Ich habe den Eindruck, die Landesregierung geht davon aus, Gesetzentwürfe werden so durch das Parlament verabschiedet, wie sie eingebracht werden. Sie werden einfach durchgewunken. Anhörungen von Sachverständigen verkommen zu reinen Formalien, denn die Hinweise und Vorschläge finden keine angemessene Berücksichtigung, siehe KiföG. Gleichzeitig entstehen durch
die vermeidbaren Sondersitzungen aber auch zusätzliche Ausgaben für den Steuerzahler, die man leicht hätte einsparen können.
Schließlich möchte ich die Frage stellen, weshalb Herr Minister Holter ein Landesausführungsgesetz zum SGB II im September 2004 einbringen konnte und Frau Ministerin Dr. Linke hingegen für das Landesausführungsgesetz zum SGB XII mehr als zwei Monate für die Vorbereitung braucht.
Dabei wurden das SGB II und das SGB XII, ich nenne nur das Stichwort Hartz IV, zum selben Zeitpunkt auf Bundesebene verabschiedet. Vor diesem Hintergrund erachte ich es als zweckmäßig, dass beide Landesausführungsgesetze in einem großen Paket im September 2004 durch den Landtag hätten beraten und verabschiedet werden müssen. So haben wir nun aber heute einen Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Landesgesetzen an das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch, das Zweite Buch Sozialgesetzbuch und, man höre und staune, das Zuwanderungsgesetz auf der Tagesordnung. Es bleibt nun abzuwarten, welchen Korrekturbedarf die öffentlichen Anhörungen im Sozialausschuss des Landtages ergeben werden.
Die CDU-Fraktion wird daher für die Überweisung in die zuständigen Ausschüsse stimmen, damit wir einigermaßen noch den Zeitrahmen einhalten können. Ich bin davon überzeugt, dass zum 1. Januar 2005 das vor Ort in den Landkreisen nicht umgesetzt werden kann, weil die Zeitschiene eigentlich verpasst ist. – Danke schön.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
ich kann es ja verstehen, dass Sie hier herumkritisieren müssen, aber Sie widersprechen sich ein bisschen selbst. Auf der einen Seite sagen Sie, eigentlich steht da nichts drin, damit muss man sich nicht beschäftigen,
Wenn da aus Sicht der CDU-Fraktion nichts drinsteht, womit man sich beschäftigen muss, dann kommt das heute, denke ich, gerade rechtzeitig. Und ich sage, das Ministerium ist letztlich darauf angewiesen, die Dinge so einzutakten, dass sie vernünftig in den Arbeitsablauf hineinpassen. Über eines sind wir uns doch im Klaren, nämlich dass das Ausführungsgesetz zu Hartz IV eine andere Dimension hat als das Ausführungsgesetz zum SGB XII.
Aber jetzt noch einmal zum Hintergrund: Das Bundessozialgesetz ist aus dem Jahr 1972 und läuft zum 31. De
zember 2004 aus. Das hat die Ministerin umfangreich ausgeführt. Damit geht eine erhebliche Entlastung der örtlichen Sozialverträge einher, denn die örtlichen Sozialhilfeträger haben in der Vergangenheit immer die Belastungen für die erwerbsfähigen Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt gehabt. Von dieser Last werden sie befreit. Und das SGB XII, auch das hat die Ministerin ausgeführt, löst das Bundessozialhilfegesetz ab, also in das SGB XII werden das Bundessozialgesetz und das Gesetz zur Grundsicherung überführt. Das sind Dinge, die geregelt werden. Es gibt ein paar Passagen, die im SGB XII einer landesrechtlichen Untersetzung bedürfen.
Das Thema Zuständigkeit ist angesprochen worden, das Thema Verteilung der Bundesmittel für die Finanzierung der Grundsicherung ist angesprochen worden und ein paar andere Dinge mehr betreffs der Kompetenzen auf der kommunalen Ebene. Und es sind letztendlich, da gehe ich mit Herrn Schubert völlig konform, Dinge enthalten, die von uns allen problemlos hier akzeptiert werden können. Deswegen kann ich auch nicht kritisieren, dass der Gesetzentwurf heute zur Ersten Lesung hier vorgelegt wird, und möchte Sie bitten, dem zuzustimmen. – Danke schön.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Koplin. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anpassung von Landesgesetzen an Bundesrecht ist in einem föderalistischen Staat ein völlig üblicher Vorgang. Und, Herr Schubert, der Verweis auf das KiföG geht insofern daneben, weil wir es hier mit einer Folgeregelung zu tun haben und nicht mit einer Regelung, die noch einmal in die Substanz des KiföG eingreifen würde.
