Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

Ich beantrage im Namen meiner Fraktion namentliche Abstimmung.

Herr Köster, Sie haben in Ihrem Wortbeitrag die Abgeordneten des Hauses persönlich beleidigt, indem Sie sie als Lügner beschimpft

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und weitere entsprechende Begriffe hier verwandt haben. Ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der NPD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Tagesordnungspunkt 23 auf Drucksache 5/4326 eine namentliche Abstimmung beantragt.

Wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorganges von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.

(Udo Pastörs, NPD: Oh, auch das noch.)

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat und das tun möchte?

(Die Abgeordneten Rudolf Borchert, Dr. Ulrich Born, Harry Glawe, Renate Holznagel und Gino Leonhard werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat und das tun möchte? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Dann schließe ich die Abstimmung und wir unterbrechen die Sitzung für zwei Minuten zum Auszählen des Stimmergebnisses.

Unterbrechung: 11.25 Uhr

Wiederbeginn: 11.26 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich darf Ihnen das Abstimmungsergebnis bekannt geben. An der Abstimmung haben insgesamt 56 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5, mit Nein stimmten 51 Abgeordnete, keiner enthielt sich. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/4326 abgelehnt.

Wir treten jetzt ein in die beantragte Auszeit der NPDFraktion und sehen uns hier um 11.45 Uhr wieder.

Unterbrechung: 11.26 Uhr

Wiederbeginn: 11.47 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Anbau von Energiepflanzen nachhaltig gestalten, Drucksache 5/4324.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Anbau von Energiepflanzen nachhaltig gestalten – Drucksache 5/4324 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Tack für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit mehreren Jahren können wir auf eine kontinuierliche Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien im Lande verweisen. Erneuer bare Energien sind eine der wichtigsten Zukunftschancen für unser Land. Das haben wir heute Morgen bereits gehört. So oder ähnlich formuliert kann man diese Aussage in den Programmen der demokratischen Parteien wiederfinden. In aller Regel wird dabei auch die Notwendigkeit anerkannt, einen wachsenden Anteil erneuerbarer Energien aus der Nutzung nachwachsender Rohstoffe, also aus Biomasse zu gewinnen.

Der politische Konsens, so möchte ich diese allgemeine Übereinstimmung bezeichnen, schließt auch meistens die Würdigung der Leistungen der Landwirtschaft

und die Perspektiven für die Entwicklung der ländlichen Räume ein. Diese bestehen unter anderem darin, dass die nachhaltige und umweltfreundliche Energiegewinnung aus Biomasse zugleich Chancen für die Entwicklung regionaler Stoff- und Wirtschaftskreisläufe und für die sogenannten Bioenergiedörfer mit demokratischer Bürgerbeteiligung an der Energienutzung bietet.

Erheblichen Forschungsbedarf sehen wir jedoch zu den Risiken und Nebenwirkungen der Bioenergiegewinnung. Ich erinnere zum Beispiel an unsere Landtagsdebatte zur guten fachlichen Praxis in der landwirtschaftlichen Bodennutzung und andere parlamentarische Aktivitäten. Hohe Anbaukonzentrationen beim Mais, die Gestaltung und Einhaltung von Fruchtfolgen bis hin zur Konzentration von großen raumbedeutenden Bioenergieanlagen in der Landwirtschaft und deren verträgliche territoriale Einordnung will ich nur als wenige Beispiele hier nennen.

Sie können in unserem Antrag lesen, dass wir von einer schnellen Zunahme des Anteils der Ackerflächen für die Energiepflanzen ausgehen. Wir sehen das vor dem Hintergrund des begrüßenswerten und von den LINKEN lange geforderten Atomausstiegs und der weltweiten Verknappung der fossilen Energieträger. Auch das war heute im Laufe des Vormittags schon Thema.

Bisher werden in unserem Lande circa 188.000 Hektar für die Produktion von Biomasse zur energetischen Nutzung verwendet. Bereits im Jahre 2006 gingen Untersuchungen davon aus, dass eine Ausweitung bis auf 330.000 Hektar möglich wäre, ohne die Nahrungs- und Futtermittelproduktion zu beeinträchtigen. Auch der Landesaktionsplan Klimaschutz 2020 fußt auf dieser Annnahme. Wir gehen also davon aus, dass es viele neue Marktanreize geben wird, die diese prognostizierten Potenziale sehr schnell in Anspruch nehmen werden.

