen, diese Punkte, so, wie es der Antrag vom 06.05.2003 der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorsieht, in die Beratungen des Bundesrats nach Berlin mitzunehmen und zudem die Ergebnisse der gestrigen Bundestagsanhörung auszuwerten, um somit wirklich etwas Wirksames für den Verbraucherschutz zu tun. Mit dem vorliegenden Antragsversuch wird das nicht gelingen. Deshalb, verehrte Frau Peters, muss ich Sie enttäuschen. Diesem Antrag kann man sinnvollerweise, wenn man wirklich was für die Verbraucher tun will, nicht zustimmen. Sie sollten sich an dem orientieren, was die Finanzministerin hier vorgetragen hat, was ja über weite Teile mit dem übereinstimmt, was ich Ihnen eben in den sieben Punkten genannt habe,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

und ganz im Wesentlichen mit dem konform geht, was durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden ist. Ich denke, im

Bundesrat wird es dann möglich sein, den ursprünglich sehr, sehr – da stimme ich auch der Ministerin zu – schlechten Entwurf der Bundesregierung nachzubessern, dann ist was für die Verbraucher erreicht. Sie sollten diesen Antrag wirklich auf sich beruhen lassen und die Regierung hier nicht daran hindern, Sinnvolles für die Verbraucher zu tun. Mit Ihrem Antrag wird das so nicht erreicht werden können. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Born.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Bunge von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jede und jeder von uns nutzt wissenschaftlich-technische Neuerungen. Das ist ein Segen! Wir alle wissen auch, wie schmal häufig der Grad zwischen Fluch und Segen ist. Oft hat man nur die großen Themen im Visier. Ich denke zum Beispiel an bioethische Fragen, wie dem Bestreben, Lebewesen zu klonen, bis hin zum Klonen von Menschen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Geläufig sind auch alltägliche Probleme, wenn man nur solche Fragen wie die Schuldenfalle, die durch den Besitz von Handys bei jungen Leuten häufig droht, im Blick hat. Aber hier handelt es sich bei dem heute besprochenen Thema der Telekommunikationsleistungen doch um einen Bereich, der für viele von uns etwas hinter dem Bildschirm liegt, deshalb lohnt es sich auch, hier darüber zu sprechen. Ich meine, für die wissenschaftlich-technischen Neuerungen sind sicher die Wissenschaftler zuständig. Für den Segen, da haben wir wieder einmal die undankbare Aufgabe, uns um den Fluch zu kümmern. Aber wir sollten diese Aufgabe annehmen.

Bereits im August letzten Jahres wurde in der Telekommunikationsschutzverordnung ein Paragraph 13 a) eingefügt, der die Nutzung der Mehrwertdiensterufnummern – so ist der richtige Begriff, ich habe es auch gelernt – regelt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Hab ich es falsch gesagt?)

Es war einmal das „Ruf“ weggelassen worden.

Wenn man sich aber diese Verordnung bei Licht ansieht, hat sie sich als zahnloser Tiger entpuppt, dessen Brüllen kaum jemand erschreckt hat. Warum? Es sind natürlich auf diesem Gebiet, wie in vielen Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft starke Interessen am Wirken. So ist es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens dazu gekommen, dass der ursprüngliche Entwurf konterkariert und eigentlich seinem Anspruch überhaupt nicht mehr gerecht wurde. Zu vielfältig und massiv waren die, die Einfluss genommen haben, das dürfen wir bei der Regelung der Problematik auch nicht vergessen. Deshalb sind Transparenz und Nachweisführung enorm auf der Strecke geblieben, unabhängig von den Beispielen, die hier genannt wurden, die die finanziellen Auswirkungen haben.

