Protokoll der Sitzung vom 13.10.2010

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Da muss man sich mal die Konsequenzen angucken. Da geht es dann um Eingliederungshilfeleistungen, da gehe ich zum Sozialamt und beantrage das, und es geht um Pflegeleistungen, die muss ich dann bei der Pflegekasse beantragen, und so weiter und so fort. Das entspricht nicht unseren Vorstellungen von Inklusion in der SPDFraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und auch das wird man sich noch mal ansehen müssen.

Und man muss auch mal gucken: Was bedeutet das denn?

(allgemeine Unruhe)

Was bedeutet das für die Eltern, wenn ich die auf eine solche Tippeltour schicke,

(Hans Kreher, FDP: Das ist es ja.)

dass sie sich im Grunde genommen ihre Leistungen noch an anderer Stelle organisieren müssen? Was bedeutet das? Und was bedeutet das gegebenenfalls auch für Kostenverschiebungen?

(Ralf Grabow, FDP: Richtig.)

Also ich habe den Eindruck, Herr Kreher hat so richtig nicht verstanden, worum es dabei geht.

(Zurufe aus dem Plenum: Oh! – Hans Kreher, FDP: Ach doch!)

Denn die Kostenverschiebungen finden nicht statt vom Haushalt des Bildungsministeriums in den Haushalt des Sozialministeriums, sondern die Kostenverschiebungen finden statt in die Haushalte der örtlichen Sozialhilfeträger hinein. Das sind ambulante Eingliederungshilfeleistungen

(Hans Kreher, FDP: Die habe ich aber auch genannt.)

und dafür sind meines Wissens die örtlichen Träger zuständig.

(Hans Kreher, FDP: Wenn Sie zugehört hätten, das habe ich auch gesagt.)

Und das bedeutet, für jeden Antrag, der da gestellt wird, ist dann ein örtlicher Sozialhilfeträger in der Leistungsverpflichtung.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Das hat mit einer inklusiven Beschulung von Kindern mit schweren Mehrfachbehinderungen unseres Erachtens nichts zu tun

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

und im Ergebnis muss man sagen, das wird man sich noch mal in Ruhe ansehen müssen.

Ganz klar noch mal unsere These: Schulen in freier Trägerschaft dürfen nicht bessergestellt werden als staatliche Schulen, aber man muss sich natürlich genau ansehen, welche Bedarfe haben diese Kinder, und die sind unseres Erachtens dann auch aus einer Hand sicherzustellen.

(Ralf Grabow, FDP: Richtig.)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und FDP – Hans Kreher, FDP: Und deshalb überweisen wir jetzt, oder?! – Jörg Heydorn, SPD: Nee. – Hans Kreher, FDP: Oh, Herr Heydorn! – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Danke schön, Herr Heydorn.

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE, der Abgeordnete Herr Bluhm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich auf unseren vorliegenden Änderungsantrag verweisen, der aus unserer Sicht die Zielrichtung des Antrages der FDP konkretisiert,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

und ich denke, dass es mit der entsprechenden Ergänzung durchaus möglich ist – auch für die Koalitionsfraktionen –,

(Hans Kreher, FDP: Ja.)

die entsprechende Befassung im Ausschuss dann zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage der Bildungsbeteiligung von behinderten Kindern ist hierbei immer von besonderer Bedeutung gewesen, wenn es um schulpolitische Debatten in diesem Landtag ging, und praktisch ist es die Gretchenfrage, wenn es um die Sicherung von Chancengleichheit geht.

(Ralf Grabow, FDP: Richtig. – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Ich will an dieser Stelle deutlich betonen, dass die Gewährleistung von Chancengleichheit einen hohen gesetzlichen und auch verfassungsrechtlichen Stellenwert bei uns im Lande hat. Artikel 8 unserer Landesverfassung „Chancengleichheit im Bildungswesen“ heißt, ich zitiere: „Jeder hat nach seiner Begabung das Recht auf freien Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen, unabhängig von seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage sowie seiner weltanschaulichen oder politischen Überzeugung. Das Nähere regelt das Gesetz.“ Ende des Zitats.

