Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist unzweifelhaft, das ist auch mehrfach schon betont worden, dass die maritime Industrie zu den Schlüsselindustrien in MecklenburgVorpommern gehört. Sie ist strukturbestimmend, man könnte auch sagen, sie ist sozusagen das Herz unseres industriellen Bereiches. Die maritime Wirtschaft wird bei uns geprägt durch 350 Betriebe mit etwa 3.400 Beschäftigten, direkt oder indirekt. Der Schiffbau als Kernbereich der maritimen Industrie nimmt in Mecklenburg-Vorpommern eine herausragende Position ein und man kann es auch so formulieren, dass die modernsten Werften nicht nur Deutschlands, sondern Europas nach wie vor bei uns hier in Mecklenburg-Vorpommern vorhanden sind.
Der Schiffbau steht für hervorragende technologische Voraussetzungen und herausragende Qualität. Er steht für hohe Zuverlässigkeit und Flexibilität bei einer hoch motivierten und gut qualifi zierten Belegschaft. Schaut man sich den engen Kreis an, dann ist der Schiff- und Bootsbau zu sehen im Kreis von 80 Unternehmen mit round about 5.800 Beschäftigten und, man muss auch sagen, nur noch 4.600 Beschäftigten in den fünf Großwerften. Hier wurden 2005 circa 20 Prozent der Umsätze des verarbeitenden Gewerbes erwirtschaftet. Also kann man daraus auch erkennen, welchen Einfl uss natürlich die maritime Wirtschaft und der Schiffbau auf das verarbeitende Gewerbe in Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor haben.
In 2006 konnten die Werften das bislang beste Ergebnis erzielen, aber es gibt nach wie vor Probleme, die besonders darin bestehen, dass der Markt für Containerschiffe infolge des enormen Kapazitätsaufbaus in Korea, China und Vietnam einem heftigen Wettbewerbsdruck unterliegt. Vor diesem Hintergrund sind die Werften bemüht, Aufträge für technisch hochwertige Spezialschiffe hereinzunehmen, um hier aus dem Markt heraus höhere Renditen zu erzielen, also zum Beispiel Fährschiffe, eisbrechende Containerfrachtschiffe sowie Fischereischutzboote, in der Perspektive auch Erdgastanker oder Ankerziehversorger für den Offshorebereich.
Dieser jetzt von mir skizzierte Schiffbau als Kernbereich der maritimen Industrie wird ergänzt durch die maritime Zulieferproduktion und nicht zu vergessen durch die ingenieurtechnischen Dienstleistungen. In diesem Bereich erfolgt die Entwicklung zukunftsrelevanter Produkt- und Systemlösungen.
Ausgeprägte Zulieferbeziehungen bestehen zu zahlreichen anderen Branchen. Das will ich hier nur allgemein erwähnen. Ja, es ist so, der Zulieferbereich und der Dienstleistungsbereich sind vorwiegend kleinteilig strukturiert. Es handelt sich auch sehr oft um Unternehmen, die durch Ausgliederungen aus dem ehemaligen Kombinat Schiffbau entstanden sind. Nimmt man einmal die größten Zulieferer in Mecklenburg-Vorpommern, wären unbedingt – Sie werden es mir nicht übel nehmen – die Mecklenburger Metallguss GmbH Waren, aber auch die Caterpillar Motoren GmbH Rostock als ein Nachfolger des Dieselmotorenwerkes oder Schottel Antriebstechnik GmbH Wismar zu nennen. Unbedingt erwähnt werden muss die IMG, die Ingenieurtechnik und Maschinenbau GmbH in Rostock, oder die Ostseestaal GmbH. Ich will hier nur einige nennen.
Insbesondere im Zusammenhang mit dem 1999 gestarteten InnoRegio-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung haben sich verstärkt Kooperationen und Vernetzungen der Zuliefer- und Dienstleistungsunternehmen untereinander herausgebildet. In diesen Netzwerkprozess sind auch Hochschulen und Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer-Anwendungszentrum einbezogen. Zwei Beispiele für die Netzwerke: Die Maritime Allianz Ostseeregion, kurz MAO genannt, hat sich auf das Gebiet von Forschung und Entwicklung bezogen, vorrangig für kleine und mittlere maritime Unternehmen, und der Kooperationsverbund MAZA, das ist ein Verbund der Zulieferer, die sich insbesondere durch das Zusammenarbeiten günstigere Einkaufskonditionen verschaffen.
Meine Damen und Herren, um die Wettbewerbsfähigkeit der Werften auch zukünftig zu sichern, sind Forschung, Entwicklung und Innovation unabdingbar. Deshalb waren Forschung, Entwicklung und Innovation neben der Aus- und Fortbildung oder der Nachwuchssicherung die Leitthemen der 5. Nationalen Maritimen Konferenz im Dezember 2006 in Hamburg. Bezogen auf den Schiffbau kann man folgende Ergebnisse hier heute nennen:
Das Zinsausgleichssystem, das sich CIRR nennt, wird als Gewährleistungsinstrument des Bundes ausgestaltet. Hier sind wir zwar nicht unmittelbar beteiligt, aber das nutzt die Wirtschaft unseres Landes.