Nun noch einmal zurück zu den Risiken und Nebenwirkungen. Ich möchte an die eigenen negativen Erfahrungen erinnern, die wir mit der Produktion von Biokraftstoffen, wie zum Beispiel Biodiesel, sammeln mussten, indem die Steuerpolitik der Bundesregierung diese Branche in ein Desaster führte. Ebenso nachdenklich sollte uns inzwischen das Herangehen an den Bau und den Betrieb von einigen oder vielen Biogasanlagen machen, die ohne – ich unterstreiche, ohne – Abwärmenutzung arbeiten und damit nicht die nötige Effizienz aufweisen. Auch die Konzentration von Bioenergieanlagen wie in Güstrow oder Penkun gehören unserer Auffassung nach nicht auf die Habenseite der guten Erfahrungen. Hier kann man vielleicht die Effizienz der Energiegewinnung erhöhen bei der Konzentration, aber nicht die gesamten Erfordernisse der nachhaltigen Produktion sichern. Zu den Negativseiten gehören die großen Transportentfernungen, die großen Transportmassen und die Nichteinhaltung von Fruchtfolgen häufig im Einzugsbereich. Deshalb stehen wir solchen Großprojekten ablehnend gegenüber.

Schon der Aktionsplan Klimaschutz des Landes weist auf das Risiko hin, dass mit steigenden ökonomischen Aktivitäten gegebenenfalls die gute fachliche Praxis zu großzügig interpretiert werden könnte und bisherige Rücksichten fallen gelassen werden. So haben wir heute in einigen Bereichen bedenkliche Anbaukonzentrationen an Mais, die nicht nur den Humusabbau in den Böden befördern, sondern auch durch mehrfachen Nachbau auf dem gleichen Standort die Bodenphysik und -chemie negativ beeinflussen können. Ebenso kommt es zur

Schädlingsakkumulation auf diesen Standorten. Für die Erweiterung des Biomasseanbaus brauchen wir deshalb andere Alternativen.

Auch Bundesagrarministerin Aigner denkt laut darüber nach, mit der EEG-Novelle den Maisanbau einzudämmen. Ebenso ist zu begrüßen, dass zum Beispiel die Agrarministerkonferenz in Jena zu der Auffassung gelangt ist, dass aus Klimaschutzgründen der Bau kleiner, vor allen Dingen güllebasierter Biogasanlagen bis 500 kW stärker zu unterstützen sei.

Ich will auch ganz klar sagen, dass wir als LINKE die Bioenergiegewinnung als große Chance für die Landwirtschaft und für den ländlichen Raum gesehen und unterstützt haben und das wird auch so bleiben. Jetzt wissen wir aber, dass solche Entwicklungsrichtungen auch in ihren sehr komplexen und weitreichenden Folgen und Wechselwirkungen bedacht werden müssen, deswegen die Forderung nach entsprechenden Forschungen. Zu denen gehören auch die zunehmenden Wetterkapriolen und die schon längst wirkenden Klimaveränderungen und deren Folgen, vor allen Dingen was den Erosionsschutz der landwirtschaftlichen Flächen anbetrifft.

Deshalb sehen wir jetzt die Notwendigkeit, die möglichen Folgen der schnell auf uns zukommenden Erweiterung des Biomasseanbaus besser mit den Prinzipien des nachhaltigen Wirtschaftens zu verbinden. Zur Nachhaltigkeit würde ich in dieser Situation einen vierten Faktor hinzufügen – und das war heute in der Energiedebatte auch bereits die Frage –, nämlich die Frage der Zeit. Der Markt und die von ihm erzeugte oder auch herbeispekulierte Nachfrage bestimmen das Tempo der Entwicklung und der Landwirt muss in seinem ökonomischen Überlebenskampf auf einigen Standorten die rettenden Strohhalme ergreifen. Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass die Landwirte mehr nutzbare Alternativen zum Maisanbau erhalten, wie in unserem Antrag vorgeschlagen.

Ich habe Vertrauen, dass die meisten Bauern dem Grundsatz der Nachhaltigkeit folgen wollen und ihren Hof oder ihren Betrieb in einem besseren Zustand, als sie ihn vorgefunden haben, an die nächste Generation übergeben werden. Aber nicht jeder, der zu Ackerland gekommen ist, ist auch ein solcher Landwirt und handelt nachhaltig. Auch daher brauchen wir klare Rahmenbedingungen, die in unserem Lande, der Bundesrepublik und in der EU Geltung haben.

Unser Land gehört mit seiner naturräumlichen Ausstattung und seinem landwirtschaftlichen Potenzial zu den führenden Agrarländern in der Bundesrepublik Deutschland. Daraus ergibt sich nach unserer Auffassung auch die Verpflichtung, führend und vorausdenkend auf neue Herausforderungen zu reagieren.

