Unsere Beschlussvorlage trägt die Nummer 1001, eine Zahl, über die es sich treffl ich philosophieren lässt. Ein „Märchen aus 1000 und einer Nacht“ ist die vom Ausschuss beschlossene Empfehlung sicher nicht. Sie stellt einen argumentativ hart erkämpften Kompromiss zwischen ökonomischen Notwendigkeiten und ökologischen Erfordernissen dar. Sicher ist ein Kompromiss immer etwas anderes als ein Königsweg. Ein Albtraum für die Umwelt ist er deshalb noch lange nicht.
Der Agrarausschuss hat es sich bei seiner Entscheidungsfi ndung nicht leicht gemacht. Und genau dieses Ringen um eine sachgerechte Lösung möchte ich hier deutlich machen.
Es freut mich daher, dass unsere Beschlussempfehlung heute zu einer Tageszeit zur Beratung steht, zu der die Journalisten anders als sonst bei landwirtschafts- oder umweltpolitischen Themen noch nicht im Bett liegen.
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Na, na, na! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie wollen doch nicht die Journalisten beleidigen. – Dr. Armin Jäger, CDU: Es ist doch nichts Schlimmes, wenn sie im Bett liegen.)
Vielleicht sind das schon erste Ansätze einer neuen Betrachtungsweise unseres Allgemeingutes Wasser. Ich habe es von Herrn von der Klüth, dem niederländischen Vertreter des Landesverbandes der Wasser- und Bodenverbände, gehört anlässlich der wissenschaftlichen Tagung des Dachverbandes Agrarforschung zum Thema „Landnutzung und Wasserqualität, Herausforderungen bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie“.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, da sind die Holländer besonders gefragt. – Volker Schlotmann, SPD: Nichts gegen die Holländer!)
Im Ergebnis seiner Ausführungen hat er folgendes Fazit gezogen: Zukünftig wird der Gewässerzustand im zunehmenden Maße über die Art und Weise der Landnutzung entscheiden.
Diesem in die Zukunft weisenden Sachverhalt hat der Agrarausschuss versucht mit der Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung Rechnung zu tragen. Hierauf möchte ich nun näher eingehen. Während der Anhörung und der Beratung ist folgende Frage heiß diskutiert worden: Liegt eine ausreichende Datengrundlage vor, um unter den konkreten Bedingungen Mecklenburg-Vorpommerns hinsichtlich der Abstände von Dünge- und Pfl anzenschutzmaßnahmen zu Gewässern eine Anpassung des Wasserrechts des Landes an das Fachrecht des Bundes vornehmen zu können? Da hat es sowohl seitens der Umweltverbände als auch von Mitgliedern der Fraktion DIE LINKE Bedenken gegeben. Aber wie es nun einmal in der Demokratie ist, letztendlich entscheiden Mehrheiten. Das heißt aber nicht, dass diese Bedenken nicht ernst genommen worden sind.
Die Zauberworte, erlauben Sie mir diesen Begriff, heißen in diesem Falle Monitoring und Revisionsklausel. Es sollen also Daten zum Eintragsgeschehen in unsere Gewässer erhoben werden. Dabei ist die Entschließung so offen gefasst, dass dieses Monitoring sowohl Pfl anzennährstoffe als auch Pfl anzenschutzmittelwirkstoffe umfassen kann. Wie wir wissen, gibt es ja bereits ein Gewässermonitoring, das beim Landesamt in Güstrow angesiedelt ist. Allerdings ist dieses in Bezug auf die Wirkung von Gewässerabständen auf das Eintragsgeschehen kaum aussagefähig. Es sind daher Anpassungen an die spe zielle Fragestellung vorzunehmen. Hierfür haben die Agrarwissenschaftler konkrete Hinweise gegeben. Die Kombination des an die Fragestellung angepassten Monitorings mit den unter defi nierten Bedingungen durchgeführten sogenannten Exaktversuchen soll die benötigten Informationen bringen. Der Ausschuss hat aufgenommen, dass das Ministerium diese Untersuchungen über seinen Haushalt fi nanzieren wird. Deren Ergebnisse sind dann die Grundlage, um über eine Verstetigung der 1-Meter-Abstandsregelung bei der Anwendung von Präzisionstechnik nachzudenken.
