Für den Standort Güstrow war die Erweiterung vorgesehen. Das ist mir auch deutlich gesagt worden. 250.000 Tonnen sollten zusätzlich produziert werden mit dem Ziel, diese dann in die Äthanolverarbeitung einzubringen, sodass wir auf eine kritische Masse von über eine Million Tonnen gekommen wären. Gerade deshalb
schlug die Ankündigung der Nordzucker AG, das Werk in Güstrow nach der Rübenkampagne 2007 zu schließen, sprichwörtlich wie ein Blitz ein. Ich bin am 27. abends vom Vorstand darüber informiert worden. Das ist ein schwerer Schlag für uns innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Da sind im Übrigen natürlich entsprechende medienwirksame Landtagsanträge zum Erhalt des Standortes nicht immer unbedingt hilfreich.
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das ist nicht fair! – Zurufe von Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)
Aber ich nehme zur Kenntnis, dass Sie uns unterstützen wollen, mit dem, was ich unter anderem auch vor dem Agrarausschuss gesagt habe.
Aber lassen Sie uns ernsthaft darüber reden! Glauben Sie etwa, dass wir als Landesregierung tatenlos zuschauen, wie ein solcher Standort den Bach runtergeht? Dazu kennen Sie uns und vielleicht auch mich doch wohl lange genug.
und unmissverständlich klargemacht – und das sage ich hier in aller Klarheit und Deutlichkeit –, ich erwarte von der Nordzucker AG die Plausibilität des Gedankens der Schließung. Ich habe die Nordzucker AG in der letzten Woche noch einmal aufgefordert, mir plausibel darzustellen, warum und weshalb diese Zuckerfabrik geschlossen werden soll.
(Michael Andrejewski, NPD: Da pfeifen die doch drauf. – Raimund Borrmann, NPD: Das nehmen die doch gar nicht für voll.)
Und wenn Sie wissen, wie die Struktur der Nordzucker AG ist, dann wissen Sie auch, dass im niedersächsischen Raum im Umkreis von 80 Kilometern mehrere Zuckerfabriken zur Verfügung stehen. Dies ist für MecklenburgVorpommern so nicht möglich, wenn dieser Standort geschlossen wird.
Das ist ein Trumpf, den wir aus meiner Sicht haben. Schließlich können wir es nicht hinnehmen, wenn sich ein so großes Unternehmen sang- und klanglos aus unserem Land verabschiedet beziehungsweise zurückzieht und damit deutlich mehr als 150 oder 200 Arbeitsplätze in der Region verloren gehen, von den Millionen an Fördergeldern, die in das Werk gefl ossen sind – es sind circa 30 Millionen Euro allein an Fördermitteln gewesen –, ganz zu schweigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um zu verstehen, warum jetzt plötzlich die Werkschließung in Güstrow droht, muss man auch einmal einen Blick in die Historie
wagen. Die EU-Zuckermarktordnung gilt in ihren Grundzügen. Dazu gehören Produktionsquoten, Mindestpreise und Außenschutz bereits seit 1968.
Seitdem wird in der Europäischen Union zu garantierten Preisen Zucker produziert, und zwar weit mehr, als in Euro pa selbst verbraucht wird. Auch besteht seit 1975 ein zollfreier Marktzugang zum europäischen Binnenmarkt für rund 1,6 Millionen Tonnen Zucker aus den AfrikaKaribik-Pazifi k-Staaten, den sogenannten AKP-Staaten. Darüber hinaus hat die Europäische Union die innergemeinschaftlichen Marktbedingungen auch für zollfreie Zuckerimporte aus einigen Nachbarländern geöffnet. Vielleicht ist Ihnen auch der Begriff des Balkanzuckers geläufi g. Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Albanien und Kroatien können insgesamt immerhin 370.000 Tonnen Zucker in die Europäische Union einführen. Hinzu kommen zollfreie Zuckereinfuhren aus den 50 am wenigsten entwickelten Ländern im Rahmen der Initiative „Alles außer Waffen“.
