Protokoll der Sitzung vom 24.06.2004

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

denn gerade dort sind allergene Reaktionen vorrangig und die Umweltmedizin ist ein kleines Pflänzlein im Land. Wir sehen, dass es Potenzen in den Gesundheitsbereichen in allen Gliederungen gibt, aber auch in der Tourismusbranche, in Ernährungswirtschaft und Hotellerie, überall sind Synergien möglich. Eines ist Voraussetzung, dass durch die enge Verflechtung der Angebote eine hohe Transparenz in der Kostentragung darstellbar sein muss. Das bringt Akzeptanz! Und deshalb, Herr Glawe, schlagen wir vor, dass in das Kuratorium auch die Kostenträger im traditionellen Gesundheitswesen als Selbstverwaltung auf diesem Gebiet, da läuft nicht alles im Sozialministerium,

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Karsten Neumann, PDS)

als Selbstverwaltung reinkommen,

(Harry Glawe, CDU: Aber die Aufsicht liegt beim Sozialministerium.)

damit sie sagen können, wo sind die Grenzen, und nicht Angst haben und fragen: Was macht ihr denn da?

(Harry Glawe, CDU: Es geht doch nur darum, dass das Sozialministerium gleichberechtigt beteiligt wird. Das ist doch wichtig.)

In dem Kuratorium sind viele Köpfe, viele Ideen gefragt und das Angebot geht hier an die CDU. Sie haben es dem Antrag entnommen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich denke nicht, dass Ihr Änderungsantrag hilfreich ist, hier Prozentzahlen festzuklopfen.

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU: Doch. Nur, das haben wir vom Wirtschaftminister so übernommen. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Über Arbeitsplätze, denke ich: „Nachtigall, ich hör dir trapsen!“ 2004, 2005 wollen wir den ordentlichen Schub hier für das Gesundheitswesen geben und Sie wollen 2006 pingelig anfangen, hier Prozentzahlen abzurechnen, und zwar ob dann im Wahlkampf etwas gekommen ist oder nicht. Machen Sie jetzt mit und stimmen Sie dem Antrag zu! Sie sind dabei! Bringen Sie sich mit Ihren Ideen ein! – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall Ute Schlidt, SPD, Karsten Neumann, PDS, und Peter Ritter, PDS – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das machen wir doch!)

Danke schön, Frau Dr. Bunge.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön, Herr Heydorn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Meine Damen und Herren von der CDU!

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin sehr zufrieden und freue mich ausdrücklich darüber, dass wir dieses wichtige Thema Gesundheitswirtschaft, dieses für unser Land so wichtige Thema gemeinsam voranbringen wollen.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Gleichwohl gedenken wir heute als SPD-Fraktion, Ihren Antrag abzulehnen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Schade.)

und zwar aus zwei Gründen. Wir sind auf der einen Seite nicht damit einverstanden, dass die Ziffern 3 bis 6 unseres Antrages gestrichen werden. Ich möchte auf ein paar Widersprüchlichkeiten in Ihrem Antrag hinweisen: Unter Ziffer 2 Punkt 3 führen Sie aus „hoher Gestaltungsgrad der Akteure in Mecklenburg-Vorpommern innerhalb der freien Wirtschaft“. Und weiter hinten kommt eine Summe, und zwar Steigerung von Arbeitskräften in diesem Segment von 10 bis 15 Prozent. Wenn man auf der einen Seite der Wirtschaft die Sache überlässt, ist es natürlich auf der anderen Seite schwierig, Planzahlen vorzugeben, in welchem Umfang Arbeitskräfte, Arbeitskräftepotential gesteigert werden soll. Insofern werden wir den Antrag heute ablehnen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Schade.)

freuen uns aber auf die gemeinsame Zusammenarbeit.

Hier ist gerade das Thema noch einmal rausgearbeitet und etwas prononciert worden, sind wir im wirtschaftlichen Bereich oder sind wir eher im Bereich des sozialen Gesundheitswesens. Also wohin soll die Reise gehen? Ich denke, darauf kommt es an.

