Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich die Tagesordnung und den Antrag der Koalitionsfraktionen auf den Tisch bekam, beschlich mich das ausnehmend gute Gefühl, der 24. August 2007 war kein verlorener Tag für MecklenburgVorpommern.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genau das, genau das.)
Auch wenn unsere Anträge keinerlei Zustimmung bei den Koalitionsfraktionen fanden, hat Frau Tegtmeier, denke ich, mit der Einbringung Ihrer jetzigen Rede das eigentlich nur bestätigt.
Die Wirkung ist da, das macht Ihr Antrag deutlich. Fakt ist aber auch – und dazu gibt das Protokoll Auskunft –, dass im Verlauf der Sondersitzung in Bezug auf die Arbeit der Enquetekommission zwar Personalfragen thematisiert wurden und gegebenenfalls auch Bekenntnisse zu vernehmen waren, dass aber eine Änderung beziehungsweise Erweiterung des Auftrages der Enquete notwendig ist. Es war deutlich, dass es bis dahin keine inhaltliche Verständigung zwischen den Koalitionspartnern gab. Man konnte sie jedenfalls nicht aus der Sondersitzung
entnehmen. Deshalb war ich gespannt, als ich die inhaltliche Ausgestaltung Ihres Antrages, meine Damen und Herren der Koalition, gelesen habe, aber eine gewisse Ernüchterung trat dann doch schnell ein.
Warum sage ich das? Auffällig war für mich, dass zu wichtigen Hinweisen des Urteils des Landesverfassungsgerichts, nämlich gerade den Fragen der demokratischen Teilhabe und der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, wie ich beim ersten Lesen fand, keine Vorschläge enthalten waren. Beim zweiten Lesen habe ich sie doch in Ansätzen gefunden,
einmal mit dem formalen Hinweis der Orientierung am Urteil und zum anderen mit dem Verweis auf Spannungsverhältnisse zwischen rationeller Aufgabenstellung und bürgerschaftlich-demokratischer Beteiligung. Ich will das nicht weiter bewerten, aber ich bin meinen Kollegen der FDP doch sehr dankbar, dass sie mit ihrem Punkt 1 einen Vorschlag unterbreitet haben, der die Ausgestaltung gerade dieser Fragen hier als Änderungsvorschlag mit ergänzt. Ich würde aus der Sicht meiner Fraktion aber vorschlagen, diesen dann noch zu ergänzen mit den Worten „und demokratischer Teilhabe“.
Ihr vorliegender Antrag, meine Damen und Herren der Koalition, enthält im Grunde vier Punkte, die von ihrer Wertigkeit als auch von ihrem Gehalt sehr unterschiedlich sind. Der erste Punkt will den Arbeitsauftrag aktualisieren und ergänzen. Ich komme darauf noch einmal zurück. Ein weiterer, meine Damen und Herren, der sich Ihrer Ziffer 2 anschließt und die Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände wertschätzt, diesen Beschlussvorschlag halte ich eigentlich für etwas unbeholfen. Hier hilft in der Tat ein Blick ins Gesetz. Die Zusammensetzung der Enquetekommission und die stimmberechtigte Mitwirkung in dieser regelt der Paragraf 4 des Gesetzes. Der Einsetzungsbeschluss nimmt unter Punkt 4 richtigerweise darauf Bezug.
Meine Damen und Herren, die Zusammensetzung von Enquetekommissionen folgt hiernach gerade nicht wechselnden oder wechselhaften moralischen Kategorien beziehungsweise der Wertschätzung des Landtages. Nein, meine Damen und Herren, die Zusammensetzung erfolgt mittels Benennung durch die Fraktionen, bestenfalls durch Vereinbarung zwischen diesen. So weit also Ihr Beschlussvorschlag. Das gesetzlich vorgegebene Verfahren noch einmal beschließen zu lassen wäre eigentlich eher überfl üssig. Sollten Sie etwas vom Gesetz Abweichendes anstreben, wäre es möglicherweise sogar rechtlich angreifbar. Aber ich habe auch lange überlegt und in der Fraktion haben wir es mehrfach diskutiert. Von der ursprünglichen Absicht, diesen Passus zu streichen, haben wir dann doch Abstand genommen, denn – und da haben Sie recht – es geht hier wohl mehr um eine politische Botschaft, nämlich die Wertschätzung des Mitwirkens unserer kommunalen Landesverbände und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihnen.
Ich möchte aber auch dazu anmerken, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das in der Arbeit in der dritten Enquetekommission eigentlich gelebte Normalität war.
Ich glaube, wenn man ein bisschen genauer hinguckt, ist es auch jetzt so, denn immerhin sind sechs benannte Vertreter in unserer Enquetekommission Mitglied der Vorstände des Landkreistages und des Städte- und Gemeindetages.