Ich möchte Ihnen – ich bedanke mich, dass Sie mir auch noch eine Beispielstrecke übrig gelassen haben – die Situation demonstrieren und greife natürlich zurück auf ein paar Experten, nämlich Experten des Heise Zeitschriften Verlages, die das recherchiert haben. Sie überschreiben die ganze Sache mit „Verschollene Rufnum

mern“ und es mutet wirklich wie eine Odyssee an. Wenn man das Ganze, was dort geschrieben steht, zusammenfasst, ist Folgendes zu berichten:

Seit Anfang dieses Jahres wird in unerwünschten Werbe-E-Mails, den so genannten Spam-E-Mails, auf den Dialer der Schweizer Firma IBS Clearing AG hingewiesen. Da es sich bei den massenhaft versendeten unerwünschten Werbe-E-Mails um ein rechtswidriges Verhalten des Absenders handelt, war es nur logisch, dass versucht wurde, den Verantwortlichen in Erfahrung zu bringen. Die geltenden rechtlichen Bestimmungen billigen ein solches Auskunftsrecht dem Endverbraucher auch zu. Wie bereits gesagt, wurde für den Dialer der Schweizer Firma IBS Clearing AG geworben. Nach Auskunft der zuständigen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post waren die betreffenden Nummern der dtms AG zur Nutzung überlassen worden. Eine Nachfrage ergab jedoch, dass die Nummern bereits im Februar 2001 an den Netzbetreiber RSL Com Deutschland GmbH gegangen waren. Das heißt: Die Daten der gerade eingerichteten Regulierungsbehörde waren veraltet. Die weitere Recherche ergab, dass RSL Com Deutschland GmbH bereits im September 2001 den Geschäftsbetrieb eingestellt hat. Ihre Nachfolgerin ist die Telco Service GmbH, ein reiner Mobilfunkprovider. Also hakte der Verlag Heise bei der dtms AG noch einmal nach. Er erfuhr, dass die betreffenden Rufnummern zum Netzbetreiber ComTel übertragen wurden, also nicht Telco Service GmbH, sondern ComTel, das ist auch toll zu unterscheiden, bevor sie schließlich am 18. November 2001 wieder bei der Deutschen Telekom landeten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Diese erklärte nochmals, dass sie nicht zuständig sei, und verwies auf den jetzigen Abnehmer der Nummer GoodLines AG.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte hier keinen der beteiligten Firmen an den Pranger stellen. Aber es zeigt, dass der geltende Kundenschutz absolut nicht greift. Und ich bin froh, dass Transparenz und Rechtssicherheit mit dem vorliegenden Gesetzentwurf durch eine Datenbank, die im Internet für jeden zugänglich sein wird, gewährleistet werden kann. Deshalb ist es die Aufgabe der Politik, auch für eine solche Veröffentlichung zu sorgen. Wir haben sehr viel von den finanziellen Auswirkungen bei Telefonen und bei Handys gesprochen. Es ist ja so, dass eigentlich jede und jeder von uns erwischt werden kann. Frau Keler, Sie haben es schon gesagt,

(Zuruf von Sigrid Keler, SPD)

ich hoffe, dass ich nicht beim Telefon aus Versehen einmal zurückrufe und das dann auf der Rechnung finde.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Provider.)

Beim ganz normalen Zugang geht unsereins – sicher gibt es hier ein paar Computerfreaks, die hier viel mehr draufhaben und hoffentlich die Kolleginnen und Kollegen auch darauf hinweisen – über die Onlinedienste X, Y oder Z für einen bestimmten Preis ins Internet – heutzutage etwa 1 Cent pro Minute – und man kümmert sich dann wenig darum, was passiert, wenn man so im Internet rumsurft. Dann schlägt die Stunde der Dialer.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig!)

Um die Sache abzukürzen, mir selber ist es letztens passiert und zum Glück war ich durch diese Beschäfti

gung mit dem heutigen Antrag gewarnt. Ich möchte eine Auskunft über eine Zugabfahrt und -ankunft erhalten und ich bekomme doch dieses Feld, wo ich den Bahnhof eingeben muss, nicht angeklickt, weil just darauf so ein Button ist. Ich konnte alles machen, der ging aber nicht weg. Man darf nicht einmal in die Nähe kommen. Schon wenn man in die Nähe kommt, hat man sich eingeloggt, wenn man etwas anklickt und zieht, funktioniert alles nicht.

Frau Dr. Bunge, Ihre Stunde hat auch geschlagen.