Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

zusätzliche Aufgabenübertragung an die Hochschulen und dementsprechend müsste man auch die Kosten erstatten. Wir halten beide Argumente nicht für überzeugend.

Erstens. Die Konnexität ist ein Grundsatz, der in unserer Landesverfassung die Finanz- und Funktionsbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen regelt. Die Hochschulen sind aber keine Kommunen, sondern sind Einrichtungen des Landes. Wenn wir als Abgeordnete beispielsweise vermehrt Kleine Anfragen stellen – das scheint ja hin und wieder vorzukommen –, dann gehen wir ja auch nicht gleichzeitig in den Finanzausschuss und sagen, weil wir jetzt vermehrt Kleine Anfragen stellen, bekommt die Verwaltung natürlich zusätzliche Stellen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist doch Formalismus, Herr Bordkorb.)

Das ist nicht Formalismus, sondern das ist die Rechtslage und die Wirklichkeit. Wir haben hier Landeseinrichtungen und insofern ist der Grundsatz der Konnexität nicht gegeben.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Und zweitens, und das ist für mich das entscheidende Argument, Herr Methling, selbst wenn es Formalismus sein sollte, was ich vorgetragen habe, kommen wir doch mal zur Sache. Das Argument, wir würden den Hochschulen eine Aufgabe, eine zusätzliche Aufgabe übertragen und dementsprechend müssten wir das fi nanziell untersetzen, weil das sonst unfair wäre, ist schlichtweg nicht wahr.

Seit Jahrzehnten wird in Deutschland darüber diskutiert...

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Na, machen wir jetzt ein Gesetz oder machen wir keins?)

Seit Jahrzehnten wird in Deutschland darüber diskutiert, und zwar von den Hochschulen selbst, dass sie die Studierenden auswählen wollen. Es ist nicht so, dass der Staat an die Hochschulen herangetreten ist mit der Anforderung, dass eine Selbstauswahl der Hochschulen vollzogen werden soll, sondern die Hochschulen selbst fordern dies ein und der Gesetzgeber kommt dem nach und sagt: Gut, liebe Hochschulen, wenn ihr das hier selber machen wollt, wir fi nden das gut. Wenn ihr das aber selber machen wollt, wenn ihr selber um diese Aufgabe bittet, dann ist es selbstverständlich, dass ihr im Rahmen eures Budgets diese Aufgabe bewältigen müsst, denn wir haben euch keine Aufgabe übertragen, sondern wir sind eurer Bitte nachgekommen, dass ihr diese Aufgabe erfüllt. Im Rahmen der Einführung der Budgetierung, also der Globalhaushalte für die Hochschulen, ist für alle Angelegenheiten des Hochschulwesens eine entsprechende Mittelerwirtschaftung aus den vorhandenen Finanzmitteln vorgesehen und, meine Damen und Herren, es gibt da keinen systematischen Unterschied zu diesem Fall. Es gibt ein Budget der Hochschulen, innerhalb dieses Budgets können sie eigenverantwortlich wirtschaften. Die Hochschulen wollen die Selbstauswahl ihrer Studierenden übernehmen, wir ermöglichen ihnen dies und dann haben sie diese Mittel im Rahmen ihres Budgets entsprechend zu erwirtschaften. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das ist aber mit 1,5 Prozent jährlich nicht zu wuppen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bordkorb.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Professor Methling.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! So unproblematisch, wie ich es bei der Ersten Lesung erwartet hatte, ist dann die Behandlung des Gesetzentwurfes im Bildungsausschuss doch nicht gewesen. Herr Brodkorb hat ja bereits darüber berichtet.

