Aber da Sie ja Frauen lieber nach Ihrer Mutterkreuzideologie zu Hause lassen wollen, interessiert Sie offensichtlich überhaupt nicht, wie diese in der Rente versorgt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das alles widerspricht der Chancengleichheit von Frauen und Männern und hat vielfältige Ursachen,
denn – darauf hat Frau Polzin heute Morgen schon hingewiesen – Frauen haben die höheren schulischen Abschlüsse, beenden erfolgreicher Studium und Lehre und trotzdem begegnen wir dem oben genannten Phänomen in der Berufswelt, nämlich dass Frauen ihren Bildungsvorsprung nachher in ihrer berufl ichen Tätigkeit oder in ihrem weiteren Leben einfach nicht umsetzen können.
Vielleicht auch noch ein Hinweis auf die Diskussion heute Morgen. Ich stehe dazu, dass wir im schulischen Bereich aufgrund der unterschiedlichen Lernergebnisse zwischen Mädchen und Jungen auch in dem Bereich etwas tun müssen. Es geisterten in der letzten Zeit viele Untersuchungsergebnisse umher, aber ein Ergebnis hatten immer alle zusammen, nämlich dass eine Ursache darin gesehen wird, dass im Kindergartenbereich und im Grundschulalter so sehr viele Frauen unterrichten und kaum Männer. Das Phänomen ist richtig, bloß man muss
dann fairerweise auch an die Ursache herangehen. Wir alle wissen, dass im Bildungsbereich in den oberen Jahrgängen die Tätigkeiten am besten bezahlt werden, sprich Gymnasiallehrer. Ich bin der festen Überzeugung, wenn man auch die unteren Bereiche besser bezahlen würde, dass sich dann auch mehr Männer fi nden würden, die in den Bereichen tätig wären.
Das Phänomen haben wir in ganz anderen berufl ichen Gruppen auch. Dort, wo schlecht bezahlt wird, haben wir kaum Männer in der Tätigkeit. Aber eine wesentliche Ursache für diese Schere zwischen Qualifi zierung und Chancen besteht darin, dass die Tatsache, Mutter zu werden, eventuell Angehörige pfl egen zu müssen, die berufl ichen Chancen von Frauen reduziert und damit letztendlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, ihre Chancen auf ein eigenes Einkommen und auf ein selbstbestimmtes Leben.
So hat auch die neue Regierung der Frauen- und Gleichstellungspolitik eine besondere Stellung eingeräumt. So hoch und so eigenständig ist Frauen- und Gleichstellungspolitik in keinem anderen Bundesland in Deutschland angesiedelt. Im Koalitionsvertrag hat die Gleichstellungspolitik ein eigenes Kapitel: Gender Mainstreaming. – Kommt gar kein Lächeln mehr? Das ist dann schon ein Fortschritt.
(Harry Glawe, CDU: Das stimmt! Das stimmt! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das haben wir verinnerlicht.)
Ich bin schon sehr froh, dass in der Zwischenzeit in diesem Hohen Hause dieses Wort ganz viele sprechen können.
(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Der Minister hat gelächelt, er konnte das gar nicht ernst nehmen, das habe ich heute Morgen schon gesehen. – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)
Beim Minister teste ich das immer zuerst. Ich bin schon sehr froh, dass viele Gender Mainstreaming in der Zwischenzeit sprechen können. Ich glaube, wenn ich einigen einen Zettel geben und sie bitten würde, das aufzuschreiben, wäre es ein Problem. Und mit der Umsetzung, glaube ich, hapert es noch mehr.
Aber Gender Mainstreaming, das möchte ich hier auch noch einmal sagen, ist ein internationaler Begriff, von der Weltfrauenkonferenz geprägt. Und wir tun uns ganz einfach mit Outsourcing und E-Gouvernment, obwohl wir da 1:1 deutsche Übersetzungen haben. Aber bei einem internationalen Begriff, wo es um Chancengleichheit geht, da tun wir uns schwer und machen ihn zum Teil lächerlich.