Das heißt, auch für Kinder mit Beeinträchtigungen muss der freie Zugang gewährleistet sein und das Gesetz, also das Schulgesetz und sich daran anschließende Regelungen müssen sichern, dass den Forderungen des Artikels 8 unserer Landesverfassung entsprochen wird. Nun erfasst die Landesverfassung zunächst nur den Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen, aber sinngemäß gilt dieses auch für Schulen in freier Trägerschaft.

In der UN-Konvention, die hier in der Debatte von Herrn Kreher schon angeführt wurde, nämlich dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, werden insbesondere im Artikel 24 ausführlich – ausführlich, meine sehr verehrten Damen und Herren! – die Anforderungen an Bildung formuliert. Und ich will hier nur den Grundsatz in Absatz 1 zitieren: „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen …“

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, Deutschland hat diese Konvention ratifiziert. Sie ist seit März 2009 verbindlich und im Jahr 2011 muss die Bundesrepublik über den Stand der Umsetzung berichten. Man darf gespannt sein, wie die Bundesrepublik und die einzelnen Länder den erreichten Stand bewerten.

Was wir häufig falsch machen, ist, die Festlegungen der UN-Konvention auf Anforderungen für behinderte Menschen zu reduzieren. Meine Damen und Herren, ein inklusives Schulsystem und die Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen sind für alle Schülerinnen und Schüler wichtig und wenn es für alle Kinder ein chancengleiches inklusives Bildungssystem gibt, dann gilt das auch für sozial benachteiligte oder behinderte Kinder. Man könnte es also auch anders formulieren: Zeige mir, wie es um die Chancengleichheit in deinem Bildungssystem für sozial benachteiligte und behinderte Kinder bestellt ist, und ich sage dir, ob du ein gerechtes und integratives Bildungssystem hast. Davon, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir aus Sicht meiner Fraktion in der Bundesrepublik noch ein ganzes Stückchen weit entfernt und auch bei uns in Mecklenburg-Vorpommern.

Und am Beispiel der gegenwärtigen Diskussion um die Möglichkeiten der Bildungsteilhabe von insbesondere mehrfachbehinderten Kindern an den Schulen des Lan

des kann man sehen, wie komplex und wie kompliziert diese Umgestaltung werden wird. Niemand wird zwar erwarten, dass die Vorgaben der UN-Konvention innerhalb kürzester Zeit umgesetzt werden,

(Hans Kreher, FDP: Richtig.)

aber wenn es wie in diesem Fall Signale gibt, dass etwas im Argen liegt, dann muss man hinsehen, was zu ändern ist. Im Kern geht es bei den Forderungen der Eltern also nicht so sehr um den Unterricht, sondern um die Bedingungen für die behinderten Schüler, daran überhaupt teilzunehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Irene Müller, DIE LINKE: Genauso ist es.)

Eine dafür notwendige Betreuung, zum Beispiel die Sicherung von Tagesabläufen, die für die meisten von uns und den „normalen“ – wenn ich das mal so uninklusiv, liebe Irene, sagen darf –, „normalen“ Kindern völlig selbstverständlich sind, sind überhaupt erst die Voraussetzung für eine Teilhabe von behinderten Kindern am Unterricht selbst. Sie gehören also unmittelbar zum Bildungsprozess dazu, unabhängig davon, welches Ministerium für die Finanzierung rechtlich zuständig ist,

(Hans Kreher, FDP: Richtig.)

und unabhängig davon, wie hoch die Kosten sind.

Wie meistens sind es die Personalkosten, in diesem Fall nicht zuerst für die Lehrkräfte, sondern für das Personal mit sonderpädagogischer Aufgabenstellung und an den öffentlichen Schulen für Betreuungskräfte. Warum sage ich das? Weil nämlich mit der Novellierung des Schulgesetzes im Paragrafen 128 eine Regelung eingetreten ist, die im Grunde genommen die entsprechende finanzielle Bereitstellung von Mitteln für die Schulen in freier Trägerschaft, soweit es sich um unterrichtsunterstützendes Personal handelt, nicht mehr gegeben ist. Das findet sich nämlich, wenn man genau hinguckt, im Paragrafen 128 Absatz 1.

Da heißt es nämlich, ich darf zitieren: „Zu den Personalausgaben für sonderpädagogischen Förderbedarf und besondere pädagogische Angebote gehören ausschließlich solche für