Erfreulich ist, dass es uns fraktionsübergreifend gelungen ist, zu zwei Änderungsanträgen eine einheitliche Auffassung zu bekommen, Änderungsanträge, die von unserer Fraktion eingebracht worden sind. Das betrifft die eher redaktionelle Änderung im Paragrafen 2 zum Nachteilsausgleich. Die Streichung des Absatzes 10 im Paragrafen 4 war dann schon etwas anderes. Hier ging es darum, die Beschränkung der Zulassung für Bewerberinnen und Bewerber über 55 Jahre aufzuheben. Das freut mich, dass wir einhellig diese Altersdiskriminierung, wenn ich das so nennen darf, abgewendet haben. Die Begründung der Landesregierung für die vorgesehene Beschränkung lautete, ich zitiere: „Hierdurch soll verhindert werden, dass jüngere Bewerber keinen Studienplatz erhalten.“ Dass auch ältere Menschen einen Zugang zum Studium oder zu Bildungsangeboten von Hochschulen haben wollen, zeigt anschaulich das Beispiel des ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Berndt Seite.

(Heiterkeit bei Heike Polzin, SPD)

Er ist jetzt 67 Jahre und Gasthörer an der Universität Rostock auf den Gebieten der Germanistik und Philosophie. Ich denke, dass die Landesregierung und insbesondere das Bildungsministerium das mit dem Absatz 10 nicht beenden und behindern wollten, denn wir unterstützen doch wohl alle den Wunsch und die Möglichkeit zum lebenslangen Lernen.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wie zu vermuten war, wurde der Antrag meiner Fraktion, den Hochschulen ihre Aufwendungen für die Auswahl der Bewerber zu erstatten, von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Herr Bordkorb hat das noch mal deutlich gemacht und die Gründe aus seiner Sicht vorgetragen. Die Feststellung des Kollegen Brodkorb, die Hochschulen wünschen seit Jahren, ihre Bewerber selbst auszuwählen, kann ich als Hochschullehrer durchaus bestätigen. Die Schlussfolgerung daraus, sie bräuchten dafür kein zusätzliches Geld, da ja nun ihr Wunsch erfüllt sei, ist dann doch etwas gewagt aus unserer Sicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Marc Reinhardt, CDU: Die schaffen das ganz gut. – Angelika Gramkow, DIE LINKE: Mit 1,5 Prozent!)

Das wäre ja ungefähr so, als würde man bei der Verwaltungsreform den Kreisen zusätzliche Aufgaben übertragen, weil man damit ihrem Wunsch entspreche, und sie dann zur Übernahme der Kosten verdonnern.

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf nochmals daran erinnern, dass die Budgets der Hochschulen fest vereinbart sind. Sie werden jährlich um 1,5 Prozent erhöht. Das ist gut. Diese Dynamisierung kompensiert allerdings, wie wir wissen, nicht die Erhöhung der

Betriebskosten. Vom Personalkostendrücken wissen wir genug. Jede zusätzliche und in diesem Fall gesetzlich vom Land übertragene Aufgabe verschlimmert diese Situation zusätzlich.

„Das Land muss für unsere Hochschulen Planungssicherheit schaffen. Dazu gehört an erster Stelle die Zuweisung von verlässlichen Finanzausstattungen.“ Das steht im Wahlprogramm der CDU unter der Rubrik „Solide Ausstattung für leistungsfähige Strukturen“. Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Sie könnten doch ein Zeichen für Ihren politischen Durchsetzungswillen setzen, indem Sie unserem Änderungsantrag zustimmen. Sie sichern damit den Hochschulen zumindest in diesem Bereich ein bisschen mehr Planungs sicherheit und Verlässlichkeit in der Finanzausstattung.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Bemerkungen zum Verfahren. Auch dazu hat Herr Brodkorb schon gesprochen. Der Gesetzentwurf wurde von der Landesregierung so spät eingebracht, dass nur noch eine schriftliche Anhörung im Fachausschuss möglich war, um diese Landtagssitzung zu erreichen. Das musste sein, weil das Gesetz vor Beginn des neuen Studienjahres in Kraft treten muss. Meine Fraktion hat diesem Verfahren zugestimmt. Bei der schriftlichen Anhörung sind aber kaum fachliche Nachfragen oder Erläuterungen möglich. Das beeinträchtigt ohne Zweifel die Beurteilung einzelner gesetzlicher Regelungen auf ihre Wirkung. Ich weise deshalb an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass diese Verfahrensweise von uns als absolute Ausnahme betrachtet wird. In der letzten Legislatur wäre ein solches Verfahren als Ausdruck der – wie hieß es doch so schön – Diktatur der Mehrheit

