Protokoll der Sitzung vom 14.06.2007

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Quark ist, was Sie erzählen! – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Da haben Sie recht, da haben Sie recht!)

Ich kritisiere hier die Produktionsbedingungen in Bangladesch. Schauen Sie sich mal Dokumentationen an, wie die Leute da arbeiten müssen! Es ist rassistisch, dass man die Leute unter diesen Bedingungen arbeiten lässt und hier dann Billigwaren einführt. Das ist rassistisch.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Und die Langzeitarbeitslosen sind auf diese Billigwaren angewiesen, ebenso auf manchmal lebensgefährliche Billigelektrogeräte aus China, wie etwa die nachgeahmten deutschen Motorsägen, die es in sich haben und schon schwere Unfälle verursacht haben. Wer die Produktion ins Ausland auslagert, liefert sich den Standards der Produktionsländer aus, und wer deren gesundheitsgefährdende Waren massenhaft einführt, kann seine Verbraucher nicht mehr schützen. Das können Zollkontrolleure bei diesen Mengen auch niemals bewältigen.

Entweder Verbraucherschutz oder Lobbyismus, EU und Globalisierung. Leider sind Sie für Letzteres. Wir lehnen diesen Antrag ab, weil er völlig substanzlos ist. Es ist aber möglich, dass wir zu diesem Thema demnächst Demonstrationen veranstalten. Besonders herzlich eingeladen sind die Kollegen von der CDU. Termine sind bei uns zu erfragen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD – Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS, und Minister Dr. Till Backhaus)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/587. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/587 bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und CDU, Gegenstimmen der Fraktion der Linkspartei.PDS, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD angenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion der Linkspartei.PDS hat eine Auszeit beantragt. Ich unterbreche die Sitzung für 15 Minuten.

Unterbrechung: 10.17 Uhr

Wiederbeginn: 10.39 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – Unterstützung für die Beschäftigten der Deutschen Telekom AG, auf Drucksache 5/597. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungs

antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/629 vor.

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Unterstützung für die Beschäftigten der Deutschen Telekom AG – Drucksache 5/597 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU – Drucksache 5/629 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der Linkspartei.PDS Herr Professor Dr. Methling.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Wochen befi nden sich Telekom-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter im Streik. Es ist ein harter, ein sehr ernster Arbeitskampf, wie wir sicherlich alle festgestellt haben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind empört und wütend über die Pläne des Vorstandes der Deutschen Telekom AG. Jährlich sollen mit dem umfangreichen Umstrukturierungs- und Sparpaket 900 Millionen Euro Personalkosten eingespart werden.

Wie will man das erreichen? Die Arbeitsplätze von 50.000 Menschen sollen ausgegliedert werden, und zwar mit dem Ziel, ihre Löhne zu senken und die Arbeitszeit zu erhöhen. Damit wird auf einen Schlag die Tarifentwicklung der letzten 30 Jahre zurückgedreht, und das bei einem quasi staatlichen Unternehmen. Für viele Betroffene wird dieses kaum zu verkraften sein. Die Ausgliederung in Servicegesellschaften ist scheinbar beschlossene Sache. Längst hat die Unternehmensführung angekündigt, dies zum 1. Juli auch ohne eine Einigung mit ver.di durchzuziehen – auf Biegen und Brechen sozusagen. Rechtlich hat das Management alle Möglichkeiten dazu. Für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet die Auslagerung auch weniger Schutz. Zudem sind umfangreiche Standortkonzentrationen im Bereich der Callcenter vorgesehen, was natürlich für unser Land von besonderer Bedeutung ist.

Das sind Entwicklungen in einem gewerkschaftlich, wie wir wissen, hoch organisierten Unternehmen, die natürlich ganz genau beobachtet werden. Sollte sich das Telekom-Management in seinem harten Vorgehen durchsetzen, werden sich dies auch andere Unternehmen zum Vorbild nehmen, um auf diese Art und Weise Gewinnmaximierung auf Kosten der Beschäftigten zu betreiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies alles ist deshalb nicht nur eine Angelegenheit der Unternehmensführung der Telekom AG, des Herrn Obermann und seines Vorstandes, sondern auch eine Angelegenheit der Politik, denn der Staat beteiligt sich nach wie vor mit 30 Prozent an der Telekom, genau genommen sind es zusammen mit der KfW, über die übrigens auch die Bundesländer Einfl uss ausüben können, derzeit 31,7 Prozent. Der Staat ist somit immer noch der größte Anteilseigner und sitzt mit eigenen Vertretern im Aufsichtsrat, soweit wir wissen darunter auch SPD-Mitglieder. Letztendlich wird auch die Bundesregierung dafür verantwortlich sein, wenn die Sparpläne auf Kosten der Beschäftigten umgesetzt werden. Sieht so die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik dieser Bundesregierung aus?

Und auch wir im Land dürfen nicht so tun, als ginge es uns nichts an. Sich einfach darauf zurückzuziehen, dass

ja die Tarifautonomie gewahrt werden müsse, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, halten wir nicht für akzeptabel. Den streikenden Kolleginnen und Kollegen hilft das nicht weiter.