Mit Verweis auf diesen üblichen Vorgang könnte ich es dabei bewenden lassen und darum bitten, in der Tagesordnung fortzufahren. Der PDS ist es jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, was hier insgesamt vorgeht. Die BRD ist mitten im Prozess des Umbaus der sozialen Sicherungssysteme. Wir haben das Thema heute in der Aktuellen Stunde gehabt.
Und, Herr Kollege Backhaus, ich will Ihnen da gerne abnehmen, dass Sie ein Streiter für den Erhalt des Sozialstaates sind. Ich persönlich komme nur angesichts der gegenwärtigen Entwicklung zu einer anderen Auffassung. Ich meine, die BRD entwickelt sich von einem Sozialstaat mit Wettbewerbscharakter zu einem Wettbewerbsstaat mit sozialen Überbleibseln.
In diesem Kontext steht auch das SGB XII. Warum eigentlich wurde das bewährte Bundessozialhilferecht zum SGB XII umgestellt? Natürlich ist es sinnvoll, das Sozialhilferecht in die Reihe aller anderen sozialen Gesetzgebungen zu stellen. Aber es geht hier nicht um einen formalen Akt. Bisher war den Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern die uneingeschränkte Inanspruchnahme arbeitsmarktpolitischer Instrumente verwehrt. Das ändert sich, weil für sie ab 1. Januar 2005 de facto das Arbeitslosenrecht gilt. Die PDS hat sich immer gegen die strukturelle Diskriminierung erwerbsfähiger Sozialhilfeempfänger gewandt. Die Frage ist, zu welchem Preis die Veränderungen für die Betroffenen selbst geschehen.
In der Einschätzung hierzu möchte ich mich beziehen auf Stellungnahmen zum SGB XII, nicht aus PDS-Kreisen, sondern von Richtern am Bundesverwaltungsgericht. So schreibt Professor Berlit in seiner Einschätzung zum SGB XII, er ist kein PDS-Mitglied, erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger werden unverhältnismäßig in der durch Artikel 2 Grundgesetz geschützten Vertragsfreiheit beeinträchtigt. Es gebe, so wörtlich, den „Zwang zur... Selbstunterwerfung“. Der Bundesverwaltungsrichter Rothkegel, ebenfalls noch nicht PDS-Mitglied, schreibt, eine soziale Ausgrenzung der Betroffenen sei nicht ausgeschlossen, die aber toleriere das Grundgesetz nicht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie auf drei Punkte der Drucksache 4/1404 besonders aufmerksam machen:
Erstens enthält sie den Hinweis, dass die Grundsicherung im Alter nunmehr Bestandteil des Sozialhilferechts sein wird. Ich darf daran erinnern, dass die Bundesregierung 2003, also vor reichlichen zwölf Monaten, das Grundsicherungsgesetz gerade mit der Begründung eingeführt hat, dass es sich bei der Grundsicherung ausdrücklich nicht um Sozialhilfe handeln würde, also abgegrenzt werden müsse. Wie ist das zu bewerten? Nunmehr nimmt die Bundesregierung den Schleier von allen bisherigen Absichtserklärungen. Sie zeigt jetzt, was sie unter Grundsicherung schon immer verstand – Sozialhilfe.