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Was?!)

von der CDU angeprangert worden.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ja.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt für solche Fälle einen schönen Spruch: Es gibt drei Dinge, die nicht zurückgenommen werden können: erstens der abgeschossene Pfeil, zweitens die verpasste Gelegenheit und drittens das gesprochene Wort. Wenn es so sein sollte, dann sollten Sie wenigstens zu Ihrem Wort stehen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Professor Methling.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle möchte ich zunächst einmal in Erinnerung rufen, dass wir über einen Gesetzentwurf sprechen, der auf einem Staatsvertrag beruht, der bereits am 22. Juni 2006 unterzeichnet wurde.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

Aus dem Grunde ist es in meinen Augen sehr müßig, weiter darüber zu diskutieren, wann, in welcher Form und durch wen die Debatte über das folgende Hochschulzulassungsgesetz für das Land …

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Also seit Juni 2006 hat es nicht eine Landtagssitzung mehr gegeben?!)

Man kann auch wie andere Bundesländer, Herr Kollege Bluhm, solche Sachen schon vorbereitend machen.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

Also da gibt es unterschiedlichste Vorgehensweisen

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, aber es hätte nichts genützt.)

und ich bin auch nicht bereit, mir an dieser Stelle diesen Schuh anzuziehen, den Sie uns hinhalten.

(Beifall Marc Reinhardt, CDU – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, doch. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das passt gut. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Fest steht zum Ende, dass sich die Länder verpfl ichtet haben, bis zum September dieses Jahres das Hochschulzulassungsrecht neu zu regeln, und das tun wir heute auch, denke ich.

(Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Neben der Zustimmung zum Staatsvertrag enthält dieser Gesetzentwurf landesrechtliche Vorschriften für die Vergabe von Studienplätzen, sofern sie nicht in das Verfahren der ZVS einbezogen sind.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Nun kann man, werte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, über die Qualität der landesrechtlichen Bestimmungen politisch sicherlich geteilter Meinung sein. Aber dann sollte man auch nicht vergessen, dass vieles, was heute in diesem Gesetz Niederschlag fi ndet, in der Vergangenheit bereits über Verordnungen geregelt war und heute einfach nur Eingang in das Gesetz gefunden hat.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist wohl wahr.)

Und ich möchte in diesem Zusammenhang auch an einen gemeinsamen Beschluss des Bildungsausschusses in der letzten Legislaturperiode erinnern, der zum Beispiel gerade die Fragen der Auswahlkriterien zum Inhalt hatte und den wir dort gemeinsam verabschiedet haben.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Aber die Zeit bleibt doch nie stehen, Frau Lochner-Borst.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Koalitionsfraktionen diesen Entwurf nicht nur einfach durch den Ausschuss durchgewunken haben, zeigt die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses, die uns heute vorliegt. Ich möchte an dieser Stelle ganz besonders auf die Änderungen im Paragrafen 3 Absatz 4 und im Paragrafen 4 Absatz 2 hinweisen.

Die erste Änderung schafft die Grundlage für ein Bandbreitenmodell bei der Kapazitätsberechnung. Das heißt, die Hochschulen können den Lehrbedarf für die Ausbildung eines Studierenden künftig innerhalb einer Bandbreite selbst festlegen und nicht wie zum Beispiel in Bayern mit Ober- und Untergrenzen begrenzt oder, wie hier zunächst geplant, über Mittelwerte, sondern wirklich nur über ein sehr freies, großzügig gestaltetes Bandbreitenmodell.