Protokoll der Sitzung vom 11.05.2007

Wir wollen auch gesellschaftliche Initiativen. Und da sage ich, in meiner kleinen Heimatstadt wird zum Beispiel am Kindertag für 600 bis 800 Kinder ein Nudelessen veranstaltet,

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD: Lecker!)

für alle 800 Kinder, die im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren sind.

(Heiterkeit bei Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Werden die denn genudelt?)

Das sind zum Beispiel auch faktische Auswirkungen von Initiativen, von Lokalpolitikern, von Gemeindepolitikern, von Stadtpolitikern vor Ort. Das sind wichtige Dinge, um also auch auf die Kinder zuzugehen, ihnen Zuwendung zu geben, Zuneigung zu geben. Das spricht sich rum. Solche Dinge sollten Sie mal lieber machen, auch die Herren von der FDP, als hier laufend Schaufensteranträge zu stellen und uns zu irgendwas aufzufordern, was gerade zu machen und zu lassen ist. Ich sage es noch mal. Ein Kindergipfel gehört insgesamt in ein Konzept, das die Familienfreundlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern weiter verbessert und uns sozusagen in der Bundesrepublik Deutschland als Musterland ausweist. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Glawe.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/493. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/493 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, den Stimmen der Fraktion der NPD und einer Stimme der Fraktion der Linkspartei.PDS abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion der... Entschuldigung, ich korrigiere noch einmal.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist gut.)

Ich gebe das Abstimmungsergebnis noch mal bekannt: Dem Antrag der Fraktion der FDP wurde zugestimmt durch die Fraktionen der FDP und NPD und eine Abgeordnete der Linkspartei.PDS und er wurde mit den Gegenstimmen von der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU abgelehnt. Zwei Stimmen der PDS sind auch Gegenstimmen, einige Abgeordnete der PDS haben sich der Stimme enthalten.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Nun haben wir es. – Heiterkeit bei Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Nee, nicht so richtig.)

Eine Abgeordnete der CDU hat sich ebenfalls enthalten. Ich denke, jetzt haben wir das Ergebnis korrekt wiedergegeben. Danke.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr gut.)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, bei dem Tagesordnungspunkt 23 habe ich eine Ordnungswidrigkeit und Ordnungsverletzung noch nicht gerügt. Herr Abgeordneter Tino Müller, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf wegen der Verwendung eines Begriffes in Ihrer Rede, der historisch im Hinblick auf den Nationalsozialismus eindeutig belegt ist.

(Stefan Köster, NPD: Welchen bitte? – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Volk und Raum. – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 38: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – Vorschulische Bildung ausdehnen und weiterentwickeln, Drucksache 5/477(neu).

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Vorschulische Bildung ausdehnen und weiterentwickeln – Drucksache 5/477(neu) –

Das Wort zur Begründung hat der Vizepräsident Herr Bluhm von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ursprünglich hat meine Fraktion darüber nachgedacht, einen Antrag zu stellen unter dem Thema „Lebenswerte Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern gestalten“. Leider haben wir es nicht getan, weil nach der heutigen Diskussion vieler anderer Anträge wären alle anderen Anträge der nächsten Jahre hier im Parlament hinfällig geworden, weil sie alle unter diesen Oberbegriff passen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Also wir haben das nicht gemacht, sondern einen konkreten Antrag mit einem konkreten Gegenstand vorgelegt. Und ich bin schon mal gespannt, ob auch der wieder in die Kategorie eingestuft wird, passt alles in das große Programm, machen wir alles schon. Mitnichten!

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

In der Landtagssitzung im März hatten wir auf Antrag meiner Fraktion eine Aktuelle Stunde zum Thema „Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern“ und in der damaligen Diskussion habe ich eine sehr große Übereinstimmung der demokratischen Fraktionen zu den verschiedenen Aspekten dieses Themas festgestellt. Das ist ja nun beileibe nicht so oft in diesem Hause der Fall, aber gerade was diesen Gegenstand betrifft besonders ermutigend. Ermutigend ist diese Tatsache vor allem deshalb, weil es um die Kinder geht, und ermutigend ist, dass wir uns offensichtlich einig sind, es nicht bei Lippenbekenntnissen und Losungen zu belassen wie nach dem Motto: „Die Kinder sind unsere Zukunft“, sondern über konkrete Maßnahmen nachdenken, sie diskutieren und dann auch konkret entscheiden.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Und ermutigend ist auch die Einladung von Herrn Minister Seidel an die Linkspartei.PDS mitzuarbeiten. Er ist ja nun heute im Bundesrat, aber nichtsdestotrotz möchte ich ihn aus der Rede der Aktuellen Stunde zitieren, als er sagte: „... auch die PDS hat gute Möglichkeiten, sich in diesen Prozess einzubringen. Wenn man den Haushaltausschuss leitet oder den Finanzausschuss, dann hat man nicht nur eine Kontrollfunktion, sondern natürlich auch die Verantwortung, das zu unterstützen, was man für richtig und für gut hält.“ Ende des Zitates.

