Protokoll der Sitzung vom 13.06.2007

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das wäre schön.)

Und ich denke, darin besteht Übereinstimmung, dass dieses auch so in den nächsten Jahrzehnten durchgeführt werden sollte.

Es ist nicht ganz so leicht, geeignete Pfl anzstandorte zu fi nden, und der Anspruch an eine Allee ist ja der, dass sie die Straße säumt, und nicht, dass Bäume irgendwo stehen. Sie soll die Straße säumen und dann kommt man, wenn es um das Anlegen oder das Pfl anzen von Bäumen geht, das Anlegen von Alleen, natürlich auch mitunter relativ häufi g in Ziehkonfl ikte. Der eine Ziehkonfl ikt ist der, man möchte also die Straße säumen. Jetzt haben Sie aber Fälle, bei denen im Laufe der Zeit am Straßenrand Leitungen verlegt wurden, die man nicht sieht, die unter der Erde sind. Dann sind Sie im Ziehkonfl ikt, Sie können nicht den Baum auf die Leitungen pfl anzen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist richtig.)

Wenn Sie die Leitungen nicht verlegen wollen und können – das ist häufi g eine teure Angelegenheit –, dann müssen Sie ein Stück weggehen von der Straße. Das ist natürlich für den Charakter einer Allee nicht so ganz schön, aber auch das sind manchmal Gründe, warum man nicht die ideale Allee vorfi ndet, sondern eine Kompromisslösung, ohne dass man, wenn man jetzt hinschaut, erkennt, warum, weil man die Leitungen ja nicht sehen kann.

Dann haben wir an den Straßenrändern Entwässerungsgräben. Entwässerungsgräben an der Straße sind gut. Sie erfüllen ihren Zweck, aber Bäume in Entwässerungsgräben zu pfl anzen macht auch wenig Sinn. Das ist nicht der ideale Pfl anzstandort. Also ist man mehr oder minder gezwungen, hinter den Graben zu gehen. Dann ist man aber schon wieder ein Stück weg von der Straße und das ist natürlich für den Alleencharakter der angepfl anzten Bäume auch wieder nicht förderlich, aber es ist ein Kompromiss.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Das ist kein Kompromiss – Mist!)

Dann haben wir ein Dauerthema, für das, glaube ich, auch keiner die ideale Lösung hat. Das Thema ist das Salz, das im Winter gestreut wird, ich behaupte, auch gestreut werden muss, und das ist ein Abwägungsprozess zwischen Verkehrssicherheit und Alleenschutz, in dem Fall also der konkrete Baumschutz. Es gibt sehr gefährdete Stellen, bei denen wird man, auch wenn einem noch so viel einfällt, wahrscheinlich auf Dauer nicht am Salz vorbeikommen. Wir haben wenigstens keine andere Lösung. Und da ist dann schon beim Anlegen von Alleen oder beim Pfl anzen von Bäumen zu berücksichtigen, dass eine Salzschädigung möglichst vermieden werden soll.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Das geht auch anders.)

Klar, das Salz ist nicht gut für die Bäume. Es ist auch klar, je weiter der Baum von der Straße weg ist in dem Fall, umso geschützter ist er dann vor der Salzstreuung.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Und je weniger ist es eine Allee.)

Die Frage, wie man das Salz dosiert, ob wir da zu viel streuen oder zu wenig, ist teilweise in unserem Einfl ussbereich, aber auch nur teilweise. Bei Bundesstraßen gibt uns der Bund das vor. Ja, wir sind Auftragsverwaltung des Landes, wir arbeiten hier im Auftrag des Bundes, da haben wir keine Freiheiten. Wir haben bei unseren Landesstraßen …

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das gilt ja auch für den Baumschutz.)

Wir haben bei unseren Landesstraßen und auch bei den kommunalen Straßen natürlich die Freiheit, mehr oder minder viel Salz zu streuen.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Man kann auch Splitt streuen. Man kann auch Schnee schieben.)

Wir haben uns entschieden, dafür alles zu tun, damit wir mit möglichst wenig Salzstreuung auskommen, und das aufgetragene Streusalz hat sich auch tatsächlich in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich vermindert. In den Streufahrzeugen sind zum Beispiel heute schon vielfach computergesteuerte Systeme eingesetzt, die in Abhängigkeit von Temperatur, Restsalzgehalt und Straßen breite die Salzausbringung dosieren, und zwar minimieren. Ich hoffe, dass es hier auch mit der Technik noch ein paar Fortschritte gibt, die es uns erlauben, mit möglichst wenig Streusalz auszukommen. Allerdings ist hier ein Konfl ikt zwischen Verkehrssicherheit und dem Schutz der Bäume und deshalb streuen wir die Straßen.

