Wolfgang Griese

Sitzungen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie vom Vorsitzenden des Agrarausschusses in der ihm eigenen kurzen Form soeben vernehmen konnten, haben sich der federführende Ausschuss und die mitberatenden Ausschüsse ausführlich und mehrfach mit dem Antrag beschäftigt und jetzt wird vorgeschlagen, ihn abzulehnen, weil seine Forderungen erfüllt seien.
Es heißt, der Atomausstieg sei auf gutem Wege, behandelt wurden im Ausschuss aber nur einige Forderungen des Antrages meiner Fraktion. Ich möchte unsere Sichten zu allen Forderungen nochmals beleuchten:
Wir forderten, durch den Landtag feststellen zu lassen, Atomenergie ist nicht beherrschbar und stellt ein nicht verantwortbares Risiko dar. Mit Genugtuung konnten wir gestern während der Aktuellen Stunde vom Kollegen Dr. Gottfried Timm wie auch von unserem Ministerpräsidenten Herrn Sellering eine deckungsgleiche Aussage offiziell vernehmen. Aber glaubt denn jeder wirklich, dass mit der Verschiebung des Atomgesetzes heute im Bundesrat diese Probleme aus der Welt sind? Sie sind es offensichtlich nicht, sie bleiben es so lange, bis nicht nur das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet ist, sondern bis diese Ungetüme restlos beseitigt und entsorgt sind.
Die Risiken für die Menschen sind weiterhin nicht zu verantworten. Naturkatastrophen, Terrorismus, Flugzeugabstürze sowie technisches und menschliches Versagen sind auch mit dem Atomausstiegsgesetz in Deutschland
weiterhin möglich. Dagegen ist Schutz nahezu unmöglich. Was meinen Sie, wie viele AKW es gäbe, wenn die Betreiber die wirklichen Risiken versichern müssten? Ich wage den Tipp, nicht ein einziges. Kein Versicherer würde sich darauf einlassen.
Der Punkt 3 unseres Antrages fordert als Erstes, die Laufzeitverlängerung rückgängig zu machen. Tatsache ist, dass der Entwurf des Atomgesetzes vom 06.06. dieses Jahres die Laufzeitverlängerung zurücknimmt und schrittweise den Ausstieg aus der Atomenergie festlegt. Für jedes AKW gibt es ein Abschaltdatum. Das ist für meine Begriffe ein großer Fortschritt und ein Sieg der Antiatombewegung, deren Teil meine Fraktion und Partei sind.
Ich gehe davon aus, dass der Bundesrat heute hiervon nicht abweichen wird, weil hieran kein Weg vorbeiführt.
Die zweite Forderung, sofort mit dem systematischen Abschalten zu beginnen, ist bei Inkrafttreten des Gesetzes voraussichtlich ebenfalls erfüllt. Das Moratorium ist beendet, die acht jetzt abgeschalteten Meiler sollen nach dem Willen der Bundesregierung nicht wieder ans Netz gehen. Die Option, die zunächst bestand, nämlich einige Meiler wieder in der Zwischenzeit anfahren zu lassen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes, wird nun nicht mehr greifen können. Aber allein, dass die Möglichkeit besteht, bestätigt die Auffassung der LINKEN, dass das Moratorium auf rechtlich tönernen Füßen steht.
Aber eines der acht AKW soll als Reserve im Stand-by bleiben. Ob und wann das gebraucht wird, soll allein die Bundesnetzagentur entscheiden. Das halten wir nicht für akzeptabel. Es darf keine Hintertüren geben.
Die vierte Forderung ist die nach dem unumkehrbaren Ausstieg aus Atomenergienutzung. Diese Forderung, meine Damen und Herren, ist aber in keiner Weise erfüllt. Unumkehrbar wäre der Ausstieg nur dann, wenn Atomwaffenverbot und Ausstieg aus der Atomenergieerzeugung ins Grundgesetz aufgenommen würden. Eine Zweidrittelmehrheit, um das wieder rückgängig zu machen, ist nahezu unmöglich zu erreichen. Jedes andere Gesetz kann wieder aufgehoben werden, wie wir mit dem Ausstiegsgesetz von Rot-Grün gesehen haben.
In der CDU und erst recht in der FDP – ich war frappiert gestern von Frau Reese, eine solche Position zu der angeblich Nichtaktualität dieses Themas zu hören, das heute im Bundesrat besprochen und behandelt wird – gibt es große Vorbehalte gegen das Vorgehen. Die Stimmen werden lauter, die eine Revisionsklausel vorschlagen, das heißt, dass unter Umständen der Ausstieg rückgängig gemacht werden soll beziehungsweise die Laufzeit dennoch wieder verlängert werden kann. Außerdem drohen Klagen der AKW-Betreiber gegen verschiedene Aspekte des Gesetzpaketes.
Ihnen, meine Damen und Herren der FDP- und CDUFraktion, möchte ich raten – frei nach Friedrich Hebbel –: „Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.“
Und schließlich wollen wir, dass die Bundesregierung im genannten Sinne auch in der EU wirkt. Das ist unver
zichtbar, weil es zwar richtig ist, dass Deutschland auch im Alleingang aussteigt, aber mittelfristig Europa natürlich folgen muss.
Auch andere Länder, insbesondere deren Bevölkerung, stehen nicht mehr einhellig hinter der Atomkraft. Es gibt Statistiken, dass nach neuesten Umfragen 75 Prozent der Bevölkerung gegen Atomkraft auftreten. Der Stresstest der AKW in EU-Ländern ist ein ziemlich unscharfes Schwert, zumal die AKW-Betreiber selbst und freiwillig die entsprechenden Unterlagen ausfertigen können. Dringender Veränderung, ja, sogar Abschaffung bedarf der Euratom-Vertrag. Er unterliegt keinerlei demokratischen Kontrolle, sondern ist der wohlwollende Handlungsrahmen der AKW-Betreiber und ihrer national staatlichen Lobbyisten. Hier bleibt auch für die Bundesregierung noch viel zu tun. Atomausstieg muss auch in Europa und weltweit vollzogen werden.
Summa summarum hat sich der Antrag für DIE LINKE keineswegs erledigt. Wir halten die Eile, mit der die Bundesregierung ihre Vorgehensweise gesetzlich absichern will, für nicht akzeptabel, da dies kaum Spielräume für eine breite parlamentarische und gesellschaftliche Debatte des Vorgehens lässt. Außerdem bleibt es rechtlich angreifbar und eröffnet Klagemöglichkeiten der AKW-Betreiber.
Der Bundesrat muss so beteiligt werden, dass Länderinteressen auch zum Tragen kommen. Vor allem geht es darum, eine solidarische Finanzierung des erforderlichen Netzausbaus und der Speichermöglichkeit erneuerbarer Energien hinzubekommen, wie auch der Ministerpräsident Sellering es gestern forderte. Davon ist momentan leider nichts in Sicht mit diesem Gesetzespaket. Steuersenkungsankündigungen sind zurzeit völlig irrelevant. Der Bereich des Ersatzes der Strombereitstellung aus Kernkraftwerken durch erneuerbare Energien fordert geradezu finanzielle Unterstützung, betrachtet man den wesentlich höheren Zeitaufwand für neue zentrale und dezentrale Netz- und Speicherkapazitäten im Vergleich zu den Produktionsstätten für erneuerbare Energie. Da hilft auch der Atlas über die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien wenig. Wir müssen das in der Tat im Zusammenhang sehen. Hier müssen Prämissen gesetzt werden.
Zudem ist es lächerlich, wenn die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 lediglich einen Ökostromanteil von 35 Prozent erreichen und zusätzlich Kohlekraft einsetzen will.
Das Minimum wären 50 Prozent Ökostrom, wenn man 2050 eine nahezu hundertprozentige Energiebereitstellung aus Ökostrom erreichen will. Es darf keinerlei Hintertüren für eine Fortsetzung der Atompolitik geben. Wir fordern eine rechtssichere und irreversible Festschreibung des Atomausstiegs.