(Beifall Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

Sie sehen, meine Damen und Herren, wir nehmen solche Aufforderungen ernst. Das meine ich wirklich nicht

ironisch, denn dazu ist uns das Thema zu wichtig. Wir wollen unsere Mitarbeit allerdings auch nicht auf den Finanzausschuss beschränken, denn der ist letztlich zwar für die fi nanziellen Regelungen zuständig, aber es geht in diesem Bereich ja um weitaus mehr. Wir greifen mit unserem Antrag aus dem Komplex der Kinderbetreuung den Teil der vorschulischen Bildung heraus. Gut ist, und das will ich deutlich sagen, dass die Ausgestaltung des Bildungsauftrages im vorschulischen Bereich nunmehr dem Bildungsministerium zugeordnet ist. Damit wird auch nach außen dokumentiert, dass die frühkindliche Bildung ein Bestandteil der Bildung insgesamt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Ralf Grabow, FDP, und Hans Kreher, FDP)

Sie kann und darf nicht als abgetrenntes Einzelgebiet dargestellt und betrachtet werden. Sie ist der Ausgangspunkt aller Bildung und Erziehung, unabhängig davon, ob sie nun in der Familie, in den Kindertagesstätten oder bei den Tagesmüttern stattfi ndet. Allerdings, meine Damen und Herren, konsequent wäre es gewesen, den gesamten Bereich der Kinder- und Jugendhilfe dem Bildungsministerium zuzuordnen,

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

denn Inhalt und Organisation gehören zusammen

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)

und es gibt neben der vorschulischen Bildung und ihrer inhaltlichen Ausgestaltung genügend andere Bezugspunkte.

Und, meine Damen und Herren, die Schnittstelle Jugendhilfe und Schule ist ein schwieriges Problem. Wir verlieren in der Betrachtung dieses Problems eine Reihe von pädagogischen und sozialen Möglichkeiten durch die unterschiedlichen Zuständigkeiten.

Meine Damen und Herren, es hat im Westen der Republik lange gedauert, bis man die Bedeutung frühkindlicher Bildung in den Kindertagesstätten erkannte, und auch heute gibt es noch eine ganze Reihe von Vorbehalten, die zumeist durch ein erzkonservatives Frauen- und Familienbild geprägt werden. Ich hoffe sehr, dass sich diese ideologischen Grabenkämpfe im Bereich der Vorschule nicht genauso schnell verfestigen, wie das im Bereich der Schulpolitik in Deutschland passiert ist, denn auch bei der frühkindlichen Bildung sind die Erbschaften und Entwicklungen im Osten der Republik viel eher am internationalen Standard orientiert als in unserem westlichen Landesteil.

Genauso problematisch erscheint mir die Reduzierung der Bedeutung von Kindertagesstätten auf ihre Funktion für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Kindertagesstätten sind, wie der Name es sagt, Tagesstätten für Kinder. Deshalb haben wir immer die Meinung vertreten, dass der Besuch einer Kindertagesstätte nicht von der Beschäftigung der Eltern abhängig sein darf. Die These „Kinder brauchen Kinder“ unterteilt eben nicht nach beschäftigten und arbeitslosen Eltern.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Sie grenzt auch die Eltern, die sich für die Erziehung ihrer Kinder zu Hause entscheiden und deshalb nicht arbeiten gehen, nicht aus. Diese These orientiert sich am Wohl der Kinder, nicht am Status der Eltern. Nur so darf man aus unserer Sicht frühkindliche Bildung und Erziehung