Meine Damen und Herren, auch der nächste Beschlusspunkt zeichnet sich nicht durch besonderen Tiefgang aus und spricht eher der Enquetekommission bezüglich ihrer Arbeitsplanung ein gewisses Misstrauen aus. Auch mit diesem Punkt wird der Landtag aufgefordert, Selbstverständlichkeiten zu beschließen.
Zurück zum ersten Punkt des Vorschlags, der Erweiterung des Arbeitsauftrages. Ihm ist zu entnehmen, dass sich die Koalitionspartner für den klassischen Weg der Kreisgebietsreform entschieden haben, also über allgemeine Ziele, Leitbild und Leitlinien zu einem Ergebnis zu kommen. Der Landkreistag hat uns dafür letzte Woche Eckpunkte vorgelegt. Hier hätten wir allerdings erwartet, dass der Landtag sowohl der Landesregierung als auch uns als Kommission konkrete Termine stellt und beschließt. Hier hätte der Beschluss nicht hinter den Aussagen der Landesregierung, die es im Rahmen der Sondersitzung schon gab, zurückbleiben müssen.
Meine Damen und Herren, beim Lesen des zweiten Arbeitsauftrages kann dem Leser oder der Leserin doch dann ein bisschen schwindlig werden. Hier kann es nützlich sein, wenn man sich gewisse Haltepunkte sucht beziehungsweise Planken benutzt, die man bereits geprüft hat. Genau darauf zielt unser erster Punkt im Änderungsantrag.
Ich meine mich zu erinnern, dass die Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe, kurz IMAG genannt, in der 4. Legislatur zur Funktionalreform, an der die Spitzenverbände intensiv beteiligt waren, insgesamt hohe Wertschätzung erfahren hat. Völlig anders hingegen wurden die Ergebnisse beziehungsweise Bewertungen eingeschätzt. Genau hier setzt auch die Kritik des Verfassungsgerichtes ein. Betrachten Sie also bitte unseren Antrag als Angebot, in der Enquetekommission einen sinnvollen und zeitsparenden Einstieg in diesen erweiterten Arbeitsauftrag zu fi nden.
Meine Damen und Herren, die Terminstellung zu Punkt 2, also Sommerpause 2009, stimmt mich zumindest nachdenklich für das gesamte Gesetzgebungsverfahren. Dabei denke ich nicht nur an die Kommunalwahlen 2009, nein, ich habe den zeitlichen Verlauf des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes vor Augen. Und wenn ich die Zeitspanne um die vom Bericht angemahnte aktivere eigenständigere Rolle unseres Landtages addiere, dann steht der neue Gesetzentwurf auch unter der konkreten Überschrift mehrere Wahlkämpfe beginnend von 2008 an.
Meine Damen und Herren, im Prozess der Verwaltungsreform in Einheit von Funktionen und Strukturen kommt es aber letztlich nicht so sehr auf formale Punkte der Erweiterung des Einsetzungsauftrages der Enquetekommission an, sondern vor allem darauf, wie wir gemeinsam die Anforderungen, ob als Koalition oder Opposition, lösen. Hier geht es nicht um Gewinner oder Verlierer, sondern um die Zukunft unseres Landes mit seinen Städten und Gemeinden und, was noch viel wichtiger ist, mit den Menschen, die bei uns wohnen. Die Erwartungen aller
an diesen Prozess sind groß. Ergänzen Sie deshalb mit unserem Änderungsantrag den vorliegenden und lassen Sie uns mit der inhaltlichen Arbeit beginnen, denn letztlich zählen nur Ergebnisse. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Kernsatz des Verfassungsgerichturteils vom 26. Juli 2007 – und, meine Damen und Herren, dieses Urteil wird in Deutschland Verfassungs- und Staatsrechtsgeschichte schreiben – …
(Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wollt ihr euch schon wieder streiten? – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)
Es ist ganz wichtig, Herr Müller, Urteile auch irgendwann wirklich anzunehmen, um einen ersten Schritt tun zu können. Aber dazu kommen wir gleich.
Für Kernsätze, Frau Borchardt, sollte man sich einen kleinen Augenblick selbst disziplinieren. Kernsätze sind wichtig.
... „Bei einer Kreisgebietsreform muss die kommunale Selbstverwaltung mit dem ihr von Verfassungs wegen zukommenden Gewicht einbezogen werden.“ Herr Professor Methling, das habe nicht ich gesagt, sondern das haben die Verfassungsrichter gesagt,
bedeutet, mit den Betroffenen von Anfang an, mit der kommunalen Ebene auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten.