Die erneuerbaren Energien sind bei gesamtnationaler Anstrengung sehr bald in der Lage, die Energieversorgung zu 100 Prozent zu übernehmen.
Und das Kostenargument ist nichts anderes als Panikmache und politisches Kalkül. Es ist doch bezeichnend, dass die schwarz-gelbe Koalition in den Chor derjenigen einstimmt, die mit Krokodilstränen im Auge über die ungeheuren Kosten der solaren Energiewende jammern und wie furchtbar, wie super furchtbar das doch für die Verbraucher sei.
Die Energiemonopole wollen sich die Extraprofite über den Strompreis hereinholen, die ihnen durch den Atomausstieg entgehen. Aus deren Sicht ist das sogar verständlich, denn Monopole und Moral sind nicht miteinander vereinbar. Aber der Staat muss in erster Linie der
Interessenvertreter der Mehrheit in der Bevölkerung und Gesellschaft sein. Deshalb darf er nicht zulassen, dass die Kosten den kleinen Leuten – und dazu zählen auch die kleinen und mittleren Unternehmer – auferlegt werden sollen. Der Staat steht in der Pflicht, die Energieversorgung als Teil der Daseinsvorsorge bezahlbar zu halten und dieses gesetzlich zu regeln.
Ebenso notwendig ist die verbindliche Einführung von Sozialtarifen für Strom und Wärme. Die Energiewende ins solare Zeitalter wurde von den vier großen Konzernen in den vergangenen Jahren massiv und bewusst behindert. Sie haben Milliardengewinne eingefahren, jetzt müssen sie die Folgen tragen und die Energiewende weitgehend finanzieren.
Ministerpräsident Sellering und Wirtschaftsminister Seidel sprechen bei jeder Gelegenheit davon, dass Mecklenburg-Vorpommern den Netzausbau für die Ableitung des Stroms von den Offshorewindparks nicht alleine schultern kann und Hilfe des Bundes braucht. Ich frage mich: Warum eigentlich? Warum soll der Steuerzahler für Netze bezahlen, die nicht öffentliches Eigentum sind?
Ich glaube, es gibt in Mecklenburg-Vorpommern nur noch wenige sturköpfige Ignoranten, die kein Interesse am schnellstmöglichen Ausbau erneuerbarer Energien haben. Die dezentralen kommunalen und regionalen Erzeugungs- und Versorgungsunternehmen erkennen ihre Chance,
gerade diese legen ihren Schwerpunkt auf die Nutzung erneuerbarer Energien und den Ausbau von KraftWärme-Kopplung. Die Struktur der Energieerzeugung, ausgehend von zentralen Kraftwerken mit Stromübertragung über weite Strecken, ist ineffektiv.
Verluste werden immer größer, je weiter der Weg vom Erzeuger zum Abnehmer ist. Und die Bayern wollen den Strom von uns auch gar nicht haben. Auch deshalb müssen dezentrale Strukturen her, und zwar überall in der Bundesrepublik. Um das zu schaffen, werden auch die Verbraucher ihren Teil beitragen müssen. Aber Strom und Wärme darf kein Luxusgut werden. Deshalb brauchen wir Kappungsgrenzen
für Preiserhöhungen und Sozialtarife. Wer wenig Strom verbraucht, muss belohnt werden. Heute ist es paradoxerweise total umgekehrt.
Stimmen Sie, meine Damen und Herren, unserem Antrag zu, dann bedanke ich mich auch ganz besonders für Ihre Aufmerksamkeit. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, der vertreten wird durch den Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herrn Schlotmann.
Kollege Griese, bevor ich für meinen Kollegen jetzt diese Rede halte, möchte ich einige kurze persönliche An merkungen machen. Seit 35 Jahren treibt mich dieses Thema Atomenergie um. Das heißt, mit 19 Jahren war ich das erste Mal damit konfrontiert. Ich habe in Kalkar demonstriert, ich habe in Wackersdorf demonstriert und in Gorleben und ich hätte es mir nie träumen lassen, dass ich einmal zu diesem Thema hier reden muss und soll. Das heißt, das ist für mich schon eine besondere Sache. Und ich werde mir erlauben, das habe ich mit meinem Kollegen so abgestimmt, dass ich an einigen wenigen Stellen auch persönliche Anmerkungen mache, die, ich sage mal, etwas differenzierter zu sehen sind als das, was ich für meinen Kollegen vortrage.
Meine Damen und Herren, die Naturkatastrophe in Japan im März mit ihren Folgen für das Atomkraftwerk Fukushima hat in Deutschland zu einem Umdenken in der Energiepolitik geführt. Es wird einen Atomausstieg in Deutschland geben, das ist sicher und unbestritten. Die Randbedingungen und der Zeitpunkt sind noch Gegenstand sehr umfangreicher Diskussionen. Durch die Gesamtkonzeption „Energieland 2020“ und die Fortschreibung des Aktionsplans Klimaschutz ist in Mecklenburg-Vorpommern die Behauptung berechtigt, dass wir strategisch konzeptionell gut aufgestellt sind. Das wurde von der Bund-Länder-Vergleichsstudie für erneuerbare Energien im Jahre 2010 auch festgestellt. Auf der Grundlage von „Energieland 2020“ und des Aktionsplans Klimaschutz, die im Rahmen der Großen Koalition erarbeitet worden sind, lässt sich die Energie- und Klimaschutzpolitik für Mecklenburg-Vorpommern für die kommenden Jahre weiterentwickeln. Daran hat Fukushima nichts geändert.
