Protokoll der Sitzung vom 17.09.2010

Also kann dies so nicht ganz sinnvoll sein.

(Michael Roolf, FDP: Doch, doch!)

Und deswegen, wie gesagt, meinen wir, hier muss ein ausgewogener Mittelweg gefunden werden. Insofern will ich sagen, natürlich muss für die Wirtschaft eine ausgewogene Lösung am Ende zu Buche stehen. Das ist gar keine Frage. Aber der Antrag, so, wie Sie ihn hier gestellt haben, hilft uns zumindest nach unserer Auffassung nicht weiter. Insofern empfehlen wir auch hier die Ablehnung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag der FDP ist es heute möglich, über den aktuellen Stand der Vorbereitung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages wenige Stunden nach der Beratung der Chefs der Staatskanzleien zu debattieren.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Damit endet auch schon aus Sicht meiner Fraktion die Rolle, die dem Antrag der FDP zuzumessen ist. Denn für eine Beauftragung der Landesregierung beziehungsweise des Ministerpräsidenten mit dem Ansinnen, die Betriebsstättenabgabe komplett abzuschaffen, finden Sie wohl keine Mehrheit. In der medialen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit nimmt die Intensität der Debatte um die Ausgestaltung der künftigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spürbar zu, gerade nach dem vorigen Sommer, die die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Haushalts- und Betriebsstättenabgabe und für die Rundfunkkommission der Länder die Kriterien für den neuen Staatsvertrag bestimmt hatten.

Überraschend ist an dieser Stelle, warum die FDP in Mecklenburg-Vorpommern, wo sie doch in anderen Ländern an der Regierung beteiligt ist und dem Grundkonzept zugestimmt hat, gerade hier einen solchen Antrag stellt. Das Verfahren scheint ja bundesweit ohnehin ins Stocken geraten zu sein, denn die Länder SchleswigHolstein und Sachsen haben den Termin für die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung von Verbandsvertretern und Interessengruppen erst einmal platzen lassen und den Zeitplan nach hinten verschoben, beides Koalitionsregierungen aus CDU und FDP.

Das allerdings ermöglicht es uns im Landtag doch noch, uns über die Ausgestaltung der künftigen Rundfunkfinanzierung hier im Plenum zu verständigen. Auch Dr. Jäger hat sich mehrfach wie auch mein Kollege Andreas Bluhm dafür ausgesprochen, hier im Landtag über den Entwurf des Staatsvertrages vor der Unterzeichnung durch die Ministerpräsidenten zu debattieren.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Hier ergeht also die Aufforderung an die Landesregierung, dem Landtag mittels Unterrichtung den aktuellen Entwurf des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages zuzuleiten, denn offensichtlich ist die Unterzeichnung auf der Ministerpräsidentenkonferenz Ende Sep

tember nicht möglich. Dann können und müssen wir zu solchen Fragen wie

1. Festschreibung der Höhe des Rundfunkbeitrages im Staatsvertrag,

2. Befreiungstatbestände von Menschen in verschiedenen Lebenssituationen,

3. die künftige Rolle der bisherigen GEZ und

4. die datenschutzrechtlichen Konsequenzen aus dem Staatsvertrag

Stellung nehmen. Dazu gehört dann auch die Frage der Ausgestaltung der Betriebsstättenabgabe, aber eben nicht losgelöst vom Gesamtkonstrukt.

Gerade die datenschutzrechtliche Seite gibt eine ganze Reihe von Fragen und Handlungsnotwendigkeiten auf. Hierzu ein Zitat aus dem Schreiben der für den RBB zuständigen Brandenburgischen Datenschutzbeauftragten Dagmar Hartge vom 23. April 2010 an die federführende Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, das belegt, dass der Rundfunkkommission der Länder sehr wohl erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken bekannt sind, die aber bewusst übergangen wurden. Ich zitiere:

„Auf Grund der Komplexität der Thematik und des engen Zeithorizonts, der uns für eine Befassung mit der Materie zur Verfügung stand, können wir zunächst nur eine erste, kurze Stellungnahme abgeben. Insofern erheben unsere Anmerkungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Allerdings sehen wir bereits heute erheblichen Nachbesserungsbedarf bei der Formulierung normenklarer Regelungen. Wie bereits eingangs erwähnt, konnten wir keine Verbesserung zu Gunsten der Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung feststellen. Im Gegenteil: Unklare Verfahrensregelungen lassen einen starken Anstieg von Beschwerden befürchten. Der Entwurf trägt weder dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Grundsatz der Normenklarheit noch dem Grundsatz der Datensparsamkeit Rechnung.

Wir bedauern, dass“ praktisch „der Systemwechsel nicht zu weniger, sondern zu mehr Bürokratie führen wird und wenig bürgerfreundlich erscheint … Eine riesige Datenbank würde geschaffen, die weit über die Inhalte der Melderegister hinausgeht. Zudem ist eine differenzierte Zugriffsberechtigung, beispielsweise nach den einzelnen Rundfunkanstalten, nicht vorgesehen. Obwohl seit Jahren von Seiten der zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten kritisiert, hätte jeder Sachbearbeiter einen bundesweiten Zugriff auf diese Datenbank. Gleiches gilt für die Rundfunkgebührenabteilungen der Rundfunkanstalten sowie … die Rundfunkgebührenbeauftragten.“ Vor diesem Hintergrund können wir Ihrem Antrag also nicht zustimmen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Lück.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der Fraktion der CDU Herr Dr. Armin Jäger.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Roolf, als ich Ihren Antrag gelesen habe, hatte ich etwas Schwierigkeiten zu verstehen, was Sie wollen.

(Hans Kreher, FDP: Das ist aber ziemlich klar.)

