Protokoll der Sitzung vom 10.03.2005

Aber das ist etwas, was wir nicht nur nicht wollen, sondern wo wir der Überzeugung sind, das können wir uns angesichts der Situation, in der wir uns befinden, überhaupt nicht mehr leisten. Es geht nicht um Reförmchen

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig. Das hat ja auch niemand gesagt.)

und es geht nicht um Herumwerkeln an Kleinigkeiten, sondern es geht um die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Reform unserer öffentlichen Verwaltung,

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

und das ist ohne einen Eingriff in die kommunale Gebietsstruktur so nicht machbar.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ein Verzicht auf eine solche Veränderung der Gebietsstrukturen hätte weitere Nachteile. Ich will hier nur drei Punkte nennen:

Ich glaube, dass wir tatsächlich – und so ist es auch im Beschluss vom Mai 2004 zum Ausdruck gebracht worden – zu einer Einheit von Planen, Entscheiden, Durchführen und Kontrollieren kommen müssen. Das heißt aber auch, dass wir die Planungsebene in unserem Land in den Blick bekommen müssen, und da fallen im Moment die unmittelbar gewählten demokratisch legitimierten Körperschaften und die Planungsinstanzen auseinander. Die sind nur mittelbar demokratisch legitimiert. Hier würde ich gern zu einer Übereinstimmung kommen.

Ein weitergehendes Argument ist für mich ein zentrales. Wir haben Selbstverwaltungsaufgaben, die in größeren Strukturen sicher besser, sicher kostengünstiger erledigt werden könnten. Hier stecken erhebliche Potentiale für Synergieeffekte und hier müssen wir solche Sparpotentiale nutzen.

Und ein letzter Punkt. Wenn wir auf eine solche von mir gewollte tiefgreifende Funktionalreform verzichten, dann hat das natürlich Auswirkungen darauf, welche Strukturen bei der Landesverwaltung, welche Landesämter dann noch bestehen bleiben, und gerade hier sehen wir doch übereinstimmend einen erheblichen Handlungsbedarf.

Also, meine Damen und Herren, lassen Sie uns nicht an Symptomen herumkurieren, sondern lassen Sie uns das machen, was die CDU in ihrem Präambeltext im ersten Satz sagt!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Da heißt es nämlich: „Die Zukunft des Landes Mecklenburg-Vorpommern erfordert eine grundlegende Reformierung der öffentlichen Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern.“ Ja, meine Damen und Herrn, absolute Zustimmung, aber diese grundlegende Reformierung der öffentlichen Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern muss als ein Gesamtprojekt verstanden werden und nicht auf die Landesebene beschränkt bleiben, auch nicht auf

die kommunale Ebene beschränkt bleiben, sondern muss die Verwaltung insgesamt in den Griff bekommen und zu vernünftigen und zukunftsfähigen Strukturen führen. Dann wird ein Schuh daraus, und das bitte ohne Tabus

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, ohne Denkverbot.)

und ohne Denkverbote.

Also, meine Damen und Herren, könnte ich zu dem Ergebnis kommen, wir müssen den Antrag der CDU differenziert betrachten. Bei drei Punkten könnte man sagen: Gut, da kann man zustimmen, nichts Neues. Bei einem Punkt könnte man sagen: Ablehnung. Allerdings will ich hier nicht verhehlen, dass wir beim Thema Gebietsreform – wir greifen ja in verfassungsmäßig garantierte Rechte kommunaler Selbstverwaltungskörperschaften ein – eine erhebliche rechtliche Hürde haben. Wir müssen einen solchen Eingriff sehr sorgfältig begründen. Ich glaube, dass wir dazu in der Lage sind. Ich glaube aber, dass all das, was wir hier gesagt haben und was ich ausgeführt habe, im Grunde genommen Arbeitsauftrag des Sonderausschusses ist. Bei der Umsetzung des Konnexitätsprinzips werden wir im Sonderausschuss, so, wie wir das in anderen Fällen auch tun, natürlich ein außerordentlich waches Auge darauf haben und werden gucken, dass wir dies tun. Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, Stärkung des Ehrenamtes, das werden Dinge sein, bei denen wir uns im Grundsatz einig sind und uns im Detail, hoffe ich, konstruktiv streiten werden, wie wir dieses umsetzen. Kreisgebietsreform, Veränderung der kommunalen Strukturen, eine sehr sorgfältige Begründung, das ist Aufgabe des Sonderausschusses und das werden wir als unsere Aufgabe auch erfüllen.