Unsere Entschließung sieht insofern eine Selbstbindung unseres Landtages vor. Der Agrarausschuss ist mehrheitlich der Auffassung gewesen, dass so den Interessen beider Seiten des Ressourcenschutzes und der Ressourcennutzung angemessen Rechnung getragen werden kann. Und an dieser Stelle schließt sich der Kreis.
Anfangs hatte ich die volle Ausschussbezeichnung gewählt und ich will Sie nun nicht länger auf die Folter spannen, warum. Das Schöne wie das Schwierige in unserem Ausschuss ist, wie gesagt, beiden Seiten Rechnung zu tragen. Schön ist es, dass wir nun die Anpassung an das Bundesrecht haben. Das Schwierige ist, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen. Das haben wir bei der Vorbereitung unserer Anhörung gespürt und darum ist dieser Teil des schriftlich vorliegenden Berichts auch etwas länger geworden. Während der Bauernverband mit Blick auf die Herbstbestellung berechtigt auf schnelle Rechtssicherheit gedrängt hat, haben die Umweltverbände auf die Einhaltung der gesetzlichen Fristen gepocht. Beide Positionen sind verständlich, aber letztendlich kommt es darauf an, eine für alle Seiten tragbare Lösung zu fi nden. Das ist uns mit dem Gesetzentwurf gelungen.
Ich möchte abschließend dafür werben, dort, wo immer es möglich ist, Umweltallianzen zwischen Schützern und Nutzern zu schmieden und so zum positiven Image unseres Landes beizutragen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserer Beschlussempfehlung. – Danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich beim Parlament und beim Ausschuss dafür bedanken, dass dieses Gesetzesvorhaben – das im Übrigen von den Parteien im letzten Jahr im Rahmen des Wahlkampfes, auch im Zusammenhang mit Wahlprüfsteinen, von allen demokratischen Parteien gewollt wurde – auch umgesetzt wird. Ich will an dieser Stelle betonen, dass selbstverständlich mein Haus für den Gewässerschutz und für den Grundwasserschutz zuständig ist. Wasser ist Leben. Wasser ist eine der wertvollsten Ressourcen dieser Erde. Ich bin mir dessen auch vollkommen bewusst.
Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir gemeinsam nach einer sehr kontroversen Diskussion innerhalb der Anhörung im Ausschuss versucht haben, einen Kompromiss zu fi nden, den wir auch gefunden haben. Dennoch ist es so, dass wir ihn sehr genau prüfen – und das ist im Übrigen einmalig in Deutschland –, ein zeitnahes Monitoring durchführen und sehr genau analysieren werden. Kommt es zu Einträgen, werden wir die Abstandsregelung zurücknehmen.
Auf der anderen Seite ist es so, dass wir in Deutschland eine Düngeverordnung haben, die in praktisch allen Bundesländern umgesetzt worden ist, und zwar 1:1, bis auf drei Bundesländer, die haben es noch nicht getan, aber sie sind dabei. Deswegen bitte ich auch um Verständnis, dass wir im Interesse der Gewässer und im Interesse der Nutzer, aber auch des Umwelt- und Naturschutzes einen Kompromiss gefunden haben. Richtig ist, wir senken – und das will ich auch unumwunden sagen – den Gewässerabstand der ersten und zweiten Ordnung ab von sieben auf drei Meter und, wenn modernste Präzisionstechnik eingesetzt wird, gegebenenfalls auch auf einen Meter.
Herr Professor Methling, Ihren Einwurf kann ich zwar verstehen, aber Sie selber haben als Partei auch dem Bauernverband deutlich gemacht, dass Sie eine 1:1-Umset
zung, wenn Sie an der Regierung beteiligt wären, wollten. Insofern ist es aus meiner Sicht unfair, hier etwas anderes zu sagen.