Gutachten belegen, dass der vollständige Ausstieg bis 2017 machbar ist. DIE LINKE befindet sich dabei in Übereinstimmung mit der Anti-AKW-Bewegung. Elf weitere Jahre mit Atomkraftwerken sind nicht akzeptabel. Außerdem gibt es keinerlei Signale, wie das Lagerungsproblem der Abfälle gelöst werden soll. Auch da hat Mecklenburg-Vorpommern ein fundamentales Interesse an Lösungen, die nicht bedeuten können, der ganze Müll wird in Lubmin zwischengelagert. Das heißt, Sie können den Antrag ablehnen, aber die Probleme, meine Damen und Herren, werden bleiben.
Ein Gesetzespaket vorzulegen, ist nur ein Schritt. Daran gibt es vieles zu kritisieren, was auch im Interesse des Landes verändert werden muss. Zum Beispiel darf keinesfalls die Planungshoheit an den Bund abgegeben werden. Wir wollen eine dezentrale Energiewirtschaft, die größtmögliche Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern erfährt. Das geht nicht auf dem Weg der Zentralisierung.
Es ist klar, dass wir die Beschlussempfehlung des Agrarausschusses nicht mittragen. Nicht Sieg sollte der Sinn unserer Debatte sein, sondern Gewinn. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Monaten hat es in Deutschland eine Entwicklung gegeben, die in der Bundesrepublik nicht ständig passiert und die auch nicht vorauszusehen war. Erinnern wir uns: Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte in den Koalitionsverhandlungen nahezu als erste Übereinkunft die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken beschlossen. In einem Gutachten hat sie sich dann bestätigen lassen, dass erstens die deutschen Atomkraftwerke sicher seien und zweitens als Brückentechnologie bis zum vollständigen Umbau der Energiewirtschaft auf erneuerbare Energien unverzichtbar seien. Dafür sollte das aus vier Energiekonzernen bestehende Oligopol einen lächerlich winzigen Bruchteil seiner Extragewinne aus der Laufzeitverlängerung an den Staatshaushalt abgeben. Das wurde beschlossen, meine Damen und Herren.
Die Kanzlerin feierte ihr Energiekonzept als Revolution in der Energiewirtschaft. Offensichtlich hat die Regierung nicht damit gerechnet, dass sie mit dieser Ankündigung einen Sturm der Entrüstung herbeiführen würde. Nach Fukushima ist daraus ein Orkan geworden,
der die Atomkraftwerksbetreiber und ihre politischen Lobbyisten überrollt hat. Jetzt war nicht mehr so sicher, was noch wenige Wochen vorher als sicher galt. Jetzt übertrafen sich die vormaligen Verfechter der Brückentechnologie Kernenergie beim Rückwärtsrudern. Man muss sich mal vorstellen, dass die bayerische CSU, an der Spitze Herr Seehofer, jetzt dabei ist, die Grünen links zu überholen – was sage ich, links natürlich nicht, das ist falsch –, besser: die Grünen zu überfliegen, und schneller aus der Atomenergie aussteigen will, schneller, als die Polizei es erlaubt.
Die Kanzlerin hat eine Ethikkommission – mehrheitlich mit kernkraftnahen Vertretern – eingesetzt, die sie beim weiteren Vorgehen beraten sollen. Irgendwie braucht sie immer ein Alibi für ihre Entscheidungen. Durchgesickert ist bereits, dass die acht jetzt abgeschalteten Atommeiler auch abgeschaltet bleiben sollen und ein vollständiger Ausstieg bis zum Jahre 2020/2021 möglich sei.
Aber wir erleben jetzt auch, dass Fukushima und die schrecklichen Ereignisse in Japan aus den Schlagzeilen und von den ersten Seiten der Zeitungen und der Onlineredaktionen verschwinden.
Jetzt kommen die Bedenkenträger wieder auf den Plan oder vielmehr diejenigen, die mehr oder weniger offen die Interessen der Atomwirtschaft vertreten. Am Ausstieg kommt niemand mehr vorbei. Jetzt geht es darum, wie und wie schnell es gestaltet werden soll. FDP und auch Teile der CDU …
Ja, Herr Liskow.
… wollen sich Hintertüren offenlassen,
nach dem Motto, sollte es erforderlich sein, müsse die Möglichkeit zum Wiederanfahren der Atommeiler weiter
bestehen. Bei ersten Pressekonferenzen windet sich der Bundesumweltminister wie ein Regenwurm in der Essigsäure, um argumentativ verlorenes Terrain bei den Energiekonzernen wiedergutzumachen.
Was das aber heißt, es ist erforderlich, das würden sie bestimmen.
Also dieser Koalition ist nicht zu trauen. Sie will keinen vollständigen, zumindest keinen unumkehrbaren Ausstieg aus der Atomenergie. Deshalb unterstützt meine Fraktion voll und ganz die Forderung unserer Bundestagsfraktion, das Verbot von Atomwaffen und Atomenergie ins Grundgesetz zu schreiben.
Nur dann ist ein Ausstieg vom Ausstieg nicht mehr möglich.
Das ist auch eine der Lehren aus dem fehlgeschlagenen Ausstiegsplan der damaligen rot-grünen Bundesregierung.
Die Argumente, die diese Hintertür offenhalten sollen, sind im Wesentlichen drei: Das ist der Klimaschutz, die Versorgungssicherheit und es sind die Kosten. Das sind keine neuen Argumente. Sie sind vielfach widerlegt von seriösen in- und ausländischen Untersuchungen, ja auch in Studien von Beratungsgremien des Bundesumweltministeriums.
Vielmehr sind es bewusst gestreute Unwahrheiten der Kernenergielobbyisten, um so viel wie irgend möglich an Kernkraftwerkskapazitäten in Deutschland zu retten. Aber wenn es um Macht geht und wenn es um Interessen geht, halten sich auch populistische und haltlose Scheinargumente hartnäckig. Und hierbei geht es um sehr viel Macht, hier geht es um sehr viel Geld.
Wie gesagt, es ist vielfach widerlegt, dass nach Abschaltung aller AKW die Lichter bei uns ausgehen. Zurzeit sind 11 von 17 Meilern nicht am Netz, weil sie entweder über das Moratorium der Bundesregierung abgeschaltet sind oder durch Wartungsarbeiten nicht am Netz sind. Weder ist die Versorgungssicherheit in Gefahr, noch sind die Preise explodiert.
Die erneuerbaren Energien sind bei gesamtnationaler Anstrengung sehr bald in der Lage, die Energieversorgung zu 100 Prozent zu übernehmen.
Und das Kostenargument ist nichts anderes als Panikmache und politisches Kalkül. Es ist doch bezeichnend, dass die schwarz-gelbe Koalition in den Chor derjenigen einstimmt, die mit Krokodilstränen im Auge über die ungeheuren Kosten der solaren Energiewende jammern und wie furchtbar, wie super furchtbar das doch für die Verbraucher sei.
Die Energiemonopole wollen sich die Extraprofite über den Strompreis hereinholen, die ihnen durch den Atomausstieg entgehen. Aus deren Sicht ist das sogar verständlich, denn Monopole und Moral sind nicht miteinander vereinbar. Aber der Staat muss in erster Linie der
Interessenvertreter der Mehrheit in der Bevölkerung und Gesellschaft sein. Deshalb darf er nicht zulassen, dass die Kosten den kleinen Leuten – und dazu zählen auch die kleinen und mittleren Unternehmer – auferlegt werden sollen. Der Staat steht in der Pflicht, die Energieversorgung als Teil der Daseinsvorsorge bezahlbar zu halten und dieses gesetzlich zu regeln.
Ebenso notwendig ist die verbindliche Einführung von Sozialtarifen für Strom und Wärme. Die Energiewende ins solare Zeitalter wurde von den vier großen Konzernen in den vergangenen Jahren massiv und bewusst behindert. Sie haben Milliardengewinne eingefahren, jetzt müssen sie die Folgen tragen und die Energiewende weitgehend finanzieren.
Ministerpräsident Sellering und Wirtschaftsminister Seidel sprechen bei jeder Gelegenheit davon, dass Mecklenburg-Vorpommern den Netzausbau für die Ableitung des Stroms von den Offshorewindparks nicht alleine schultern kann und Hilfe des Bundes braucht. Ich frage mich: Warum eigentlich? Warum soll der Steuerzahler für Netze bezahlen, die nicht öffentliches Eigentum sind?
Ich glaube, es gibt in Mecklenburg-Vorpommern nur noch wenige sturköpfige Ignoranten, die kein Interesse am schnellstmöglichen Ausbau erneuerbarer Energien haben. Die dezentralen kommunalen und regionalen Erzeugungs- und Versorgungsunternehmen erkennen ihre Chance,
gerade diese legen ihren Schwerpunkt auf die Nutzung erneuerbarer Energien und den Ausbau von KraftWärme-Kopplung. Die Struktur der Energieerzeugung, ausgehend von zentralen Kraftwerken mit Stromübertragung über weite Strecken, ist ineffektiv.
Verluste werden immer größer, je weiter der Weg vom Erzeuger zum Abnehmer ist. Und die Bayern wollen den Strom von uns auch gar nicht haben. Auch deshalb müssen dezentrale Strukturen her, und zwar überall in der Bundesrepublik. Um das zu schaffen, werden auch die Verbraucher ihren Teil beitragen müssen. Aber Strom und Wärme darf kein Luxusgut werden. Deshalb brauchen wir Kappungsgrenzen
für Preiserhöhungen und Sozialtarife. Wer wenig Strom verbraucht, muss belohnt werden. Heute ist es paradoxerweise total umgekehrt.
Stimmen Sie, meine Damen und Herren, unserem Antrag zu, dann bedanke ich mich auch ganz besonders für Ihre Aufmerksamkeit. – Vielen Dank.
Herr Kollege Stein, eine Frage hätte ich bitte. Da Sie so vehement eine Preiskontrolle ablehnen und meinen, das würde in der Marktwirtschaft der Wettbewerb regulieren, habe ich die Frage, wie es sein kann, dass bei drastisch fallenden Kosten, Energiekosten, die Preise in den letzten zwei, drei Jahren gigantisch angestiegen sind. Das wäre die erste Frage.
Und die zweite Frage ist, dass die Ethikkommission ja jetzt einen Vorschlag unterbreitet hat, dass gewisse erneuerbare Energien abgeschaltet werden, Fotovoltaik wie auch Windkraftenergie abgeschaltet werden, dafür aber die Unternehmer dieser Einrichtungen trotzdem Geld erhalten, also für den Stillstand auch, was dann dazu führt, dass letztendlich der Endverbraucher diese Kosten zahlen muss.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eingriffe in die Natur sind auszugleichen. Und das ist gut so. Ausgleichsflächen für Eingriffe in die Natur werden aber auch in unserem Land knapp. Und das ist natürlich nicht gut. Es wird immer schwieriger, geeignete Flächen zu finden, zum Beispiel, und das ist hier auch schon angesprochen worden, für die geplanten Gaskraftwerke am Energiestandort Lubmin. Ebenso fehlt es momentan noch an meeresnahen und marinen Ausgleichsflächen für die Ostseepipeline von Viborg nach Lubmin. Der Leiter des LUNG, Herr Harald Stegemann, bezeichnete unlängst die ungeklärte Ausgleichsfrage für Lubmin in der „Ostsee-Zeitung“ als sehr problematisch.
Meine Fraktion und ich kritisieren, dass die Landesregierung bis zu den Wahlen im September an dieser Stelle ihre Arbeit einstellt und aus Scheu vielleicht vor dem Wähler oder aus Wahltaktik ihre Entscheidung zum Hochwasserschutz und zu den geplanten Ausgleichsflächen im Inselnorden von Usedom trifft. Insofern kann ich die Motivation der FDP für diesen Antrag nachvollziehen. Das Problem wurde also erkannt.
Bundesweit ist deshalb die Ökokontierung als Naturschutzinstrument eingeführt worden. Heutige Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen können so quasi einem Flächen- und Maßnahmenkonto gutgeschrieben und für künftige Eingriffe genutzt werden, wie der Agrarminister das hier auch ausgeführt hatte. Rechtsgrundlagen sind der Paragraf 16 des Bundesnaturschutzgesetzes, der Paragraf 200a des Baugesetzbuches und der Paragraf 12 des Landesgesetzes zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes.
Das Letztere, Frau Reese, haben wir ja in den Ausschüssen und im Plenum ausführlich beraten. Die FDP hat sich daran ja auch beteiligt. So weit, so gut, die Fakten sind bekannt.
Bekannt ist ebenfalls, zumindest, wenn man sich dafür interessiert und mal bei dem Ministerium oder beim LUNG nachfragt, dass landesweit nach Möglichkeiten für weitere Ausgleichsmaßnahmen und Ausgleichsflächen gesucht wird und für Lubmin wohl sogar ein Gutachter dafür beauftragt ist.
Und nun dieser Antrag der FDP, der Deregulierungspartei. Was ist das für eine Rolle rückwärts? Hier sehe ich ein Gleichnis zu dem Antrag zur Schuldenbremse. Aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion ist dieser Antrag unnötig, denn es bestehen doch alle rechtlichen Voraussetzungen und es wird intensiv nach Ausgleichsflächen gesucht.
Frau Kollegin Schlupp hat zu diesem Sachverhalt am 12.04. dieses Jahres eine Pressemitteilung herausgegeben, die das wahre Problem eigentlich anpackt. Frau Reese, ich habe das nicht so verstanden, dass die Konsequenz von Frau Schlupp war, es müsste ein neues Kataster geschaffen werden. Nein, sie hat das Problem dargestellt, das wir in unserem Land haben. Und das unterstreiche ich Satz für Satz.
Und den Antrag der FDP-Fraktion mit der derzeitigen Atomausstiegsdebatte zu begründen, das erscheint mir also entschieden zu kurz gegriffen. Hier wollen Sie wohl – liebe Kollegin Reese und meine Herren von der FDP, nur einer ist hier, mein Herr von der FDP – auf der …
Ach so, okay.
… derzeit laufenden Welle mitsurfen.
Eine kurze Nachfrage beim Verkehrsministerium bestätigte mir dann auch – und der Herr Minister Schlotmann hatte es ja gerade heute ausgeführt –, dass bei uns im Land die notwendigen Stromnetze insgesamt gut ausgebaut sind und wir über die notwendigen Kapazitäten verfügen, um zum Beispiel den hier anfallenden Windstrom auch entsprechend abführen zu können.
Genau.
Problematisch wird es dann ab den Landesgrenzen, zum Beispiel nach Schleswig-Holstein. Und ich frage: Wer regiert denn da eigentlich? Vielleicht können Sie mir das ja beantworten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.
Somit können Sie sich sicher denken, wie wir zum Punkt 1 Ihres Antrages stehen. Der Punkt 2 ist für uns ebenfalls überflüssig. Und den Punkt 3, ein landesweites Ausgleichsflächenkataster bis zum 31.08. dieses Jahres dem Landtag vorzulegen, das, meine Damen und Herren, haben Sie sicher nicht ernst gemeint. Wie soll das schon allein rein zeitlich funktionieren?
Der ganze Antrag ist absolut typisch für die FDP dieses Landes. Vor der Wahl und ab und zu im Landtag geißeln wir die überbordende Bürokratie, und wenn es uns mal in den Kram oder in die aktuelle Stimmungslage passt, bauen wir ein neues bürokratisches Monster auf. Das ist alles weniger als drei Prozent wert. Wir werden da nicht mitspielen und lehnen, meine Damen und Herren, diesen Antrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Letzte Woche war die Atomkraft so sicher wie das Amen in der Kirche – heute ist sie so sicher wie die Renten.“ Das ist nicht von mir. Dieser Satz stammt vom Moderator des „Morgenmagazins“ von ARD und ZDF am gestrigen Donnerstag. Dennoch finde ich diesen Vergleich ziemlich treffend. Auch wenn es angesichts des unendlichen Leids der betroffenen japanischen Bevölkerung keinen Grund für Scherze gibt, zeigt dieser Satz, alle Beteuerungen der Atomkonzerne und ihrer politischen Vertreter sind wie eine Seifenblase geplatzt. Man kann ihnen nicht trauen.