Der Zuckerüberschuss von mehr als fünf Millionen Tonnen Zucker aus der eigenen Produktion und Importen wurde in der Vergangenheit mithilfe von Exporterstattung auf dem Weltmarkt wieder billig verkauft, also mit Subventionen ausgestattet. Dass man sich auch mit dieser Handelspolitik weltweit nicht unbedingt Freunde schafft, darf wohl auch klar sein. Wen wundert es da, dass insbesondere Thailand, Brasilien und Australien vor der WTO gegen diese europäische Politik geklagt haben, und zwar mit Erfolg. Am 28. April 2005 ist tatsächlich die Europäische Union vor der WTO verklagt und damit diese Art und Weise der Handelstätigkeit untersagt und verboten worden.
Wegen der steigenden Importe einerseits und der mit dem WTO-Urteil verbundenen massiven Exporteinschränkungen andererseits war es daher unumgänglich, die EU-Zuckermarktordnung an die veränderten Handels- und auch agrarpolitischen Entwicklungen des internationalen Marktes anzupassen. Wer in Zeiten der Globalisierung noch ernsthaft daran glaubt, sich auf europäischer oder gar auf nationaler Ebene vom Weltmarkt abschotten zu können, der ist sicherlich auf dem Holzweg. Deutschland ist schließlich Exportweltmeister. Für den einen oder anderen mag der Vergleich jetzt auch hinken. Vielleicht mag er hinken, aber was würde denn passieren, wenn VW oder die Maschinenindustrie, BMW, Mercedes oder andere nur noch für den deutschen Markt produzieren dürften? Es gibt wohl kaum jemanden hier in diesem Hohen Hause, der eine solche Entwicklung will. Im Klartext bedeutet das: Für den langfristigen Erhalt einer auch auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähigen Zuckerindustrie innerhalb der Europäischen Union muss die jährliche Produktion von bislang rund 21 Millionen Tonnen um mindestens ein Drittel heruntergefahren werden. Genau hier setzt die Reform der Zuckermarktordnung an.
Ich darf Sie auch daran erinnern, meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Seite, dass die damalige Landesregierung und damit auch Sie vom Grundsatz her diesen Bestrebungen zugestimmt haben. Das komplizierte Gebilde der Zuckermarktordnung mit all seinen Regularien zu erklären, würde diese Landtagssitzung wahrscheinlich sprengen.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Stellen Sie doch mal einen Koalitionsantrag! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Aber einige Rahmenbedingungen, Herr Holter, will ich hier schon noch mal erläutern. Um die Attraktivität der Zuckererzeugung zu mindern, hat die Kommission gerade jetzt entschieden, den garantierten Zuckerpreis von 632 Euro je Tonne auf 421 je Tonne abzusenken.
Das gilt im Übrigen auch für die Zuckerrübenproduktion. All das nicht ohne fi nanzielle Anreize: Zum Ausgleich für die Einschnitte legt die Europäische Union ein freiwilliges Quotenaufkaufprogramm auf. Wer im ersten Jahr, also 2006/2007, aussteigt, soll 730 Euro je Tonne erhalten. Für die Spätaussteiger sind das dann noch 420 Euro. Ich glaube, schon allein daran wird erkennbar, dass es einen hohen Anreiz für die Zuckerwerke wie auch für die Landwirte selber gibt, aus diesem System auszusteigen. Und deswegen wird die Europäische Union weiter versuchen, tatsächlich zusätzliche Kontingente herauszukaufen mit dem Ziel, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu untersetzen und damit den Überschuss von zurzeit wieder über vier Millionen Tonnen zurückzufahren.
Um das Problem der Überproduktion zukünftig effektiver anzugehen, hat die Europäische Union noch einmal Nachbesserungen vorgenommen. Ich will das an dieser Stelle auch sagen – Herr Tack, das müssen wir auch den Landwirten sagen –, wer als Landwirt zum 31. Januar 2008 Quoten zurückgibt, erhält eine Aufstockung der Entschädigung. Wer als Unternehmen bis zum 31. Januar 2008 Quoten zurückgibt, für den entfällt die Umstrukturierungsabgabe, immerhin 170 Euro je Tonne, in den Umstrukturierungsfonds. Das heißt, die Anreizkomponente sowohl für die Landwirte als auch für die Zuckerwerke wird weiter erhöht, die Zuckerrübenproduktion, die -verarbeitung aufzugeben. Durch diese Anpassung der Umstrukturierungsregelung soll erreicht werden, dass noch mal 3,8 Millionen Tonnen aus der Zuckerproduktion herausgenommen werden.