Ein dritter Gesichtspunkt, der auch immer wieder Schwierigkeiten bereitet, ist das Thema Verkehrssicherheit. Wenn die Bäume nahe an der Straße sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass man im Falle eines Abkommens von der Straße, im Falle eines Unfalls auf einen Baum trifft, als wenn die Bäume weiter weg sind.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Die sind ja eingezäunt, die Bäume.)

Hier gibt es dann auch Kompromisse zu schließen. Ein solcher Kompromiss sind zum Beispiel die Leitplanken, die dabei helfen können, Bäume nahe an der Straße zu pfl anzen oder sie da zu lassen und trotzdem die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Für Radfahrer ist dies

allerdings häufi g ein Problem. Die Radfahrer klagen dann darüber, dass sie sich eingeengt und unsicher fühlen auf ihrem Rad, wenn sie zwischen den Leitplanken das Fahrrad benutzen müssen und ohne Möglichkeit im Falle einer Gefahrensituation von der Straße kommen. Das ist häufi g ein subjektives Empfi nden, aber dieses Empfi nden ist da und dieses Empfi nden muss man auch ernst nehmen.

Und dann gibt es noch einen Gesichtspunkt, der auch manchmal zu Lösungen führt, die man auf den ersten Blick nicht versteht, nämlich die Grundstücksfrage. Wenn man eine Straße völlig neu anlegt, dann kann man im Zuge der Neuanlage einer Straße sich schon den nötigen Platz verschaffen, um auch eine Allee mit anzulegen. Wenn es aber darum geht, jetzt eine Straße nicht neu zu bauen, sondern nur Grundstücke zu erwerben, um Alleen pfl anzen zu können, dann können wir niemand enteignen. Das heißt, wir brauchen die Freiwilligkeit der Grundstückseigentümer. Meistens machen die auch mit, meistens geht es gut. Aber ab und zu sehen wir Straßenstücke, da wird eine Allee plötzlich für 100, 200 Meter unterbrochen und dann geht es weiter. Das ist wieder ein typisches Beispiel dafür, dass leider die Grundstücksverhandlungen bis zu dem Termin oder bis jetzt nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Also auch hier gibt es erklärbare Erscheinungen, die dem Alleenbild nicht guttun, die aber dazu führen, dass man sich zwar Mühe geben und möglichst viel tun kann, aber nicht überall zu perfekten Lösungen kommt.

Meine Damen und Herren, wer aufmerksam durch unser Land fährt, der sieht die zahlreichen Neuanpfl anzungen. Es sind noch junge Bäume, und vielen fällt es schwer, sich hierbei eine prächtige Allee großer Schatten spendender Bäume vorzustellen, wie sie für unser Land prägend sind.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Die sind ja zehn Meter weg.)

Es wird Sie nicht trösten, wenn ich Sie auffordere, sich in Geduld zu üben, bloß beim Baum können Sie die Wachstumsgeschwindigkeit auch durch Ungeduld nicht beschleunigen. Das gelingt nicht. Die Bäume wachsen nun mal recht langsam. Und wer über die Vorstellungskraft verfügt, der kann sich durchaus heute schon vorstellen, wie diese Bäume in 30 oder 40 Jahren aussehen werden. Wir dürfen nicht vergessen, wir pfl anzen heute nicht für uns, sondern wir pfl anzen für unsere Kinder und Enkelkinder.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)

Und ich freue mich, dass hier im Landtag heute diese Debatte stattfi ndet, und bin dankbar für den Rückenwind, der damit im Bemühen der Landesregierung und vieler anderer hier im Land, die Alleen zu erhalten, zu schützen, aber auch zu mehren, zuteil wird. – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der SPD-Fraktion Dr. Gottfried Timm.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Auch ein neuer Alleenschützer.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alleen haben immer mit

Reisen zu tun. Als die grünen Haine des Reisens wurden sie von Theodor Fontane beschrieben. Friedrich von Blücher war wie viele andere bis heute von der tunnelartigen Wölbung der Allee von Bad Doberan nach Heiligendamm begeistert.

(Volker Schlotmann, SPD: Da waren letztens sehr viele Besucher.)

Fährt man durch die alten Alleen, so sind diese bis heute hin außerordentlich eindrucksvoll. Das Thema hatten wir heute schon behandelt.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Haben Sie auch ein Luther-Zitat? – Heiterkeit bei Dr. Armin Jäger, CDU)

Hätte ich, aber das ist hier nicht dran, Herr Methling. Aber ich kann nachher damit dienen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ach so. – Minister Erwin Sellering: Ein Apfelbäumchen.)