Japan droht der Super-GAU, das Schlimmste, was in einem KKW passieren kann und nach menschlichem Ermessen nicht mehr beherrscht werden kann. Alle Hilfe und internationale Solidarität gilt dem japanischen Volk. „Kamikaze“ ist ein Wort aus dem japanischen Sprachgebrauch, Ihnen, meine Damen und Herren, allen geläufig, die sich mit der Geschichte des Zweiten Weltkrieges befasst haben,
„Selbstaufopferung“ die Übersetzung ins Deutsche. Aktuell bezogen auf den GAU würde ich noch die Übersetzung „Helden“ hinzufügen. Ich habe größte Hochachtung vor den 50 Menschen, die in Fukushima versuchen zu retten, was kaum noch zu retten scheint.
Ich fürchte, sie opfern sich, um Millionen ihrer japanischen Landsleute zu retten. Manche der Versuche wirken ziemlich hilflos, zum Beispiel Wasser aus einem Hubschrauber gezielt auf die Reaktoren abzuwerfen, ein Tropfen auf einem glühenden Stein. Alle Hoffnungen richten sich auf die Wiederherstellung einer elektrischen Verbindung, um die Kühlaggregate und die Pumpen wieder in Betrieb nehmen zu können. Das ist kein
Vorwurf. Die 50 Helden tun einfach alles, was ihnen möglich erscheint, 14 Stunden täglich, so hilflos es auch sein mag. Man kann nur hoffen, dass ihr Einsatz nicht sinnlos sein wird.
Inzwischen ist bekannt, dass die Sicherheitsstandards von der Betreiberfirma auch nicht so genau genommen worden sind. Fukushima sollte gegen Erdbeben der Stärke 8,2 gesichert werden, war aber nur der Stärke 7 entsprechend gebaut worden. Das aktuelle Erdbeben hatte die Stärke 9,0. Die geforderte Absicherung war deshalb auch nicht ausreichend, aber es wirft ein bezeichnendes Licht auf das Unrechtsbewusstsein der Konzernchefs.
Und es stellt sich ja die Frage, warum nicht eine Sicherung bis zur Stärke 10 gefordert wird. Das ist ganz einfach: die Kosten. Sicherheit kostet. Energiekonzerne betrachten wie jeder Unternehmer die Rentabilität,
nur, dass eben ein Atomkraftwerk nicht wie jedes andere Unternehmen ist.
Aber auch da wird das Verhältnis zwischen Sicherheitsanforderungen und den damit verbundenen Kosten austariert.
Noch viel bezeichnender ist jedoch, dass ein anderer Betrieb dieses japanischen Atomkonzerns just in diesem Moment der Tragödie im Heimatland mit dem Neubau eines Kernkraftwerks in Ankara begonnen hat. Ich mag es nicht glauben.
Aber zurück zur Natur: Es ist ganz offensichtlich, dass der Natur solche Balanceakte egal sind. Das verbleibende Restrisiko ist eben bei der Kernenergie nicht kalkulierbar und deshalb ist es auch nicht vertretbar. Das lehrt uns nun Japan. Mit einer solchen unheilvollen Verkettung von Erdbeben und Tsunamis à la Japan, mit so einer Dimension wird in Deutschland sicherlich nicht zu rechnen sein, aber andere Auslöser und Verkettungen sind möglich. Ich nenne nur menschliches Versagen, Blitzeinschläge, Materialermüdung, Stromausfälle, terroristische Überfälle, Flugzeugabstürze.
Die Nutzung von Atomenergie war und ist ein gigantisches Risiko für die Menschheit, und das in allen Fertigungsstufen des kernenergetischen Prozesses – der Uranabbau bereits, die Urananreicherung, die Fertigung der Brennstäbe, der eigentliche energetische Kernspaltungsprozess, die Zwischenlagerung mit den vielen Spazierfahrten dieses hoch brisanten Materials bis hin zur nicht geklärten Endlagerung. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir da raus, und das unverzüglich und unumkehrbar.
Gerade diese Irreversibilität des Ausstieges, der Verabschiedung von der Kernenergie, möchte ich besonders betonen. Deutschland muss nach dem Fukushima-GAU Vorreiter und Vorbild für alle Nachbarstaaten, für ganz Europa, ja, für alle Staaten der Welt sein, die uns folgen müssen, weil sonst ein Ausstieg im Herzen Europas keinen, überhaupt keinen Sinn macht.
Der erste Schritt muss die Rücknahme des Laufzeitverlängerungsgesetzes sein. Das zu tun, sollte eigentlich ganz einfach sein, vor allem jetzt, da ausnahmslos von allen anerkannt wird, wir müssen schneller die vollständige Umstellung auf erneuerbare Quellen erreichen. Abschalten alleine reicht also nicht.
Der zweite Schritt muss im Schaffen von Vorkehrungen bestehen, um hundertprozentig erneuerbare Energien rasch und zuverlässig zu erreichen. Auch hierbei hat Deutschland Know-how-Vorsprung zu bieten, womit wir auch international agieren können. In dieser Phase muss nun endlich die Regierung den Energieoligopolen die Arbeitsrichtung vorgeben, also die Brücke für die nächsten zehn Jahre muss der Bau von Erdgaskraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung, kombiniert mit knallharten Energieeinsparungsmaßnahmen in allen Bereichen sein,
dann die breite Flotte der erneuerbaren Energien bis hin zur Brennstoffzelle und dafür passende Elektroversorgungsnetze, Supergrids, kleine, dezentrale Netze und die Entwicklung wirtschaftlicher Elektrospeicherkapazitäten, das alles kann unser hoch industrialisiertes Deutschland leisten. Das schafft Abertausende hoch qualifizierte Arbeitsplätze. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen machen, machen sofort.
Ich muss schon sagen, der Sinneswandel der Bundesregierung ist ziemlich erstaunlich.
Ist es da ein Wunder, dass die Mehrheit der Menschen dem nicht mehr traut?
Wir haben ständig diese Position vertreten.
Warum nur ein Moratorium für drei Monate, frage ich.
Was wissen wir in drei Monaten, was wir nicht heute schon wissen?
Ich halte mich nicht so sehr auf mit den rechtlichen Problemen, die gestern im Bundestag aufgeworfen worden sind.
Das sind lösbare Probleme. Sie müssen auch gelöst werden, denn Frau Merkel und Herr Westerwelle sind keine absolutistischen Herrscher, die die alleinige Entscheidungsgewalt haben dürfen.
Aber ich sage es noch einmal: Die Probleme sind lösbar. Sie sind objektiv lösbar.
Viel wichtiger erscheint mir da die Meinung von Experten, der sich übrigens auch der Umweltminister Niedersachsens von der FDP, der Herr Sander, angeschlossen
hat. Den Sozialdemokraten Hermann Scheer, besonders sein letztes Buch, empfehle ich jedem Politiker als Fachlektüre.
Die Fachwissenschaftler betonen auch, dass ein Sicherheitscheck des geforderten und nötigen Ausmaßes mindestens ein Jahr und länger dauert. Ich weiß nicht, was das Moratorium mit drei Monaten bewirken soll. Es kann keinesfalls nach drei Monaten abgeschlossen sein. Also noch einmal die Frage: Was wissen wir in drei Monaten, was wir nicht heute schon wissen? Also doch nur Beruhigungspillen im Wahlkampf?
Ich meine, meine Damen und Herren, die Sicherheit der Menschen ist ein Grundanspruch, den wir haben. Jede Technologie, jeder Eingriff in die Natur ist natürlich mit Risiken verbunden. Aber die Risiken, die die Behandlung der Kernenergie angehen, sind bis zum heutigen Tage, und ich wiederhole es ständig, nicht lösbar, nicht beherrschbar.
