Auch Mecklenburg-Vorpommern ist durch einen ungeheuren Strukturänderungs- und Transformationsprozess gegangen. Vieles aus der DDR ist verschwunden, ist teilweise kaputtgemacht worden, wider besseres Wissen. Zugleich ist aber vieles, sehr vieles neu entstanden, vieles, auf das wir alle gemeinsam stolz sein sollten.
Und wir sollten offensiv, das ist mir wichtig, und zwar unabhängig von Parteiencouleur damit umgehen, wir sollten damit werben, werben für dieses Land, so, und das sage ich Ihnen ganz bewusst, wie es jeder anständige Unternehmer auch tun würde. Jeder anständige Unternehmer wird seine Vorteile, seine Leistungen auf dem Markt präsentieren und damit Wettbewerb versuchen. Meine Damen und Herren, dafür sind aber auch Unternehmen erforderlich, die innovativ sind und die bereit sind, nach vorne zu gehen. Und davon haben wir eine ganze Menge. Die kommen bei Ihnen nur nie vor.
Bei Ihnen kommt immer nur das Schlimme vor. Und wenn wir uns einig sind, dass das etwas ist, was dieses Land braucht, was dieses Land als Entwicklungsmotor braucht, dann kann ich nicht mehr nachvollziehen, wenn Sie nach wie vor als CDU glauben, dass wir ständig öffentlich rumtönen müssen, wie schlecht hier doch alles sei. Damit werden Sie keinen einzigen Investor herholen. Das sage ich Ihnen. Wir haben in den letzten vier Wochen einige Ansiedlungen hier gehabt. Ich erinnere an Parlevliet & van der Plas in Sassnitz, an Liebherr in Rostock
und an Siemens in Lubmin. Und da sage ich Ihnen ganz deutlich, das ist doch nicht deshalb gelungen, dass wir die Investoren herbekommen haben – und übrigens sind zwei von denen, die ich genannt habe, ausländische Investoren –, weil wir, weil Dr. Ebnet denen erklärt hat, wie schlimm das hier in Mecklenburg-Vorpommern ist, dass hier alles zusammenbricht, dass wir also die Termini gebraucht hätten, die die CDU wie ein Banner vor sich herträgt. Nein, im Gegenteil.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich bitte wirklich im Interesse dieses Landes, stellen Sie doch einmal Ihre Sonthofen-Strategie nach hinten, denn die funktioniert hier in den neuen Ländern nicht. Gehen Sie einfach auf uns zu, gehen Sie auch nach draußen und werben Sie für dieses Land, und zwar offensiv und rennen Sie nicht draußen rum wie ein Totengräber, der eigentlich schon alles aufgegeben hat.
Und zum Schluss möchte ich einen Satz zum Nachdenken mitgeben. An dieser Stelle hat einmal Václav Havel zu uns gesprochen. Václav Havel hat als tschechischer Präsident hier zu uns zum Abschluss seiner Rede so sinngemäß gesagt: Ich würde gerne als tschechischer Präsident unsere Probleme mit den Ihrigen tauschen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die deutsche Wirtschaft zeigt rezessive und stagnative Tendenzen. Das reale Wirtschaftswachstum ist im Jahr 2002 von 0,2 Prozent nicht als dieses zu bezeichnen, denn es war das schwächste Wirtschaftswachstum seit 1993. Das können Sie alles nachlesen in der Mittelfristigen Finanzplanung dieser Landesregierung,
auch die Ursachen in der Weltkonjunktur, in der Börsenbewegung und den schwierigen Aufholprozess in Ostdeutschland. Und diese Situation der Gesamtwirtschaft geht auch an Mecklenburg-Vorpommern nicht spurlos vorbei. Aber die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht in schlechter Verfassung.
Das verarbeitende Gewerbe verzeichnet einen Zuwachs und es wird zum Wachstumsträger für Mecklenburg-Vorpommern. Im Handel, beim Gastgewerbe und mit den Tourismuszahlen schmücken sich ja jetzt alle, beim Verkehr ebenfalls, mit Zuwachsraten. Finanzierung, Vermietung, Unternehmensdienstleistungen können sich sehen lassen, die Gesundheitswirtschaft ist auf dem Weg, Technologieentwicklung, Forschung und Entwicklung sowie Existenzgründungen kennzeichnen diesen Weg und die Landwirtschaft steckt die Dürre weg. Sie macht es uns vor, dass man auch mit einer solchen Situation umgehen kann. Die Arbeitsmarktpolitik wurde betriebsnah ausgestaltet und insbesondere die Unternehmerverbände achten sehr genau darauf, wie die EU-Strukturfonds in diesem Land eingesetzt werden. Unternehmerinnen und Unternehmer unternehmen was in unserem Land. Sie arbeiten tagtäglich und sie bilden aus. Es ist an uns, auch in der Aktuellen Stunde, das als Politik zu bemerken und dafür an dieser Stelle auch einfach einmal danke zu sagen.
