Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

Aber darf ich die Frage beantworten?

(Heinz Müller, SPD: Das ist aber toll! Also Sie wollen den Ausschuss abschaffen, aber nur, wenn es den gibt, wollen Sie das prüfen.)

Meine Damen und Herren, bitte lassen Sie den Redner hier ausreden.

Herr Kollege Müller, wenn Sie mir eine Frage stellen wollen, dann geht man ans Mikrofon und tut das und dann ist es gut. Ich beantworte auch Ihre Fragen gern.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heinz Müller, SPD: Die Frage stelle ich Ihnen öffentlich.)

Sie wissen, dass ich neulich in Ueckermünde alle Ihre Fragen so erschöpfend beantwortet habe, dass alle gesagt haben, ach, warum fragt der Müller eigentlich. Aber lassen wir das!

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Noch mal, Herr Kollege!

(Heinz Müller, SPD: Sie haben eine gestörte Wahrnehmung.)

Ich würde Ihnen gerne jetzt mit einem tapferen Ja antworten,

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Entschuldigung, aber diesen Mut des tapferen Ja, nämlich zu einer Abschnittsgrenze, sagen wir, ab 30.000 Einwohner die Bauaufsicht voll oder zum Teil auf die Städte zu übertragen, hatten die beiden Arbeitsgruppen bisher noch nicht. Deswegen kann ich Ihnen nicht sagen, dass das, was wir Ihnen vorschlagen, nämlich jetzt die Ergebnisse der Arbeitsgruppen bis zum 31.12. umzusetzen, Ihr Petitum enthält.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Nur ich gehe mal davon aus, dazu bedarf es Gesetze. Und in diese, da bin ich sicher, davon gehe ich nicht nur aus, und in diese Gesetze können wir Ihren Wunsch reinschreiben, wenn er denn die Mehrheit des Landtages findet. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Leider sind die noch nicht so weit auf Landesebene.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Der Innenminister hat ja gerade erst mal einen Zwischenbericht vorgelegt. Ich kann doch nichts dafür, dass der nicht rüberkommt.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Gut. Damit danke schön, Herr Friedrich.

Meine Damen und Herren, ich bin damit auch am Ende meiner Ausführungen. Mein Antrag, unser Antrag …

(Zurufe von Jörg Heydorn, SPD, und Hans-Heinrich Jarchow, SPD)

Ich weiß, das tut weh, ist ja okay. Das tut weh, wenn einer mal in der Sache genau dahin will, wo Sie gar nicht hin wollen. Sie wollen ja gar nicht entscheiden. Sie wollen ja nur Grundsatzbeschlüsse fassen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Hans-Heinrich Jarchow, SPD – Zuruf von Bodo Krumbholz, SPD)

Meine Damen und Herren, mein Petitum ist ganz einfach: Fangen wir endlich mit der Verwaltungsreform an! Ihr Zögern und Zaudern hat uns wahnsinnig viel Geld gekostet, übrigens auch auf kommunaler Ebene. Es kostet uns ein wahnsinniges Geld, dass Sie nicht deregulieren, dass Sie nicht bereit sind, Gesetze auf den Tisch zu legen, die unsere Arbeit auf der kommunalen Ebene erleichtern. Das ist es. Und deswegen wäre ich Ihnen schon dankbar, wenn Sie diesem Antrag zustimmen könnten, denn dann ginge es wenigstens einen kleinen Schritt in diesem Lande voran. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Jäger.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf der Drucksache 4/1175. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist bei

Zustimmung durch die Fraktion der CDU, ansonsten Gegenstimmen durch die Fraktionen der SPD und PDS der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1175 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Erziehungsfunktion von Schule stärken, Drucksache 4/1182.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Erziehungsfunktion von Schule stärken – Drucksache 4/1182 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Polzin. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine etwas unkonventionelle Eröffnung. Ich merke gerade, ich werde alt und sehr dünnhäutig.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Zurufe aus der SPD: Nein! – Michael Ankermann, CDU: Ach, nicht! – Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Danke, hat geklappt.

Nein, aber der Hintergrund dieses etwas ungewöhnlichen Gedankens ist, ich muss ganz ehrlich bekennen, ich habe gelitten

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

seit Beginn der Sitzung unter dem Klima – nicht dem da draußen – und darunter,

(Rainer Prachtl, CDU: Sie brauchen bloß Vitamine, Frau Polzin.)

dass das, was wir hier teilweise uns gegenseitig antun, einen sehr engen kausalen Zusammenhang hat zum Thema, das wir Ihnen mit dem vorliegenden Antrag heute offerieren möchten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Thomas Schwarz, SPD: Sehr gut. – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Ich werde das in der Einbringung auch noch begründen. Ich habe ja nachher genügend Redezeit, um im Einzelnen auf den Antrag einzugehen. Aber zunächst geht es mir darum, deutlich zu machen, weshalb wir diesen sehr schultypischen Antrag hier im Plenum diskutieren wollen, weil – ich fasse das mal kurz vorweg – Schule in ihrer eigenen Funktion diese Aufgabe überhaupt nicht leisten kann, wenn die Gesellschaft täglich etwas anderes vorlebt,

(Beifall Ute Schildt, SPD)

wenn das, was Schule als Erziehung, als Wertevermittlung anbringen soll, da draußen ständig konterkariert wird.