Ich bin vor ein paar Wochen mit einem Kollegen in Berlin zum Hauptstadtkongress Gesundheitswirtschaft gewesen. Da gab es eine Runde, die das sehr stark unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten diskutiert hat. Im Rahmen dieser Podiumsdiskussion ist von großen Klinikbetreibern Folgendes gefordert worden. Die haben gesagt, holt das Thema Gesundheitswirtschaft endlich raus aus den Sozial- und Gesundheitsministerien, denn a) ist es Wirtschaft und b) ist es Verbraucherschutz. Ich denke, die Wahrheit liegt also in der Mitte. Dort, wo wirklich Wettbewerb besteht, und zwar in großen Zentren und dergleichen, kann man dieses Thema meines Erachtens nach der Wirtschaft überlassen. Aber da, wo es auf das platte Land geht, wo es wirklich in die Fläche geht, wo in einem schwach strukturierten Land Menschen zu versorgen sind, wird das mit dem Überlassen der Wirtschaft nach meinem Dafürhalten eine schwierige Geschichte.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ausgehend von der nüchternen Analyse, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Arbeitslosigkeit nach wie vor zu hoch ist, ist es das Thema Gesundheitsland und insbesondere das Thema Gesundheitswirtschaft wert, dass der Landtag sich dazu positioniert. Das machen wir heute und das finde ich gut so. In Mecklenburg-Vorpommern sind im Mai dieses Jahres die Arbeitslosenzahlen zum sechsten Mal in

Folge unter den Zahlen des Vorjahresmonats geblieben. Dieses Ergebnis allein vermag einen noch nicht zufrieden zu stellen. Es gibt aber Anlass zur Hoffnung, denn nicht in allen Bundesländern gibt es solche Entwicklungen.

Für die Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern zeigt dieser Silberstreif, dass es keinen Grund zur Resignation gibt. Diese Zahlen sind nach wie vor als Aufforderung zu verstehen, dass die Landespolitik noch intensiver für günstige Rahmenbedingungen für die Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung tätig werden muss. Dies kann durch zukunftsfähige Infrastrukturmaßnahmen und neue Leitprodukte geschehen. Dafür müssen vorhandene Potentiale profiliert werden und das bedeutet konkret für den Bereich der Gesundheitswirtschaft:

1. Wir müssen die vorhandenen Stärken und Kompetenzen deutlicher und besser sichtbar machen und kommunizieren. Das Standortmarketing muss weiter verbessert werden. Ich denke, hier geht die Initiative „MV tut gut.“ in die richtige Richtung.

2. Durch einen Benchmarkingprozess muss von erfolgreichen Regionen gelernt werden.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

3. Die Schwachpunkte der Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern müssen nicht nur identifiziert werden, sondern es müssen sichtbare Signale für noch mehr Effizienz und Zukunftsorientierung gesetzt werden.

4. Mecklenburg-Vorpommern muss an den vorhandenen Kompetenzen ansetzen, Leitbranchen und Wirtschaftscluster definieren und zukunftsweisende Projekte umsetzen. Ein Leitmotto hierfür könnte zum Beispiel sein „Leben und arbeiten, wo andere Urlaub machen“.

5. Zukünftig müssen noch stärker wachstumsstarke Zukunftscluster gefördert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wichtig ist also der Aufbau regionaler Innovationssysteme mit spezifischen Wirtschaftsclustern. In Mecklenburg-Vorpommern bietet sich dafür aufgrund der vorhandenen Potentiale an zentraler Stelle das Cluster Gesundheitswirtschaft an. Hier verfügt das Land bereits über erhebliche Stärken und ist bestens für die Zukunft gerüstet. Wir verfügen über intakte Naturlandschaften. Verstreut über das Land gibt es verschiedene Tourismusregionen, die alle in den letzten Jahren einen Boom erlebt haben, und die Ernährungswirtschaft sowie Segmente aus der Medizin, der Umwelt und Energietechnik bieten beste Voraussetzungen. Das Vorantreiben dieser Entwicklung kann eben nicht allein der Wirtschaft und den bislang in Bereichen der Gesundheitswirtschaft Tätigen allein überlassen werden. Politik darf sich hier nicht passiv verhalten, sondern muss den Diskurs inszenieren und schafft mit den beteiligten Partnern neue Perspektiven in den Regionen.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