Die sieben Atommeiler, die jetzt vorübergehend abgeschaltet werden sollen, und der erste bereits abgeschaltete Reaktor müssen abgeschaltet bleiben. Mecklenburg-Vorpommern kann für diese Fälle ein praxiserprobtes Unternehmen, die Firma EWN, empfehlen. Das muss der Beginn …
Sie müssen kausal denken und nicht einfach so dazwischenrufen, lieber Herr Kokert.
Das muss der Beginn des schnellen, vollständigen und unumkehrbaren Ausstiegs aus der Atomenergienutzung sein, die Rückkehr zum rot-grünen Atomkonsens reicht nicht aus. Und natürlich müssen wir dahin kommen, dass auch in der ganzen EU diese Erkenntnisse reifen. Gleiche Sicherheitsstandards, wie sie jetzt angestrebt werden, sind für mich eine Selbstverständlichkeit. Eine atomare Wolke macht an keiner Landesgrenze halt.
Und selbstverständlich ist es auch erforderlich, die Endlagerfrage anzugehen. Das fordern ja auch alle Fraktionen unseres Hauses unisono. Dass das nicht einfach ist, zeigt die Tatsache, dass nirgends auf der Welt ein genehmigtes Endlager besteht, nirgendwo.
Das ist doch auch völlig verständlich. Niemand will diesen tödlich strahlenden und giftigen Müll auf seinem Territorium haben,
in der Bundesrepublik auch diejenigen nicht,
die die meisten Meiler haben und die vehementesten Befürworter der Atomenergie sind.
Weder Rot-Grün noch Schwarz-Rot sind dabei vorangekommen. So, wie es jetzt gemacht werden soll, meine Damen und Herren von CDU und FDP, geht es aber auch nicht. Es geht ganz einfach nicht, sich hinzustellen und zu sagen, Gorleben wird es und damit basta, zudem
belegt ist, dass die Salzstöcke nicht, in keinster Weise geeignet sind.
Eine wissenschaftlich begründete und standortoffene Suche muss es geben.
Aber auch in dieser Frage ist es dringend erforderlich, dass zunächst mal die Produktion von noch mehr Atommüll gestoppt wird.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich denke, Sie haben von der Regierungsbank hier nichts zu kommentieren.
Deutschland hat gute Voraussetzungen, …
… die Energieversorgung durch erneuerbare Energien in relativ kurzer Zeit sicherstellen zu können.
Dazu haben mein Fraktionsvorsitzender, aber auch der Ministerpräsident in der Aktuellen Stunde gesprochen und Vorschläge für nächste dringende Schritte unterbreitet. Darauf gehe ich an der Stelle deshalb nicht näher ein. Die Forderungen beider sind Bestandteil unseres Antrages. Die Bevölkerung in Deutschland verlangt den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie. Diese Forderung ist auch unsere. Dem widmet sich unser Antrag und soll ein Signal des Landesparlaments an die Bevölkerung sein: Wir haben euch verstanden.
Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wahrscheinlich der letzte Tagesordnungspunkt. Eigentlich ist
es eine ganz einfache Frage, mit der sich unser Antrag hier beschäftigt: Wollen wir in Mecklenburg-Vorpommern zulassen, dass wieder Rabenvögel bejagt werden, oder wollen wir das nicht? Sehr simpel diese Frage. Ich will es mir und Ihnen denn doch nicht so einfach machen und etwas tiefer in die Materie eindringen.
Wieder einmal beschäftigen wir uns mit dem Koalitionsvertrag von SPD und CDU aus dem Jahre 2006. Dort heißt es in Kapitel IV „Landwirtschaft und Umwelt“ unter der Rubrik „Ernährung, Landwirtschaft, Fischerei, Forsten“ in Punkt 126, ich zitiere: „Im Interesse des Artenschutzes werden Jagd- und Schonzeiten für Rabenvögel in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt.“ Und wie wir unseren Herrn Minister kennen, wird der Koalitionsvertrag selbstverständlich eins zu eins auch umgesetzt.
Wenn man schon in den Verhandlungen ein mieses Ergebnis für den Naturschutz erzielt hat, und ich komme darauf auch explizit noch mal zu sprechen, dann soll wenigstens der Handlungswille stimmen. Denn was ist schon das bisschen Naturschutz gegen den Koalitionsfrieden?! Und so legte das Umweltministerium den anerkannten Naturschutzverbänden den Entwurf der Verordnung zur Unterstellung von Tierarten unter das Jagdrecht und zur Änderung der Jagdzeiten, im Weiteren kurz Jagdzeitenverordnung genannt, vor. Darin wird im Artikel 2 Paragraf 1 ausgeführt, dass abweichend von den Jagd- und Schonzeiten des Bundes in unserem Bundesland unter anderem die Jagd auf Aaskrähen und Elstern von August bis Februar ausgeführt werden darf.
Dagegen will ich ja gerade sprechen, lieber Herr Kokert.
Nun könnten Sie, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, Sie könnten meinen, es handelt es sich hier um eine Verordnung und das ist ausschließlich Regierungshandeln. Mit anderen Worten, das Ganze geht uns eigentlich nichts an, könnten Sie sagen. Darauf möchte ich aber erwidern, uns geht alles, was in Mecklenburg-Vorpommern passiert, an.
Und ganz sicher gehen den Landtag auch die Belange des Naturschutzes an, gerade wenn aus unserer Sicht die Landesregierung vom Bundesrecht in Sachen Naturschutz abweichen will – dieses nun zum wiederholten Male für leider eine Verschlechterung. Das Vorgehen der Landesregierung hat für mich schon ein gewisses Geschmäckle. Nicht zum ersten Mal drängt sich mir der Eindruck auf, dass das Agrarministerium, das zugleich ja auch Umweltministerium ist, sklavisch an der Umsetzung des Koalitionsvertrages hängt und dass die Agrarlobby und die CDU den bestimmenden Einfluss ausüben, wie Sie das soeben mich ja auch haben wissen lassen, Herr Kokert.
Der Landwirtschaftsminister vergisst in meinen Augen viel zu oft, dass er als Umweltminister auch für den Schutz der heimischen Fauna und Flora zuständig ist.
Und man muss natürlich in der Argumentation mit den einzelnen Vereinen und Verbänden auch davon ausgehen, jedermann recht getan, ist letztlich eine Kunst, die niemand kann.
Für mich bringt sich dieser Vorstoß der Landesregierung ein in eine Reihe von deutlichen Verschlechterungen in Sachen Natur- und Umweltschutz und ich schweife bewusst einmal ein wenig ab.
Ja.
Das betrifft zum Beispiel die Absenkung der Gewässerrandstreifen auf einen Meter,
die Reduzierung der Uferschutzzone auf 50 Meter für Binnengewässer und 150 Meter für die Küste oder die Unterstützung der Landesregierung für riesige agrarindustrielle Tierhaltungsanlagen und das Gott sei Dank geplatzte Vorhaben, in Lubmin ein Steinkohlekraftwerk zu bauen. Langsam, aber sicher verspielt unter dieser Regierung unser Bundesland seinen guten Ruf in Sachen Natur und im Umweltschutz.
Doch wieder zurück zur Jagdzeitenverordnung oder den Abschusszeiten, wie es früher hieß: Meine Fraktion und ich lehnen die Unterstellung der Rabenvögel unter das Jagdrecht strikt ab.
Für mich sind die im Verordnungsentwurf zusammengebastelten Begründungen für diesen Schritt auch rein fachlich nicht haltbar. Zum Beispiel erschließt es sich mir absolut nicht, warum ausgerechnet bei den Rabenvögeln die natürlichen Bestandsregulierungsmechanismen hier nicht funktionieren sollen.
Und dass sie einfach ausgeschlossen werden sollen, das ist völlig unwissenschaftlich und ruft jeden seriösen Biologen und Ornithologen auf den Plan.