Jetzt weiß ich es. Sie haben es jetzt sehr deutlich gemacht. Respekt, deutlicher kann man es nicht sagen. Wir wollen, dass die Wirtschaft nicht an den Kosten des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks beteiligt wird. Eine klare Aussage. Zu der Doppelbelastung komme ich noch. Sie sagen aber weiter: Wir wollen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner finanziellen Möglichkeit eingeschränkt wird. Sie wollen rückführen, und zwar auf Jahre zurück. Das geht so, wie Sie es sich denken, nicht. Ich sage noch nicht mal, leider nicht, sondern ich sage: Gott sei Dank haben wir ein System, in dem der Rundfunk staatsfern ist, in dem nicht wir Abgeordneten entscheiden, was denn gesendet werden darf oder soll.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Wir können uns etwas wünschen. Wie alle Teile unserer Bevölkerung können wir uns zum Beispiel wünschen, dass der Rundfunk sehr viel mehr Sendungen darüber bringt, was wir hier machen. Aber Rundfunk ist Angebot. Und was die Zuschauer und Hörer denn wählen, das ist ihre Sache. Und das jetzt auf unser System zurückgeführt, heißt,

(Udo Pastörs, NPD: Dann kommen wir in die Verfl achung, wenn ich Hörer verlieren will.)

und das hat das Bundesverfassungsgericht noch mal sehr deutlich gesagt: Es ist nicht Aufgabe der Politik, Inhalte des Rundfunks zu bestimmen und auch nicht darüber zu bestimmen, was wichtig und was nicht wichtig ist,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Sonst wären wir sehr nahe an einem Staatsrundfunk. Ich glaube, den will keiner, den wollen Sie natürlich auch nicht.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Den haben wir doch.)

Deswegen gibt es diese Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs – und da sind wir wirklich ein gutes Stück weitergekommen –, die Dreistufenprüfung, die zwar sehr aufwendig ist, die die Sendeanstalten, die Rundfunkanstalten gar nicht so gerne gehabt haben, die wir ihnen aber als Politik aufgegeben haben, um den sogenannten Mehrwert oder den öffentlichen Nutzen eines Programms zu prüfen. Insofern – und das ist im Rahmen der Verfassungsgerichtssprechung – sind wir auf einem richtigen Weg.

Was uns die ganze Zeit gestört hat, war, dass die bisherige Gebühr zu ganz erheblichen Ungerechtigkeiten geführt hat, der stellvertretende Ministerpräsident hat das ausgeführt, gerade in unserem Land. Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Petitionsausschuss wissen, wovon wir reden, der Bürgerbeauftragte und die einzelnen Abgeordneten auch. An dem Anfangspunkt waren wir, und es soll jetzt auf der Grundlage des Gutachtens von Professor Paul Kirchhof umgesetzt werden in eine Abgabe, die dann ein Beitrag ist. Und das sollen ein Haushaltsbeitrag und ein Betriebsstättenbeitrag sein. Es soll sich also nichts ändern daran, dass sowohl die privaten Haushalte als auch die Wirtschaft ihren Anteil zu leisten haben.

Wir brauchen auch gar nicht darüber zu rätseln, warum wir an diesem Punkt sind. Erstens müssen wir handeln, weil die EU die bisherige Finanzierungsregelung in Zwei

fel gezogen hat. Deswegen ist diese Diskussion an diesem Punkt begonnen worden. Wir wissen auch, dass die technische Entwicklung weitergegangen ist. Es hilft jetzt auch nichts, das zu bedauern, sondern wir müssen darauf reagieren. Und schließlich hat die Diskussion gerade in unserem Land gezeigt, zum Beispiel die Belastung einzelner Bereiche, der Bereich der Ferienwohnungen, der Hotels, der Universitäten und Bildungseinrichtungen, aber auch der gesamte Beauftragtendienst der GEZ haben zu erheblichem Unmut geführt. Ich will das gar nicht bewerten. Ich will einfach nur umschreiben, wo wir stehen.

Das hat auch Gründe, dass wir heute darüber diskutieren, weil wir einen Akzeptanzverlust bei den jungen Leuten haben. Da gibt es so etwas, was man sogar als Generationenabriss bezeichnen kann. Die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ihrer klassischen Form, nämlich über ein Radiogerät, über ein Fernsehgerät, werden von den jungen Leuten, ich sage es mal vorsichtig, weniger angenommen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Tja, vielleicht liegt das ja an dem Thema.)

All das zusammen mit einem anderen Punkt, nämlich bei den sehr wenig transparenten Befreiungstatbeständen – da hat man sich manchmal auch gefragt, was haben wir uns da angetan –, hat dazu geführt, dass wir allein bei den Befreiungstatbeständen rechnerisch für das Jahr 2011, wenn wir so weitermachen, das ist ja dann noch geltendes Recht, einen Gebührenausfall von 870 Millionen Euro haben werden.

(Michael Roolf, FDP: Was mit den Steuern ausgeglichen wird.)

Auf der Grundlage …

(Michael Roolf, FDP: Ja, ja.)

Ich bin ja einer der wenigen, die mal in der Anfangsdiskussion, und das sage ich heute noch, gesagt haben, mir wäre es lieber gewesen, wir hätten es denjenigen, die Gebührenbefreiungen beantragen müssen – das, was öffentlich-rechtlicher Rundfunk kostet,

(Michael Roolf, FDP: Genau.)

weil es nämlich eine Leistung ist, die zum Grundbedarf gehört –, gegeben. Das wäre eine Steuerfinanzierung gewesen. Aber dafür gibt es keine Mehrheit in den Ländern, das muss ich feststellen. Das hilft auch nichts, denn als Demokrat habe ich das zu akzeptieren. Ich umschreibe ja die Problemlage.