Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Borchert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Born, der CDU-Antrag ist aus meiner Sicht ein wichtiger Beitrag zur aktuellen wirtschaftspolitischen Debatte, zur Zukunft der Wirtschaftsförderung und speziell der Unternehmensfinanzierung.
Wir müssen in dem Zusammenhang, da gebe ich Ihnen Recht, Herr Born, zwei Probleme zur Kenntnis nehmen, und zwar erstens gerade in Ostdeutschland die Eigenkapitalschwäche unserer Unternehmen und die großen Schwierigkeiten, die sie haben, bei notwendigem Zugang von Fremdkapital Bankkredite zu erhalten, und zweitens, dass wir vor allen Dingen langfristig in jedem Fall damit rechnen müssen, dass wir nicht nur einen drastischen Rückgang von Fördermitteln haben, sondern zukünftig auch langfristig den Wegfall von Fördermitteln und Wirtschaftssubventionen.
Vor dem Hintergrund dieser beiden Probleme ist es folgerichtig und insofern ist es auch völlig in Ordnung, dass Sie in Ihrem Antrag einen Beitrag leisten zur Frage: Inwiefern können wir zukünftig mit neuen Finanzierungsinstrumenten auf diese Probleme reagieren?
Sie haben in Ihrem Antrag sehr ausdrücklich auf revolvierende Darlehensfonds abgehoben. In Ihrem Redebeitrag sprechen sie von Beteiligungsfonds. Auch das ist in dem Zusammenhang natürlich zu diskutieren. Wir müssen als Finanzpolitiker hierzu Stellung beziehen und deutlich machen, dass wir uns davon versprechen, dass wir bei einer Umwandlung von verlorenen Zuschüssen und Ersetzen durch Darlehensfonds sowie durch den Rückfluss, und das wollen Sie ja auch, der durch Darlehen und Einnahmen erzielten Zinsen die Möglichkeit haben, die öffentlichen Haushalte langfristig zu entlasten. Insofern haben wir da Übereinstimmung, möglicherweise nicht nur bei den Finanzpolitikern, sondern auch zwischen Wirtschafts- und Finanzpolitikern.
In dem Zusammenhang ist es nicht überraschend, dass auch die Wirtschaftsverbände selbst dieses Thema für sich entdeckt haben. Sie haben ja aus der Pressemitteilung zitiert. Ich kann mich auch noch mal auf die Unternehmerverbände beziehen, die sich gestützt auf eine Umfrage bei ihren einzelnen Mitgliedsunternehmen eindeutig positioniert haben, indem sie die Umwandlung von verlorenen Investitionszuschüssen zu Darlehens- und
Beteiligungsfonds zumindest als Optionsrecht für Unternehmen fordern und darauf verweisen, dass verlorene Zuschüsse seitens der Hausbanken nicht als echtes Eigenkapitel anerkannt würden und somit die Gesamtfinanzierung vieler Vorhaben scheitern würde.
Und dann könnte ich noch hinzufügen: Vor einigen Tagen war zu lesen, dass die CDU/SPD-Koalition in Schleswig-Holstein ebenfalls im Koalitionsvertrag die Ergänzung der Wirtschaftsförderung insbesondere durch Darlehens- und Beteiligungsfonds vereinbart haben. Auch das passt zur aktuellen Debatte. Dort sind die Probleme ja inzwischen ähnlich gelagert wie bei uns.
Allerdings gibt es in dieser Debatte auch ernstzunehmende Gegenargumente und die muss man natürlich hier auch zur Kenntnis nehmen, Herr Born. Die sind Ihnen ja auch bekannt. Die haben Sie in Ihrem Redebeitrag, wie ich finde, etwas unterschlagen. Das ist einmal das Gegenargument, dass es möglicherweise im Standortwettbewerb Nachteile gibt, insbesondere für ostdeutsche Unternehmen, aber auch möglicherweise im Wettbewerb in Europa. Das führt unter anderem dazu, dass man sich im Planungsrat „GA-Förderung 2000“ darauf verständigt hat, diese Umstellungen abzulehnen.
Ich will nicht sagen, dass ich dieses Argument persönlich mittrage, ich will nur zur Kenntnis geben, dass es hier ernstzunehmende Gegenargumente gibt, mit denen man sich auseinander setzen muss.
