Protokoll der Sitzung vom 20.04.2005

Herr Minister, das ist ganz genau das, was Sie uns vorgehalten haben nach dem Motto „Wünsch dir was!“ Natürlich, wenn ich Geld geschenkt bekommen kann, nehme ich das lieber, als wenn ich sage, Sie leihen mir das nur. Vor allen Dingen, wenn ich es von Ihnen geliehen bekomme, weiß ich, weil Sie ja den Landesgesetzen verpflichtet sind, wird es wieder zurückgefordert. Aber wenn ich das Geld nicht habe, um es zu verschenken, und es nur verleihen kann, dann muss ich es zum Kuckuck noch mal tatsächlich als Darlehen ausreichen, was noch den schönen Nebeneffekt hat. Aber wie gesagt, das werden wir Ihnen morgen noch mal im Einzelnen erläutern.

Dass damit auch der erschreckenden Eigenkapitalschwäche unserer Unternehmen wirksam begegnet werden kann – und das ist genau die Voraussetzung –, dafür, das überhaupt eine Bankenunterstützung möglich ist in diesem Land, auch das hilft nicht weiter, wenn wir hier nur auf die Banken schimpfen und immer sagen, die sind in der Kreditvergabe sehr zögerlich. Das ist alles richtig. Aber wenn ich diesen Zustand konstatiere, dann muss ich

mich doch auch fragen, ob ich etwas daran ändern kann. Und das kann ich nur, wenn ich seitens der Politik mich so verhalte, dass die Banken in die Lage versetzt werden, sich dem Kreditwesengesetz entsprechend zu verhalten und dann auch Kredite auszureichen.

Das heute von Ihnen hier noch einmal vertretene regionale Förderprogramm bringt unser Land nicht voran und schafft keine neuen Arbeitsplätze. Es gibt auf die drängenden Fragen und Probleme keine Antworten. Und deshalb, das hat der Vorsitzende vorhin in seiner ihm eigenen, sehr korrekten vornehmen Art bereits vorgetragen, haben wir uns nicht nur im Ausschuss als CDU-Fraktion ausnahmsweise einmal nicht in der Lage gesehen, mit den Koalitionsfraktionen eine gemeinsame Beschlussempfehlung zu machen, sondern haben ausdrücklich gesagt, dieses regionale Förderprogramm ist noch eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Wirtschaftspolitik, und deshalb lehnen wir es ab und können die von Ihnen erbetene Zustimmung leider nicht erteilen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS die Abgeordnete Frau Dr. Bunge. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alljährlich, fast unscheinbar, kommt es daher, das regionale Förderprogramm für Mecklenburg-Vorpommern. Aber dieses Jahr platzt die Unterrichtung in eine heiße politische Debatte, eine Debatte, die weitreichend ist. Die Unterrichtung soll uns Programm für die Förderung sein, für die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe, sei es nun die zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur oder die zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes, diese beiden wiederum immer im Kontext zu Mitteln des Europäischen Strukturfonds.

Der große Rahmen für die GA-Förderung, nämlich die räumliche Abgrenzung in A- und B-Fördergebiete, die Fördersätze von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft generell sowie die kleinen und mittleren Unternehmen im Besonderen sind in der Unterrichtung bis 2006 festgeschrieben, zum Teil fortgeschrieben. Da aber Zuwendungen der GA-Förderung zum Teil erst in den Folgejahren zur Auszahlung kommen, vermischt sich die Debatte nicht hier und heute, wie das eben Gesagte beweist, mit der Neuausrichtung der EU-Strukturfonds 2007 bis 2013. Ja, wir stehen vor neuen Herausforderungen, nicht nur durch das absehbare Auslaufen der Fördermittel, sondern auch durch die demographische Entwicklung und die Entwicklung der EU wie der Weltwirtschaft insgesamt.

In die Diskussion um das Aussehen Mecklenburg-Vorpommerns im Jahre 2020 greift meines Erachtens die Debatte um die Aufteilung der Mittel viel zu kurz. Wenn wir nun schon den Mut haben, länger als vier Jahre zu denken, dann brauchen wir auch Strategien, die dann aber mit einem langen Atem verfolgt werden müssen. Und dabei darf es kein „Weiter so!“ geben. Die Unterrichtung zeigt, welche gewaltigen Summen geflossen sind, seit der Wende über 5 Milliarden Euro allein in die Wirtschaftsförderung und die dafür notwendige Infrastruktur. Haben wir damit den Strukturwandel bewältigt? Über 165.000 Arbeitsplätze sind durch diese Förderung entstanden und trotzdem ist die Arbeitslosigkeit unverändert hoch. Es ist

eine Binsenwahrheit mittlerweile, dass strukturschwache Regionen, unbestritten ist Mecklenburg-Vorpommern eine solche, auf Innovationen setzen müssen, und das mit aller Konsequenz. Gut ist, dass die Technologie- und Innovationsförderung extra ausgewiesen ist, aber nur ergänzend mit insgesamt 22,5 Millionen Euro in 2005. Reicht das? Sichere Jobs kommen nur durch eine enge Verbindung mit Forschung und Entwicklung.

(Wolfgang Riemann, CDU: Deswegen streichen wir den Hochschulen auch ein paar Stellen.)

Wir können in der Niedriglohnkonkurrenz nicht mithalten, insbesondere nach dem Beitritt der zehn neuen EUMitgliedsstaaten. Das heißt aber auch im Umkehrschluss, dass alle Ansiedlungen, die kopierbar, die verlagerbar sind, nämlich noch weiter gen Ost, nur Scheinerfolge sind. Außerdem senken Arbeitsplätze als verlängerte Werkbank nur das Lohnniveau Mecklenburg-Vorpommerns weiter. Wir kommen mit der Kaufkraft nicht aus dem Knick und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen bei den einheimischen kleinen und mittleren Unternehmen, bei den Handwerkern sinkt weiter. Und die Fördermittel sind über kurz oder lang weg. Eine Strategie also, die Investoren mit günstigen Fördermodalitäten ins Land locken will und den Blick allein auf das Versprechen von Arbeitsplätzen setzt, kann schwerlich Strukturen schaffen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Investoren müssen kommen wollen, weil sie zum Profil Mecklenburg-Vorpommerns passen und nebenher noch gute Rahmenbedingungen vorfinden, wie ein vorbereitetes Ansiedlungsgebiet, hochqualifizierte Arbeitskräfte und eine effektive Infrastruktur. Strukturbestimmende Gewerbeentwicklungen finden sich bevorzugt im vorliegenden Förderprogramm unter den Ausnahmen an die Arbeitsplatzbindung der Fördergelder. Das ist gut, aber reicht das? Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie es um die Innovationskraft unserer Unternehmen in der Breite steht. Schlecht, sehr schlecht!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Während in der Bundesrepublik insgesamt die Wirtschaft eine Forschungsintensität – diese drückt sich im Anteil der FE-Ausgaben am BIF aus – von 1,8 aufweist, sind das in Mecklenburg-Vorpommerns Unternehmen ganze 0,2. Zwar liegen bei uns die öffentlichen Ausgaben dafür, also für Forschung und Entwicklung, unter anderem bei den Hochschulen höher als im Bundesgebiet, nämlich bei 1,0 statt 0,8 im Bundesdurchschnitt, aber insgesamt fallen wir mit 1,2 gegenüber 2,6 hinten herunter. Und das ist kein typisch ostdeutsches Problem,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

denn die neuen Länder erreichen insgesamt 2,5 und 2,6. Das ist ein spezifisches, nicht unbedingt, aber auch hausgemachtes Problem Mecklenburg-Vorpommerns.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das sollten wir übrigens auch bei der Uni- und Hochschuldebatte beachten. Diese darf nicht allein demographisch determiniert geführt werden.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Hochschulpolitik ist auch Wirtschaftsentwicklung und Wirtschaftspolitik ist auch Innovationsentwicklung. Wenn die Bundesregierung, wie am Montag bekannt wurde,

jetzt einen Innovationsfonds als Public Private Partnership für die Umsetzung von Erfindungen schafft und die EUKommission mit dem Siebten Forschungsrahmenprogramm für 2007 bis 2013 ihre Forschungsausgaben faktisch verdoppelt, wird Mecklenburg-Vorpommern davon nur möglichst viel abfassen, wenn unser eigener Innovationsrahmen stimmt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig!)

