Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Landtagssitzung haben wir uns mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass wir die Schuldenbremse in die Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern mit aufnehmen. Wir waren uns alle darüber einig, dass wir eine echte Schuldenbremse in Mecklenburg-Vorpommern haben, die unse

rem Anspruch auch gerecht wird, dass wir das, was wir an Verantwortung für die zukünftigen Generationen hier in Mecklenburg-Vorpommern jetzt und heute schon zu regeln haben, auch regeln.

Am gleichen Tag, an dem wir uns über eine Überweisung verständigt haben, hat meine Fraktion drei wesentliche Kriterien für eine erfolgreiche Schuldenbremse mit auf die Tagesordnung geholt.

(Rudolf Borchert, SPD: Natürlich, ich dachte, das wäre Bedingung.)

Ich habe mir erlaubt, dann den Fraktionsvorsitzenden und auch dem Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern diese Dinge noch einmal schriftlich darzulegen. Ich freue mich, dass mir der Ministerpräsident mit Posteingang von heute, am 14. April, schreibt, ich zitiere: „Ich gehe deshalb davon aus, dass wir die von Ihnen angesprochenen Fragen erörtern, ohne dass sie zu einer Auswirkung aus einer öffentlichen Diskussion der Zustimmung der FDP-Fraktion zur Schuldenbremse hätten.“ Wir als Liberale greifen dieses Angebot des Ministerpräsidenten sehr gerne auf, weil wir genau aus dem Grund rechtzeitig an den Ministerpräsidenten und auch an die Kollegen Fraktionsvorsitzenden geschrieben haben, dass wir uns nicht auf einen Kuhhandel oder auf irgendeinen Markt begeben, sondern uns dahin orientieren, dass wir sagen, wir wollen eine wirklich wirksame Schuldenbremse,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

die nicht hinter das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zurückfällt.

Viele von Ihnen kennen und hören im Augenblick die Diskussion über die Volksabstimmung im Bundesland Hessen zur Schuldenbremse. Dort ist eine Schuldenbremse verankert worden. Und die einhellige Meinung von Experten ist, dass das, was man dort als Schuldenbremse womöglich gut gemeint hat, aber hinter das Grundgesetz zurückfällt und eigentlich dem Anspruch einer ordnungsgemäßen Schuldenbremse in der Landesverfassung nicht gerecht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Ich würde Ihnen heute hier im Parlament folgende Vorgehensweise vorschlagen, und zwar unseren Antrag federführend in den Europa- und Rechtsausschuss, mitberatend in den Innenausschuss und in den Finanzausschuss zu überweisen. Ich weiß nicht, inwieweit das möglich oder von dem Ministerpräsidenten dann auch gestattet ist, aber ich würde ganz gerne das Schreiben, was er mir zugesandt hat, was sehr inhaltlich und auch schon sehr detailliert

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

über einige Punkte der offenen Fragen informiert, dass wir das auch zur Drucksache im Ausschuss mit erheben. Dann haben wir einen Diskussionsstand, auf dem wir weiterarbeiten können. Ich denke, wir werden auch rechtzeitig vor dem 4. September zu dem Ergebnis kommen, was wir alle wollen, und zwar eine wirkliche Schuldenbremse in der Verfassung des Landes MecklenburgVorpommern. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Herr Roolf.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Polzin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Roolf, Ihr mündlicher Vortrag war nun etwas moderater als die bisherigen Töne und auch der schriftliche Antrag, allein mir fehlt der Glaube.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, richtig.)

Deshalb werde ich mich mal auf das beziehen, was Sie schriftlich vorgelegt haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Damit hatte sich das schon erledigt.)

Das halte ich in dem Moment für belastbarer. Und da Sie hier ohnehin auf das Schreiben des Ministerpräsidenten verwiesen haben, können wir in dem Kontext sicherlich auch noch darüber reden, was beim Thema Schuldenbremse unbedingt ausführlich und gründlich zu diskutieren ist und wo wir im Kontext dieser Schuldenbremse nicht unbedingt das Thema Teppichhandel aufrufen sollten.