Ein zweites Gegenargument möchte ich hier natürlich noch mal benennen, und zwar, dass Darlehen, auch eigenkapitalähnliche Darlehen, grundsätzlich natürlich kein Ersatz für echtes Fremdkapital sind, das heißt also keine echten Eigenmittel, und dass durch Darlehen natürlich der Kapitaldienst steigt und somit gleichzeitig die Rentabilität des Unternehmens sinkt beziehungsweise der Zeitpunkt, wann sie die Rentabilitätsschwelle erreichen, nach hinten verlagert wird.
Auch das ist ein ernstzunehmendes Gegenargument, ohne dass ich damit sagen möchte, dass ich dieses so teile. Ich will damit nur deutlich machen, die Thematik ist doch etwas schwieriger, als sie vielleicht dem einen oder anderen erscheint. Und insofern bleibe ich dabei: Der CDU-Antrag ist sicherlich ein guter Beitrag, insbesondere in den Punkten 1 bis 10, wo ja praktisch Ziele beschrieben werden, Charaktere beschrieben werden, auch praktische Umstellungsschritte. Alles dieses sind wichtige Diskussionsbeiträge, allerdings zum jetzigen Zeitpunkt aus meiner Sicht überhaupt nicht entscheidungsreif.
Bei der Ablehnungsbegründung des Antrages selbst möchte ich aber auf einen anderen Punkt verweisen, der für mich viel entscheidender ist. Die Ministerin hat das ja bereits angesprochen. Heute hier im Landtag eine Entscheidung zu treffen zur Verwendung der Nord/LB-Millionen, der 90 Millionen Euro, halte ich finanzpolitisch für mehr als fragwürdig und waghalsig. Ich möchte darauf verweisen, Herr Born, dass wir eine LHO Paragraph 63 Abschnitt 1 haben und wir dann in der Mai- und Junisitzung des Landtages definitiv entscheiden wollen und müssen über den Austritt aus der Nord/LB. Erst am
1 9. Juli wird der Staatsvertrag in Kraft treten und Ende 2006 beziehungsweise 2007 werden in zwei Tranchen 70 beziehungsweise 20 Millionen Euro zur Auszahlung kommen. Angesichts dieses zeitlichen Ablaufs halte ich den heutigen Zeitpunkt für den allerschlechtesten, um hier im Landtag zu entscheiden, wie 90 Millionen eingesetzt werden, die wir noch gar nicht haben.
Zweitens. Als Finanzpolitiker muss ich Ihnen natürlich auch sagen, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen kann – und da habe ich große Skepsis –, dass es im Interesse des Landes wäre, diese 90 Millionen Euro komplett einzusetzen für noch so gutgemeinte Wirtschaftsförderung, egal, mit welchem Instrument. Wir müssen uns natürlich die Frage stellen, in welchem ausgewogenen Verhältnis von notwendiger Schuldentilgung und Investitionen in die Zukunft unseres Landes wir die 90 Millionen einsetzen. Dazu brauchen wir noch einige Monate und, wie ich glaube, noch etliche Gespräche, sicherlich nicht nur zwischen den Koalitionsfraktionen, sondern auch in den Fachausschüssen. Ich meine, hier sind wir alle gefordert, die entsprechende Verantwortung für unser Land wahrzunehmen.
Insofern, meine Damen und Herren, bleibt mir – und Frau Keler hat es ja auch getan, ich will es ebenfalls versuchen –, mit einem Sprichwort zu argumentieren: Man kann das Fell des Bären bekanntlich erst dann verteilen, wenn er erlegt ist.
In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. Die SPD-Fraktion wird Ihren gut gemeinten Antrag ablehnen.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Caffier. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Frau Keler, ich schätze Sie als Finanzministerin und respektiere Ihre Haltung, wenn mich auch Ihre Ausführungen zu dem Tagesordnungspunkt etwas enttäuscht haben. Sie sind die Landesregierung, das ist korrekt. Wir alle gemeinsam sind der Landtag. Sie können Vorstellungen äußern, aber wir haben das Recht, auch eigene Vorstellungen einzubringen.
