Protokoll der Sitzung vom 15.09.2004

(Beifall Ute Schildt, SPD, Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Dazu gehört natürlich auch die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft.

(Beifall Klaus Mohr, SPD)

Dazu ist die Revisionsklausel – Herr Mohr ist darauf eingegangen, das brauche ich nicht mehr zu erläutern – eingeführt worden. Ich bin sicher, Frau Keler, da sind wir uns einig, dass im Zuge der Revision nicht nur die Fragen der Kosten und der Unterkunft diskutiert werden, sondern das gesamte Verfahren und die finanziellen Auswirkungen.

(Klaus Mohr, SPD: Richtig.)

Alles zusammen muss dort also ganz konkret beraten werden und das tun wir übrigens auch am Tisch von Wolfgang Clement, wo es im Einzelnen um diese Fragen geht.

Ich hatte ja gesagt, dass wir von Anfang an vertrauensvoll mit den kommunalen Landesverbänden zusammengearbeitet haben. Es haben zwei Konferenzen stattgefunden und hier sind viele Hinweise aus den Kommunen direkt gegeben worden. Diese Hinweise haben wir aufgenommen und berücksichtigt. Wir haben letztendlich einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, den sich die Koalitionsfraktionen zu Eigen gemacht haben und der sich sehen lassen kann. Ich bin der Überzeugung, dass wir damit in Mecklenburg-Vorpommern sowohl die rechtlichen als auch die finanziellen Voraussetzungen schaffen, damit dieses Hartz-IV-Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern ab 01.01.2005 auch umgesetzt werden kann.

Es gibt eine Reihe von prickelnden Fragen, die Sie, Herr Rehberg, ansprachen, die in der Öffentlichkeit und auch in den Konferenzen, die wir durchführten, diskutiert werden. Am Freitag wird erneut eine Konferenz stattfinden, wo wir über die Arbeitsgelegenheiten sprechen werden. Es ist jetzt hier nicht der Rahmen und die Zeit, das im Einzelnen darzustellen. Letztendlich sind aber zwei Träger verantwortlich, und zwar die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen. Das Land hat eine vermittelnde und koordinierende Aufgabe. Und wenn es um das Personaldelta in Mecklenburg-Vorpommern geht, und zwar um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zukünftig in Arbeitsgemeinschaften, in den Kooperationsmodellen arbeiten werden, dann wollen wir auch – und das haben wir unter anderem mit der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur beredet –, dass Landesbedienstete hier ihre Tätigkeit aufnehmen. Wir wollen nicht nur Personal aus den Kommunen delegieren, die haben natürlich Priorität in diesen Arbeitsgemeinschaften, sondern wir wollen auch, dass Kolleginnen und Kollegen aus der Landesverwaltung hier ihre Arbeit aufnehmen, um deutlich zu machen, das Land kann und das Land will einen Beitrag leisten, bevor Neueinstellungen tatsächlich vorgenommen werden können.

Wir sind letztendlich verwaltungsmäßig auf einem guten Weg. Die Schwächen und die Fehlkonstruktionen dieses Hartz-IV-Gesetzes, dieses Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen, bleiben. Ich werde auch künftig nicht mit an der Legende stricken, nach der Hartz IV ein richtiges Gesetz ist, das nur falsch verstanden und falsch kommuniziert wird.

(Beifall Peter Ritter, PDS)

Ich meine, gerade für den Osten ist es ein falsches Gesetz. Ich kann verstehen, dass Menschen auf die Straße gehen und ihren Unmut über dieses Gesetz sehr deutlich machen. Ich möchte drei Beispiele nennen. Ob sie nun im Januar 2004, Herr Rehberg, schön öffentlich gemacht wurden oder jetzt in die Diskussion kommen, das sei doch einmal dahingestellt, aber letztendlich habe ich Wolfgang Clement und andere Kollegen, die dafür in den Ländern zuständig sind, gefragt, warum denn dieser Unterschied entschieden wurde, 331 Euro oder 345 Euro Ost und West. Warum dieser Unterschied?

(Angelika Gramkow, PDS: Genau.)