Vor einem Monat haben wir an dieser Stelle ausführlich über die Einführung der Schuldenbremse diskutiert. Der Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung wird nun derzeit in den Ausschüssen des Landtages beraten. Zu Recht, meine ich, hat schon an dieser Stelle der Ministerpräsident in seiner Rede hervorgehoben, dass nun die Zeit für alle politischen Parteien gekommen ist, Farbe zu bekennen.

Die FDP-Fraktion hat das mit dem uns vorliegenden Antrag eigentlich auch getan. Über eine Verfassungsfrage von solcher Bedeutung soll nach Auffassung der FDP – so liegt es uns schriftlich vor – nun gefeilscht werden. Im Angebot stehen zwei angestaubte Ladenhüter, die schon mehrfach hier im Landtag diskutiert wurden und zu keinem Ergebnis kamen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Garniert wird das Ganze noch mit dem durchschaubaren Versuch, Land und Kommunen gegeneinander zu stellen.

Ich möchte kurz zu allen drei Forderungen Stellung nehmen:

Erstens verlangt die FDP-Fraktion die Einführung einer umfassenden Buchführung, die sowohl Vermögen als auch Schulden sowie die Risiken des Landes Mecklenburg-Vorpommern wertmäßig darstellen. Doppik, ick hör dir trapsen!

In dieser Angelegenheit sind schon viele Argumente ausgetauscht worden. Einen Punkt halte ich jedoch für besonders wichtig: Die Entwicklung unseres Landes zeigt eindrucksvoll, dass es auch mit der Kameralistik, vielleicht sogar deswegen, gelungen ist, unseren Haushalt zu sanieren und zusätzliche Schulden zu vermeiden. Ein- und Ausgabenströme werden im Vorfeld festgelegt. Dadurch wird die Exekutive verpflichtet, die beschlossenen politischen Maßnahmen und Prioritäten entlang des Haushaltsplans zu realisieren. Das Hauptziel der Kame

ralistik ist es, die Haushaltshoheit des Gesetzgebers darzustellen. Und der vermeintliche Vorteil der Doppik, nämlich die Darstellung der Vermögenssituation im Sinne einer Bilanz, ist bezogen auf die öffentlichen Hände mitunter durchaus problematisch und eröffnet auch möglichen Manipulationsversuchen Tür und Tor.

Auch der Bund lehnt im Übrigen aus diesem und weiteren Gründen die Einführung der Doppik bis heute für den Bundeshaushalt ab. Und welche Parteien die Bundesregierung tragen, muss ich hier nicht erörtern.

Zurückweisen möchte ich den Vorwurf, dass das Vermögen, die Schulden sowie die Risiken des Landes nicht ausreichend dargestellt werden.

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

Offensichtlich wird das öfter getan, als manch einer hören mag. Wie Sie sicher wissen, legt die Landesregierung jährlich mit der Haushaltsrechnung eine Vermögensübersicht vor, in der sowohl das Vermögen als auch die Schulden sowie die Risiken aus übernommenen Bürgschaften transparent dargestellt werden. Dazu ergänzend informiert die Landesregierung halbjährlich den Finanzausschuss über die Übernahme von Bürgschaften und Garantien.

Auch bei den Belastungen aus den Pensionsverpflichtungen haben wir die Transparenz wesentlich verbessert. Im Jahr 2008 wurde beispielsweise für alle neuen Beamten das Sondervermögen „Versorgungsfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ geschaffen. Damit bauen wir kontinuierlich ein kapitalgedecktes Vermögen auf, um die zukünftigen Versorgungszahlungen für diesen Personenkreis vollständig aus dem Sondervermögen zu decken. Und damit heben wir uns sehr weit vom Kurs der alten Bundesländer ab, die das über Jahrzehnte nicht getan haben und die das demnächst einholen wird.