Zweitens gibt es in der Drucksache den Verweis auf das Flüchtlingsaufnahmegesetz. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber nach dem Sozialhilferecht auch weiterhin 35 Prozent weniger Unterstützung bekommen. Das ist fernab des Existenzminimums, wie es die Europäische Union definiert. Sie spricht von einem Existenzminimum von 627 Euro. Hinzu kommt eine mit der unseligen Agenda 2010 einhergehende verstärkte Konkurrenz zwischen Migrantinnen und Migranten und Deutschen. Die wenigen Verdienstmöglichkeiten führen zur allgemeinen Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas und zu Alltagsrassismen. Und ich denke, das spüren Sie auch. Eine solche Entwicklung läuft den Bemühungen der Regierungskoalition in Mecklenburg-Vorpommern um eine sich positiv verändernde Migrationspolitik zuwider.
Drittens gibt es in der Begründung der Drucksache den Verweis auf die Sicherung des Lebensunterhalts. Ich möchte nur einmal zu Protokoll geben, weil wir heute schon bei Armut per Gesetz waren, dass ein Sozialhilfeempfänger monatlich 19,86 Euro für Telefon und Fax zugebilligt bekommt. Bei einer Grundgebühr von 18 Euro kann er ganze drei Minuten telefonieren. Für die Anschaffung von Möbeln und Haushaltsgeräten, Apparaten et cetera stehen 26,48 Euro zur Verfügung. Da muss die Waschmaschine schon 15 bis 20 Jahre halten. Wohl dem, der noch eine WM 66 zu Hause hat! Und wer einmal den Schlüsseldienst in Anspruch nimmt, ist gleich über Monate verschuldet.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich belasse es bei diesen Beiträgen und bei diesen Beispielen. Mit unserer Zustimmung zur Beratung des Landesausführungsgesetzes legitimieren wir nicht den bundespolitischen Hintergrund dieses Gesetzes. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Es hat noch einmal um das Wort gebeten der Abgeordnete Herr Schubert von der Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Heydorn, ich muss noch einmal auf Ihre Ausführungen – aber leider ist er nicht mehr im Raum – kurz eingehen.
Ich habe nicht gesagt, dass in dem Gesetz nichts drinsteht. Ich habe mich beschränkt auf die zeitliche Schiene. Wir als CDU wollen nicht immer als Bösewichte dastehen, deswegen warten wir die Anhörung ab. Ich denke einmal, das ist demokratisch. Die Anhörung sagt aus, wie man vor Ort mit diesem Gesetz umgehen will, wie man damit umgehen kann. Und das warten wir ab, nicht wie andere, die in der Anhörung sagen, das bringt nicht viel, und haben vorher schon ihre Entscheidung getroffen. Das dazu.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf der Drucksache 4/1404 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsvorschlag einstimmig gefolgt.
Vereinbarungsgemäß rufe ich nun auf den T a g e s o r dnungspunkt 12: Wahl des Landesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 29 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz des Bürgers bei der Verarbeitung seiner Daten, hierzu den Wahlvorschlag der Fraktion der PDS auf Drucksache 4/1401 sowie den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU auf der Drucksache 4/1412.
Wahl des Landesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 29 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz des Bürgers bei der Verarbeitung seiner Daten (Landesdatenschutzgesetz – DSG M-V)
Wahlvorschlag der Fraktion der PDS: Wahl des Landesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 29 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz des Bürgers bei der Verarbeitung seiner Daten (Landesdatenschutzgesetz – DSG M-V) – Drucksache 4/1401 –
Wahlvorschlag der Fraktion der CDU: Wahl des Landesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 29 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz des Bürgers bei der Verarbeitung seiner Daten (Landesdatenschutzgesetz – DSG M-V) – Drucksache 4/1412 –
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor wir zur Wahl kommen, gestatten Sie mir noch einige Hinweise.
Nach Paragraph 29 Absatz 2 des Landesdatenschutzgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern wählt der Landtag ohne Aussprache den Landesbeauftragten für den Datenschutz mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder für die Dauer von sechs Jahren. Nach dieser Vorschrift sind die Fraktionen des Landtages vorschlagsberechtigt. Auf den Drucksachen 4/1401 und 4/1412 liegen Ihnen die entsprechenden Wahlvorschläge der Fraktion der PDS und der Fraktion der CDU vor.
Nach Artikel 32 Absatz 4 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit Paragraph 93 Absatz 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung findet in der Regel bei Wahlen geheime Abstimmung statt. Sie erfolgt durch die Abgabe von Stimmzetteln.