Zweite Bemerkung. Wenn Sie sich hinstellen und sagen, ihr könnt ja denken, was ihr wollt, aber wir werden euch zu gegebener Zeit einen Vorschlag machen, hört sich das so an, wie: Wartet mal, bis wir uns das ausgedacht haben, und dann habt ihr das abzusegnen! Ich glaube, das funktioniert so nicht. Und deswegen sollten wir
uns auch bei dem ganz konkreten Beispiel mal von der Betrachtungsweise trennen, der Antrag ist deswegen nicht weiter zu behandeln, oder darüber nachzudenken, weil er von der CDU kommt, genau so oft, wie die CDU gegebenenfalls das gleiche Ritual umgedreht macht.
Wir haben doch alle, glaube ich, ein gemeinsames Ziel, was hier vollkommen unstrittig ist: Arbeit, Arbeit, Arbeitsplätze schaffen! Das betrachtet sicherlich jeder unterschiedlich, aber die Zielstellung ist eine gemeinsame. Und deswegen sollten wir auch über mögliche Lösungsansätze gemeinsam diskutieren. Insofern freue ich mich, dass Kollege Borchert durchaus nachdenkenswerte Ansätze des Antrages aufgeführt hat. Ich wäre ja umsonst der dienstälteste Geschäftsführer aller Fraktionen in Deutschland, wenn ich nicht die Ohren auch ein bisschen in der anderen Fraktion hätte.
Und interessant heißt ja nicht von vornherein gleich, dass man es ablehnen muss. Wer behauptet eigentlich, dass wir sagen, das muss auf Teufel komm raus heute abgestimmt werden? Warum können wir nicht gemeinsam, wenn es denn zumindest ein interessanter Vorschlag ist, im Ausschuss darüber kreativ nachdenken, welche Möglichkeiten bestehen, ob das jetzt als gesamte Summe, ob das in Gänze sinnvoll ist, ob wir nur die Hälfte nehmen, ob wir das Geld überhaupt bekommen? Und wer hindert uns im Übrigen daran, im Vorfeld von gegebenenfalls möglichen Entscheidungen, nämlich der Rückzahlung des Geldes, Konzepte zu entwickeln, die dann beim Eintreten des Falles eben verwendet werden können? Beim Nichteintreten eines solchen Falles waren es kreative Ideen der Abgeordneten des Landtages, aber sie lassen sich nicht umsetzen.
Dass man als Finanzministerin in allererster Linie bemüht ist, den Haushalt zu konsolidieren, ist legitim. Und deswegen kann ich Ihre Haltung, Frau Ministerin, eindeutig nachvollziehen. Aber die Möglichkeiten, die wir haben, um mit Mitteln, die aus dem Erlös eines Verkaufs kommen, die dem Land zur Verfügung stehen, gegebenenfalls eigene kreative Ideen zu entwickeln, die dann auch so zum Tragen kommen, dass wir weder Bund noch Brüssel berücksichtigen müssen, ich glaube, die Chance wird in der Form so schnell nicht wieder kommen. Und es ist korrekt, was ich angesprochen habe, was die Tilgung betrifft, aber bei round about 10 Milliarden Euro Schulden derzeit –
die Schuldentilgung bei einem Zinssatz von circa vier Prozent – reichen die 90 Millionen mal gerade für ein Vierteljahr in etwa für die Zinsbedienung,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: So ist es. Richtig, Herr Caffier, genau richtig beschrieben!)
Ich möchte noch einige kurze Bemerkungen zu den Ausführungen meines Kollegen Born zu diesem Thema machen. Ich nehme für die Fraktion und mich in Anspruch, dass wir mit diesem Antrag natürlich in die Richtung zielen, Berufsgruppen zu bedienen, die es derzeit schwer am Markt haben, ein Darlehen oder überhaupt eine Form der Finanzierung zu erhalten. Für unsere Fraktion waren in diesem Zusammenhang zwei Prioritäten sehr klar: Zum einen sollte es keine konsumtive Verwendung geben und zum Zweiten sollten die Mittel nachhaltig zum Vorteil des Landes eingesetzt werden. Mit dem in unserem Vorschlag geplanten Mitteleinsatz werden wir nach unseren Überzeugungen beiden Leitsätzen gerecht.