Protokoll der Sitzung vom 07.09.2005

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

dann gebe ich Ihnen den guten und dringenden Rat: Lassen Sie die Finger davon!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie bekommen niemanden davon überzeugt, dass dieses Einsparungen bringt, niemanden in Mecklenburg-Vorpommern. Solange Sie mit so diffusen Zahlen operieren, bekommen Sie niemanden und keinen überzeugt. Das Einmaleins scheint auch beim Kollegen Borchert nicht großartig ausgeprägt zu sein.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das wundert mich nicht.)

Kollege Borchert, dass Sie auf die Trickserei der Finanzministerin reinfallen, was die Verwendung der Nord/LB-Mittel betrifft, das wundert mich schon sehr. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, bekommen wir das Geld in zwei Raten, 70 Millionen und 20 Millionen. Und wenn ich das richtig gelesen habe, dann soll es einen Zukunftsfonds fünf Jahre mit je 6 Millionen Euro geben. Kollege Borchert, dann werden doch im ersten Jahr 64 Millionen Euro in 2006 zur Schuldentilgung genommen und im zweiten Jahr von den 20 Millionen bekommt der Zukunftsfonds 6 Millionen und dann gehen noch einmal 14 Millionen gleich zur Schuldentilgung weg. Das ist doch die Realität!

(Rudolf Borchert, SPD: Ihre Rechnung kann ich nicht nachvollziehen. Das kann ich nicht nachvollziehen.)

Es wird doch kein Sondervermögen gebildet, wo Zinsen oder irgendwelche anderen Dinge dann auflaufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum hat man hier nicht unseren Vorschlag ansatzweise mit in Erwägung gezogen? Es kann doch nichts Vernünftigeres geben – wenn sich der Ministerpräsident hier hinstellt und sagt, wir wollen Innovation, wir wollen Ausgliederung aus den Universitäten –, dass wir sagen: Lasst uns darüber reden, über das Wieviel, das kann man immer noch in Betracht ziehen, die 90 Millionen Nord/LB in eine Darlehensförderung insbesondere für innovative Unternehmen, die sich ausgliedern wollen aus den Universitäten und den Fachhochschulen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz klar und deutlich: Die Instrumentarien, die heute auf dem Tisch liegen, die führen überwiegend nicht dazu, dass es möglich sein wird, Ausgründungen zukünftig mit Basel II problemloser ins Auge zu fassen. Deswegen ist Ihr Ansatz der völlig falsche! Heute wäre es geboten, denn wir haben einen Abbau von 125.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den letzten sieben Jahren zu verkraften gehabt. Nicht die Arbeitslosenzahl ist die interessante Zahl, diese Zahl ist die interessante Zahl, und zwar wie viele Menschen sind in Mecklenburg-Vorpommern in Arbeit. Es waren vor sieben Jahren 620.000 und wir sind jetzt unter 500.000 gesunken. Das ist unser zentrales Problem. Es wäre deshalb richtig gewesen, diese 90 Millionen Euro oder einen Teil davon in einen revolvierenden Darlehensfonds einzubringen, um Ausgründungen zu ermöglichen, um hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Das wäre der richtige Weg gewesen und nicht einfach Schulden zu tilgen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluss noch einige Anmerkungen zu unseren Gegenvorschlägen. Es sind nur drei ganz simple Dinge.

(Heiterkeit und Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Jörg Heydorn, SPD: Sie wollen zwei Ministerien einsparen. – Rudolf Borchert, SPD: Erster Punkt.)

Erstens, die Ministerien.

(Rudolf Borchert, SPD: Einsparung 10 Millionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der geringste Betrag. Trösten Sie sich! Das ist der geringste Betrag, denn es sind 133 Millionen Euro kumulativ. Da können wir streiten, ab wann das voll gewirkt hätte. Das gebe ich zu. Da kann ich auch ablassen von der Zahl.

(Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD)

Warum nicht die sächlichen Verwaltungsaufgaben entsprechend der Stellenzahl sukzessive runtersetzen?