Ergänzend beabsichtigen wir, in künftigen Haushaltsrechnungen die implizite Verschuldung auf Pensionszusagen auf der Grundlage von eigenen Berechnungen darzustellen und laufend fortzuschreiben.

Damit kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass eine umfassende, transparente Buchführung bereits stattfindet. Forderung eins zielt also ins Leere.

(Michael Roolf, FDP: Falsch.)

Im zweiten Punkt des vorliegenden Antrages wird ein regelmäßiger Beteiligungsbericht des Landes gefordert. Zu dieser Frage haben wir eigentlich im Finanzausschuss ein vernünftiges Verfahren vereinbart. Bei der Diskussion über die Landesbeteiligung seit dem Frühjahr 2009 haben die Landesregierung und in vielen Fällen auch die Geschäftsführung der einzelnen Unternehmen ausführlich Bericht erstattet. Begleitet wurde dieses von umfänglichen Drucksachen, an die sich alle Mitglieder des Finanzausschusses sicherlich noch lebhaft erinnern, bei denen ich manchmal schon Sorge hatte, dass Frau Reese allein unter dieser Last zusammenbricht, was die Masse anbelangt. Das waren erhebliche Anforderungen für die Mitglieder, sich dieser Materie zu stellen.

(Rudolf Borchert, SPD: Das war schwer zu schultern.)

Außerdem sind die Geschäftsberichte fast aller Unternehmen für mehrere Jahre zur Verfügung gestellt worden. Ergänzend haben wir darüber informiert, dass auf der Internetseite des Finanzministeriums alle Informationen über die Beteiligung des Landes laufend verfüg

bar sind. Das Muster der Beteiligungsinformation ist dem Finanzausschuss vorgelegt worden. Nach meiner Kenntnis sind ergänzende Forderungen dazu von der FDPFraktion nicht vorgeschlagen worden. Diese zur Verfügung stehenden Angaben erfüllen aus meiner Sicht umfassend die Informationspflichten der Landesregierung.

Ich bin natürlich gerne bereit, und wir sind es insgesamt, weitere Anregungen zu diskutieren. In dieses Feld packe auch ich Ihren mündlichen Antrag. Das wird sicherlich im Kontext der Gesetzesberatung ohnehin im Ausschuss thematisiert werden, aber genau da hat das auch seinen Platz, diskutiert zu werden, um die Qualität der Präsentation weiter zu verbessern und die Transparenz.

(Michael Roolf, FDP: Genau so.)

Im Grundsatz ist die zweite Forderung bereits jetzt erfüllt.

Und die dritte und letzte Forderung der FDP-Fraktion ist besonders erstaunlich: Die Landesregierung wird aufgefordert, ein Konzept zur Entschuldung der Kommunen vorzulegen. Zu Ende gedacht würde das bedeuten, dass wir für jede einzelne Kommune einen spezifischen Sanierungsplan aufstellen müssten, in dem wir dann festlegen, wofür vor Ort noch Geld ausgegeben werden darf und wofür nicht. Ich schätze mal, die Begeisterung der Kommunen würde sich aufgrund einer solchen Vorgehensweise wohl in Grenzen halten.

(Heinz Müller, SPD: Wohl wahr. – Rudolf Borchert, SPD: Aushebelung der kommunalen Selbstverwaltung.)

Aber wahrscheinlich versteht die FDP unter einem Entschuldungskonzept, dass das Land einfach mehr Geld gibt, damit die Kommunen ihre Schulden bezahlen. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass der Schuldenstand des Landes bereits fünfmal so hoch ist wie der der Kommunen, so ist der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung aber ganz sicher nicht gemeint.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Im Übrigen würde dies auch die falschen Signale aussenden. Wer Schulden macht, wird am Ende belohnt, während diejenigen – und da meine ich jetzt ausdrücklich Kommunen, denn die gibt es ja in großer Zahl –, die das Geld zusammenhalten, bestraft würden.