Alleen, meine Damen und Herren, geben der Landschaft immer noch einen Teil jenes Gesichtes, das einst von Dichtern besungen wurde. Auch Maler vor allem holländischer Herkunft haben bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Alleen als zentralen, perspektivisch fl uchtenden Weg in den Mittelpunkt ihrer Gemälde gesetzt.

Obwohl Alleen ihren Ursprung vermutlich in Nordafrika und im Orient haben, so zeigt auch die deutsche Geschichte, dass sie als landschaftskulturelles Element stets eine Rolle gespielt haben, manchmal mehr in Gärten, zu anderen Zeiten mehr in Landschaften. Sehr frühe Nachweise führten nach Württemberg, wo schon im Jahr 1515 eine etablierte und seither über Jahrhunderte immer wieder präzisierte verbindliche Verordnung über die Anpfl anzung und den Schutz von Bäumen an Wegen bestand. Auch Kurfürst August I. von Sachsen ließ bereits um 1580 alle nach Dresden führenden Straßen mit Obstbäumen bepfl anzen.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Das hatte auch praktische Gründe.)

Alleen an Wegen und Straßen wurden aus Gründen des Windschutzes, des Schattenwurfes, aus Gründen der Verkehrssicherheit sowie zur Verschönerung des Landschaftsbildes oder zur Nutzung des Obstes angepfl anzt.

Wie gesagt, Alleen haben mit Reisen zu tun und sollten seit Jahrhunderten die Betätigung des Reisens verschönern und erleichtern.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Jetzt verstehe ich, warum das beim Verkehrsministerium ist.)

Eine Ansicht um 1680 zeigt, dass die Gartenanlage am Schloss von Schwerin auch Alleen enthielt. Dies ist derzeit der erste Nachweis einer Allee für Mecklenburg. Allerdings ist davon auszugehen, dass es Baumpfl anzungen an Wegen und Straßen auch vorher schon in Mecklenburg gegeben hat.

Alleen und einseitige Baumreihen wurden nach 1840 fl ächendeckend die prägenden grünen Strukturen in unserem Landesgebiet, dem heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Einen echten Knüppeldamm unter Eichenkronen kann es nur in unserem Lande geben. Alleen zeugen heute von der Landesgeschichte, entfalten Wohlfahrtswirkung und sind auch gerade in Mecklenburg-Vorpommern zu einem Faktor des Tourismus geworden. Die

Deutsche Alleenstraße ist inzwischen ein Markenzeichen. Sie wurde am 3. Mai 1993 in Sellin auf Rügen eröffnet. Das erste Teilstück durchquert Mecklenburg-Vorpommern auf 260 Kilometern Länge und folgt auch kulturellen oder städtebaulichen Sehenswürdigkeiten. Das Ziel der Deutschen Alleenstraße war es seinerzeit, die Alleen für zukünftige Generationen an Straßen zu erhalten und wo notwendig auch nachzupfl anzen. Alleen müssen jedoch noch mehr als bisher touristisch in den Vordergrund gerückt werden.

Als einziges Bundesland hat Mecklenburg-Vorpommern alle Alleen und einseitigen Baumreihen an Straßen und Wegen außerhalb geschlossener Ortschaften erfasst und bewertet. Herr Minister Ebnet hat dazu schon einiges gesagt.

(Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Danach verfügt unser Land über mehr als 4.300 Alleenkilometer.

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hatte bereits mit dem Ersten Gesetz zum Naturschutz vom 10. Januar 1992 alle Alleen an öffentlichen oder privaten Verkehrsfl ächen sowie an Feldwegen unter gesetzlichen Schutz gestellt. Neben dem gesetzlichen Schutz von Alleen wurden die einseitigen Baumreihen im Rahmen des 1998 novellierten Landesnaturschutzgesetzes den Alleen rechtlich gleichgestellt. Somit liegt der materiellrechtliche Schwerpunkt von Entscheidungen in Bezug auf Alleen im Naturschutz- und Landschaftspfl egerecht. Darüber hinaus besteht in Mecklenburg-Vorpommern politisches Einvernehmen zu Schutz und Pfl ege der Alleen, wie der Hinweis auf die Landesverfassung zeigt.

Meine verehrten Damen und Herren, als ein Baustein zukünftiger Neu- und Nachanpfl anzungen an Bundes- und Landesstraßen gilt das auch schon von Herrn Minister Ebnet angesprochene Alleenentwicklungsprogramm, das von der Universität Rostock in Zusammenarbeit mit der Landesregierung erarbeitet wurde. Danach wurde eine potenzielle Pfl anzlänge an Bundes- und Landesstraßen von über 1.700 Kilometern ermittelt, eine enorme Straßenlänge, die den Alleenbestand in unserem Bundesland deutlich ausweiten wird.