Wir hier im Parlament sind nur ein Steinchen in diesem Puzzle. Es gibt da eine umfassende Aussage, die im Prinzip deutlich macht, wir erwarten von Schule, dass sie all das repariert, was draußen nicht funktioniert, was in vielen Elternhäusern nicht klappt und in der Erwachsenenwelt insgesamt schon gar nicht. Wir wundern uns darüber, dass die Jugendlichen dann mit dieser Gesellschaft nicht so zurechtkommen, wie wir uns das wünschen.

Was hört man aktuell, wenn es um Schule geht? Leider in der Regel nur die Skandale: tödliche Unfälle, Drogen,

Gewalt, völlig falsche Ernährung, Zunahme von Sportunfällen. Alles das wird dann sofort wieder fokussiert. Was ist da los in der Schule? Die soll es richten, möglichst einen Benimmunterricht einführen, damit wenigstens auch die geringsten Regeln des Anstandes noch mal vermittelt werden. Ich finde, das ist im Moment wirklich ein sehr trauriges Bild, was da insgesamt die Gesellschaft zulässt. Und darum geht es mir vor allem auch in diesem Antrag. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, auch in unserer eigenen Verantwortung, dieses können wir der Schule nicht allein überlassen, sie mit Forderungen überhäufen, aber ihr auf der anderen Seite das Instrumentarium nicht zur Verfügung stellen, damit sie diese Aufgaben lösen können.

Im Moment, denke ich, trifft aus Sicht eines engagierten Lehrers das Bild zu: Nimm den Teelöffel und schöpf die Ostsee aus! Das sind die Forderungen mit den Möglichkeiten der Umsetzung und ich meine, es ist 14 Jahre nach einem Umbruch in diesem Bildungssystem Zeit, eine ernsthafte Zäsur zu machen und aufzuhören, sich an einzelnen Punkten zu beharken, aufzuhören zu glauben, man könnte mit einzelnen Pflästerchen die Welt wieder in Ordnung bringen, und stattdessen gemeinsam einen ganzheitlichen Ansatz zum Thema „Bildung und Erziehung“ zu versuchen. Wir alle wissen, dass Bildung ohne Erziehung nicht möglich ist. Und nichtsdestotrotz vernachlässigen wir all die Meldungen, die da zusammen ein Bild signalisieren. Sie funktioniert flächendeckend gerade in den östlichen Bundesländern nicht, weil man zur Kenntnis nehmen muss, dass die Hauptaufgabe der Eltern hier bei uns in dem Maße nicht greift, weil Wertevorstellungen in dieser Umbruchphase völlig durcheinander gebracht wurden, weil es eine gesellschaftliche Orientierungslosigkeit gibt, die sich natürlich auch auf unsere Kinder abfärbend bemerkbar macht.

An der Schule kann einiges geregelt werden. Wir sind der Meinung, die rechtlichen Rahmenbedingungen sollten aber dringend dahin gehend überprüft werden, dass sie dem Erziehungsauftrag auch gerecht werden, und zwar nicht nur mit der verkürzten Schlagzeile, Kopfnoten ja oder nein, sondern generell die Überprüfung, welche Möglichkeiten überhaupt da sind, um die Erziehungsarbeit der Eltern zu unterstützen. Bekennen wir uns dann mal als Gesellschaft dazu, wenn Schule erziehen will, dass man auch eine gewisse Autorität wieder einbringen muss.

Das, was in den letzten Jahren über uns gekommen ist, sind ja im Prinzip nicht nur gesamtdeutsche pädagogische Maßstäbe, sondern ich würde das vielleicht mal für Westeuropa so bezeichnen. Das läuft im Grunde darauf hinaus, dass wir mit sehr viel Motivation rechnen, die aber nicht da ist, und ohne diese kommen wir an keiner Stelle weiter. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass die Behauptung zum Beispiel des VBE „Bildung geht den Bach runter“ eigentlich heißen müsste: „Erziehung geht den Bach runter“. Und die Konsequenz daraus ist, dass wir an den Schulen zunehmend weniger motivierte Schüler haben, dass es also sehr schwer gelingt, überhaupt Bildung als Wert wieder in diese Gesellschaft zu bringen, und allein daran krankt alles. Meine Behauptung, dass eine Klasse von 60 Schülern unter sehr schlechten Rahmenbedingungen sehr viel mehr und sehr viel schneller lernen kann, ist aus der Vergangenheit und aus anderen Ländern durchaus bewiesen,

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: 60? Haben Sie 60 gesagt? – Rainer Prachtl, CDU: 60?!)

Ja, 60 habe ich gesagt. Ich stelle mir mal so richtig die Nachkriegsklassen vor, wie sie so von der Generation unserer Eltern waren.