Aber genug zu den Beschlüssen. Fakt ist, es ist nach wie vor zu viel Zucker in Europa und in Deutschland produziert worden. An einer Reduzierung der Quoten, ob im Rahmen der freiwilligen Quotenrückgabe oder ab 2010 dann zwangsweise, kommt kein Unternehmen vorbei. Mit der jetzt vorgenommenen Nachbesserung der Herauskaufaktion will man deutlich günstigere fi nanzielle Anreize schaffen. Aus Sicht der Zuckerrübenproduzenten wie der Nordzucker AG liegt in der frühzeitigen Rückgabe der Zuckerrübenquote natürlich eine wirtschaftliche Chance für das Unternehmen.
Der Haken bei der Sache für das Problem ist Güstrow. Ich sage das ganz bewusst noch einmal. Nur bei vollständiger Schließung, Herr Professor Tack, deswegen müssen wir da auch aufpassen, wird der höchste öffentliche Beitrag und die Beteiligung an der Stilllegung auch gesichert. Wenn die Quotenzuckererzeugung an einem Standort lediglich reduziert wird, dann fallen auch die Zahlungen deutlich niedriger aus. Das trifft dann zu, wenn zwar kein Quotenzucker mehr produziert wird, aber weiterhin Zuckerrüben zu anderen nicht unter die Zuckermarktordnung fallenden Erzeugnissen verarbeitet werden. In beiden Fällen wird nicht die höchste Beteiligung tatsächlich gezahlt. Ich bin hier selbstverständlich nicht angetreten, die Entscheidung der Nordzucker AG, das sage ich auch in aller Deutlichkeit und Klarheit, zu verteidigen. Ich will aber und muss deutlich machen, vor welchem Hintergrund das Unternehmen gehandelt hat,
Herr Minister, ich hätte die Frage rein theoretisch: Was passiert den Bauern, wenn sie sozusagen weiter Rüben anbauen – sie haben eine Abnahmegarantie bis 2012, wenn ich das richtig sehe –, wenn sie auf diese Prämie für den Ausstieg aus dem Zuckerrübenanbau verzichten und weiter Rüben anbauen und dann, wenn sie diese garantierte Abnahme nicht mehr haben, keine Rüben mehr anbauen, ist das nicht vielleicht sogar die bessere Strategie für die Rübenbauern?
Ich kann den Landwirten, das hätte ich auch in der Rede noch gesagt, insofern verkürze ich das, weil das Interesse scheinbar an so einem wichtigen Thema nicht so stark ist, aber …
Wir sind, und das will ich auch noch mal ausdrücklich betonen, im Zuge der Deutschen Einheit mit Quoten, Lieferrechnungen, Plafonds schlecht ausgestattet worden. Das heißt, wir haben in Mecklenburg-Vorpommern leider nur 26.500 Hektar Zuckerrübenanbau und von der Stiftung des Werkes in Güstrow sind 12.500 Hektar betroffen.
Zu der konkreten Frage: Wenn diese 12.500 Hektar weiter angebaut werden, hoffe ich, dass die Landwirte nicht auf kurzfristig fi skalische Anreizkomponenten setzen, sondern dass sie ihre Kontingente, ihre Quoten und Lieferrechte nicht zurückgeben, denn es gilt die Verpfl ichtung für das Werk, die Nordzucker AG, egal an welchem Standort, dass die Zuckerrüben abgenommen werden müssen.
Und das zweite Thema, das hat Herr Professor Tack angesprochen, befi ndet sich zurzeit bei den Landwirten, bei den Verbänden in der Prüfung. An wen ist denn jetzt eigentlich die Zuckerrübenquote gebunden? Ist sie an den Grund und Boden gebunden oder ist sie an den Landwirt und damit quasi an den Lieferanten gebunden? Die Klärung dieser Frage wird sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen, die Frage wird gegebenenfalls