Protokoll der Sitzung vom 24.08.2007

(Regine Lück, DIE LINKE: Sagt ja auch keiner. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie wissen ganz genau, worum wir uns bemüht haben.)

Ich kann mich noch gut an die damalige Situation erinnern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Im Ausschuss war das nicht so zu merken. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wenn Sie diese Sondersitzung hier einberufen haben, können Sie sich nicht nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ aus der eigenen Verantwortung stehlen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das tun wir auch nicht. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Da haben Sie schlecht zugehört. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Das hielte ich für schlicht unverantwortlich. Aber es ist sicherlich wichtig, nach vorn zu schauen

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genau. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja, da haben Sie recht. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

und die zukünftigen Schrittfolgen zu gestalten. Dabei ist es für mich selbstverständlich, dass wir einen intensiven und möglichst breiten Dialog über solche Dinge wie die künftige Kreisstruktur führen. Und ich bleibe bei dem, was ich seit Jahren immer wieder gesagt habe. Insofern habe ich es relativ leicht, ich glaube nicht daran, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern das Rad unbedingt neu erfi nden müssen. Wenn ich nach Sachsen-Anhalt schaue, wenn ich zurzeit auch nach Sachsen schaue, dann sehe ich die Möglichkeit,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

ein so schwieriges Thema wie die Kreisstruktur vernünftig und sachlich zu bewältigen. Natürlich ist auch das Thema dort mit Emotionen besetzt, natürlich gibt es auch dort Menschen und Institutionen, die den vereinbarten Lösungen nicht bis zum letzten Punkt zustimmen, aber – und das ist wirklich wichtig – die überwältigende Mehrheit der Institutionen, Bürger und politischen Parteien, übrigens zum Beispiel in Sachsen-Anhalt auch der Landkreistag, das fand ich immer sehr bemerkenswert,

(Michael Roolf, FDP: Deshalb gehört er mit an den Tisch.)

kommt zu einem gemeinsam getragenen Ergebnis. Und ich meine, gerade nach den Hinweisen des Verfassungsgerichtes muss und wird uns das auch in MecklenburgVorpommern möglich sein. Deshalb werden Sie von mir, das will ich noch einmal unterstreichen, für heute keine Zahl hören, die man wie gesagt immer dort erheischt hat.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Erwarten wir auch nicht. Hatten wir auch nicht auf dem Zettel.)

Mir sowie uns als CDU und in der Landesregierung geht es jetzt darum, den Weg zu einem sachgerechten und vernünftigen Ergebnis zu defi nieren. Wenn wir eine richtige Schrittfolge wählen, die die Menschen mitnimmt, dann werden wir aus meiner Sicht nahezu automatisch zu einem vernünftigen Ergebnis kommen. Und so schwer ist nun, glaube ich, diese Schrittfolge auch nicht.

Erstens. Mir erscheint es wichtig, zunächst wirklich professionell mit dem Urteil umzugehen. Wir sollten uns hier nicht – das sage ich auch ganz klar – in Sieger und Verlierer teilen. Wir sollten das Urteil komplett lesen, verstehen und innerlich wirklich annehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist wichtig.)

Da will ich wirklich noch einmal werben. Das bedeutet, dass eine Kreisstrukturreform in der bisher geplanten Form abgelehnt wurde. Das heißt aber auch nach Auffassung des Verfassungsgerichtes, dass eine Strukturreform notwendig ist. Das wiederum heißt, die heutige Struktur wird sich ändern. Hier gilt es anzuerkennen, dass es eine andere Struktur geben wird, als wir sie heute kennen.

Zweitens. Auf der Basis dieser Kenntnis gilt es dann, gemeinsam allgemeine Ziele, Leitbild und Leitlinien zu defi nieren, um daraus konkrete Maßnahmen zu vereinbaren. Dabei müssen die wichtigen Eckpunkte des Urteils – das will ich immer wieder betonen – natürlich Beachtung fi nden.

Um angesichts des Zeitrahmens in dieser Legislaturperiode zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen, muss es aus meiner Sicht zunächst darauf ankommen, schnellstens diese Ziele, Leitlinien, wie immer man das nennt, zu beschließen. Es wäre schön, wir würden es bis zum Jahresende hinbekommen. Wenn es dann Anfang des Jahres wird, gut, dann wird die Welt auch nicht untergehen, aber hier sollten wir uns selbst den entsprechenden Zeitdruck machen.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Also war es doch gut, dass wir heute darüber reden.)

Ich weiß auch, dass der Innenminister natürlich, Frau Měšťan, an diesen Dingen arbeitet. Und glauben Sie mir, so blauäugig sind wir wirklich nicht, auch wenn wir von der Küste kommen, wie man immer so schön sagt, dass wir nicht entsprechende Vorbereitungen hier schon getroffen hätten.

Ich bin auch dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindetag außerordentlich dankbar, dass sie auf der schon zitierten Landrätekonferenz beim Innenminister ihre Bereitschaft bekundet haben, dort mitzuwirken. Ich weiß, dass dies auch in der Vergangenheit so war. Gut, das war die Vergangenheit.

(Hans Kreher, FDP: Da sind wir uns ja einig. Da können Sie ja zustimmen.)

Insofern freue ich mich, dass es diese Haltung gibt. Ich glaube, nur so können wir zu vernünftigen Ergebnissen kommen.

Drittens. Es muss auch entschieden werden, wie es mit den Landratswahlen im nächsten Jahr wird. Hier muss zumindest Rechtssicherheit geschaffen werden. Also es muss entschieden werden, ob die Amtszeit der neu zu wählenden Landräte und Bürgermeister bis zum Inkrafttreten der neuen Kreisgebietsstruktur begrenzt wird oder nicht. Dieses Thema steht vor uns.