Ich glaube, das sollten wir auch längst überwunden haben und uns konstruktiv mit Gender Mainstreaming, mit der Strategie des Gender Mainstreaming beschäftigen.
Gender Mainstreaming wird als politische Querschnittsaufgabe und gleichstellungspolitische Strategie von der jetzigen Regierung fortgeschrieben. Ziel ist es, dass am Ende dieser Legislaturperiode in allen Fachressorts in den nachgeordneten Einrichtungen dieses auch praktiziert werden kann, denn nur dann ist eine Politik der Chancengleichheit für Frauen und Männer erfolgreich. Daher wird auch das Jahr 2007 in Mecklenburg-Vorpommern ein Jahr der Chancengleichheit werden.
Insofern ist für mich das Europäische Jahr der Chancengleichheit auch eine Bestätigung meiner Arbeit. Ich unterstütze diesen Gedanken und auch die Notwendigkeit, mit Aktionen auf Diskriminierungen aufmerksam zu machen. Dabei ist der Europäische Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter, beschlossen vom Europäischen Rat im Mai 2006, eine sehr wichtige Grundlage. In diesem Europäischen Pakt werden Maßnahmen aufgelistet, die auf der Ebene der Mitgliedsstaaten und der Union in folgenden Bereichen unterstützt werden sollen: zum einen beim Abbau geschlechtsspezifi scher Diskrepanzen auf dem Arbeitsmarkt – hier einige Stichworte: gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, höhere Erwerbstätigkeit von Frauen, Teilhabe von Frauen an allen politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen – und zum Zweiten Maßnahmen zur Förderung der verbesserten Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Privatleben für alle, und zwar für Männer und Frauen. Das wird auch Grundlage dafür sein, woran die Umsetzung des Querschnittziels Chancengleichheit in der neuen EUStrukturfondsperiode gemessen wird. Dieses Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf nicht nur auf dem Papier bestehen.
Die Ressorts stehen in der Pfl icht, dieses auch umzusetzen. Der Gleichstellungsaspekt muss durchgängig berücksichtigt werden, die nach Geschlechtszugehörigkeit aufgeschlüsselten Statistiken und Indikatoren müssen weiterentwickelt und die Auswirkungen bei entsprechenden Maßnahmen berücksichtigt werden.
Neben der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts müssen natürlich auch – und darauf haben Frau Müller und der Sozialminister hingewiesen – die anderen Diskriminierungsformen bekämpft werden. Die vorher von mir genannte Umfrage kam zum Ergebnis, dass unter den EU-Bürgern breite Zustimmung zur Umsetzung von Maßnahmen besteht, die Chancengleichheit im Bereich Beschäftigung für jedermann herzustellen. Sie reicht von 87 Prozent bei speziellen Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen bis hin zu 66 Prozent bei speziellen Maßnahmen, wenn es um die sexuelle Orientierung geht. Wir sollten das Europäische Jahr der Chancengleichheit nutzen, um auch unseren Bürgerinnen und Bürgern im Land deutlich zu machen, dass wir es ernst nehmen mit der Schaffung von Chancengleichheit für alle Menschen, denn im Durchschnitt denken 51 Prozent der Europäer, dass in ihrem Land nicht genügend Anstrengungen unternommen werden, Diskriminierung zu bekämpfen.
Wir hier in Mecklenburg-Vorpommern sollten diese Gelegenheit nutzen, um die Anstrengungen der Landesregierung, der Koalitionsfraktionen und, ich denke, auch der anderen demokratischen Fraktionen hier im Landtag deutlich zu machen, und zwar denke ich in diesem Zusammenhang an die Umsetzung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes. Diejenigen, die in der letzten Legislatur schon im Landtag waren, wissen, welche schwierige Geburt es gewesen ist.
Jetzt sind wir alle gefordert, dass es vernünftig umgesetzt wird. Aber, ich denke, wir sind einen vorwärtsweisenden Schritt gegangen, als wir den Integrationsförderrat gebil
det haben. Wir sollten den Integrationsförderrat weiter sinnvoll nutzen, um zukunftsweisend sofort zu gucken, wo gibt es bei Entscheidungen eventuell Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen, damit wir sie von vornherein ausschließen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion und – das wurde eben auch in der Rede des Sozialministers deutlich – der Sozialminister werden sich weiter dafür einsetzen, dass wir in der aktuellen Sozialpolitik Diskriminierungsaspekte selbstverständlich ausschließen und insbesondere die aktive Teilhabe aller Altersgruppen am Leben und die Solidarität der Generationen fördern sowie jeder Form der Altersdiskriminierung mit Nachdruck begegnen. Im Gegenteil, die langjährige Lebenserfahrung Älterer soll stärker in den Aufbau des Landes mit einbezogen werden.
Ich bin zum Beispiel der Auffassung, ob bestimmte Regelungen zu Altersgrenzen nicht letztendlich dazu führen, dass es zu einer Diskriminierung von älteren Menschen mit ihren umfangreichen Erfahrungen kommt. Insofern begrüße ich es auch, dass die Landesregierung weiterhin den Landesseniorenbeirat als wichtigen Ratgeber bei Entscheidungen mit hinzuziehen will.
Aber ich denke auch, dass Aktionismus uns nicht unbedingt weiterführen wird. Ich habe jetzt einige Beispiele aufgeführt, in denen wir bereits tätig sind. Wichtiger als Aktionismus ist meines Erachtens Kontinuität. Das Engagement der Landesregierung in Bezug auf die Umsetzung der Chancengleichheit sollte nicht durch Extrakonzeptionen und Extraberichte und vielleicht noch in einem Extrazwischenbericht bewiesen werden, sondern – darauf hat der Sozialminister hingewiesen – in dem Europabericht 2007 und 2008. Deshalb empfehle ich, dass der vorliegende Antrag in den Sozialausschuss, den Eu ropa- und Rechtsausschuss und in den Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen wird und wir dort vielleicht auch weitere Impulse bekommen, was wir und wie wir es im Europäischen Jahr der Chancengleichheit machen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktionskollegin Frau Müller hat das Anliegen des Antrages „2007 – ,Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle‘“ und unseren Antrag somit schon ausführlich erläutert. Ich bin insofern jetzt ein bisschen irritiert, denn wenn ich mich nicht verhört habe, sagte Herr Minister Sellering, der Antrag käme ihm irgendwie plakativ vor.
(Minister Erwin Sellering: Nein, das habe ich nicht gesagt. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das würde er nicht sagen.)
Nein, dann danke ich für die Richtigstellung, weil Frau Dr. Seemann für die SPD-Fraktion –, das freut mich
sehr – deutlich gemacht hat, mit welcher Ernsthaftigkeit die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion dieses Thema behandeln und auch empfohlen haben, es in den Ausschuss zu überweisen.
Ich möchte auf zwei wichtige Aspekte eingehen: Es ist aus unserer Sicht ein lobenswertes Ziel, dass im neuen Koalitionsvertrag mit der neuen Partnerin CDU, Herr Glawe, erneut formuliert wurde, Mecklenburg-Vorpommern zum familienfreundlichsten Land entwickeln zu wollen. Einiges an Vorarbeit ist in den letzten acht Jahren dazu geleistet worden und doch ist es nicht die Zeit und auch nicht angemessen, diese bereits geleistete Vorarbeit schönzufärben und schönzureden, denn der Bericht der Landesarmutskonferenz aus dem Herbst vergangenen Jahres zeigt ein Bild, das bedenklich stimmen muss, wenn es um die Situation von Kindern und Jugendlichen in unserem Land geht. Dort, im Herbst vergangenen Jahres – Herr Glawe, Sie waren mit dabei, Herr Grabow war mit dabei –, war die Rede davon, dass Kinder ohne Frühstück und Mittag in der Schule sind, davon, dass Kinder an Klassenfahrten nicht teilnehmen können, dass Kinder und Jugendliche bezogen auf die Witterung unangemessen gekleidet sind, und es war auch die Rede von fehlenden Zukunftsaussichten in der eigenen Heimat.
