Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Wie soll es gehen? Wer soll es bezahlen? Das ist die Frage, die ja hier noch immer offen ist. Letztlich werden die Stromkunden dafür aufkommen müssen.

(Egbert Liskow, CDU: Immer.)

Das ist so locker und so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Ankündigungen von Preiserhöhungen lassen nichts Gutes erahnen. In den vergangenen zwei Jahren sank der Energieeinkaufspreis um 20 Prozent. Die Endverbraucherpreise stiegen demgegenüber aber um 8 Prozent. Das bedarf doch keines weiteren Kommentars, oder?

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, wir wollen Geld verdienen, hießen die Worte.)

Warum eigentlich? Die Energiekonzerne verdienen sich dumm und dämlich, und angesichts dieser riesigen Gewinne ist der Beitrag, den sie selbst zur Umstellung auf erneuerbare Energien leisten müssen, einfach lächerlich.

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Irene Müller, DIE LINKE)

Schlimmer, die erneuerbaren Energien werden von diesen Konzernen immer mehr, und das gerade jetzt durch die Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke, zum Störenfried.

(Egbert Liskow, CDU: Der Klassenkampf lebt.)

Was ist eigentlich aus der Bundesratsinitiative geworden,

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist wohl eher der Kampf um den Profit.)

die Sie, meine Damen und Herren der Koalition, im Oktober 2009 in einem Landtagsantrag in Aussicht gestellt haben, um die anderen Länder und den Bund zur Beteiligung an den Kosten für den Ausbau der Netze zum Abtransport der Offshorewindenergie zu bewegen? Das Problem hat der Herr Ministerpräsident angesprochen. Wir haben Ihnen damals Unterstützung zugesagt, denn die Offshorewindkraftanlagen werden bedeutende Strommengen liefern, auch in spe, die aufgenommen und weitergeleitet werden müssen. Sie können auch nicht allein bei uns in Meck-Pomm verbraucht werden,

(Egbert Liskow, CDU: Warum nicht?)

dafür ist der Bedarf gar nicht mehr da.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ist die Ankündigung der dena – ich habe sehr intensiv auch die dena-Analyse gelesen zu dem weiteren Netzausbau –, aber ist hier die Ankündigung der dena zu der Strompreiserhöhung für das kommende Jahr jetzt das Ergebnis Ihrer Bundesratsinitiative oder das im heutigen Antrag formulierte „Bitte, bitte, liebes Land und lieber Bund, tu doch etwas mehr!“?

(Beate Schlupp, CDU: Wir sind halt höflich.)

Eine weitere Frage, Frau Schlupp: Wie sieht es eigentlich mit der Umsetzung der von der Universität Rostock vorgelegten Studie „Netzintegration der Erneuerbaren Energien im Land Mecklenburg-Vorpommern“ aus? Welche Umsetzungsschritte sind eingeleitet worden? Oder ist auch hier Ihr Antrag die Kapitulationserklärung? Übernimmt die Landesregierung die Koordinierung der notwendigen Netzausbaumaßnahmen? Das wäre wunderbar. Kontrollieren Sie auch die Sinnhaftigkeit, um von Beginn an überflüssige Maßnahmen zu vermeiden?

Das waren übrigens Aufgabenstellungen, die die Studie für die Landesregierung herausgearbeitet hatte, meine Damen und meine Herren. Dazu kein Wort im Antrag, das darauf schließen lässt, Sie hätten Schlussfolgerungen gezogen.

Die Studie hatte auch gefordert, die Technologie der virtuellen und Hybridkraftwerke sowie Energiespeicherung zu fördern, und zwar im Lande, nicht auf dem Wunschzettel für den Bund. Was spricht eigentlich dagegen, im Land eigenständig ein Kompetenzzentrum für Speichertechnologien zu entwickeln? Aus unserer Sicht überhaupt nichts.

(Egbert Liskow, CDU: Im Moment seid ihr dafür und in 20 Jahren seid ihr dagegen.)

Der wissenschaftliche Sachverstand als Voraussetzung dafür ist an den Fachhochschulen, Universitäten und außeruniversitären wissenschaftlichen Einrichtungen vorhanden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Notwendig wäre dafür die Konzentration auf Schwerpunkte – um finanzielle Fehlausgaben zu verhindern –, auf Schwerpunkte der Entwicklung und die notwendige konzentrierte Bereitstellung von Fördermitteln in diesen Bereichen. Dazu leider kein Wort in Ihrem Antrag.

Summa summarum, das Anliegen und auch, wie es ausgeführt wurde hier, ist wesentlich auf einem höheren Niveau als das, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben, meine lieben Damen und Herren. Ihr Antrag sagt eigentlich nichts, er bringt nichts, aber er schadet auch nicht. Ablehnen werden wir ihn deshalb nicht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Griese.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Timm von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir so von Debatte zu Debatte eigentlich immer konsensualer bei diesem Thema

(Udo Pastörs, NPD: Konsensualer!)

„Neue Energien in Mecklenburg-Vorpommern“ werden, mit einer Ausnahme selbstverständlich bei der Fensterpartei.

(Michael Andrejewski, NPD: Gott sei Dank!)

