Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entsprechend der Geschäftsordnung beantragt die Fraktion der Linkspartei.PDS, mit Bezug auf die Tagesordnung beziehungsweise im Verlauf der heutigen und der morgigen Tagung die nicht beendete Wahl zu dieser Kommission auch am morgigen Tag nicht fortzusetzen.
Ich begründe unseren Antrag wie folgt: Es ist ein Affront gegenüber Herrn Scheringer und meiner Fraktion, einen langjährigen Abgeordneten, der über zehn Jahre lang die Parlamentsgeschichte des Landes MecklenburgVorpommern maßgeblich mitgeprägt hat, nicht in dieses Gremium zu wählen. Herr Scheringer war lange Jahre Fraktionsvorsitzender, zuletzt Vizepräsident des Landtages und in der vergangenen Legislaturperiode Vorsitzender jener Kommission, in der ihm jetzt die Mitarbeit verweigert wird. Herr Scheringer hat in all diesen Jahren seine fachliche Kompetenz und politische Integrität unter Beweis gestellt und genießt bis heute über die eigenen Reihen hinaus eine hohe Anerkennung. Aus unserer Sicht macht dieser ungeheuerliche Vorgang deutlich, dass die
Kommission offensichtlich politisch instrumentalisiert werden soll. Die Fraktion der Linkspartei.PDS wird sich deshalb nicht an einem zweiten Wahlgang beteiligen und auch keinen anderen Kandidaten aufstellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich den Tagesordnungspunkt 8 aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass im Anschluss an die heutige Sitzung der Ältestenrat noch einmal zu einer Beratung zusammentritt, um über den soeben von Herrn Professor Dr. Methling gestellten Geschäftsordnungsantrag zu beraten.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Erhalt von Alleenbeständen, auf Drucksache 5/586.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer wie ich fast täglich mit dem Fahrzeug auf den Straßen unseres Bundeslandes unterwegs ist, für den bietet sich vor allem vom späten Frühjahr bis zum Herbst ein besonderes, sehr angenehmes Bild. Auch viele unserer Gäste sind beim Besuch unseres Landes beeindruckt von der imposanten Kulisse der wunderschönen Alleen längs der Straßen. Für die Einwohner ist es ein geliebtes Stück Heimat, für die Besucher anmutige Schatten spendende Begleitung auf ihren Wegen durch das Land. 4.374 Kilometer ziehen sich einseitige Baumreihen, geschlossene Alleen entlang von Bundes -, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen. Wir verfügen damit nach dem Land Brandenburg über den höchsten Bestand bundesweit.
Die Alleen sind im gesamten Land nicht gleichmäßig verteilt. So verfügen die Landkreise Ludwigslust und Nordwestmecklenburg auf ihre Gesamtfl äche bezogen über die mengenmäßig größten Bestände. Dabei verzeichnen wir Kategorien wie geschlossene Alleen, lückige Alleen, geschlossene einseitige Baumreihen und lückige einseitige Baumreihen. Sicher sind alle diese Kategorien dem besonderen Schutz unterworfen. Dabei gehören aber alte landschaftsprägende Bestände beziehungsweise Alleen oder Baumreihen mit seltenen Baumarten unter diesen ganz speziellen Schutz. Die Vitalität vieler Alleen hat sich inzwischen aber gerade durch den mit der Nutzung einhergehenden Einsatz von Streusalzen in den letzten Jahren verschlechtert. Hier bedarf es ministerienübergreifender Abhilfe.
Besonders dankbar bin ich den ersten Abgeordneten unseres Landtages, dass sie bereits im Jahr 1993 im Artikel 12 unserer Verfassung dem Umweltschutz und damit auch dem besonderen Schutz und Erhalt der Alleenbestände Rechnung getragen haben. Im Artikel 12 heißt es: „Land, Gemeinden und Kreise schützen und pfl egen die Landschaft mit ihren Naturschönheiten, Wäldern, Fluren und Alleen …“
Auch das Landesnaturschutzgesetz in der Fassung vom 22. Oktober 2002 regelt im Paragrafen 27 den Schutz der Alleen. So wird im Absatz 1 defi niert: „Alleen und einseitige Baumreihen an öffentlichen oder privaten Verkehrsfl ächen... sind gesetzlich geschützt. Die Beseitigung von Alleen oder einseitigen Baumreihen sowie alle Handlungen, die zu deren Zerstörung, Beschädigung oder nachteiligen Veränderungen führen können, sind verboten.“ Weiter heißt es im Absatz 3: „Um den Alleenbestand nachhaltig zu sichern, hat die zuständige Behörde, insbesondere im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, rechtzeitig und in ausreichendem Umfang Neuanpfl anzungen vorzunehmen oder für deren Durchführung zu sorgen.“
Dieser Aufgabe haben sich nun nicht nur die Mitarbeiter in den Verwaltungen, sondern auch die Abgeordneten in den Ausschüssen des Landtages gestellt. Unsere gemeinsame Beschlussvorlage fordert die Landesregierung gerade mit dem Hinweis auf Artikel 12 der Landesverfassung auf, im fünfjährigen Turnus zu berichten, wie der Schutz, der Erhalt und die Mehrung des Alleenbestandes in Mecklenburg-Vorpommern sichergestellt werden. Besonders wichtig ist es dabei, die besonderen Konfl iktpotenziale, die Gefährdungsursachen, aber auch den Umfang der Neu- und Nachanpfl anzungen an unseren Straßen darzustellen.