Die Fachleute Ihres Ministeriums, sehr geehrter Herr Minister, selbst geben an, dass Krähenvögel nicht nachweisbar als Seuchenüberträger festgestellt wurden, und wenn, dann wären die nach den Abschussattacken übrig gebliebenen Krähenvögel ja auch in dem gleichen Verdacht, Seuchen zu übertragen. Folgt man dieser Unlogik, müsste man ja gleich alle Kulturfolger bejagen. Diese Begründung ist an den Haaren herbeigezogen, meine Damen und Herren.
Auch die restlichen angeführten Begründungen, die uns angeblich zur Bejagung von Aaskrähen und Elstern zwingen, klingen recht abenteuerlich. Rabenvögel zerstören Gelege, erbeuten Jungvögel, dezimieren einzelne Niederwildarten – ja, wie jeder Adler, wie jeder andere Raubvogel das eben tut, ebenso, wie diese gejagten Tiere sich wiederum von anderen Wirbeltieren und Wirbellosen ernähren. Schwindet die Spezies Raubvögel, so wer
den Marder, Fuchs, Waschbär, Marderhund diesen Job sicherlich übernehmen.
So ist es eben in der Nahrungskette. Dies als Begründung herzunehmen, ist mehr als merkwürdig, zumal der Antwort auf die Kleine Anfrage meiner geschätzten Kollegin Schwebs auf Drucksache 5/4117 zu entnehmen war, dass es keinerlei belegbare Erkenntnisse für irgendwelche von Rabenvögeln ausgehende Bestandsgefährdungen von Niederwild gibt.
Sie können ruhig zuhören. Sie wollten doch zuhören, Herr Kokert.
Ja, das ist gut.
Und wenn es dann doch so sein soll, warum gibt es dazu keine Untersuchungen durch die Landesregierung? Sind Rabenvögel eine besondere Spezies, bei der man sich auf mittelalterliche Gruselgeschichten verlässt, wie in vielen Märchen zu lesen war?
Ebenso bringt mich die Behauptung der Landesregierung zum Erstaunen, dass diese schwarzen Vögel, also ich meine die Rabenvögel, regional bedeutende Schäden in der Landwirtschaft verursachen. Auch dies ist mir und mit keinerlei Fakten unterlegbar, siehe die vorhin erwähnte Antwort auf die Kleine Anfrage von Frau Schwebs.
Übrigens gibt es dort auch nichts Konkretes zu von Rabenvögeln verursachten Tierseuchen.
Unter uns Menschen würde man bei solchen Begründungen mit Sicherheit von Hörensagen, übler Nachrede und Verleumdung sprechen. Das sind Zustände aus grauer Vorzeit. Wenn die Landesregierung so massiv in den Naturhaushalt eingreifen will, denn für mich ist die Bejagung einzelner Arten ein massiver Eingriff und das bleibt es auch, dann soll sie gefälligst ihre Hausaufgaben machen und ihre sogenannten Begründungen auch konkret und wissenschaftlich unterlegen. Aus diesem Konvolut von Mutmaßungen eine gesetzliche Regelung zur Bejagung von Rabenvögeln herzuleiten, ist für meine Begriffe unseriöses Regierungshandeln.
Meine Fraktion und ich fordern jedenfalls von Ihnen, Herr Minister Backhaus, auf die geplante Änderung des Paragrafen 1 der Jagdzeitenverordnung in dieser Form zu verzichten und damit die Aaskrähen und die Elstern nicht dem Jagdrecht zu unterstellen.
Gemeinsam mit meiner Kollegin Reese nahmen wir, und der Herr Minister war ja auch dabei, an der Delegiertenkonferenz des Landesjagdverbandes am 05.03. in Klink teil. Ich habe mich hier mit den Jägern unterhalten, was sie denn dazu meinten. Sie haben gesagt, na gut, ab und zu schießen wir auch mal eine Krähe,
weil es vielleicht auch mal Spaß macht. Aber hierfür eine gesetzliche Verordnung zu schaffen, weil man glaubt, diese Vogelart damit dezimieren zu können, halten selbst die Jäger für keine ausgewogene und kluge Geschichte.
Ein anderer Jäger hat gesagt, es würde vielleicht ein bisschen Spaß machen, auf diese Tiere zu schießen.
Aber, meine Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werben dafür um Ihre Zustimmung, dass dieser Paragraf, der Paragraf 1, nicht so umgesetzt wird wie geplant. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich sind wir alle von Bestürzung und Fassungslosigkeit gezeichnet von dem, was dort in Japan passiert, eine Katastrophe, besonders in dieser Triade von Erdbeben-, Tsunami- und Kernreaktorkatastrophe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen hierbei auch beachten und eigene Schlussfolgerungen über die Unbeherrschbarkeit der Atomkraft ziehen. Der Betrieb derartiger Verfahren zur Stromerzeugung ist unverantwortlich sowohl in Japan, in Deutschland wie in der ganzen Welt. Das Moratorium der Laufzeiten von drei Monaten ist aus unserer Sicht eine Farce und trägt nicht zur Lösung des Problems bei.
Eine wahre Umkehr.
Der Ausstieg aus der Kernenergie muss sofort beginnen und entsprechend über die Gremien eingeleitet werden. Hiermit meine ich Bundestag, Bundesrat und sicherlich auch eine Änderung des Grundgesetzes. Das begründet die Eile unseres Antrages.
Ich möchte Sie, meine Damen und Herren, bitten, der Einordnung dieses Eilantrages in die Tagesordnung zuzustimmen. – Danke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bodenschutz spielt in Zeiten zunehmenden Flächenverbrauchs eine immer wichtigere Rolle.
Der Herr Umweltminister hat ja einige Beispiele angebracht. Ich will mal eins aus dem Agrarbereich hier darstellen. Die Quelle muss ich angeben, die Zahlen habe ich entnommen aus der „WirtschaftsWoche“ Nummer 10 dieses Jahres: „Derweil schrumpft die Ackerfläche je Mensch. Standen im Jahr 1960 im statistischen Durchschnitt noch 4.300 Quadratmeter für jeden Esser zur Verfügung und waren es 2005 noch 2.200 Quadratmeter, so soll die Anbaufläche bis 2030 … auf 1.800 Quadratmeter sinken“, und das bei einer stark steigenden
Bevölkerungszahl auf diesem Erdball. „Und das ist noch geschönt...“ Dazu kommt ja, was wir in unserem Land erleben, die Problematik „Tank, Trog und Bioteller“, die hiervon auch noch ihren Anteil fordern. „Der Klimawandel ist dabei nicht einmal berücksichtigt.“ Das hat hier der Minister angesprochen, was verloren geht durch Erosion, durch Wasser und durch Wind.
Beim Bundesumweltministerium heißt es zum Zwecke des Bundes-Bodenschutzgesetzes: „Zweck des Bundes-Bodenschutzgesetzes … ist es, den Boden in der Leistungsfähigkeit seiner natürlichen Funktionen und Nutzungen aller Art zu sichern oder wiederherzustellen. Unter Beachtung der bestehenden und künftigen Anforderungen an die Nutzung des Bodens sind Gefahren für den Boden und vom Boden ausgehende Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit abzuwehren. Weiterhin müssen vorsorgebezogene Anforderungen einen dauerhaften Schutz der Funktionen des Bodens gewährleisten.“
Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber, also wir, die entsprechenden Bundesregelungen für unser Land anwendbarer und entsprechend nachvollziehbar gestaltet. Das sage ich gerade nach der Forderung der Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte und der Kreise. Wir fordern, das Bundesgesetz vollzugsfähig zu machen, denn mit dem Gesetz über die Zuordnung von Aufgaben im Rahmen der Landkreisneuordnung sind diese ab Sommer 2012 für die Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen in Sachen Bodenschutz in der Regel zuständig.