Die Arbeitsgruppe von Bund, Küstenländern, Werften und Sozialpartnern zur Initiative LeaderShip Deutschland wird fortgesetzt.
Im Zusammenwirken mit den Hochschulen wirbt die Schiffbauindustrie für ein Schiffbaustudium mit dem Ziel, die Zahl geeigneter Studienanfänger und Schiffbauhochschulabsolventen im Bereich des Schiffbaus zu erhöhen. Das ist, fi nde ich, eine wichtige Sache und ein nachahmenswertes Beispiel, wie sich hier Unternehmen verbünden mit jungen Absolventen der Schulen, aber auch aus dem eigenen Bereich der Berufsausbildung.
Eine länderübergreifende Arbeitsgruppe „Schiffbau an Hochschulen“ wurde eingerichtet. MecklenburgVorpommern wird durch das Bildungsministerium vertreten.
Das Thema Nachwuchssicherung wurde bereits genannt. Auch das ist natürlich ganz wichtig für die Zukunft.
Meine Damen und Herren, ich kann sagen, dass die Landesregierung sich wie in der Vergangenheit auch weiterhin dafür einsetzen wird, die Bemühungen der Werften und Zulieferer, hier zu entsprechenden Netzwerken zu kommen, zu günstigeren Konstellationen zu kommen durch die Zusammenarbeit im Lande Mecklenburg-Vorpommern und sich wirklich auf die künftigen Herausforderungen einzustellen, zu unterstützen. Man darf sich da überhaupt nicht täuschen lassen durch die jetzigen Nachrichten. Das heißt, dass wir ganz gute Auftragssituationen haben, aber das darf uns nicht beruhigen. Die Renditen gerade im Containerschiffbau sind relativ niedrig und wir brauchen hier tatsächlich diesen Wandel hin zu anderen Aufträgen, wie ich es schon dargestellt habe.
Wir werden weiterhin das Instrument der Landesbürgschaften für Schiffbauaufträge bereitstellen. Der Bürgschaftsplafonds hierfür beträgt rund 305 Millionen Euro. Seit 2006 kann das Wirtschaftsministerium Investitionen auf den Werften im Rahmen des Schiffbaubeihilferahmens, der sich bei 22,5 Prozent des Investitionsvolumens bewegt, fördernd begleiten. Die Küstenländer und somit auch Mecklenburg-Vorpommern sind mit dem Bund im Gespräch, das Innovationsförderprogramm des Bundes für die Werften zu begleiten. Hier wollen wir uns engagieren. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Bund das von mir schon genannte Zinsausgleichsystem, also das CIRR, allein trägt.
Künftig können wir Produkt- und Prozessinnovationen der Werften wie zum Beispiel Projekte zur Einführung der Lasertechnologie oder umweltfreundliche Schiffsantriebssysteme bis zu 20 Prozent fördern. Es ist jetzt neu, dass wir keine produktbezogenen Beihilfen wie in der Vergangenheit mehr leisten, sondern die Unterstützung von Investitionen in die Zukunft des Landes, also insbesondere in den Forschungs- und Entwicklungsbereich, steht im Vordergrund.
Im Jahr 2001 wurde von den Industrie- und Handelskammern des Landes der Ausschuss „Maritime Wirtschaft“ ins Leben gerufen. Auf dessen Initiative hin fanden 2004 und 2006 Zukunftskonferenzen der maritimen Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns statt, die auch fachlich und fi nanziell durch mein Haus unterstützt wurden. Unter Beachtung der Tatsache, dass wir bekanntermaßen keine Planwirtschaft mehr haben, sondern freie Unternehmen,
wird die Landesregierung sich für die maritime Industrie als Kernbereich der maritimen Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern abgestimmt mit Industrievertretern, mit den Hochschulen sowie mit den Verbänden und Gewerkschaften engagieren. Wir werden eine Konzeption erstellen, die hilft, eine gute Zukunft für die maritime Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zu gestalten, und wir können gern, so, wie auch gefordert, in entsprechender Regelmäßigkeit im Wirtschaftsausschuss diesbezüglich Bericht erstatten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, es ist notwendig, dass wir als Landesparlament wiederholt ein Bekenntnis zu den Werften abgeben. Als wir als Linkspartei vor einiger Zeit hier dieses Bekenntnis haben wollten, wurde dieses Bekenntnis in Bausch und Bogen abgelehnt.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja. – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das ist auch was anderes.)