Das heißt nicht, dass wir damit Probleme übersehen, denn diese Probleme gibt es nicht nur in MecklenburgVorpommern, es gibt sie in ganz Ostdeutschland. Es ist nicht wahr, dass der Schrumpfungsprozess der Bauwirtschaft am Ende ist. Seit 1995 sinken Umsatz und Beschäftigung in diesem Bereich und die Bauwirtschaft war bis zum Ende der neunziger Jahre Wachstumsträger, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Die positiven Aspekte dieses Prozesses sind eine vorzeigbare Infrastruktur, die Entwicklung im Städtebau und die Wohnungsbausanierung. Das alles ist positiv. Negativ sind die Überkapazitäten und die Überhitzung in diesem Prozess und tausende arbeitslose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Bau.
Zweitens, Marktwirtschaft. Angebot und Nachfrage bestimmen den Prozess, Konkurrenz und Wettbewerb begleiten ihn und das kann – ich habe es immer gelernt und das ist gut so – Politik auch nicht wirklich beeinflussen. Die hohe Arbeitslosigkeit, 20 Prozent niedrigere Bruttolöhne und der voranzutreibende oder jetzt auch wieder in Rede stehende Sozialabbau sind die Ursachen für eine Kaufkraft, die auf niedrigstem Niveau auch in Mecklenburg-Vorpommern liegt. Wir drehen den Euro zweimal um.
Damit bedeutet es ganz klar, dass die private, aber auch die gesellschaftliche Nachfrage nach Dienstleistun
gen, Handwerk und Gewerbe zurückgeht. Was soll erst werden, wenn arbeitslose Menschen in unserem Land und Sozialhilfeempfänger mit den Belastungen, die auf sie zukommen, leben müssen? Es ist ausgerechnet worden, dass ein Nachfrageverlust von 203 Millionen Euro droht. Was soll werden mit Wirtschaftswachstum in Mecklenburg-Vorpommern, wenn Sozialabbau um sich greift?
und sie kann sie setzen und damit den Prozess beeinflussen. Ich will einige wenige Daten nennen, wie wir dies tun – nach wie vor –, um diesem Prozess zu begegnen: Die öffentliche Hand setzt ein hohes Investitionsniveau und eine hohe Investitionsbereitschaft um. Sie ist nach wie vor dreimal so hoch wie zum Beispiel in SchleswigHolstein. Zwei Drittel der Subventionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern – 2003 700 Millionen Euro, 2004 644 Millionen Euro und 2005 624 Millionen Euro – werden für die Wirtschaftsentwicklung, die Landwirtschaft und den Tourismusbereich eingesetzt.
Davon bekommt die Wirtschaftsförderung 268 Millionen Euro und die Landwirtschaft 150 Millionen Euro. Wir fördern die Ausbildung mit 42 Millionen Euro und wir haben weitere konzeptionelle Vorschläge zur Unternehmensfinanzierung auf den Tisch gelegt, von Begleitung von Ratingverfahren zu Beteiligungen und Bürgschaften. Der Risikokapitalfonds über den Zukunftsfonds ist mit 5 Millionen Euro ausgestattet, Deregulierung ist angesagt, Planungsvorläufe und Genehmigungszeiten in Mecklenburg-Vorpommern können sich sehen lassen. Staat und Politik, meine Damen und Herren von der CDU, können aber Wirtschaftswachstum und Stabilität nicht anweisen.
Und eine letzte Bemerkung: Meine Damen und Herren, es ist ein Irrglaube anzunehmen, mit Steuererleichterungen, dem Vorziehen der Steuerreform, der Senkung des Spitzensteuersatzes und weiterem Sozialabbau werden wir Wachstumsimpulse erreichen. Die Unternehmenssteuerreform hat gezeigt, Minuswachstum, steigende Arbeitslosigkeit, niedriger Lohn bedeuten nicht Wachstumsfaktor, und deshalb sagen wir zu diesem Prozess auch Nein. Innovation statt Billiglohn, Modellregion Ost statt wilder Regulierung und aktive Beschäftigungspolitik statt passiver Sanierung sind die richtigen Ansätze von Bundespolitik für Mecklenburg-Vorpommern.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Ute Schildt, SPD – Eckhardt Rehberg, CDU: Was, da gibt es noch Beifall für?!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zahlen, die das Statistische Landesamt für das Wachstum des ersten Halbjahres vorge
Herr Rehberg, die dramatische Schilderung der Situation, die Sie daraus abgeleitet haben, ist die eine Seite. Die andere Seite ist aber: Was gibt es an Lösungen für dieses Problem? Was haben Sie als Lösungen geboten? Die Lösungsansätze, Herr Rehberg, sind weit hinter der dramatischen Schilderung der Situation zurückgeblieben, die Sie geboten haben. Ich finde, wir brauchen Lösungen, Losungen sind zu wenig.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Dr. Martina Bunge, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Also einfach anfangen! – Reinhardt Thomas, CDU: Losungen haben wir genug gehabt.)
