Protokoll der Sitzung vom 26.05.2005

zuletzt der leider öffentlich ausgetragene Streit über Kompetenzen und Ziele der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zwischen Minister Ebnet und Minister Holter offenbart.

Zweitens. Meine Damen und Herren, gleiche Ursache, ähnliches Problem offenbart sich in den bestehenden Doppelzuständigkeiten im Politikfeld Tourismus. Der eine kümmert sich um die Infrastrukturförderung, der andere wiederum versucht sich ein bisschen an der Humankapitalförderung. Für das touristische Marketing wiederum interessieren sich beide. So gibt es Broschüren zum Tourismusmarketing für Denkmale und im Rahmen des Arbeitsmarkt- und Strukturprogramms, ASP, ein eigenes Aktionsprogramm Tourismus.

(Regine Lück, PDS: Ja, das ist auch richtig so. – Zuruf von Dr. Martina Bunge, PDS)

Gleichzeitig und unverzahnt wird das Landesmarketing wiederum vom Wirtschaftsministerium betreut. Die offensichtlich fehlende Verzahnung und Ausrichtung auf einen zielgerichteten Ausbau des Qualitätstourismus muss nun endlich beginnen! Die Bündelung der Ressourcen ist auch in diesem Fall der erste Schritt in eine bessere Zukunft.

Meine Damen und Herren, der dritte Punkt fasst Genanntes zusammen und fordert eine eindeutige Festlegung des Landtages, dass Arbeitsmarktpolitik auf Seiten der Landesregierung endlich als elementarer Bestandteil der Wirtschaftspolitik angesehen werden muss. Wirtschaft und Arbeit sind in diesem Fall nicht zwei Seiten einer Medaille, sondern ein und dieselbe Seite.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ein künstliches Auseinanderreißen dieses Politikfeldes offenbart die genannten Probleme. Ich hoffe deshalb inständig, dass die mir vom Hörensagen avisierte Kabinettsreform auch ein Jahr vor der Wahl noch genutzt wird, um zum Wohle des Landes die Politik zielgerichtet im Wirtschaftsministerium auf die Schaffung von Arbeitsplätzen im ersten Arbeitsmarkt auszurichten.

(Beifall Andreas Petters, CDU)

Über alle weiteren zu klärenden Fragen wird dann im kommenden Jahr oder vielleicht auch schon viel früher der Wähler entscheiden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: Das hoffe ich auch.)

Danke schön, Frau Strenz.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD Herr Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Petters, das hat an der Stelle nichts mit Ehre zu tun,

(Andreas Petters, CDU: Hochrangige Bearbeitung. – Peter Ritter, PDS: Ja, die SPD nimmt die Sache wenigstens ernst. – Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)

wobei ich gestehen muss, Frau Strenz, Sie haben sich ja nun wirklich Mühe gegeben, das will ich respektieren.

Wollen Sie nicht zuhören?

(Karin Strenz, CDU: Sie haben auch eine laute Stimme.)

Ich dachte, wir machen hier eine Debatte.

Frau Strenz, Sie haben sich ja Mühe gegeben und Sie machen das nicht so plump wie andere. Aber ich muss Ihnen sagen, dieses Kuscheln hier im Parlament oder dieser Versuch, zu Kuscheln mit uns, das funktioniert nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

In Wirklichkeit wollen Sie so ein bisschen den Spaltpilz hier reinhauen. Und deswegen: Ein Schelm, der Böses bei Ihrem Antrag denkt, weil letztendlich haben Sie ja nachher doch – ich versuche mal, den richtigen Begriff zu finden – die Maske fallen lassen. Das ist Ihre alte Leier von der Zusammenlegung von zwei Ministerien.

(Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: Die die 1.000 Arbeitsplätze schafft, ha, ha, ha!)

Ihr Hauptzielobjekt ist immer Wirtschaft und Arbeit. Wie gesagt, Sie haben es geschickt gemacht, aber der Wahlkampf lässt schon mächtig grüßen. Das war letztendlich Ihre Aussage.

Meine Damen und Herren, mit der Aussage, dass Arbeitsmarktpolitik elementarer Bestandteil der Wirtschaftspolitik ist – das ist von der CDU so gesagt word e n –, sprechen Sie uns aus dem Herzen. Das ist als Erstes einmal festzuhalten. Aber zweitens sprechen Sie als CDU der Arbeitsmarktpolitik die eigenständige Daseinsberechtigung ab.

(Regine Lück, PDS: Genau das ist es!)

Arbeitsmarktpolitik aber hat gerade in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit, das sollte auch Ihnen nicht verborgen geblieben sein, selbstverständlich ihre Berechtigung. Die SPD hat sich immer für eine aktive Arbeitsmarktpolitik stark gemacht und das wird auch in Zukunft so bleiben. Für die Frage der Berechtigung der Arbeitsmarktpolitik ist es eben nicht allein entscheidend, ob sie in einem einzigen Wirtschafts- und Arbeitsministerium durchgeführt wird oder in zwei verschiedenen Ministerien. Ich sage Ihnen, es bedarf eines Gleichgewichts von Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren, dabei ist es natürlich selbstverständlich, dass die Arbeitsmarktpolitik sehr eng mit der Wirtschaftspolitik verknüpft sein muss. Arbeitsförderung ist von Nutzen für die Wirtschaft, und zwar besonders dann, wenn die Arbeitsmarktpolitik das Potential des Einzelnen fördert, seine Qualifikation erhöht und damit eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt baut. Das weiß im Übrigen auch die Wirtschaft, deswegen engagiert sie sich in vielen Bereichen dort mit. Insofern kann ich Ihre Begründung, das Nebeneinander von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik erweise sich als Standortnachteil, überhaupt nicht nachvollziehen.