(Rudolf Borchert, SPD: Ach, der alte Hut!)

Zehn Prozent weniger, 1999 beginnend, das sind bei mir 245 Millionen Euro.

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist kein innovativer Vorschlag.)

Warum nicht im Bereich der Sachverständigengutachten? Ich weiß, dazu gehören auch Gerichtskosten, das ist mir klar. Da haben Sie fast eine Verdoppelung in sieben Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren, und zwar von 38 Millionen Euro auf rund 77 Millionen Euro.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Das würde eine Gesamtsumme zwischen 600 und 650 Millionen Euro erbringen, und zwar kumulativ. Meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es einen Grund, ich frage das gerade die Haushälter von SPD und PDS, die sächlichen Verwaltungskosten, obwohl Personal abgebaut worden ist, so dramatisch ansteigen zu lassen?

(Rudolf Borchert, SPD: Das gucken wir uns noch einmal genau an, das mit den Verwaltungsausgaben!)

Dafür gibt es, meine sehr verehrten Damen und Herren, überhaupt keine Begründung. Deswegen muss ich Ihnen sagen, dieser Doppelhaushalt ist Bilanz Ihres politischen Wirkens.

(Rudolf Borchert, SPD: Das hören wir jedes Jahr schon wieder von Ihnen.)

Der Haushalt 2007 gibt einen Ausblick darüber, was Sie zukünftig machen wollen:

Erstens. Es kann nicht sein, dass Mecklenburg-Vorpommern im Bereich der Bildung mit 3.900 Euro das wenigste Geld pro Schüler ausgibt, die Sachsen sind bei 4.300 und die Thüringer bei 5.000.

Zweitens. Es kann auch nicht sein, dass über die Zukunft dieses Landes, über Universitäten und Fachhochschulen eine ständige Debatte nach mittelalterlichen Grundsätzen geführt wird.

Drittens. Es kann aus meiner Sicht auch nicht sein, dass die konsumtiven Ausgaben in der Haushaltsstruktur insgesamt nicht weniger werden, dass die Investitionen

so rapide abgesenkt werden und letztendlich die Kommunen die Melkkühe dieser Landesregierung sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe von meiner Großmutter gelernt: Spare in guten Zeiten, damit du in der Not was hast! Sie haben in guten Zeiten nicht gespart und haben deswegen auch nichts in der Not. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler – Volker Schlotmann, SPD: Anhaltender Beifall. – Rudolf Borchert, SPD: Die CDU- Vorschläge waren echt dünn!)

Danke schön, Herr Rehberg.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin von der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte an den Redebeitrag des Kollegen Borchert anknüpfen. Er hat gesagt: Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker werden sich einbringen in die Diskussionen. Er hat mehr gesagt, aber unter anderem das. Und zum Einbringen: Kein Haushalt geht so aus der Diskussion heraus, wie er eingebracht wurde, und so werden wir auch im gesundheits- und sozialpolitischen Bereich faktisch jeden Posten auf den Prüfstand stellen. Es gibt Posten, die wir mit Stolz betrachten können, und es gibt Posten, die für uns eine Herausforderung sein werden. Mit Stolz betrachte ich zum Beispiel die Position, die wir seit Jahren für die Krankenhauslandschaft einnehmen.

(Harry Glawe, CDU: Das können Sie in Neustrelitz regeln. Neustrelitz können Sie noch regeln. Neustrelitz! Das machen wir dann beide zusammen, mit Frau Ministerin zusammen.)

Herr Glawe wird mir sicherlich Recht geben, dass wir es immer wieder als wünschenswert angesehen haben – das halte ich auch für beachtlich –, was sowohl von der Vorgängerregierung als auch in dieser Legislaturperiode geleistet wurde. Insbesondere ist sehr beachtlich, dass seit 1998 kein Krankenhausstandort geschlossen wurde.

(Harry Glawe, CDU: Ja, Neustrelitz können Sie noch machen. Das sage ich ja.)