Meine persönliche Auffassung dazu ist, wir müssen hier deutlich mehr Tempo machen, deutlich mehr Tempo machen als bisher angekündigt.
Denn, meine Damen und Herren, uns wurden die Gefahren in dem Zusammenhang nochmals, zum wiederholten Mal mehr als deutlich vor Augen geführt.
Das energie- und klimaschutzpolitische Konzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist und bleibt Maßstab unseres Handelns. Ein Schwerpunkt dabei ist der Ausbau der erneuerbaren Energien, und hier insbesondere der Windkraft, nach dem Grundsatz, Energie muss umweltverträglich, versorgungssicher und bezahlbar bleiben.
Gestatten Sie einige aktuelle energiepolitische Ergänzungen. Diese Woche wurde im Klimarat ein Pflichtenheft vorgestellt. Darin werden acht Schwerpunkte benannt, die aktuell und zeitnah umgesetzt werden müssen.
Jede Form der Energieerzeugung muss ihren Beitrag zu einer zuverlässigen, bezahlbaren und umweltgerechten Versorgung leisten. Wir setzen deshalb im Land nicht nur auf verstärkte Energieeinsparungen beziehungsweise bessere Energieeffizienz und den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien, sondern wir setzen auch auf die Nutzung hocheffizienter fossiler Kraftwerke. Natürlich ist Energiespeicherforschung ebenso für uns ein wichtiges Thema, und um die unstete Stromerzeugung aus Windkraft und Fotovoltaik auszugleichen, brauchen wir geeignete Speichermedien, zum Beispiel Druckluftspeicher oder die Nutzung von Methan oder Wasserstoff. Dabei spielt auch der Punkt Kommunikation und Information eine besondere Rolle.
Künftig muss noch mehr Wert auf eine sachliche Informationspolitik mit Konzentration auf technisch-wirtschaftliche Aspekte der Energiewirtschaft gelegt werden, also zum Beispiel, welche technischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Stromversorgung rund um die Uhr funktioniert, und welche wirtschaftlichen Mechanismen dazugehören. Zwischen den vielen Informationen verschiedenster Interessengruppen ist es schwierig für die Bevölkerung, sich ein ausgewogenes Meinungsbild zu machen. Auch dies trägt dazu bei, dass sich vielerorts Widerstände in der Bevölkerung bilden.
Und nun zu Ihrem Antrag: Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE möchte, dass der Landtag das Landesinteresse am unverzüglichen und unumkehrbaren Atomausstieg bekräftigt. Sie möchte nicht, dass Privathaushalte und kleine und mittelständische Unternehmen die Umstellungskosten ungebremst aufgebürdet bekommen. Weiterhin möge der Landtag die Landesregierung auffordern, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, eine staatliche Strompreiskontrolle wieder und Kappungsgrenzen sowie Sozialtarife neu einzuführen.
Beim Landesinteresse am Atomausstieg sind wir uns, denke ich, alle einig. „Unverzüglich“ und „unumkehrbar“ sind aber Begriffe, die, wie bereits gesagt, sich in der Diskussion befinden. Derzeit läuft das Moratorium.
Nach den dem Wirtschaftsminister vorliegenden Erkenntnissen ist ein unverzüglicher Ausstieg aus Versorgungssicherheitsgründen nicht möglich. Die Versorgung ist zwar ohne die sieben plus eins abgeschalteten Kernkraftwerke noch gewährleistet, allerdings mit nur noch geringen Reserven. Weitere Abschaltungen sind kurzfristig nicht möglich, ohne die Versorgung zu gefährden. Über eine Revisionsklausel wird ebenfalls verhandelt.
Meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, Sie möchten weiterhin die Kosten nicht den Privatpersonen und kleinen Betrieben aufbürden. Dafür wollen Sie das Rad der Geschichte zurückdrehen, denn Sie wollen die Preisaufsicht zurückhaben sowie Energie- mit Sozialpolitik vermischen, indem Sie Sozialtarife verlangen.
Zunächst zu dem Thema Kontrolle und Wettbewerb: Grundkonsens zwischen den meisten in diesem Land ist, wir haben ein marktwirtschaftlich orientiertes Wirtschaftssystem, das in einen europäischen Kontext ein
gebettet ist. Spätestens mit der EU-Binnenmarktrichtlinie Strom und Gas setzt die EU auf Wettbewerb als Ordnungsprinzip. Diesen Wettbewerb gilt es zu stärken. Es muss uns gelingen, noch mehr neue Energieanbieter auf den Markt zu holen. Die Wirkung kennen Sie selber, Konkurrenz belebt das Geschäft und steigendes Energieangebot führt zu günstigeren Preisen. Zur Belebung des Wettbewerbs spielen bei uns die Kraftwerksprojekte in Lubmin eine besondere Rolle.
Wettbewerbskontrolle erfolgt durch die Kartellbehörden und die Aufsicht über die Netzkosten hat die Bundesnetzagentur, denn alle Netzbetreiber – Bahn, Telekom, Gas und Strom – sind Monopolisten, die kontrolliert werden müssen. Das reicht vollkommen aus. Eine Preisaufsicht, wie sie 2007 endgültig abgeschafft wurde, brauchen wir für den Strommarkt nicht.