Und da möchte ich der Opposition hier im Hause auch auf die Sprünge helfen, wenn es denn noch funktioniert. In

Bayern und in Baden-Württemberg existieren auch nebeneinander ein Wirtschaftsministerium und ein Arbeitsministerium.

(Karin Strenz, CDU: Aber hier funktioniert es nicht.)

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein Standortnachteil für diese beiden Länder ist. Sie erzählen uns doch immer, von Bayern lernen heißt Siegen lernen. Also an der Stelle sieht das für uns dann ja schon mal ganz gut aus.

Um eine zielgerichtete Ausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente hin zum ersten Arbeitsmarkt zu erreichen, ist die Koordinierung selbstredend weiter zu verstärken und zu verbessern. Das bestreitet, glaube ich, niemand ernsthaft. Die Verzahnung von Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Strukturpolitik wird fortgeführt. Das ist nämlich ein permanenter Prozess. Aber wir wissen alle, angesichts hoher Arbeitslosigkeit braucht das Land auch weiterhin eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die insbesondere auf den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet ist. Aber gerade weil der erste Arbeitsmarkt noch keine ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten bietet, ist gezielte öffentlich geförderte Beschäftigung weiterhin in diesem Lande erforderlich.

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Barbara Borchardt, PDS)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns auch als Parlamentarier nichts in die Tasche lügen. Ich habe diesen Prozess seit 1990 – damals noch als Gewerkschafter – sehr intensiv mitbegleiten dürfen und müssen. Für Menschen, die auf Dauer kaum noch Chancen haben, in den ersten Arbeitsmarkt zu gelangen, muss doch sinnvolle Beschäftigung angeboten werden. Es ist doch besser, Arbeit anstatt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Regine Lück, PDS)

Das war eigentlich immer unstrittig.

In diesem Zusammenhang hat auch die SPD immer wieder Vorschläge gemacht zur Verbesserung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Ich denke da direkt an arbeitsmarktentlastende Maßnahmen und viele andere Dinge. Ich kann Ihnen also sagen, aktive Arbeitsmarktpolitik war und ist seit 1990 ein unverzichtbarer Begleiter des Strukturwandels in ganz Ostdeutschland, gerade auch in Mecklenburg-Vorpommern. Und – um da auch Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen – das galt im Übrigen auch unter den CDU-Ministerpräsidenten dieses Landes.

Meine Damen und Herren, unstrittig ist, denke ich mir zumindest, dass es in Ostdeutschland zu einem sozialen Kollaps gekommen wäre, wenn wir nicht im Wesentlichen auf aktive Arbeitsmarktpolitik zurückgegriffen hätten. Was dann in Ziffer 2 Ihres Antrages gesagt wird und was das anbelangt, so ist die Forderung, die Zuständigkeiten für touristisch relevante Bereiche zusammenzuführen, nichts Neues. Sie sind damit vor kurzem schon einmal hier im Landtag gescheitert, deswegen will ich mich darauf gar nicht groß fokussieren.

Um noch einmal auf den eigentlichen Kern Ihres Antrages zu kommen, denn die ersten beiden Ziffern sind im Grunde genommen nur Prosa: Sie fordern die Zusammenlegung von Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik in einem Ministerium. Diese Diskussion, und, meine Damen

und Herren, das sage ich ganz bewusst auch als Parlamentarier, ist hier letztendlich fehl am Platze. Wenn Sie an der Regierung wären, würden Sie mindestens genauso vehement dafür plädieren, dass eine solche Strukturentscheidung originäres Regierungshandeln ist. Und da haben Sie, Gott sei Dank und wahrscheinlich noch in langer Zeit, nicht mitzureden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Übrigens, und das will ich hier der Vollständigkeit halber auch einmal sagen, in der Mehrzahl der insbesondere auch von der Union regierten Bundesländer sind die Zuständigkeiten für Arbeit und Wirtschaft durch zwei Ministerien abgedeckt, das heißt also, werden getrennt gehandelt. Ich will einmal aufzählen: Baden-Württemberg, Wirtschaftsministerium und Arbeitsministerium; Bayern, Wirtschaftsministerium und Arbeitsministerium; Brandenburg, beides getrennt; Hessen, hier: Herr Koch, getrennt; Nordrhein-Westfalen, nach Ankündigung von Herrn Rüttgers wird das jetzt zusammengehörende Wirtschafts- und Arbeitsministerium getrennt in zwei verschiedene Ministerien;

(Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: So ist es.)

Schleswig-Holstein, getrennt; auch Rheinland-Pfalz gehört dazu. Nur Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und wenige andere haben das zusammen. Das heißt also, 9 von 16 haben es getrennt.

(Karin Strenz, CDU: Ja.)

Meine Damen und Herren, wie wir erfahren durften – Frau Merkel stellt ja schon ihr Schattenkabinett zusammen –,

(Heiterkeit bei Gabriele Meˇsˇt’an, PDS – Zuruf von Dr. Martina Bunge, PDS)

soll Herr Stoiber, und da bin ich doch ganz überrascht, das Ressort Wirtschaft übernehmen und, wenn ich das richtig lese, der Herr Müller aus dem Saarland soll das Ressort Arbeit übernehmen.