So, wie es die Landesregierung bisher getan hat, sind wir auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, wir sind hier in Mecklenburg-Vorpommern bei dem Thema gut aufgestellt. Wir haben mit dem Doppelhaushalt 2004 und 2005 wichtige Grundlagen geschaffen. Wir dürfen nicht glau

ben, dass wir auf diesem Politikfeld alleine tätig sind. Die anderen Bundesländer weisen hierzu auch erhebliche Aktivitäten auf. Und wenn man beispielsweise einmal in Richtung unserer östlichen Nachbarn guckt, dort ist man auch dabei, das Thema Gesundheitswirtschaft sehr offensiv voranzutreiben.

Im Bereich Wellness, aber auch in den Hallenbädern und Kurorten gibt es im Land inzwischen Topeinrichtungen, die auch einen hohen Privatgästeanteil haben. Im Ernährungssektor verfügt das Land sowohl über regionale Spezialitäten als auch über eine wachsende Ökolandwirtschaft sowie Verflechtungen mit der wachsenden Tourismusbranche. Hinsichtlich der Kompetenzen im Bereich Wissenschaft und Forschung sind in der Gesundheitswirtschaft in den letzten Jahren mehrere Leuchtturmprojekte etabliert worden. Ich will hier nur an BioCon Valley erinnern.

Meine Damen und Herren, es ist ja schon gesagt worden, in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten zurzeit 57.000 Erwerbstätige im Bereich der Gesundheitswirtschaft. Diese Branche ist im Prinzip weiter auf Wachstum programmiert. Gleichwohl gilt es aber auch davor zu warnen, dass Wachstum und Beschäftigung in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft ein Selbstläufer sein werden. Wir müssen sie durch entsprechend ausgerichtete Entwicklungsstrategien in der Landespolitik fördern. Vor dem Hintergrund enger finanzieller Spielräume müssen Möglichkeiten für eine Überprüfung der bislang vorgenommenen Förderung genutzt und gegebenenfalls Korrekturen durchgeführt werden, um eine klare Standortstrategie nicht zu gefährden.

(Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Im Bereich der Gesundheitswirtschaft zeigt sich, dass die traditionelle Definition des Gesundheitswesens als Wohlfahrtssektor allmählich abgelöst wird. Es geht zukünftig um die produktive und wertschöpfende Gesundheitswirtschaft. Die Gesundheitswirtschaft ist schon heute eine heimliche Heldin des Strukturwandels in Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wenn die Gesundheitswirtschaft in ihrer erheblichen Wirtschaft und Dynamik unterstützt wird, liegt in der Entwicklung des vorhandenen Potentials eine große Chance für unser Land. Neben den klassischen Angeboten des Gesundheitswesens wie Krankenhäusern, Arztpraxen, Heilberufen, Apotheken, Gesundheitszentren oder Ambulanzen und stationären Einrichtungen ist insbesondere auf die neuen Entwicklungen im Bereich Wellness, gesundheitsbezogene Sport- und Freizeitangebote oder Gesundheitstourismus hinzuweisen.

(Harry Glawe, CDU: Richtig, Herr Kollege.)

Positive Entwicklungen sind auch erkennbar in der pharmazeutischen Industrie, Medizin, Biotechnologie sowie im Gesundheitshandwerk. Selbst in Bereichen wie denen der neuen Medien ist mit der Informations- und Kommunikationstechnologie ein großer Anwendungsbereich gegeben.

Mit den bereits erwähnten 57.000 Erwerbstätigen im Bereich der Gesundheitswirtschaft ist dieser Bereich nicht nur einer der größten Wirtschaftsbranchen des Landes, die Beschäftigen verfügen zudem über ein hohes Qualifikationsniveau und insbesondere Frauen bietet es zu

kunftsträchtige und qualifizierte Berufsmöglichkeiten, was für unser Land, denke ich, ein ganz, ganz wichtiger Aspekt ist.