Der zweite Teil unseres Antrages berührt die schwierige Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz der Landwirtschaft, insbesondere des Anbaus von Biomasse und deren energetischer Verwertung. Die Frage der fehlenden Akzeptanz der Landwirtschaft in der Gesellschaft berühren viele Entwicklungen in der Gesellschaft und in den ländlichen Räumen. Landwirtschaft, Lebensmittel- und Biomasseproduktion haben aber nur Zukunft, wenn es gelingt, über Einbeziehung von vielen Menschen und Verbänden, über Aufklärung und gute Beispiele ein anderes gesellschaftliches Verständnis zu erreichen. Das ist auch eine Herausforderung für uns als Landwirte und unsere Verbände.

Auch die bereits erwähnte Agrarministerkonferenz in Jena stellte fest, dass der Erforschung von Anbauverfahren für alternative Energiepflanzen bei der Frage nach der Akzeptanz und Verträglichkeit der regionalen Biogaserzeugung eine Schlüsselfunktion zukommt. Auch in der Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit der Agrarwissenschaften bestärkt uns die Agrarministerkonferenz, denn insbesondere in Bezug auf alternative Pflanzen für die Biomasseproduktion, um zum Beispiel die sonst zu befürchtende Verstärkung des Maisanbaus einzudämmen, sind neue Beiträge der Agrarwissenschaften erforderlich. Wir meinen jedoch, dass es daneben geeignete alternative Pflanzen gibt, deren Nutzung nur unterstützt werden muss, wie zum Beispiel die Nutzung der sogenannten Energierübe und ihre Verwertung in regionalen Kreisläufen wie im Falle der Norddeutschen Rüben AG.

Ebenso, wie Sie unserem Antrag entnehmen können, meinen wir auch, dass es höchste Zeit ist, den Einsatz von Leguminosen, zum Beispiel Lupinen und Luzerne, wieder zu unterstützen. Sie sind hervorragende Alternativen zu importierten Futtermitteln und könnten die Fruchtfolgeprobleme bei der Ausweitung der Biomasseproduktion lösen helfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fasse kurz zusammen: Wir gehen von einer schnellen Zunahme der Nachfrage nach Biomasse aus. Diese beschleunigte Entwicklung darf nicht zu unvertretbaren Anbaukonzentrationen oder sogar Monokulturen in der Landwirtschaft führen. Eine Konzentration von Energieerzeugungsanlagen und die damit verbundenen Belastungen für die Bevölkerung, die Umwelt und den Verkehr sind ebenfalls auszuschließen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Lebensmittelproduktion zu bezahlbaren Preisen und den erneuerbaren Energien aus der Landwirtschaft muss erhalten werden.

Meine Damen und Herren, stellen wir uns gemeinsam den Herausforderungen, um so sowohl die nachhaltige Lösung der Ernährungsfrage als auch die Lösung der Energiefrage anzugehen! – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Professor Dr. Tack.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Landwirtschaftsminister Herr Dr. Till Backhaus.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute spielt das Thema der erneuerbaren Energien eine sehr wichtige Rolle und ich begrüße das, zumal wir in den letzten Jahren – und das ist ja auch, glaube ich, deutlich geworden – eine Wegstrecke aufgelegt haben, die sich in Mecklenburg-Vorpommern wirklich gut darstellen lässt. Auf der anderen Seite wird davon gesprochen, wir stehen vor einer historischen Weichenstellung. Auch das ist heute hier schon angedeutet worden.

Aber wenn man sich die Ergebnisse und die Folgen vom 11. März in Fukushima anschaut, dann wird doch eins

für uns alle deutlich, ich glaube, das ist auch die allgemeine Meinung der Gesellschaft in der Bundes republik Deutschland und weit darüber hinaus: Atomenergie ist und bleibt ein Irrweg, den man nicht weiter beschreiten darf und auch im Sinne der Gesellschaft nicht ausbauen darf. Auf diesem Irrweg, auch das will ich noch mal unterstreichen, fährt die Bundesregierung nach wie vor einen erheblichen Zickzackkurs, den man gerade an den gesellschaftspolitischen Debatten erkennen kann. Ich bin gespannt, wie das in den nächsten Wochen tatsächlich zu Ende geht. Ich glaube, da sind wir vollkommen auf der linken Seite von einem Meinungsprozess. Und ich glaube auch, dass die CDU, wenn ich das unterstreichen darf, in der gesellschaftlichen Debatte jetzt versucht, dabei nicht unter die Räder zu kommen. Auch das nehme ich zur Kenntnis.