Viertens. Es geht gerade für uns im Landtag darum, die organisatorische Umsetzung der weiteren Verfahrensschritte zu diskutieren, und natürlich muss es im Umgang mit der bestehenden Enquetekommission entsprechende Regelungen geben. Hier muss entschieden werden, inwieweit eine Änderung des Auftrages erforderlich ist. Die Notwendigkeit sehe ich und ich glaube, dass diese Arbeit jetzt auch geleistet wird.

Meine Damen und Herren, in einem wörtlich gemeinsamen, vernünftigen Verständnis von Miteinander und Konsensfi ndung werden wir auch unter Zeitdruck diese Arbeit leisten können, da bin ich optimistisch. Ich glaube nicht daran, dass eine Sondersitzung einen Beitrag zur Gemeinsamkeit leistet. Frau Měšťan, Sie kennen das aus Ihrer Zeit genauso.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Nur wenn Sie das beantragt haben, war es gut.)

Wissen Sie, wir können uns solche politischen Spiele – da gebe ich Herrn Roolf recht – wirklich sparen, weil das der Sache nicht angemessen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ja. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ja, dann lassen Sie es doch einfach. Das wäre dann besser.)

Ich sage Ihnen, wir sind wirklich zu einer zügigen, kooperativen Arbeit hier im Landtag in MecklenburgVorpommern bereit. Wir wollen keine Schnellschüsse, wir brauchen aber natürlich eine zügige Arbeit, das ist gar keine Frage. Wir brauchen keine parteipolitischen Profi lierungsversuche,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach Gott, ach Gott!)

sondern wir brauchen das Interesse oder die Orientierung an der Sache.

Und ich sage Ihnen noch einmal, die CDU im Land Mecklenburg-Vorpommern als Partei, als Fraktion und als Regierungspartner wird dieser Verantwortung im Interesse unseres Landes auch nachkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Seidel.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Professor Dr. Methling.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verwaltungsmodernisierungsgesetz vom 23. Mai 2006 ist mit wenigen Ausnahmen gegenstandslos. Ich lasse es dahingestellt, ob dieser 26. Juli 2007 ein Tag zum Jubeln war oder ob er ein Tag der Gewinner und Verlierer war. Ich fand es angenehm, dass Herr Kollege Jäger zu einer solchen Sprache dort nicht gefunden hatte, sondern sehr sachlich damit umgegangen ist.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Der enorme Reformbedarf jedenfalls, den auch das Verfassungsgericht anerkannt hat, dieser Reformdruck wird von keiner der demokratischen Fraktionen im Landtag bestritten. Das ist zumindest mein Eindruck. Das war aber nicht immer so, das will ich doch gern mal in Erinnerung bringen. Und ich erinnere mich auch, Herr Kollege Seidel, dass ein Landrat Seidel meinte, dass man Aufgaben übertragen könne ohne Strukturreform.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Sie haben das immer noch nicht kapiert. Das geht, das geht.)

Und da waren Sie nicht allein.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Was meinen Sie, wie gut das geht!)

Ich erinnere mich mit großem Vergnügen an gemeinsame Fahrten im Fahrstuhl im Innenministerium und Gespräche mit Vertretern der Landkreise, wo über Verschiedenes gesprochen wurde.

In dieser Situation muss sich jedenfalls der Landtag Mecklenburg-Vorpommern seiner besonderen Verantwortung bewusst sein und dieser Herausforderung stellen. Genau vor diesem Hintergrund hat die Fraktion DIE

LINKE das Ansinnen der FDP-Fraktion, eine Sondersitzung des Landtages zur Fortsetzung der Funktional- und Kreisstrukturreform in Mecklenburg-Vorpommern einzuberufen, unterstützt. Das ist aus unserer Sicht kein Aktionismus oder Populismus, das ist Wahrnahme von Verantwortung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Dass Sie das anders bewerten, das wissen wir ja.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zwei grundsätzliche Anmerkungen machen. Meine Fraktion steht ohne Wenn und Aber zu ihrer Verantwortung für das vor dem Verfassungsgericht weitgehend gescheiterte Gesetz. Als kleinerer Koalitionspartner haben wir die Reformkonzeptionen der Regierung mitentwickelt, mitgetragen und umgesetzt und dem Landtag haben wir dem Gesetz schließlich zur parlamentarischen Mehrheit verholfen. Dass diese Prozesse innerhalb meiner Partei, innerhalb meiner Fraktion alles andere als problemlos verlaufen sind, gehört zum in der Öffentlichkeit ausgiebig refl ektierten geschichtlichen Hintergrund, aber wohl weniger in die Debatte der heutigen Landtagssitzung. Hierher gehört aber schon der Umstand, meine Damen und Herren, dass manche sehr fundierte Kritik aus meiner Fraktion an einigen Reformschritten beziehungsweise Reformelementen gegenüber unserem damaligen Koalitionspartner letztlich nicht oder nicht hinreichend durchdringen konnte, unter anderem zur Sicherung der kommunalen Ehrenamtswahrnahme.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist das. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Die Ursachen dafür sind sicherlich differenziert. Diese Kritik wurde nun leider erst durch die Urteilsbegründung des Landesverfassungsgerichtes in zahlreichen Punkten bestätigt. Während des Gesetzgebungsverfahrens fehlte es ebenso weitgehend an der öffentlichen Zustimmung zu unseren Vorschlägen und unserer Kritik, zum Beispiel auch durch den Landkreistag. Auch das, meine Damen und Herren, gehört wohl zur Ehrlichkeit, wenn man über die Chronologie dieses Reformversuches spricht.