Das macht im Übrigen deutlich, dass wir natürlich hier im Land große Anstrengungen unternehmen müssen, aber auch können. Diese jedoch würden ins Bodenlose versinken, wenn sie durch die Bundesgesetze torpediert werden, und dazu führen, dass auch in unserem Bundesland die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft. Das hier zu sagen ist auch Ausdruck unserer Überlegung und unserer Meinung, dass es sich hier um etwas handelt, wovor wir warnen müssen angesichts der Entwicklung. Damit möchte ich auch Bezug nehmen auf die 15. bundesweite Shell-Jugendstudie vom September vorigen Jahres, die das bereits Gesagte leider zum wiederholten Male bestätigt. Aber sie bekräftigt auch Punkte, die die Hebelwirkung mit sich bringt, wenn man die Situation verändern will, und zwar weist sie darauf hin, dass Bildung über Lebensperspektiven entscheidet, der Schulabschluss der Schlüssel zum Erfolg ist und bleibt. Bildungschancen vererben sich und die Bildungswelten driften in einer Gesellschaft weiter auseinander, in der der Geldbeutel darüber entscheidet, ob ich die Talente meines Kindes fördern lassen oder auch nur annähernd die Möglichkeit dafür schaffen kann, dass mein Kind ohne Diskriminierung und Ausgrenzung die Schule besuchen kann, oder ganz zu schweigen davon, dass das Kind ausreichend und gesund ernährt wird, um noch mal auf gestern einzugehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, auf einen zweiten Punkt möchte ich eingehen, wenn es um diesen Antrag geht, und zwar die ehrenamtliche Arbeit. Dabei geht es mir insbesondere um die Anerkennung der Arbeit, die hier geleistet wird, um die Rahmenbedingungen, unter denen sie geleistet wird. Nach wie vor sind diese Rahmenbedingungen verbesserungswürdig. Es geht mir aber auch, wenn ich dieses Thema anreiße, um die Grenzen ehrenamtlicher Arbeit, denn es hat nichts mit Chancengleichheit zu tun, wenn haupt- und ehrenamtliche Arbeit zunehmend gleichgesetzt werden. Ich halte es für unverantwortlich, wenn der Staat sich immer mehr aus der Verantwortung stiehlt und das Ehrenamt vor das entstehende Loch schiebt. Lassen Sie uns gemeinsam schauen, wie wir das Vorhandene noch besser an das Notwendige und Wünschenswerte heranführen können im Interesse der Chancengleichheit und einer guten Ent
wicklung mit einer guten Perspektive für alle Menschen in diesem Land. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Europäische Kommission, nicht, wie im Antrag mehrmals zu lesen ist, das Europäische Parlament, hat das Jahr 2007 zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle erklärt. Die Kommission schlägt für das Europäische Jahr vier zentrale Themen vor. Der Sozialminister hat sie in seiner Rede bereits ausgeführt. Ich möchte an dieser Stelle keinen Zweifel daran lassen, dass die CDU-Fraktion diese von der EU-Kommission angesprochenen Themen für außerordentlich wichtig hält.
Mit Ihrem Antrag allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Linkspartei.PDS-Fraktion, ist das eine andere Sache. Heute war schon einmal von Lyrik die Rede. Diese Systematik setzt sich in Teilen Ihres Antrags fort. So ist unter Punkt 1. Ihres Antrags zu lesen: „Der Landtag … begrüßt, dass das Europäische Parlament das Jahr 2007 zum ,Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle‘ ausgerufen hat.“
(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: In Mecklenburg-Vorpommern. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr gut!)
Eine kurze Internetrecherche zeigt auf, dass das Jahr 2007 auch noch mit anderen Attributen ausgestattet ist: Für ver.di ist es das Jahr der Lohnerhöhungen, für die Wissenschaft das Jahr der Geisteswissenschaften. Es ist das Jahr der Patientensicherheit und das internationale heliophysikalische Jahr.