Und deswegen, meine Damen und Herren, weil das, was der CDU-Antrag hier macht, im Grunde genommen nichts anderes ist als eine Aufgabenbeschreibung des Sonderausschusses, schlage ich Ihnen in Übereinstimmung mit der PDS vor, dass wir diesen Antrag in den Sonderausschuss überweisen.

(Siegfried Friese, SPD: Richtig.)

Wir werden uns über die einzelnen Fragen, die hier punktweise angesprochen worden sind, in den nächsten Monaten sehr ausführlich und sehr nachhaltig im Sonderausschuss unterhalten. Aber wir brauchen für die Zukunft unseres Landes in der Tat eine grundlegende Reformierung der öffentlichen Verwaltung. Ich erwarte, dass die Landesregierung uns hierfür im Frühsommer eine Vorlage vorlegen wird. Der Innenminister hat dieses angekündigt.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Und dann, meine Damen und Herren, ist es Zeit, diese Vorlage zu beraten und an dieser Vorlage – das ist unser Selbstverständnis als Parlament – gegebenenfalls auch Veränderungen vorzunehmen. Aber dabei werden wir das, was hier formuliert ist, sozusagen daneben liegen haben, und zwar vielfach, weil es gar nicht neu ist, sondern weil es die alte Überzeugung aller Fraktionen ist. Wir werden es daneben liegen haben und ich bin überzeugt, wir werden am Ende ein Gesetz bekommen, das diesen Ansprüchen, die wir alle auch im Sonderausschuss gelegentlich formuliert haben, gerecht wird und in der Tat einen wichtigen Schritt für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes bringt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Angelika Gramkow, PDS)

Danke schön, Herr Müller.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Dr. Jäger. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Siegfried Friese, SPD: Aber nicht so poltern! – Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ja, nicht so poltern, Herr Friese, das habe ich mir auch vorgenommen, denn wir müssen an diesem Punkt – und ich glaube, da gibt es, wie Herr Müller gesagt hat, nicht nur im Ausschuss, sondern bei allen drei Fraktionen in diesem Hause Konsens –, ob wir wollen oder nicht, zusammenarbeiten. Wir müssen eine vernünftige Verwaltungsreform für dieses Land, und zwar gemeinsam schaffen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Siegfried Friese, SPD)

Wenn es überhaupt einen Sinn gemacht hat, in einer so kurzen Frist bei den kommunalen Gebietskörperschaften die Möglichkeit einzuräumen, Stellungnahmen abzugeben, dann ist doch die heutige Sitzung eigentlich der Punkt, wo wir erst einmal ein Dankeschön sagen müssen.

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

Danke für die viele Arbeit, die man sich da vor Ort gemacht hat!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich will gar nichts zuspitzen, aber die Qualität, ich habe sehr wenig bisher gesehen, aber das, was ich gesehen habe, zeigt, dass man sich auf der kommunalen Ebene sehr viel realistischer mit dem, was man kann, was geht und was sinnvoll ist, auseinander gesetzt hat als der Regierungsentwurf. Das muss ich leider sagen. Über den diskutieren wir im Grunde auch nicht mehr, weil der Innenminister gesagt hat, er wird grundlegend überarbeitet.