Jetzt wird hier ein Antrag eingebracht seitens der Koalitionsfraktionen, der die Landesregierung beauftragt, eine Konzeption zur Zukunftssicherung der maritimen Industrie mit anderen aus dem Land zu erarbeiten. Herr Schulte, wenn ich Sie richtig verstanden habe, hat der Wirtschaftsminister Herr Seidel auf der Konferenz am 15. November 2006 in seiner Rede eine Verpfl ichtung für die Regierung, eine Selbstverpfl ichtung für sich selbst abgegeben. Warum dann dieser Antrag? Und was ist das für eine Koalition, in der die sie tragenden Fraktionen die Regierung beauftragen müssen, eine solche Konzeption zu erarbeiten?
Ich frage mich: Wieso muss dieser Antrag nun her? Und es stellt sich natürlich die Frage – Herr Roolf, da bin ich vollkommen bei Ihnen: Wie ist der Landtag beteiligt, wenn schon er einen solchen Auftrag hier formulieren soll?
Was aber der Antrag vollkommen offen lässt, meine Damen und Herren, ist, welche Ansprüche mit einer solchen Konzeption ganz konkret verbunden sind. Es wäre nur richtig, auch über Ansprüche im Landtag ganz konkret zu diskutieren.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Marc Reinhardt, CDU: Ja, damit kennen Sie sich ja gut aus.)
Ich bin der Überzeugung, dass Sie mit diesem Antrag suggerieren, dass mit dieser Konzeption eine Zukunftssi
Eine unternehmerische Entscheidung ersetzen dieser Antrag und die Konzeption auf keinen Fall. Ich stehe für Leitbilder, ich bin auch für Leitbilder, aber hier wird etwas suggeriert, was überhaupt nicht den Realitäten in Mecklenburg-Vorpommern heute und in Zukunft entspricht. Wir brauchen dieses Signal. Die Tariffl ucht von Aker wurde von einem Unternehmenssprecher damit begründet, dass man sich auf die Zeit nach den vollen Auftragsbüchern vorbereiten will. Herr Seidel hat das auch angesprochen. Wir sollten uns hier in Ruhe wähnen. Wir stimmen in der inhaltlichen Bewertung, was die maritime Industrie betrifft, sicherlich überein. Und deswegen meine ich, ja, das Land muss sich auf diese Zeit nach den vollen Auftragsbüchern vorbereiten, aber nicht so, wie dieser Antrag formuliert. Und, auch das ist in den Vorreden zum Ausdruck gekommen, es geht nicht nur um Schiffbau. Es geht tatsächlich um viel mehr. Wir als Linke verstehen unter maritimer Industrie alle Wirtschaftszweige, deren Wertschöpfung irgendwie mit dem Meer verbunden ist. Das sind Fragen, die meines Erachtens hier in den Mittelpunkt gerückt werden müssen. Es geht um neue Produkte, um neue Technologien. Es geht natürlich darum, eng mit den Hochschulen zusammenzuarbeiten und die geringe Fertigungstiefe zu verändern, indem mehr Zulieferungen aus Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich erreicht werden können.
Aber an diejenigen, die schon jahrelang in diesem Landtag sitzen: Wie oft wurde diese Frage hier diskutiert? Wie oft wurden Appelle aus diesem Haus und seitens der Regierung tatsächlich formuliert? Natürlich geht es um komplexe Systeme und um umfassende maritime Netzwerke. Aber es geht auch um den Schutz der Meere, es geht um verbrauchs- und schadstoffarme Antriebe und es geht nicht zuletzt um die Erhöhung der Sicherheit auf, unter und über Wasser. Das sind alles Fragen, die mit einer solchen Konzeption letztendlich beantwortet werden müssen. Ich frage mich, Herr Schulte, warum Sie diesen Antrag hier einbringen. 2006 hat der von Ihnen zitierte Ausschuss „Maritime Wirtschaft“ der Industrie- und Handelskammer zu Rostock seine Zukunftskonzeption für die maritime Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns vorgelegt. Vielleicht sollten wir diese Konzeption hernehmen, sie im Wirtschaftsausschuss diskutieren und dann Schlussfolgerungen ziehen, ob da noch eine weitere Arbeit hier tatsächlich notwendig ist.
In dem Antrag bleibt auch vollkommen offen, wie sich die Unternehmen selbst wiederfi nden. Ich meine schon, dass eine Konzeption nicht nur ein Werk der Regierung und hoffentlich auch der beteiligten Landtagsfraktionen sein sollte, sondern letztendlich geht es darum, die unternehmerischen Strategien auch hier widerzuspiegeln. Dann wird eine Konzeption zur Zukunftssicherung daraus, eine unternehmerische Strategie, die mit einem Leitbild des Landes tatsächlich passfähig gemacht wird. Das hätte ich mir gewünscht. Ich halte den Antrag für überfl üssig.
Er ist das Papier nicht wert, auf dem er steht, und deswegen bin ich dafür, ihn abzulehnen. – Danke schön.