Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Dass dem Vorstand der Universitätsmedizin nun der Pflegedienstleiter beziehungsweise die Pflegedienstleiterin wieder verbindlich angehört, ist zu begrüßen. Dagegen ist aus unserer Sicht die fortgesetzte und verstärkte Tendenz zur Privatisierung der Bildung und medizinischen Versorgung sehr bedenklich. Sie zeigt sich besonders deutlich bei der Ausgliederung von übertragenen Aufgaben in eine Rechtsform des privaten Rechts. Und wir sehen durchaus die Gefahr, dass Filetstücken dann ausgegliedert werden, aber die Universitätsmedizin davon keinen Nutzen hat.

Und das Zweite ist die Bildung von Stammkapital unter Einbeziehung der Mitarbeiter. Ich gehe mal davon aus, diese Mitarbeiter werden wohl eher die Chefärzte sein, die sich an diesem Kapital beteiligen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und das halten wir auch für einen insgesamt zu hinterfragenden Weg.

Es ist trotzdem gut, dass sich die Rostocker Universität im Laufe der Diskussion des Gesetzentwurfes doch noch dafür entschieden hat, ebenfalls zu dieser Rechtsform überzugehen, denn eine Lex Greifswald, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre sehr eigenartig gewesen. Insofern ist es gut, wenn beide Universitäten diesen Weg gehen.

Die Fraktion DIE LINKE hat Ihnen heute fünf Änderungsanträge vorgelegt. Ich bitte Sie, diesen zuzustimmen. Es ist ein Änderungsantrag zum Teilzeitstudium, den wir schon mal im Ausschuss eingebracht hatten, es betrifft die Rechtsform des privaten Rechts für einzelne übertragene Aufgaben, die wir ablehnen, es betrifft die Ablehnung des Stammkapitals, es betrifft die Lehrverpflichtung für befristete Mitarbeiter, die sich in der wissenschaftlichen Qualifikation befinden. Da ist etwas geschehen, was wir so wohl nicht berücksichtigt hatten oder nicht genügend beachtet hatten, nämlich die Erhöhung der Lehrverpflichtungsstunden für diesen Bereich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu haben wir auch einen Brief der Universität Greifswald bekommen,

die darauf hinweist, dass das nicht der richtige Weg ist. Und ich hoffe, dass Sie dem zustimmen können.

Schließlich beantragen wir die Streichung der Herausnahme der Privatdozentinnen und Privatdozenten sowie der außerplanmäßigen Professorinnen und Professoren aus dem Anwendungsbereich des Personalvertretungsgesetzes. Damit würden Sie mit den Hochschullehrern gleichgestellt werden. Sie sind es aber nicht. Sie sind wissenschaftliche Mitarbeiter und sollten nach wie vor von den Personalvertretungen tatsächlich vertreten werden.

Dem Änderungsantrag der SPD, der uns heute vorgelegt wurde, stimmen wir zu. Ich hoffe, dass auch unsere Änderungsanträge für Sie dann zustimmbar sind oder dass Sie ihnen zustimmen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Professor Methling.

Um das Wort hat jetzt gebeten der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch. Herr Tesch, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einem halben Jahr habe ich Ihnen den Gesetzentwurf des neuen Landeshochschulgesetzes vorgestellt. Oberste Prämisse war, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen im Bundesvergleich zu erhalten und auszubauen. Wir waren uns darüber einig, dass unsere Hochschulen ein modernes Hochschulrecht brauchen, um noch handlungsfähiger zu werden und im Wettbewerb um Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie um Forschungsmittel noch besser bestehen zu können. Nicht zu vergessen ist die demografische Entwicklung, die einen bisher nicht gekannten bundesweiten Wettbewerb der Hochschulen um Studierende auslöst.

Jetzt liegt Ihnen das Hochschulgesetz zur Abstimmung vor und ich bin fest davon überzeugt, die Hochschulen erhalten das erforderliche Rüstzeug, um die Herausforderungen zu meistern. Dazu gehören unter anderem die Stärkung der Hochschulautonomie, die Anpassung insbesondere im Bereich der Studienstrukturreformen und die Neuorganisation der Universitätsmedizin.