Kräfte zerstreuen geht nicht. Wir müssen uns entscheiden und unsere Mittel konzentrieren. Das behaupten viele. Was versteht die PDS darunter? Die Wirtschaftsfachleute denken, dass die Landesregierung in der verbalen Bestimmung der Entwicklungsrichtung Mecklenburg-Vorpommerns schon ganz richtig liegt.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Ich denke dabei insbesondere an den Bericht des Wirtschaftsministeriums, der unter dem Titel „Wirtschaftspolitik für Mecklenburg-Vorpommern“ folgende Wachstumsfelder benennt: als Industriezweige mit Potential die Ernährungsindustrie, die Maritime Industrie, die Holzindustrie und auch die Metall- und Elektroindustrie. Dazu kommen Wachstumspole: Biotechnologie und Medizintechnik, Informations- und Kommunikationstechnologien, regenerative Energiegewinnung, Tourismus und Gesundheitswirtschaft. Doch fließen die Fördermittel konzentriert dorthin? Dass die Unternehmen sich allein danach richten, dass die Wirtschaft allein ihre Kernbereiche schafft, wie Sie, Herr Wirtschaftsminister, meinen, das bezweifeln wir,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr wahr.)

zumindest nicht im nötigen Tempo und nicht in der erforderlichen Qualität.

Nehmen Sie doch den Berg von Anträgen, der trotz der im Programm genannten Einschränkungen beim LFI liegt. Dieser Berg wird täglich höher, er wächst. Nicht einmal die Fördermittel von Ihnen und die des Arbeitsministeriums zusammen würden ausreichen, diesen Berg zu bedienen. Es muss also ausgewählt werden und da kann weniger mehr sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und PDS)

Wirtschaftspolitik heißt auch, das behaupten alle, Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu gehört für uns auch zu regulieren, zum Beispiel mit Fördermitteln gezielt ein Leitbild ansteuern und dafür Hard- und Software zu schaffen, und zwar mit EFRE und mit ausreichenden ESF-Mitteln. Das hat nichts mit Planwirtschaft à la Staatssozialismus zu tun. Jedes Monopolunternehmen plant heute detaillierter, wie wir es einst in der DDR taten.

(Angelika Gramkow, PDS: Das stimmt, diese Pläne kannte man nicht.)

Nur müssen wir es angesichts des Strukturwandels nach der Wende und unter den neuen Herausforderungen der Zukunft auch makroökonomisch tun.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Der größte Teil der Fördergelder von 2005 und 2006, immerhin jeweils über 230 Millionen Euro allein an GAMitteln und Investitionszulagen, müsste in die Wachstumspole fließen. Innovation zu befördern heißt nicht, nur den

unmittelbaren Forschungs- und Entwicklungsakt zu unterstützen, sondern Branchenpflege über einen längeren Zeitraum. Wachstumspole sind natürlich nichts Statisches, das sehen wir ja an der Holzwirtschaft direkt vor meiner Haustür in Wismar. Ein kleinerer Teil der Fördergelder kann ja auch querbeet eingesetzt werden, aber bitte schön nicht in vermutlich bald Flüchtendes.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ein positives Beispiel für ein derartiges Herangehen ist im dargelegten Förderprogramm das Thema Konversion. Wie wichtig für die Kalkulation der betroffenen Gebietskörperschaften der Extrahaushaltstitel ist, sehen wir gerade in diesen Tagen angesichts der Weigerung des Bundes, sich hier direkt mit Geld zu beteiligen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich danke für den Hinweis.