Insofern kann meine Fraktion den Paragrafen 1 Absatz 1 dieses Gesetzentwurfes: „Alle, die auf Boden einwirken oder beabsichtigen, auf Boden einzuwirken, haben sich so zu verhalten, dass schädliche Bodenveränderungen, insbesondere bodenschädigende Prozesse, nicht hervorgerufen werden.“, sofort unterschreiben. Ich bin dankbar, dass der Grundsatz: „Mit Boden ist sparsam und schonend umzugehen“, ebenfalls in den Gesetzentwurf aufgenommen wurde.
Um es kurz zu machen, meine Damen und Herren, meine Fraktion erkennt die Notwendigkeit des vorliegenden Gesetzentwurfes an. Es ist ein Geschenk für den noch jungen Geburtstag unseres Ministers. Insofern erspare ich es mir, die Worte des Ministers zu wiederholen. Meine Fraktion stimmt der Überweisung in die Ausschüsse zu.
Es gibt aus unserer Sicht keine Probleme und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Herr Kollege Roolf, so eine kleine Spitze kann ich mir nicht verkneifen. Ich meine, Ihre Partei hat ja viele Markenschilder. Eines lautet Deregulierungs- und Entbürokratisierungspartei, und jetzt wollen Sie … Ich meine, da haben Sie gelernt von dem Entwicklungsministerium sicherlich im Bund.
Aber inhaltlich werden wir gar nicht so weit auseinander sein. Es ist ja eigentlich auch nur ein Prüfauftrag, und der kann und sollte nicht schädlich sein.
Mit Umsetzung der europäischen Beschleunigungsrichtlinien für Strom und Gas für mehr Wettbewerb im Energiemarkt wurde das Energiewirtschaftsgesetz novelliert. Dabei wurde der Bundesnetzagentur ab 2006 – der Herr Minister hat es ja auch ausgeführt – auch die Aufsicht über die Energiewirtschaft in Deutschland für die Strom- und Gasmärkte übertragen. Ihre wesentliche Aufgabe ist dabei die Kontrolle und die Genehmigung der Nutzungsentgelte für die einzelnen Netze. Sie soll letztlich einen diskriminierungsfreien Zugang zu Stromversorgungs- und Gasnetzen sichern.
Diese Aufgaben teilt sich die Bundesnetzagentur mit den einzelnen Bundesländern. Unternehmen mit weniger als 100.000 Kunden und mit entsprechenden Versorgungsnetzen innerhalb der Landesgrenzen können von den Landesregierungen und Landesbehörden durchaus reguliert werden. Mecklenburg-Vorpommern macht bis dato davon keinen Gebrauch, sondern überlässt es mittels einer Organleihe – der Minister hat das ebenfalls ausgeführt – der Bundesnetzagentur.
Der FDP-Antrag möchte das unter Umständen ändern und eine eigene Behörde aufbauen. Als Begründung dienen die schnell wachsenden erneuerbaren Energien. Da ist natürlich auch was dran. Wir sind ja der Meinung,
dass die noch viel schneller wachsen könnten, wenn die Landesregierung das Nötige tun würde.
Ob es aber einer Landesregulierungsbehörde bedarf, um das sicherzustellen, wagen wir doch ein wenig zu bezweifeln. Es wäre, wenn überhaupt – und da pflichte ich Herrn Dr. Timm bei –, der dritte Schritt vor dem ersten. Ehe wir Netzentgelte und Netzzugangsbedingungen kontrollieren können, Herr Kollege Roolf, brauchen wir dringend einen Ausbau der Netze, und zwar nicht nur zur Ableitung des Offshorewindstroms, sondern auch im Mittel- und Niedrigspannungsbereich, also im nahen Umfeld der Verbraucher in unserem Land.
Ich wiederhole, was ich bereits im Dezember in der Debatte zum Antrag der Koalitionsfraktionen zum Netzausbau gesagt habe: Die von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie zur Netzintegration der erneuerbaren Energien hat Hausaufgaben erteilt, die noch nicht einmal in Ansätzen erledigt sind. Dafür gibt es eine Verantwortung des Landes, ohne Frage.
Wenn Sie die Forderung aufmachen würden, eine Behörde zu schaffen, die die Koordinierung der notwendigen Netzausbaumaßnahmen übernimmt, auch um Mittelverschwendung zu vermeiden, die Pläne für ein notwendiges Landesinvestitionsprogramm erarbeitet, öffentliche Gelder in öffentliche Netze fließen lässt, die die Mehrerlösabschöpfung reguliert, die Forschungsschwerpunkte koordiniert, zum Beispiel für virtuelle und Hybridkraftwerke sowie für die für meine Begriffe ganz, ganz wichtige Energiespeicherung, die gemeinsam mit den Kommunen berät, wie die Bürgerinnen und Bürger einbezogen und die Akzeptanz erneuerbarer Energien und der damit verbundenen Infrastrukturmaßnahmen erhöht werden könnte, das wäre aus unserer Sicht eine sinnvolle Koordinierungsstelle beziehungsweise Landesbehörde. Dazu würden wir sofort Ja sagen.
Die von Ihnen aber, Herr Roolf, ins Auge gefasste Regulierungsbehörde soll wie die Bundesnetzagentur die Hüterin des freien Wettbewerbs sein. Gemessen an diesem Auftrag sind wir der Meinung, dass die Bundesnetzagentur eigentlich in diesem Bereich komplett versagt hat. Von Wettbewerb kann auf dem Strom- und Gasmarkt so lange keine Rede sein, solange die vier großen Energiekonzerne das alleinige Sagen haben. Angesichts der Konzentration der Bundesregierung und leider auch der Landesregierung auf Großprojekte wie Offshoreanlagen soll sich an der Macht der vier nichts ändern und das Geschwafel von freiem Wettbewerb bleibt dann eben auch nur Geschwafel.
Natürlich wollen wir, dass auch die vielen kleinen dezentralen Erzeuger regenerativer Energien, die sich immer mehr entwickeln werden, ihren Strom einspeisen können. Dafür brauchen wir in erster Linie Netze, die ihn auch entsprechend aufnehmen können. Und wenn es dann auch noch öffentliche Netze sind, so, wie wir das wollen, dann ist der Zugang gesichert und die Preise können demokratisch gewählte Gremien entsprechend mitbestimmen.
Natürlich habe ich auch die Stellungnahme gelesen, die die Landesgruppe Norddeutschland des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zu einer Landesregulierungsbehörde abgegeben hat. Eigentlich nimmt diese Stellungnahme zumindest große Teile des Prüfauftrages, den Sie heute erteilen wollen, vorweg.
Wie bereits gesagt hält sich unsere Begeisterung für die Praktiken der Bundesnetzagentur stark in Grenzen. Wenn aber die Organleihe tatsächlich dazu führt, dass insbesondere die Stadtwerke große Nachteile haben, dann muss das auf den Tisch. Denn wenn wir Energieland sein wollen, müssen auch wir die Möglichkeit haben, energiepolitisch gestalten zu können.
Deshalb werden wir Ihren Antrag, Herr Roolf, nicht ablehnen. Es ist ein Prüfungsauftrag. Und ich teile da die Auffassung meines Kollegen Herrn Dr. Timm, der gesagt hat, dass in dieser Legislatur das sicherlich nicht mehr umsetzbar ist. Das geht auch aus dieser Stellungnahme hervor. So sollten wir doch versuchen, dieses anhand der von Ihnen geforderten Analyse noch einmal auf den Tisch zu bringen, um dann klar entscheiden zu können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Landtagssitzung im November hatten wir bereits einen Dringlichkeitsantrag zu einem ähnlichen Thema eingebracht und hierbei den Herrn Innenminister aufgefordert und gebeten, auf der Innenministerkonferenz gegen die Absicht aufzutreten, atomare Abfälle aus Ahaus möglicherweise über Häfen in Mecklenburg-Vorpommern nach Russland zu verschiffen. Seitdem ist Zeit ins Land gegangen und auch die Entwicklung ist vorangeschritten. Die Situation hat sich verändert.
Erstens. In der Innenministerkonferenz ist es inzwischen Geschichte und wir haben der Presse entnehmen können, dass Minister Caffier die Gelegenheit genutzt hat, im Sinne unseres Antrages aufzutreten. Das war auch gut so. Vielen Dank, Herr Minister, auch wenn er momentan nicht da ist.