Lassen Sie mich einige Beispiele für den Ausbau der Hochschulautonomie nennen: Durch Rahmenprüfungsordnungen werden weitere Gestaltungsspielräume für die Hochschulen geschaffen. Die Hochschulen erhalten weitere Zuständigkeiten im Kerngeschäft der Besetzung von Professuren. Die Gesamtverantwortung des Rektors beziehungsweise der Rektorin wird in einem kollektiven Leitungsorgan verankert. Die Hochschulorganisation mit Hochschulrat oder -konzil wird nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben, sondern den Hochschulen als selbstverwaltende Körperschaften überlassen.

Meine Damen und Herren, wir haben die Kritik an der bisherigen Art der Umsetzung des Bologna-Prozesses aufgegriffen und dort, wo eine gesetzliche Regelung für Verbesserungen notwendig war, diese auch getroffen. Vor dem Hintergrund meiner Präsidentschaft in der Kultusministerkonferenz war mir das auch ein besonderes Anliegen. Den Hochschulen selbst kommt dabei ein hohes Maß an Verantwortung zu. Stärkere Partizipation an Hochschulbildung und deren soziale Absicherung, Studierbarkeit der Studiengänge, vergleichbare

Abschlüsse im gestuften Studiensystem, mehr Mobilität von Studierenden und Personal, problemlose Anerkennung und Anrechnung von Prüfungs- und Studienleistungen, das sind zentrale Zielsetzungen, die ohne Abstriche gelten.

Die Studierenden haben durch ihre Proteste und, wie ich finde, in konstruktiven Gesprächen mit uns viele Ideen und Vorschläge eingebracht. Die haben wir in der Koalition gestützt und aufgrund der Ergebnisse der Landtagsanhörung Verbesserungen geschaffen, unter anderem mit folgenden Maßnahmen:

Das Prüfungswesen wird gestrafft.

Nicht mehr jede Modulprüfung wird Eingang in die Endnote finden.

Künftig soll ein Auslandssemester ohne Anrechnung auf die Regelstudienzeit möglich sein.

Die Hochschulen haben im Ausland erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen anzuerkennen, andernfalls haben sie begründet darzulegen, warum sie die Anerkennung verweigern.

Der Übergang vom Bachelor zum Master wird erleichtert und darf nicht alleine von der Abschlussnote des Bachelor abhängen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die Universitätsmedizin in Greifswald, und Herr Professor Methling hat es erwähnt, und im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens auch Rostock auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie sagen, es ist hinterfragungswürdig. Gleichzeitig sagen Sie, es ist natürlich besser, alle machen etwas gemeinsam. Insofern kann ich aus meiner Sicht nur sagen, ich glaube, dass es etwas sehr Gutes ist. Ich würde mich sogar festlegen und sagen, das wird ein Exportschlager „Made in M-V“ in der Bundesrepublik Deutschland. Davon bin ich fest überzeugt. Denn Ziel dieser Reform ist es, in Mecklenburg-Vorpommern eine leistungsfähige Universitätsmedizin als Teil der Universitätslandschaft zu etablieren und damit eine qualitativ hochwertige Forschung, Ausbildung und Krankenversorgung im Lande dauerhaft sicherzustellen.

Mit dem innovativen Integrationsmodell, dem Zusammenschluss aus dem Fachbereich Medizin und dem bisherigen Universitätsklinikum werden Forschung, Lehre und Krankenversorgung eng miteinander verknüpft.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Die enge Bindung an die Universität bleibt bestehen. Zielkonflikte in Forschung und Lehre einerseits und Krankenversorgung andererseits sind in einem in allen drei Bereichen verantwortlichen Vorstand beizulegen. Und gleichzeitig werden Rahmenbedingungen und unternehmerische Freiheiten geschaffen, mit denen sich die Universitätsmedizin am Markt behaupten kann. Und nicht zu vergessen, die finanziellen Handlungsmöglichkeiten der Universitätsmedizin werden noch mal verbessert. Insofern sei an dieser Stelle auch den Fachleuten gedankt, die ebenfalls mit zu dieser Regelung beigetragen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der öffentlichen Anhörung am 30. September hatten Hochschulen, Wirtschaft, Gewerkschaften, Berufsverbände, Personal- und Studierendenvertretungen sowie weitere Expertinnen und Experten die Gelegenheit, sich zu

dem Gesetzentwurf zu äußern. Für mich ist es natürlich selbstverständlich, dass dabei die von eigenen Interessen geleitete Sicht der Dinge vorgetragen wird. Es entstand eine lange Liste zum Teil widerstreitender Wünsche und Forderungen, die es im Sinne eines übergeordneten Ganzen abzuwägen gilt.