In dieser Woche sind die Streiks mit hoher Beteiligung und Kreativität fortgesetzt worden. Auf dem Weg heute früh in den Landtag konnte ich an der Parchimer Straße die Kollegen stehen sehen. Sie waren ja gestern vor der Staatskanzlei und sind es auch heute wieder. Sie haben, wie sich zeigt, erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Unternehmens. Nach Angaben der Gewerkschaft summiert sich der Arbeitsausfall auf insgesamt 350.000 Streiktage.

Mittlerweile liegt der Gewerkschaft ein neues Angebot der Arbeitgeber vor und beide Seiten sind an den Verhandlungstisch zurückgekehrt. Man wird sehen, ob doch noch eine Einigung möglich ist und wer die Lasten zu tragen hat. Noch allerdings stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter dem Eindruck, dass die Einsparungen bei den Personalkosten die einzige Schraube sein soll, an der man drehen will. Vom Management völlig unbeantwortet bleibt nämlich die Frage, wie die Dienstleistungsqualität tatsächlich verbessert werden kann, um die angestrebten Marktanteile zu gewinnen. Hierzu gibt es bis heute kein Konzept. Dabei ist es eine Binsenwahrheit: Um die Dienstleistungsqualität zu verbessern, braucht man gut qualifi zierte und vor allem motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese stößt man aber gerade jetzt vor den Kopf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen und Tagen viele Gespräche mit den Streikenden hier in Schwerin, in Neubrandenburg oder Rostock geführt. Diese Kolleginnen und Kollegen haben klar zum Ausdruck gebracht, dass sie ein Bekenntnis auch von der Politik im Land erwarten. Sie erwarten Unterstützung genauso wie die Kolleginnen und Kollegen der Telekom aus Neubrandenburg und Waren, die heute als Zuschauer an der Landtagssitzung teilnehmen und die ich von dieser Stelle aus herzlich begrüßen möchte. Sie erwarten Solidarität, sie erwarten, dass wir an ihrer Seite stehen, und sie sind enttäuscht, dass es zu einem parteiübergreifenden Bekenntnis bisher nicht gekommen ist. Vielleicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es heute möglich, gemeinsam die Gelegenheit zu ergreifen und ein deutliches Signal zu senden. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu! – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender Professor Dr. Methling.

Das Wort hat jetzt der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, bei allem Verständnis, Herr Professor Methling, es ist so, dass wir natürlich für die Mitarbeiter Verständnis haben, für die Situation, wie sie sich gegenwärtig darstellt, und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie es jemandem zumute ist, der von solchen Strukturveränderungen betroffen ist. Aber ich muss hier auch in meiner Funktion als Wirtschaftsminister dieses Landes klar sagen: Der Antrag, den Sie stellen, …

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Sie sind auch Arbeitsminister, Herr Seidel.)

Danke schön, dass Sie mich darauf hinweisen. Es hätte aber dessen nicht bedurft.

(Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Es ist aber so, dass dieser Antrag, den Sie gestellt haben, ein Antrag ist, der einseitig einen Tarifpartner in einer zugegebenermaßen schwierigen Auseinandersetzung unterstützt.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das wollen wir ja.)

Ja, das weiß ich, dass Sie das wollen. Aber ich will noch mal darauf hinweisen, dass in Deutschland Löhne und Arbeitszeiten grundsätzlich frei vereinbart werden auf der Grundlage von Tarifverträgen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP)

Im Unterschied zu einheitlichen Löhnen sehen eben tarifvertragliche Löhne differenzierte Regelungen in Abhängigkeit von den Gegebenheiten der jeweiligen Branche und auch der jeweiligen Region vor. Und, meine Damen und Herren, wir müssen uns immer über die Konsequenzen unseres Tuns für die Zukunft im Klaren sein.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Staatliche Eingriffe in die Lohnpolitik haben noch nie Gutes gebracht.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Hungerlöhne.)

Sie müssen sich mal vorstellen, wir wären jetzt vor einer Wahl,

(Zurufe von Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

dann wären wir sozusagen geneigt dazu, uns wie auf dem Basar hier zu verhalten.

(Zurufe von Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Ich kann nur sagen, es ist für mich absolut falsch, wenn Politik über Wirtschaftlichkeit bestimmt. Das geht nicht gut und das wollen wir nicht.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das geschieht sehr häufi g in diesem Land. – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, wir sprechen zugegebenermaßen über ein ernstes, über ein sehr ernstes Thema. Das Klima zwischen Belegschaft und Vorstand bei der Telekom ist aufgeheizt. Das bleibt natürlich keinem verborgen. Und selbstverständlich haben der Bund und auch das Land eine Verantwortung für die Deutsche Telekom AG.

(Reinhard Dankert, SPD: Ja.)

Das ist völlig klar. Und wir können auch nicht so tun, als ginge uns das alles nichts an. Man ist förmlich geneigt, den Mitarbeitern, die dort sitzen, einen Gruß zuzurufen. Aber dann bekomme ich, glaube ich, einen Ordnungsruf. Das darf ich also nicht machen.

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Hab ich schon gemacht, aber keinen bekommen. Das können Sie also auch machen.)