Es ist viel Geld aus der öffentlichen Hand in die Krankenhausstandorte gegangen und von daher ist die Frage natürlich zwingend und logisch: Wie wirksam ist das eigentlich?

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und habe bestimmte Parameter untersucht, nicht die der streng ökonomischen, zum Beispiel der Gewinn- und der Ertragssituation der Krankenhäuser oder der Belegungszeiten, sondern solche Parameter, die für die Patientinnen und Patienten wichtig sind, wie zum Beispiel die Krankenhausdichte. Also wie rasch erreiche ich eine stationäre medizinische Versorgung? Wie steht es um die Behandlungsintensität der Ärztinnen und Ärzte? Wie viel Zeit und welche Ressourcen im Umfeld hat ein Arzt, um sich mir als Patient zu widmen? Wie sieht es mit der Pflegeintensität aus? Wie viele Pflegerinnen und Pfleger stehen zur Verfügung? Wie viele Pflegerinnen und Pfleger betreuen wie viele Fälle? Dazu habe ich mir ein Ranking erarbeitet und bin zu der erstaunlichen Erkenntnis gekommen, dass Mecklenburg-Vorpommern über alle Positionen hinweg global gesehen die besten Parameter aufweist. Ich wage

die Behauptung, dass Mecklenburg-Vorpommern in der Effizienz und der Wirksamkeit im Interesse der Patientinnen und Patienten eine Spitzenposition in der stationären medizinischen Versorgung einnimmt. Darauf können wir stolz sein. Ich denke, dass wir das auch entsprechend würdigen, wenn wir uns mit dem Haushalt beschäftigen.

Wenn es um Herausforderungen geht, der Herr Ministerpräsident hat davon gesprochen, meine ich, ist es eine entscheidende Herausforderung zu gucken, welche Positionen im Haushalt machen Mecklenburg-Vorpommern stark für die Zukunft. Und da gibt es bestimmte Positionen im investiven Bereich. Ganz klar sind die Technologieförderung, der Tourismus und die Gesundheitswirtschaft angesprochen worden.

(Harry Glawe, CDU: Das ist im Wirtschafts- ministerium angesiedelt, Herr Kollege.)

Aber eine entscheidende und strategische Frage ist aus meiner Sicht, in die Zukunft der Kinder zu investieren. Die Investition in frühkindliche Bildung und Erziehung ist die bestmöglichste Investition, denn sie ist zum einen ungeheuer nachhaltig, und zwar über Jahrzehnte. Wir würden, wenn wir die frühkindliche Erziehung und Bildung in Mecklenburg-Vorpommern stärken, also über die Kinderzahl hinaus Mittel bereitstellen, mindestens drei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

(Beifall Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Wir würden Prävention leisten, denn alles das, was die Kinder mit auf dem Weg bekommen und was sie stark macht für die Zukunft, kommt dem Land doppelt und dreifach zugute und wir wären bei einer gegenläufigen Entwicklung, die ja auch denkbar wäre, verschont von negativen Folgekosten. Die zweite Fliege, die wir sozusagen in dieser Position erschlagen, ist, wir entlasten die Wohnsitzgemeinden, wenn wir zusätzliche Mittel für die frühkindliche Erziehung und Bildung bereitstellen, und drittens entlasten wir die Eltern. Und alle Parteien stellen sich derzeit völlig zu Recht hin und sagen: Macht die Familien stark! Familien stärken und Familienpolitik forcieren, das ist ein wichtiges Anliegen.

(Harry Glawe, CDU: In eurer Familienpolitik werden die Haushalte massiv runtergefahren, darüber müssen wir reden im Haushalt!)

Also sollten wir es machen! Ich möchte dazu einladen – Frau Gramkow hat darauf hingewiesen –, dass wir uns gemeinsam und parteiübergreifend bemühen,

(Harry Glawe, CDU: Über Sozialpolitik für Mecklenburg-Vorpommern müssen wir reden, über die Maßnahmen!)