verstehen. Die Eltern müssen die Möglichkeit haben, von den Angeboten Gebrauch zu machen. Ob sie es dann tun, müssen sie selbst entscheiden. Und wenn die Angebote und Ergebnisse überzeugend sind, erledigt sich wahrscheinlich die Diskussion, die ja immer wieder auffl ammt, über einen pfl ichtigen Besuch der vorschulischen Bildungseinrichtungen von selbst.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben gemeinsam mit der SPD in der zurückliegenden Legislaturperiode auch wegen unserer Erfahrungen in der DDR das Vorschuljahr in seiner heutigen Gestalt eingeführt. Es ist inzwischen ein Erfolg und bundesweites Vorzeigeprojekt. Aber von Anfang an war den Handelnden damals klar, dass das nur der Beginn sein kann. Und darum wurde im Jahr 2004 der Paragraf 1 Absatz 3 in das Kindertagesstättenfördergesetz des Landes MecklenburgVorpommern aufgenommen, der beinhaltet, dass die frühkindliche Bildung und Erziehung auf alle Altersgruppen des Kindergartens schrittweise zu erweitern ist – ein gesetzlich verankerter Auftrag.

Mediziner und Bildungsforscher sind sich weitgehend einig, dass mit der Geburt der Lernprozess eines Kindes einsetzt und dass in keiner späteren Entwicklungsphase die Möglichkeiten so groß sind wie gerade hier. Gegenwärtig wird sogar darüber diskutiert, in welcher Weise und mit welchen Möglichkeiten die Krippe an der Bildung und Erziehung beteiligt ist beziehungsweise beteiligt werden soll. Der so oft dahingesagte Spruch: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ ist inzwischen eine wissenschaftlich belegte Tatsache geworden.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Im Gegensatz zu den Altersvorstellungen unserer Vorfahren ist Hänschen heute allerdings jünger. Wenn wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse ernst nehmen, dann muss die Umsetzung des Auftrages nach Paragraf 1 Absatz 3 Kindertagesstättenfördergesetz so schnell wie möglich erfolgen. So schnell wie möglich heißt allerdings auch nicht überhastet. Wir haben bei der Einführung des Vorschuljahres gesehen, dass es seine Zeit braucht, bis die Träger, die Kindertagesstätten und die Erzieherinnen und Erzieher, die Tagesmütter alle notwendigen inhaltlichen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen können, um einen solchen gesetzlichen Auftrag zu realisieren. Und auch die Eltern brauchen Zeit, sich mit diesen Angeboten zu befassen. Allerdings darauf zu warten, bis die Arbeitsgruppe der Koalition im Sommer möglicherweise Vorstellungen vorlegt, ist dann doch wieder zu lang. Auch hier bin ich mir mit Herrn Seidel einig, denn er glaubt daran, dass die Kommission im Sommer Ergebnisse vorlegt. Da im semantischen Sinne „glauben“ auch heißt „nicht genau wissen“, wissen wir es also nicht,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Beifall Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

insbesondere, wenn verschiedene inhaltliche Fragen zu einem Gesamtkonzept zusammengeführt werden müssen und, was viel wichtiger ist, auch das entsprechende Geld dafür bereitgestellt werden muss. Es geht uns wahrscheinlich viel zu viel und vor allem zu wertvolle Zeit im Interesse von Mädchen und Jungen unseres Landes verloren.

Die vorschulische Bildung ausdehnen und weiterentwickeln heißt für uns konkret, die Vorhaben für einen Rahmenplan der frühkindlichen Bildung und Erziehung

im jüngeren Lebensalter sind fertig. Die pädagogischdidaktischen Grundsätze sind diskutiert. Es wäre folglich möglich, den Rahmenplan nunmehr zügig für verbindlich zu erklären und ihn damit den Trägern und Einrichtungen, den Erzieherinnen und wenigen Erziehern schon jetzt zugänglich zu machen, denn sie hätten dann mehr Vorlaufzeit zur Umsetzung dieses Vorhabens.

Zum Teil der Finanzierung: Die SPD und Linkspartei der letzten Legislatur hatten für das Vorschuljahr im Doppelhaushalt 7 Millionen Euro eingestellt. Das wird bei der schrittweisen Ausweitung der frühkindlichen Bildung und Erziehung nicht reichen und darum haben wir mit dem vorliegenden Antrag vor, die Landesregierung zu beauftragen, die entsprechende Summe für die inhaltliche Ausgestaltung des Kindertagesstättenfördergesetzes zu verdoppeln. Wir meinen, dass dieses Geld in der Bildung immer gut investiert ist, in der frühkindlichen Bildung umso mehr, weil alles, was man in den Anfang steckt, am Ende meistens eine überdurchschnittliche Ernte bringt. Diese Ernte muss sich bei der Bildung nicht unbedingt in Geld ausdrücken, sie kann sich auch in einem größeren Wissen, in mehr Fähigkeiten und mehr Fertigkeiten manifestieren.

(Beifall Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS, und Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)