Übrigens, Herr Müller, der Sinn unseres Antrages ist genau der, und das wissen Sie auch ganz genau, bis auf den Punkt, bei dem Sie sagen, Sie sehen das ganz anders, nämlich bei der Kreisgebietsreform. Darüber reden wir mal, ob wir das wirklich so unterschiedlich sehen.

(Heinz Müller, SPD: Gerne.)

Aber bis auf diesen Punkt ist es dringend erforderlich, dass wir als Landtag für die jetzt kommende Überarbeitung des Gesetzentwurfes auch noch mal deutlich sagen, was denn unsere gemeinsamen Ziele sind. Und das ist für mich auch die Qualität einer Diskussion, wenn wir, wie ich gehört habe, und wir stimmen dem gern zu, die Verweisung in die Ausschüsse geben, das heißt in unseren Sonderausschuss. Dann bedeutet das sehr konkret, dass wir diese Ziele als Landtag hier noch mal ganz deutlich unterstreichen, weil der Gesetzentwurf – da hat Frau Kollegin Schulz vollkommen Recht, ich sage das jetzt mal vorsichtig, damit sich keiner ärgert – die Ziele nur sehr unvollkommen abgebildet hat. Da sind wir uns, glaube ich, einig. Die Stellungnahmen sind da härter.

Meine Damen und Herren, es ist aber auch dringend nötig – und deswegen erspare ich mir jetzt wirklich billige Polemik, um zu sagen, haben wir ja gleich gesagt –, dass wir denjenigen, die von Anfang an fixiert waren auf eine Vierkreise-, dann notfalls Viereinhalbkreise- und schließlich auf die Fünfkreiselösung, die Möglichkeit geben, noch einmal den Weg zurück zur Realität zu finden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Und diese Hoffnung habe ich wirklich sehr. Es war und es ist für uns alle auch ein Stück peinlich im Sonderausschuss, wenn dauernd die Paradigmen gewechselt werden. Das geht nicht. Das geht schon verfassungsrechtlich nicht, weil unsere Protokolle, da wir öffentliche Sitzungen haben, die frei zugänglich sind für jeden, der das will, auch verwendet werden können, auch als Munition in Rechtsstreitigkeiten gegen gesetzliche Regelungen. Meine Damen und Herren, hier ist einfach mehr Seriosität und mehr Nachdenklichkeit angebracht und ich hoffe, die bekommen wir jetzt hinein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Mein Angebot an den Innenminister ist, dass ich sage – und das ist sehr ehrlich gemeint –, wenn man sich einmal verrannt hat, dann ist das menschlich. Es wird aber nicht besser, wenn man meint, alle sagen, der Weg geht andersherum, und man geht weiter und behauptet, das sei konsequent.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Das ist nicht konsequent, das ist töricht und falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Im privaten Bereich können wir uns törichtes Verhalten deswegen leisten, weil jeder dafür selbst eintreten muss. Dann muss er eben dafür haften und wer zweimal gegen die gleiche Wand läuft, der ist vielleicht doch nicht ganz so intelligent. Zu dem Bereich, um den es hier geht, in dem Sie beide gesagt haben, es geht um das Schicksal unseres Landes, hat der Innenminister ja auch gesagt – die künftige Generation hat er hier zitiert –, es ist alles richtig, aber da geht es nicht um Rechthaberei.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Da geht es darum, wenn ich merke, so kann ich mit den Beteiligten nicht umgehen, so bekomme ich keine Zustimmung, gerade auf der Ebene, über die wir hier reden, dann muss ich in Gottes Namen noch einmal zurückblicken und sagen, wir fangen gemeinsam neu an.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist der tiefere Sinn unseres Antrages.

Ich bin Ihnen auch sehr dankbar, dass Sie nicht – auch Sie nicht, genauso, wie ich versucht habe, das zu vermeiden – in die billige Polemik gekommen sind, einzelne Sätze herausgezogen und gesagt haben, das machen wir doch alles schon. Nein, vielen Dank, liebe Kollegen, ich merke hier eine doch sehr große Ernsthaftigkeit.