Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 16. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufi ge Tagesordnung der 16., 17. und 18. Sitzung liegt Ihnen vor. Zwischen den Fraktionen ist vereinbart worden, die Beratung des Tagesordnungspunktes 23 nach Tagesordnungspunkt 35, die Beratung des Tagesordnungspunktes 36 nach Tagesordnungspunkt 22, die Beratung des Tagesordnungspunktes 33 nach Tagesordnungspunkt 39 und die Beratung des Tagesordnungspunktes 40 nach Tagesordnungspunkt 32 vorzunehmen. Die Fraktion der NPD hat darum gebeten, den Tagesordnungspunkt 34 anstelle des Tagesordnungspunktes 41 und den Tagesordnungspunkt 41 anstelle des Tagesordnungspunktes 34 zu beraten. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, anstelle des vom Antragsteller zurückgezogenen Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/483 den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP auf Drucksache 5/536 zu beraten. Wird der vorläufi gen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 16., 17. und 18. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Fraktion der NPD liegt Ihnen auf Drucksache 5/538 ein Antrag zum Thema „Solidarität mit dem estnischen Volk“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Das Wort zur Begründung wird gewünscht und hat der Fraktionsvorsitzende der NPD-Fraktion Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vom estnischen Volk lernen, heißt, die Wahrheit nicht scheuen. Die Esten haben in ihrer Entscheidung, das sogenannte sowjetische Ehrenmal aus der Mitte ihrer Hauptstadt Tallinn zu entfernen, ein leuchtendes Beispiel dafür gegeben, dass die Wahrheit zwar oft untergeht, aber nicht ertrinkt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Nicht das Volk, das war die Regierung, Herr Pastörs. – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

16 Jahre nach dem Abzug der sowjetischen Unterdrücker hat man es als erforderlich angesehen, reinen Tisch zu machen. Das Schandmal ist aus dem Zentrum Tallinns verschwunden. Und das Erfreuliche ist …

Herr Pastörs! Herr Pastörs, bitte einen Moment!

(Der Abgeordnete Udo Pastörs spricht bei abgeschaltetem Mikrofon weiter.)

Herr Pastörs, bitte einen Moment! Sie haben jetzt die Möglichkeit, die Dringlichkeit des Antrages zu begründen und nicht den Inhalt des Antrages zu erläutern.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Richtig.)

… ausgelöst durch einen Mob ewig Gestriger, der sicherlich aus

schließlich aus den Resten der verbliebenen russischen Bevölkerung sich rekrutierte, nicht dazu geführt hat, diese Entscheidung rückgängig zu machen.

Die Dringlichkeit unseres Antrags besteht darin, dem estnischen Volk moralische Unterstützung zu geben in seinem Bestreben, die Geschichtslüge einer sogenannten Befreiung durch die Sowjets ein für alle Mal vom Tisch zu wischen und der Wahrheit die Ehre zu geben. Wie bei uns plünderten, mordeten, raubten und brandschatzten die sogenannten Befreier,

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das ist unerhört! – Volker Schlotmann, SPD: Können wir nicht das Mikro abstellen?!)

um anschließend über ein halbes Jahrhundert …

Herr Pastörs, ich mache Sie noch mal darauf aufmerksam, dass Sie hier die Dringlichkeit zu begründen haben und sich bitte zurückhalten mit einer inhaltlichen Darstellung.

Die Esten unterdrückten das estnische Volk auf allen Gebieten.

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Es ist daher dringend geboten, dass der Landtag unserem Antrag zustimmt, um auch damit eine Stärkung der estnischen Regierung gegenüber den bereits erfolgten Drohungen Russlands zu erreichen. Zeigen wir, dass der ehemalige Präsident Estlands Lennart Meri nicht Recht hatte mit seiner Äußerung, die Bundesrepublik Deutschland sei zu einer Canossarepublik verkommen. Ich bitte, dem Dringlichkeitsantrag der NPD-Fraktion zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht? – Herr Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD versucht mal wieder in schamloser Manier, zu Beginn einer Landtagssitzung hier einen Zirkus abzuziehen mit dem einzigen Ziel, in die Medien zu gelangen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich hoffe, das wird der NPD dieses Mal wieder nicht gelingen. Ich kann da nur appellieren. Die Dringlichkeit dieses Antrages und auch des anderen Antrages wird von uns abgelehnt, weil sie für diesen Landtag nicht gegeben ist. Wir werden in einer ordentlichen Sitzung uns ordentlich mit dem Inhalt, den Herr Pastörs gerade versucht hat, unter Verletzung demokratischer Spielregeln hier einzuspeisen, entsprechend auseinandersetzen und dann werden wir doch einmal sehen, wie das ausgehen wird. – Besten Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Udo Pastörs, NPD: Da bin ich ja sehr gespannt.)