Ich weiß, dass inzwischen die Landkreise dieser Verpfl ichtung nachkommen und am Beispiel des Landkreises Ostvorpommern kann ich berichten, dass der Umweltausschuss am morgigen Tag, am 14.06., die Annahme und Umsetzung einer Alleenentwicklungskonzeption an Kreisstraßen beraten wird.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle auch, dass gerade die touristische Vermarktung aller Alleen Schwerpunkt unserer gemeinsamen Arbeit sein sollte. Dabei denke ich nicht nur an die bereits 1993 eröffnete Deutsche Alleenstraße, sind doch gerade Alleen oftmals eingebettet in reizvolle Naturlandschaften und somit Anziehungspunkt für viele Touristen und Naturliebhaber, vor allem aber auch aktive Erholungssuchende wie zum Beispiel Radsportler oder andere.
Wir fordern ebenso die Landesregierung auf, unter besonderer Berücksichtigung des Paragrafen 64 des Landesnaturschutzgesetzes, wo das Mitwirkungsrecht von Verbänden bei der Mitwirkung im Landesnaturschutz und der Landschaftspfl ege geregelt ist, jährliche sogenannte Baumschauen durchzuführen. Wir sehen es als besonders wichtig an, an diesen Baumschauen die anerkannten Naturschutzverbände zu beteiligen. So geht es auch darum, auf diese Weise mögliche Konfl ikte zwischen Alleenschutz und Verkehrssicherheit frühzeitig und unter Einbeziehung aller Betroffenen zu lösen.
Dem Änderungsantrag der FDP-Fraktion kann ich in der vorliegenden Form so keine Zustimmung erteilen. Die Verkürzung des Berichtszeitraumes auf zwei Jahre entspricht nicht unseren gegenwärtigen Möglichkeiten. Es ist zu kurz und sichert nicht die notwendigen qualitativen Ergebnisse. Auch halten wir es für besonders wichtig, gerade den Schutz, den Erhalt und die Mehrung des Alleenbestandes sowie die bereits erwähnte Kontrolle in den Landkreisen und kreisfreien Städten durchzuführen.
Zu dem jetzigen Tagesordnungspunkt liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/631 sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/632 vor.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten beantragt. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat zunächst der Minister für Verkehr und Landesentwicklung Herr Dr. … – und Bau –, Herr Dr. Ebnet.
Ja, Frau Präsidentin, wir üben alle noch an dieser neuen Bezeichnung „Verkehr, Bau und Landesentwicklung“,
Meine Damen und Herren, Herr Lietz hat schon darauf hingewiesen, Mecklenburg-Vorpommern verfügt heute nach Brandenburg über den größten Bestand an Alleen außerhalb geschlossener Ortschaften in Deutschland. 4.374 Kilometer waren es nach der Bestandskartierung aus dem Jahr 1996. Ich habe die Vermutung, inzwischen sind es mehr geworden durch die Neupfl anzungen, die wir vorgenommen haben. Vielleicht lohnt sich auch wieder mal eine Neukartierung, damit wir den genauen Bestand beziffern können.
Wenn man durch Mecklenburg-Vorpommern fährt, dann sieht man, dass es hier ganz anders aussieht als zum Beispiel im Westen Deutschlands. Im Westen Deutschlands gibt es kaum noch Alleen. Viele fi nden das schade, aber sie waren auch dort mal und sind verschwunden mit einer Straßenbaurichtlinie, die das erste Mal im Jahr 1956 vom damaligen Bundesverkehrsminister erlassen wurde und bei der der Hintergrund war, dass Alleen eigentlich nicht gut sind für den Autoverkehr, auch nicht gut sind für den Straßenverkehr.
Es heißt da zum Beispiel, Alleen sollten nur in begründeten Ausnahmefällen angelegt werden. Also gab es eher eine negative Haltung, die aus dem Bemühen um mehr Verkehrssicherheit heraus gekommen ist. Das hat sich über die Jahrzehnte durchgesetzt und dann wurden in der Tat Alleenbestände vernichtet. Heute ist es nicht mehr ganz so beim Bundesverkehrsministerium, aber wir haben diese alte Philosophie von damals auch noch nicht ganz aus den Köpfen heraus. Mit der haben wir täglich noch zu tun.
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Wir unterbrechen Sie auch nicht noch mal.)