Über die Weiterentwicklung der Bologna-Reform habe ich eingangs bereits gesprochen. Die mit der Flexibilisierung der Personalstruktur einhergehende Sorge, dass die bislang geltende Lehrverpflichtungsverordnung einen höheren Personalbedarf und damit mehr Kosten für die Hochschulen auslösen könne, wurde durch eine Verpflichtung zur unmittelbaren Anpassung der Lehrverpflichtungsverordnung beigelegt. Das Amt des Kanzlers beziehungsweise der Kanzlerin einer Hochschule wird wieder als Lebenszeitbeamtenverhältnis ausgestaltet. Die Dienstvorgesetzteneigenschaft verbleibt ungeteilt bei der Rektorin beziehungsweise dem Rektor.

Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass die Universitäten anstelle von Masterabschlüssen, die Fachhochschulen anstelle von Bachelorabschlüssen nach achtsemestrigem Studium auf Antrag der Studierenden – auf Antrag der Studierenden! – den Diplomgrad verleihen können. Diese Änderung hat in den letzten Wochen intensive Diskussionen hervorgerufen. Befürworter und Gegner sind gleichermaßen auf den Plan getreten. Sie als Abgeordnete, Herr Methling hat das authentisch gerade noch einmal berichtet, haben von beiden Seiten Schreiben erhalten.

Die Argumente sind ausgetauscht, dem muss ich nichts mehr hinzufügen. Die Regelung wird insgesamt sehr interessant für die Ingenieurwissenschaften, dort ist das Diplom eine wichtige Marke. Und die Möglichkeit seiner Vergabe kann sich als Konkurrenzvorteil für das Land erweisen.

Ich bin sicher, dass die Hochschulen sowie die Studierenden umsichtig und verantwortungsvoll mit den neuen Möglichkeiten umgehen werden. Ich danke allen an der Diskussion Beteiligten. Dies ist für mich ein Stück lebendige Demokratie und Kulturhoheit. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Tesch.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Vizepräsident Kreher für die Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich etwas zu der gerade in den letzten Tagen ausgeführten Debatte zum möglichen Erwerb eines Diplomtitels sagen, obwohl es im Gesetz nicht der wesentliche Teil ist. Die FDP-Landtagsfraktion hat im Zuge der Novellierung des Architekten- und Ingenieurrechts darauf hingewiesen, dass die Hochschulen des Landes nicht in der Lage sind, im Rahmen des Bologna-Prozesses parallel zu den Abschlüssen Bachelor und Master auch den Studienabschluss Diplomingenieur im Sinne eines eigenen Studienganges zu vergeben. Wir haben aber gefordert, dass die Marken „Diplom“ und „Deutscher Ingenieur“ erhalten werden können, wenn man die Bezeichnung neben dem Master wählen möchte.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Das ist auch für die Bezeichnung „Ingenieur“ relevant. Also nicht parallel, sondern daneben. Nun verkünden Sie, dass Sie den „Diplomingenieur“, damals hatten Sie es übrigens abgelehnt …

(Michael Roolf, FDP: Alles abgelehnt.)

Ja, damals hatten Sie das abgelehnt.

(Vincent Kokert, CDU: Das unterscheidet uns eben.)

Nun verkünden Sie, dass Sie den Titel „Diplomingenieur“ gerettet haben, und wundern sich …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wer hat das abgelehnt? Wer hat das abgelehnt, Herr Kreher?)

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich nicht.)

Nein, Sie nicht, gut.

(Vincent Kokert, CDU: Wer ist „wir“?)

Ich habe jetzt die Koalition gemeint.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Nun verkünden Sie, dass Sie den Titel „Diplomingenieur“ gerettet haben, und wundern sich, dass dies missverstanden wird.