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage abgelehnt bei Zustimmung der NPD-Fraktion und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion der NPD liegt Ihnen auf Drucksache 5/539 ein Antrag zum Thema „Keine weiteren Müllverbrennungsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Das Wort zur Begründung wird gewünscht und Herr Borrmann trägt für die NPD-Fraktion vor.

Bürger des Landes! Der Landtag sollte hier und heute sich ernsthaft mit dem Problem des Baus weiterer Müllverbrennungsanlagen befassen. Insbesondere der Erweiterungsbau für eine Müllverbrennungsanlage in Hagenow stellt eine ernsthafte Gefährdung der Gesundheit von Menschen in dem betroffenen Gebiet dar. Medienberichten zufolge wird derzeit bereits Müll aus Australien in deutschen Müllverbrennungsanlagen verbrannt, wobei die Belastung der Luft mit Dioxid und weiteren giftigen Stoffen ständig ansteigt.

Die Dringlichkeit unseres Antrages ergibt sich insbesondere daraus, dass mit der Positionierung Mecklenburg-Vorpommerns als Gesundheitsland gerade und insbesondere im Vorfeld des Weltwirtschaftsgipfels der weitere Ausbau und Neubau von Müllverbrennungsanlagen unvereinbar ist. Wer will schon in einer Region Urlaub machen, in der die Luft mit der Verbrennung von Müll und insbesondere von Giftmüll verpestet wird? Wir sagen klar Ja zum Tourismus, wir lehnen Mülltourismus aber kategorisch ab. Auch aus ökologischen Gründen ist der Transport von Müll einzuschränken.

(Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Dringlichkeit!)

Müll soll raumorientiert entsorgt werden und da ist es besonders dringlich, dass wir sofort einschreiten.

(Heiterkeit bei Reinhard Dankert, SPD, Volker Schlotmann, SPD, und Ministerin Sigrid Keler)

Wer die Häfen unseres Landes zur Einfuhr von Dreck und Müll verwenden will, der schadet unserem Land. Die Dringlichkeit ergibt sich auch daraus, dass der Ausbau des Verbrennungsofens in Hagenow demnächst erfolgen soll. Der Landtag wird hiermit von uns aufgefordert, am besten bereits heute klar und deutlich zu machen, dass wir nicht bereit sind, Mecklenburg-Vorpommern zum Schrottplatz der Welt und zur Müllhalde der ganzen Welt verkommen zu lassen. Ich bitte Sie eindringlich um Zustimmung zur Dringlichkeit unseres Antrages und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann frage ich jetzt: Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage bei Zustimmung der NPD-Fraktion und Gegenstimmen der CDU, SPD, Linkspartei.PDS und FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zum Thema „Mindestlohn – Chancen für Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.

Aktuelle Stunde Mindestlohn – Chancen für Mecklenburg-Vorpommern

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete der SPD-Fraktion Herr Erwin Sellering.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir den üblichen NPD-Geschäftsordnungszirkus hinter uns haben, immerhin 25 Minuten diesmal,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

können wir zu den ernsthaften und wichtigen Themen kommen.

Ich bin von meinem Abgeordnetenplatz aus ans Pult gegangen, um deutlich zu machen, dass ich heute zu dem sehr wichtigen Thema Mindestlohn als SPD-Abgeordneter spreche.

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Das bedeutet allerdings nicht, dass dies kein Thema für den Sozialminister wäre, ganz im Gegenteil,

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

denn das Thema Mindestlohn steht im Kontext der sehr schwierigen sozialen Frage, die sich aktuell in Deutschland, vor allem in Ostdeutschland stellt: Wie sichern wir den Zusammenhalt, den sozialen Frieden in einer Gesellschaft, in der die Schere zwischen Arm und Reich, zwischen den hervorragend ausgebildeten Gewinnern der Wissensgesellschaft und den gering qualifi zierten Verlierern immer weiter auseinandergeht? Es ist leider nicht so, dass die sehr erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung der letzten Monate alle gleichermaßen erreichen würde. Diese positive Entwicklung, die in Mecklenburg-Vorpommern zu mehr Wachstum und zu mehr Beschäftigung geführt hat, auch dank der guten Arbeit der Landesregierung der letzten Jahre, dank der guten Ansiedlungspolitik,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

geht an den gering Qualifi zierten leider weitgehend vorbei. Und das ist gerade in Mecklenburg-Vorpommern keine kleine Gruppe.

Meine Damen und Herren, knapp ein Drittel der Kinder in Mecklenburg-Vorpommern lebt in einem Haushalt, in dem die Erwachsenen nicht mehr in der Lage sind, den Lebensunterhalt der Familie zu sichern,