Es ist nicht erklärt worden. Die einzige Erklärung ist eben eine Mathematik, um also die finanzielle Belastung entsprechend gering zu halten, und das, obwohl die Warenkörbe für diesen Personenkreis in Ost und West gleich sind. Ich möchte als Beispiel anführen, dass der Discounter Aldi nun nicht zwischen Aldi Ost und West teilt, sondern er teilt nun einmal zwischen Aldi Nord und Süd.

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

Und deswegen, glaube ich, ist es absurd, was tatsächlich auch auf der Agenda steht. Wir brauchen hier eine klare Nachbesserung!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Die Nachbesserung, die ich eingebracht habe, sind 400 Euro Regelsatz, wohl wissend, Herr Mohr, das will ich Ihnen auch sagen, dass die europäische Definition für Armut bei 800 Euro liegt. Damit sollte man sich einmal auseinander setzen, um diesbezüglich auch seine Argumentationen zu überprüfen.

Zweiter Punkt. Es wird immer gesagt, dass Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger besser gestellt werden. Ja, es ist richtig, der Regelsatz wird im Osten von 282 Euro auf 331 Euro angehoben.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aber im gleichen Atemzug fallen die vielen Einmalzahlungen weg,

(Beifall Gabriele Schulz, PDS – Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

andere als die, die Herr Mohr hier aufgezählt hat. Diese sollen jetzt die Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger ansparen. Ich frage Sie: Wer spart denn hier an für Winterkleidung und für Schuhe? Lesen Sie doch die „Schweriner Volkszeitung“, dort ist ein entsprechendes Beispiel durch einen Leserbrief dargestellt worden! Wir brauchen hier also ganz klare Verbesserungen.

Dritter großer Komplex: Es ist niemandem zu erklären, dass diese Mehraufwendungen (1-Euro-Jobs) bei den Arbeitsgelegenheiten nicht angerechnet werden, aber bei einer Tätigkeit bis 400 Euro, 85 Prozent dessen, was dort verdient wird, angerechnet wird.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS – Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

Das ist nicht nachvollziehbar und auch hier muss nachgebessert werden, ansonsten wird die Schwarzarbeit nicht bekämpft, sondern die Schwarzarbeit gefördert. Deswegen brauchen wir hier eine Nachbesserung.

Viertens. Ich möchte Ihnen sagen, dass der Vertrauensschutz im Zusammenhang mit der 58er-Regelung bestehen bleiben muss. Hier steht Politik im Wort!

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Es kann nicht sein, dass in der Vergangenheit, gerade in den neuen Ländern, viele Menschen, die über 58 Jahre sind, regelrecht gebeten und gedrängt wurden zu unterschreiben, dass sie hier auf die Arbeitsvermittlung verzichten, und zwar in der Überzeugung, dass sie dann mit diesem Arbeitslosengeld auch in die Rente gehen. Jetzt auf einmal bekommen sie den Antrag, wo ihnen deutlich gemacht wird, dass sie ab 01.01.2005 von der Sozialhilfe leben müssen. Das kann nicht sein!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Deswegen ist hier angesagt, nachzubessern.

Meine Damen und Herren, daher bin ich der Überzeugung, Hartz IV wird uns nicht nur heute und auch nicht nur in den nächsten 14 Tagen beschäftigen, Hartz IV wird uns in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen, und zwar nicht nur, weil die Revisionsklausel enthalten ist, sondern weil es eine grundlegende Veränderung in der Bundesrepublik Deutschland hervorrufen wird. Es wird nicht nur die Menschen betreffen, die heute den Antrag haben, die ihn möglicherweise noch nicht abgegeben haben, dazu kann ich nur nach gründlicher Beratung sagen, bitte die Anträge abgeben, damit es dann auch zu einer rechtzeitigen Bearbeitung kommt.

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

Letztendlich geht es darum, die Voraussetzungen zu schaffen, damit diejenigen, die einen Leistungsanspruch ab 01.01.2005 haben, diesen auch erfüllt bekommen, sowohl die Leistungen nach Arbeitslosengeld II und die Leistungen für die Kosten der Unterkunft. Beides gehört zusammen. Deswegen bin ich der Meinung, dass man sich zum einen, denn es gehört zusammen, sehr intensiv mit diesem Gesetz und seinen Wirkungen auseinander setzt und auf der anderen Seite sehr wohl deutlich macht, dass es richtig ist, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Landkreise und kreisfreien Städte in Mecklenburg-Vorpommern handlungsfähig sind, damit diese Leistung pünktlich und zuverlässig ausgezahlt wird.

Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie bei aller politischen Polemik, bei allem politischen Streit, den wir auch weiter führen müssen und den wir auch weiter führen sollen, bitten, in Bezug auf das Landesausführungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern zügig und konstruktiv zu beraten, damit wir sagen können, zum 1. Oktober 2004 sind die Voraussetzungen in Mecklenburg-Vorpommern geschaffen, damit die Kommunen und die Agentur für Arbeit handeln können, damit dann zum 01.01.2005 Leistungen, Kosten der Unterkunft und das Arbeitslosengeld II selbst ausgezahlt werden können, damit dieser Rechtsanspruch tatsächlich auch umgesetzt werden kann. Ich freue mich, davon gehe ich aus, dass wir in den Beratungen in den

Ausschüssen und in den Anhörungen konstruktiv im Interesse derer zusammenarbeiten, die diese Leistung dann ab 01.01.2005 beanspruchen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat noch einmal ums Wort gebeten für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Rehberg. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten!

Herr Minister Holter, ich frage mich, warum Sie diese Nachbesserungen, die Sie heute einfordern, nicht im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zu Hartz IV eingebracht haben. Wenn ich mich richtig entsinne und wie ich weiß, gibt es nicht nur den Vermittlungsausschuss, es gibt die entsprechenden Fachausschüsse im Bundesrat, wo diese Dinge behandelt werden. Letztendlich ist es ja am 19. Dezember 2003 ein Paket geworden. Wo haben Sie denn damals gesessen, als es um 345 und 331 Euro ging? Wo haben Sie damals gesessen? Und da bin ich ganz bei Ihnen, denn bei den über 58-Jährigen sehe ich das als ein wesentliches Problem an. Wo haben Sie damals gesessen? Wo haben Sie Ihren Mund aufgemacht? Jetzt, ein dreiviertel Jahr später, nach der Verabschiedung ist das leicht, sich hier hinzustellen und zu sagen: Erstens, zweitens, drittens, siebtens, da will ich Korrekturen und Nachbesserungen haben. Wo sind Sie damals Ihrer Pflicht als Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern nachgekommen und haben diese Forderung eingeklagt? Das wollen wir wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Angelika Gramkow, PDS: In der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, da können Sie es nachlesen. Da waren sich doch alle einig aus allen Ländern, dass es so nicht geht.)

Sehr geehrte Frau Kollegin Gramkow, wenn ich es richtig weiß, Frau Ministerin Keler mag mich jetzt gerne korrigieren, hat dieses Land im Vermittlungsausschuss insgesamt dem Kompromiss zugestimmt und sich erst im Bundesrat enthalten.

(Angelika Gramkow, PDS: Im Vermittlungsaus- schuss wird nicht abgestimmt, das wissen Sie. Sie kennen das Verfahren, Herr Rehberg. Erzählen Sie hier nicht was anderes!)

(Rainer Prachtl, CDU: Volkspartei ist Volkspartei. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

(Angelika Gramkow, PDS: Rechtsstaat ist Rechtsstaat! – Rainer Prachtl, CDU: Und Volkspartei ist Volkspartei!)

Herr Minister Holter, einen Vorwurf von Ihnen muss ich ganz entschieden zurückweisen, denn Sie haben hier behauptet, die CDU hätte bewusst dafür gesorgt, dass Hartz IV letztendlich als Optionsmodell erst am 9. Juli dieses Jahres verabschiedet werden konnte. Hören Sie auf, hier politische Lügen in die Welt zu setzen!

(Angelika Gramkow, PDS: Na, na! – Peter Ritter, PDS: Na, na, na, na, na!)

Tatsache ist Folgendes: Ich muss Ihnen sagen, nach dem Gespräch mit Ihnen am 24. August 2004, was das Thema optieren betrifft – ich habe Ihnen das auch gesagt, dass ich sehr skeptisch, sehr kritisch bin –, nachdem ich mir Gedanken gemacht habe über die Arbeit dieser Arbeitsgemeinschaften, habe ich sehr viel Verständnis für die gefunden, die sich überlegt haben, ob sie denn nicht optieren wollen, und zwar sehr viel Verständnis.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)