Um zu Lösungen zu kommen, müssen wir aber die Situation mal ganz nüchtern betrachten. Das Statistische Landesamt, ich zitiere jetzt einfach mal, hat den Rückgang des Wachstums um 1,6 Prozent im ersten Halbjahr folgendermaßen begründet: „Zurückzuführen war die rückläufige wirtschaftliche Entwicklung in MecklenburgVorpommern maßgeblich auf das Baugewerbe.“ Hier ist das Baugewerbe kein Sündenbock. Da gibt es keinen Sündenbock. Da gibt es wirtschaftliche Tatsachen, die so sind, wie sie festgestellt werden.
Wir müssen eins feststellen, nämlich dass Mecklenburg-Vorpommern sich in einem wirklich schwerwiegenden, tief greifenden Strukturwandel befindet, und dieses seit Jahren. Ich sage das jetzt ohne Vorwurf an irgendeine Seite. Wir haben in der ersten Hälfte der 90er Jahre in Mecklenburg-Vorpommern Strukturen aufgebaut beziehungsweise es sind Strukturen entstanden, die in erster Linie auf der Bauwirtschaft basierten. Es gab damals viel zu tun, es gab für die Bauwirtschaft viel zu tun. Da sind Kapazitäten entstanden, von denen man Mitte der 90er Jahre von Seiten der Bauwirtschaft schon wusste, die werden auf Dauer nicht zu halten sein. Und jetzt sind wir voll in diesem Prozess der Umstrukturierung, der leider – leider – immer noch andauert, immer noch nicht abgeschlossen ist.
Herr Rehberg, Sie haben ja richtigerweise darauf hingewiesen, dass die Bauwirtschaft noch vor ein paar Jahren 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in MecklenburgVorpommern erwirtschaftet hat und jetzt sind es nur noch 7 Prozent. Das heißt, wir haben durch die Entwicklung der Bauwirtschaft ein Minus von 10 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt gehabt. Dieses galt es zu kompensieren in anderen Bereichen und das, das müssen wir heute feststellen, ist noch nicht vollständig gelungen. Wir haben einen dramatischen Rückgang in der Bauwirtschaft, der leider auch im ersten Halbjahr dieses Jahres noch nicht abgeschlossen war, wobei ich jetzt sagen muss, man muss in der Bauwirtschaft vor allem bei Halbjahreszahlen immer ganz vorsichtig sein. Da spielt auch das Wetter eine Rolle und der Winter war nun in dem Jahr, wie er war. Bis Mitte März konnte nicht gebaut werden. So kamen dann tatsächlich auch Überzeichnungen zustande, ohne dass es hier irgendetwas zu beschönigen gibt.
Der zweite Punkt, der beim Strukturwandel eine wesentliche Rolle spielt, ist der öffentliche Dienst. Der öffentliche Dienst geht ins Bruttoinlandsprodukt ein, und zwar mit den Lohnkosten für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Im letzten Jahr wurden vier Prozent der Beschäftigten abgebaut. Das ist eine Forderung, die allge
weniger Personal im öffentlichen Dienst. Aber wenn man vier Prozent Personal im öffentlichen Dienst abbaut, dann hat das natürlich Konsequenzen und Auswirkungen auf das Wachstum, auf das Bruttoinlandsprodukt. Dann kann man nicht so tun, als ob man das nicht gewollt hätte.
Der dritte Punkt, der wichtig ist dabei, ist der zweite Arbeitsmarkt. Auf dem zweiten Arbeitsmarkt haben sich ja einige Erscheinungen der seltsameren Art getan. Die CDU hatte, als es in den Wahlkampf 1998 ging, plötzlich den zweiten Arbeitsmarkt als Problemlöser entdeckt. Dann hatten wir im November 1998, auf dem Höhepunkt der Maßnahmen des zweiten Arbeitsmarktes, 62.000 Personen auf dem zweiten Arbeitsmarkt beschäftigt. Das hat den Wahlerfolg auch nicht gebracht, aber es waren 62.000 voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Jetzt im August 2003 waren es noch 15.000, das heißt, 47.000 solcher Stellen wurden abgebaut.
Nachdem Sie es zuerst aufgebaut haben, haben Sie anschließend gefordert, hier wieder abzubauen. Aber Sie wollen die Konsequenzen für Ihre Forderung nicht selbst übernehmen, da sagen Sie dann, da sind die anderen irgendwie schuld.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Die Langzeitarbeitslosenzahlen gehen nach oben und dann sagen Sie, die CDU ist schuld.)