Leider bleiben Sie, lieber Herr Minister, in einer Zwitterposition, persönlich überzeugt, die Atomtransporte einerseits abzulehnen, andererseits natürlich der Aufgabe entsprechend den Transporten den notwendigen Begleitschutz geben zu müssen.
Zweitens hat sich der Bundesumweltminister entschlossen, vorläufig keine Atomtransporte von Ahaus nach Russland, insbesondere nach Majak zu schicken, was er mit der Außerbetriebstellung dieser Wiederaufarbeitungsanlage begründete. Nun könnte man fragen – und so mancher hat das sicher auch getan –, was unser Antrag überhaupt noch heute soll.
Er hätte sich ja damit erledigt. Aber das sehen wir, lieber Herr Roolf, gänzlich anders. Fakt ist leider, der Bundesminister hat geschwindelt,
mit welcher Absicht auch immer. Man braucht sicherlich nicht viel zu spekulieren, warum. Rückfragen, meine Damen und Herren, im Anlagenkomplex Majak haben ergeben, die Anlage ist nicht stillgelegt. Sie läuft auf Hochtouren. Das Bundesumweltministerium hat besagten Castortransport aus Ahaus – es handelt sich um atomare Abfälle aus dem DDR-Forschungsreaktor aus Rossendorf, wie Sie sicherlich wissen – mit der Behörde im Ural für 2011 vereinbart.
Somit sind wir, meine Damen und Herren, mit unserem Antrag, Herr Roolf, up to date,
also wieder voll im aktuellen Leben.
Ganz egal, wo zukünftig atomarer Schrott hingeführt werden soll,
ob nach Majak oder woanders hin, nach Russland oder nach Afrika oder in den Fernen Osten, wir wollen …
Überhaupt, wir wollen gar keine Transporte –
Majak im Südural –, aber ganz besonders aus dem Grunde nicht: Hier gibt es radiochemische Anlagen, Herr Liskow, wenn er hier wäre
da ist er –, kann das bestimmt bestätigen, eine Anlage, mit der bei der Aufarbeitung von Brennstäben Plutonium und Neptunium gewonnen und für militärische Nutzung verwendet werden können. Deshalb haben wir auch einen Änderungsantrag formuliert, wie Sie sicherlich haben feststellen können. Er müsste Ihnen vorliegen.
Wir wollen ausschließen, dass Atomtransporte über unsere Häfen verschifft werden, egal woher, egal wohin. Und das soll der Landtag bekräftigen. Das ist unsere feste Absicht, zumal der Umgang mit einer Kleinen Anfrage meiner Kollegin Birgit Schwebs den Verdacht nahelegt, dass hier bereits unbemerkt von der Öffentlichkeit Atommüll über Rostock und Mukran ins Ausland gelangte.
Sie hatte bereits vor vier Wochen gefragt – und es ist auch mal interessant, das festzustellen –, ob es den Tatsachen entspricht, dass solche Transporte durchgeführt worden sind, ob die Landesregierung informiert war, ob die Kennzeichnung über entsprechende Gefahreinstufung erfolgt ist und so weiter und so fort. Nach 14 Tagen fragte die Bearbeiterin im Sozialministerium an, ob eine Verschiebung der Antwort um eine Woche möglich wäre. Auch nach dieser einen zugesagten Verlängerungswoche kam keine Antwort.
Nein, sie hat sie immer noch nicht.
Heute hat Frau Schwebs erfahren, dass das Kabinett sich damit befasst habe und das Innenministerium nun beauftragt sei, die Antwort anzufertigen. Sehr markant! Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Vorgehen ist schon sehr merkwürdig und es steht eben im direkten Zusammenhang mit unserem Antrag.
Wir wollen, dass die Landesregierung mit allen verfügbaren Mitteln die Interessen des Landes wahrt. Sollte es bereits Atomtransporte über Rostock oder Mukran gegeben haben, stünde das im fundamentalen Widerspruch zu den Landesinteressen und es würfe ein bezeichnendes Licht auf all die Beteuerungen und wohlklingenden Statements unserer Regierungsvertreter.
Mecklenburg-Vorpommern hat selbst kein Atomkraftwerk. Das Kraftwerk der DDR „Bruno Leuschner“ wurde abgeschaltet und die hoch radioaktiven Teile im Zwi
schenlager Nord deponiert. Das war verantwortliches Handeln. Bei uns war der Müll produziert worden. Wir mussten dafür sorgen, dass er bei uns sicher zwischengelagert werden konnte.
Dazu stehen wir bis heute und, wie der Landtagsbeschluss vom Juli dieses Jahres zeigt, auch die Mehrheit dieses Hauses. Deshalb ist es aus unserer Sicht nur recht und billig, dass wir von den Ländern, in denen Kraftwerke laufen und den giftigen Müll produzieren, genauso verantwortlich damit umgehen. Wir können und dürfen nicht zulassen, dass Atomkonzerne und andere Bundesländer ihre Probleme über unser und in unserem Land lösen. Deshalb lehnen wir jegliche Atomtransporte über unsere Straßen, Schienen und Wasserwege ab.
Auf Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, auch symptomatisch, hat der Senat aufgelistet, wie viele und welche Transporte über den Hamburger Hafen und durch die Stadt durchgeführt worden sind. Das Ergebnis muss selbst die größten Schwarzseher überraschen und erschüttern. Es waren von August 2009 bis August dieses Jahres 132 Kernstofftransporte und 100 Transporte sonstiger radioaktiver Stoffe über den Hafen und es waren 300 Transporte über die Straßen. Über den Hafen Bremens gab es allein in diesem Jahr 85 Transporte von Kernbrennstoffen. Diese Zahlen machen die Dimensionen deutlich, um die es geht. Das können wir uns für unser Land nicht erlauben und das können wir auch nicht wollen.
Hamburg und Bremen wollten das auch nicht und haben deshalb bis auf Weiteres beschlossen, ihre Häfen für solche Transporte zu schließen. Dem sollten wir uns anschließen – zunächst über einen Landtagsbeschluss. Und mit aktiver Unterstützung durch die Landesregierung sollten sich unsere Hafenstädte ebenfalls dagegen wehren und entsprechende Beschlüsse fassen. Wichtig ist allerdings, dass wir es nicht bei diesem Beschluss bewenden lassen dürfen.
Nicht ganz von der Hand zu weisen ist, dass die Landesregierung nur wenige Kompetenzen hat, wenn es – und das ist bekannt – um Atomtransporte geht. Mit Sicherungsaufgaben werden wir aber schon betraut. Heute werden vier Castoren – heute – das Zwischenlager Nord erreichen, deren Transport bereits 2005 genehmigt worden war.
Die Proteste im ganzen Land sind vielfältig und erfassen alle Bevölkerungsschichten. Und ich verspreche Ihnen, meine Damen und Herren, im Frühjahr wird der Widerstand ungleich größer sein.
Wir fordern Sie auf, die Zeit zu nutzen und das Mitspracherecht der Bundesländer einzufordern. Wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass gegen unseren Willen durch unser Land oder über unsere Häfen Castortransporte ziehen, die von einer riesigen Armada von Sicherheitskräften geschützt werden müssen,
die eine tödliche Last in und über unser Land bringen, von der keiner weiß, wie lange sie sicher in den Behältern aufbewahrt werden kann,
und die letztlich unserem Image hier im Lande schaden. Unsere politischen Erklärungen dürfen nicht länger ohne rechtliche Bindungswirkung bleiben.
Wir haben erleben müssen, dass auf das Wort der damaligen Umweltministerin und heutigen Kanzlerin Merkel niemand vertrauen darf. Auch dem Wort des heutigen Umweltministers dürfen wir nicht vertrauen. Es ist an der Zeit, die Bundesgesetze so zu verändern, dass nicht gegen den Willen unseres Landes Entscheidungen durchgedrückt werden dürfen, und wenn es sein muss, auch das Grundgesetz.