Auch bei manchen Nebengeräuschen, glaube ich, kann man das gut durchhören.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das kann man.)

Was mich persönlich am allermeisten

(Udo Pastörs, NPD: Ich klingel nachher noch ein bisschen.)

immer wieder herausfordert, sind die ehrgeizigen Ziele, die die Bundesregierung für die Bundesrepublik Deutschland setzt. Herr Waldmüller hat ja einiges schon vorgetragen. Wenn ich mir ansehe, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2050 auf 60 Prozent gesteigert werden soll oder der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf 80 Prozent bundesweit gesteigert werden soll, dann, meine ich, haben wir bei dieser Zahl eine unglaublich ehrgeizige Phase vor uns, nicht hinter uns, sondern vor uns, um diese Ziele zu erreichen.

Für meine Begriffe geht es nicht um ein seit Jahren erprobtes und staatlich gefördertes Wirtschaftswachstum in diesem Bereich, sondern um einen tief greifenden Umbau der industriellen Wirtschaftsstruktur. Dieser Umbau geht nicht allein und schon gar nicht allein von der Wirtschaft selbst, sondern bedarf eben einer langfristig garantierten staatlichen Strategie. Und deswegen, sage ich noch mal, ist es gut, wenn wir in MecklenburgVorpommern fraktionsübergreifend bei den Grundsäulen dieser Strategie dieselbe Sprache sprechen. Das Gleiche gilt für den Bund wie für die Europäische Union und letztlich auch für die UN-Konferenzen.

Ziel muss es sein, das Prinzip Nachhaltigkeit als ein zentrales Kriterium für die wirtschaftliche Entwicklung zu verankern, und zwar neben Optimierungs- und Wettbewerbskriterien. Diese Nachhaltigkeitsfrage regelt eben der Markt nicht und schon gar nicht von alleine. Hier muss der Staat Kriterien der Wirtschaft setzen. Und die Wirtschaft wiederum hat, das hört man ja von den Unternehmen, ein berechtigtes Interesse daran, dass nicht mit einem Regierungswechsel immer auch gleich ein Strategiewechsel in den zentralen Fragen verbunden ist.

Ich will jetzt nicht, darauf bin ich schon hingewiesen worden, über die Aufkündigung des Atomkonsenses sprechen. Herr Kollege Renz, Sie haben mich da gebremst.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, ja. Ja, ja.)

An dieser Stelle sind Sie ein Bremser für mich.

(Torsten Renz, CDU: Na, na, na, na!)

Ich will es auch nicht tun, aber ich will sagen,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Verlässlichkeit über Legislaturperioden hinweg und über Fraktions- und Parteigrenzen der Demokraten hinweg, ist, glaube ich, eine Grundvoraussetzung, wenn wir diesen Umbau schaffen wollen.

In Deutschland spielen die Bundesländer eine zentrale Rolle. Besonders in der Infrastrukturentwicklung, wie zum Beispiel die Entwicklung der Stromnetze, der Innovationsentwicklung wie bei der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft oder beim Setzen von Anreizen bestimmter Markteinführungsprogramme in diesem Bereich zeigt sich dieses.

Wir in Mecklenburg-Vorpommern wollen, wie gesagt, diesen Umbau, das hört man jetzt von verschiedenen Seiten, wir wollen neue Energien erzeugen und natürlich auch durch moderne Netze verteilen. Für die Bereitstellung von Windstrom etwa ist es eben dringend erforderlich, dass die Stromnetze diesen Strom auch abnehmen und weiterleiten können. Das zeigt, dass wir eine Integration verschiedener Maßnahmen brauchen: Raumentwicklungspläne für die Ausweisung von Windeignungsflächen einerseits und eine Landesstrategie für den Umbau des Stromnetzes andererseits, daneben noch viele andere Dinge wie Innovationsförderung von Wissenschaft und Wirtschaft. Der Ministerpräsident hat völlig zu Recht in diesem Bereich bereits einige Maßnahmen angesprochen und eingefordert.

Wir haben demnächst eine Ausweisung von Windeignungsflächen. Was wir, soweit ich das überschaue, derzeit noch nicht haben, aber eben brauchen, ist eine Strategie für den Umbau des Stromnetzes, sonst können wir keine Windkraftanlagen bauen, weil keiner den Strom abnehmen kann.

Wir brauchen ebenso eine Verstetigung der Stromeinspeisung aus Wind und Sonne, vor allem Wind, weil das vom Volumen her in unserem Bundesland natürlich eine ganz andere Rolle spielt. Es nützt eben nichts, allein Windstrom zu haben, wir müssen ihn in die Netze einspeisen dann, wenn er gebraucht wird.

Und das ist das Thema unseres Antrages, Herr Griese, wir wollen nämlich eine Verstetigung erreichen. Und da sind natürlich auch andere als die von uns angesprochenen Maßnahmen möglich. Wir haben zum Beispiel seit zehn Jahren das Energieeinspeisegesetz, welches die regenerativen Energien mit einem festen Abnahmepreis versieht. Warum wollen wir nicht einen Schritt weiterdenken und sagen, dass es eine Veredlung dieses Abnahmepreises gibt

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)