In Mecklenburg-Vorpommern lief es anders. Hier hat man gewusst, dass es sich um ein kulturelles Erbe handelt, um ein Kulturgut des Landes, und es ist einfach ein Schatz des Landes, wie viele Menschen immer wieder feststellen, wenn sie hierher kommen. Deshalb schützen die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 1993 und das Landesnaturschutzgesetz die Alleen ausdrücklich und das, denke ich, fi nden wir alle gut.
Die Straßen, die im Zuständigkeitsbereich der Straßenbauverwaltung sind, das heißt die Bundes- und Landesstraßen, sind vergleichsweise gut mit Alleen ausgestattet. Ein Drittel der Straßen hat Alleen, 32,6 Prozent sind es genau, und das sieht besser aus als bei den Kreis straßen mit 16,8 Prozent. Bei den Gemeindestraßen sind es sogar nur 13,4 Prozent. Das zeigt auch deutlich, wo die Ansatzpunkte sein müssen, wenn man einen Nachholbedarf sieht und diesen beseitigen will. Ich freue mich, dass auf der kommunalen Ebene, also Landkreise und Gemeinden, immer mehr das Bewusstsein wächst, sich um dieses Thema zu kümmern, und zwar nicht nur etwas für den Schutz der Alleen zu tun, sondern auch für den weiteren Ausbau der Alleen.
Meine Damen und Herren, schon 1992, also noch vor Verabschiedung unserer Landesverfassung, gab es einen ersten Alleenerlass des Landes und dieser Erlass legte damals zum Beispiel fest, dass die Straßenbauverwaltung mindestens einmal pro Jahr eine Baumschau durchführt. Zwei Jahre später wurde dann die Neupfl anzung von Alleen und einseitigen Baumreihen im Erlass geregelt. 2002 erfolgte eine Überarbeitung des Alleenerlasses von 1994 und dieser Neuerlass regelt bei Neuanpfl anzungen die Baumarten, Pfl anzengröße, Pfl anzabstände und den Ausgleich sowie Ersatz für Eingriffe in den Baumbestand an unseren Straßen.
Und damit sind wir schon beim Stichwort Eingriffe in den Baumbestand und bei dem Thema Fällen von Bäumen. Fällen von Bäumen ist nicht schön, Fällen von Bäumen sollte keiner gern tun. Ich unterstelle es auch keinem, dass er es gern tut. Leider, muss ich sagen, ist es nicht immer zu vermeiden. Einmal ist es so, dass Straßenbauarbeiten stattfi nden müssen, grundhafte Sanierungen müssen tief in die Erde gehen und manchmal ist es dann so, dass das Wurzelwerk der Bäume das nicht aushält und die Bäume durch die Straßenbauarbeiten tatsächlich so schwer geschädigt werden, dass ihr Überleben nicht gesichert ist. Das ist schade, aber auch Straßenbauarbeiten können eine Ursache für Baumfällungen sein. Manchmal ist es auch die Verkehrssicherheit. Wir haben alle schon erlebt, dass an Einmündungen von Straßen, und zwar an Unfallschwerpunkten, plötzlich Bäume gefällt wurden. Hier ging es um die Abwägung von Unfallhäufi gkeit, Menschenleben und Baumerhalt und dann muss die Entscheidung manchmal gegen die Bäume getroffen werden. Auch der dritte Grund ist ganz einleuchtend, Bäume sind Lebewesen. Lebewesen haben eine begrenzte Lebensdauer und viele dieser Alleen wurden gegen Ende des 19. Jahr
hunderts gepfl anzt und erreichen jetzt ein Alter von über 100 Jahren, 150 Jahren. Auch wenn Bäume in der Regel älter werden als Menschen, aber ewig leben sie nicht und solche Bäume müssen dann gefällt werden.
Aber dieses Fällen darf nicht erfolgen – und das ist bei uns Gott sei Dank sehr gut geregelt –, ohne dass Ersatzpfl anzungen vorgenommen werden, und zwar Ersatzpfl anzungen im Verhältnis von 1:1 bis zum Verhältnis von 1:3,5.
Mit unserem Alleenentwicklungsprogramm von 2005 defi nieren wir als Landesregierung die Rahmenbedingungen für die Planung und die Neupfl anzung von Alleen in den nächsten 20 Jahren. Dieses Programm weist Entwicklungsabschnitte für insgesamt 1.092 Straßenkilometer als potenzielle Alleenpfl anzbereiche aus. Von diesen 1.092 Straßenkilometern sind 442 Kilometer Bundesstraßen und 650 Kilometer Landesstraßen. An diesen Abschnitten können landesweit rund 140.000 Bäume gepfl anzt werden.
Meine Damen und Herren, eins, denke ich, kann ich heute schon in Aussicht stellen: Wir werden – dieses Programm ist auf 20 Jahre orientiert – in 20 Jahren mehr Alleen im Land haben als heute.