Es geht meines Erachtens bildlich gesprochen darum: Töpfe für Wachstumspole könnten im Fördergeschehen mehr Klarheit schaffen. Lassen Sie uns gemeinsam einen längeren Diskussionsprozess darüber anzetteln! Ich denke, eine Umstellung ist nicht von heute an machbar, sie ist aber angesichts der Herausforderungen, vor denen wir hier in Mecklenburg Vorpommern und insgesamt in der Bundesrepublik und in Europa stehen, nötig. – Ich danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Schildt. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen bei diesem Tagesordnungspunkt über das regionale Förderprogramm 2005, darauf sind meine Vorredner und der Minister schon eingegangen. Wir haben uns in einer langen Diskussion im Wirtschaftsausschuss mit einem Paradigmenwechsel beschäftigt, die Hintergründe abgefragt und sehr umfangreich darüber diskutiert. Wir haben dieses Thema ganz bewusst nicht einfach zur Kenntnis genommen, sondern wir haben uns entschieden, Ihnen, liebe Kollegen, unsere Entscheidung noch einmal als Beschluss vorzulegen und dieses Thema heute an dieser Stelle noch einmal zu beraten.

Das regionale Förderprogramm, die Ausreichung von finanziellen Mitteln zur Infrastrukturförderung, aber auch zur gewerblichen Wirtschaftsförderung, sind nur ein Teil. Wir haben hier in den Berichten der Kollegen sehr viel über Wirtschaftsförderung im Allgemeinen gehört, und zwar nicht nur über die finanzielle. Es ist richtig, Wirtschaftsförderung ist ein Zusammenspiel verschiedener Ressorts und verschiedener Instrumente, das sind die Instrumente des EFRE, des ESF, des EAGFL, also der Strukturfonds insgesamt. Aber heute, meine Damen und Herren, sprechen wir über das regionale Förderprogramm und über die Gemeinschaftsaufgabe. Da befinden wir uns im zweiten, nein, im letzten Drittel einer Förderperiode, die bis 2006 reicht.

Wenn es um neue Vorschläge geht, Herr Dr. Born, wie Beteiligungen, wie revolvierende Fonds, wissen wir beide doch ganz genau, dass die Bedingungen für diese Förderperiode festgelegt worden sind, dass es einen Begleitausschuss gibt, der gehört wird, wenn wir etwas verändern wollen, und dass wir diesen Programmteil heute sehr schwer verändern können. Wir können uns sehr gerne an anderer Stelle im Wirtschaftsausschuss über die zukünftigen Strukturen der Fonds und über die künftigen Instrumente unterhalten. Ich denke, dazu sind alle drei Fraktionen bereit, und wir sind auch dabei, uns intern darüber zu verständigen. Ich bin aber ganz deutlich gegen eine Schelte auf dieser Strecke, doch die habe ich vernommen. Ich glaube, dass das Zusammenspiel der Kräfte viel besser läuft, als es allgemein wahrgenommen wird.

Investoren, die sich in unserem Land ansiedeln, oder junge Leute aus den Universitäten, die ihre Ideen umsetzen, brauchen neben finanzieller Kraft vor allen Dingen Know-how im Bereich der Beschäftigten. Sie brauchen qualifizierte Arbeitnehmer oder auch qualifizierte Ingenieure, die erst diesen Startschuss geben. Und hier fassen die Instrumente zusammen, hier ist der ESF mit den Instrumenten der Wirtschaftsförderung ebenso gefragt wie das Geld, was notwendig ist, um eine Firma zum Laufen zu bringen. Das ist eine Verzahnung, die wir brauchen, darüber müssen wir sprechen. Wir sollten da nicht schelten, sondern wir sollten gucken, wie diese Verzahnung noch besser gestaltet werden kann, und das sollten wir im Gespräch mit der Wirtschaft tun. Jeder von uns ist draußen in der Wirtschaft und hört, wie schwierig es häufig ist, die qualifizierten Arbeitnehmer zu finden, die sie brauchen. Das ist eine künftige Werbestrategie. Wir müssen nicht alles von Millionen, die weniger werden, abhängig machen. Frau Dr. Bunge hat von 5 Milliarden Euro in diesem Segment gesprochen. Das ist verdammt viel Geld. Und wenn wir ehrlich sind, ist doch auch ungeheuer viel passiert. Wir haben einen ungeheuren Strukturwechsel erlebt in unserem Land. Die Landwirtschaft hat in Größenordnungen Arbeitnehmer freigesetzt und die Bauwirtschaft strukturiert sich inzwischen nach einem ungeheuren Boom um. Das tut uns auf dem Arbeitsmarkt empfindlich weh.