Ich will an dieser Stelle deutlich machen, die Gewässer erster und zweiter Ordnung sind das eine. Was neu ist in Mecklenburg-Vorpommern, das hätten Sie längst umgesetzt haben können, das sage ich ganz bewusst, dass wir nämlich alle – ich betone, alle –, und das kommt in der Diskussion viel zu kurz, wasserführenden Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Schutzstreifen und damit Randstreifen untersetzen. Das hat es vorher nicht gegeben.
Das hat es vorher nicht gegeben. Deswegen halte ich es für richtig, dass alle wasserführenden Gräben, Sölle oder andere wasserführenden Oberfl ächengewässer mit einem Schutzstreifen versehen werden.
Das wird im Übrigen in der Diskussion oftmals verschwiegen. Es ist einmalig, auch das betone ich, in der Bundesrepublik Deutschland, dass wir alle Oberfl ächengewässer mit einem Randstreifen versehen.
Wir werden nach dem Beschluss dieses Gesetzes, ich habe das schon angedeutet, umgehend ein Monitoring in Auftrag geben, das bis zum Jahr 2010 die Auswirkungen der Gesetzesänderung untersucht. Kommt die Wissenschaft dabei zu einem Ergebnis, dass sich insbesondere die 1-Meter-Abstandsregelung negativ auf die Gewässerqualität auswirkt, wird es keine Verlängerung geben. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass die Landwirte, die die gute fachliche Praxis im Rahmen der europäischen Begleitung anzuwenden haben, innerhalb der CrossCompliance-Überwachung überprüft werden. Ich warne jedoch an dieser Stelle öffentlich jeden Landwirt davor, diese Regelungen nicht ordnungsgemäß einzuhalten, weil sie damit automatisch ihre Ausgleichszahlungen von der Europäischen Union aufs Spiel setzen.
Ich will an dieser Stelle sagen – Herr Methling, Sie sind lange genug in der Wissenschaft gewesen, deswegen glaube ich auch, dass Sie das nachvollziehen können, was ich jetzt noch einmal ausdrücklich sage –, das Problem ist nicht der Gewässerrandstreifen,
sondern das Grundproblem ist der Eintrag auf der Fläche. Ich kann hier nur die Landwirtschaft und alle Nutzer dringend auffordern, alles dafür zu tun, dass der pfl anzenverfügbare Nährstoff auch genutzt wird, nicht in das Grundwasser und erst recht nicht ins Oberfl ächengewässer gelangt.
Da liegen die Hauptprobleme, da werden wir handeln. Ich werde in Kürze ein durch die Europäische Union genehmigtes Programm, wenn es denn genehmigt wird, zur Winterbegrünung mit dem Ziel vorlegen, dass damit Flächen ganzjährig, und zwar für ein Jahr, begrünt werden müssen, um damit die Nährstoffeinträge innerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern weiterhin abzusenken.
Insgesamt gilt, das will ich hier noch einmal unterstreichen, denn morgen wird die HELCOM in Krakau Beschlüsse fassen, die genau auf unsere Initiative zurückgehen, und darüber bin ich froh, dass wir auf der aktuellen soliden Datenbasis im Einklang mit den Managementplänen und im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie zu einer weiteren Reduzierung in dem Ostseeanrainergebiet kommen wollen. Ich habe dies immer unterstützt. Es bedarf dazu jedoch einer nationalen Abstimmung. Ich gehe davon aus, dass wir damit den besten Beitrag für die Ostsee insgesamt leisten können und werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, auch wenn ich es an dieser Stelle vielleicht noch einmal wiederhole, bitte ich Sie: Lassen Sie uns der Landwirtschaft in diesem Lande mit der Neuregelung auch einen Vertrauensvorschuss geben! Eine Vielzahl der Landwirte versteht sich bereits jetzt als verantwortungsvoller Partner für einen nachhaltigen Natur- und Umweltschutz. Die Wenigen, die wir noch nicht mit im Boot haben, werden wir mit der Härte des Gesetzes anpacken. Das funktioniert am besten, wenn wir denen, die es ablehnen, mit Argumenten den Wind aus den Segeln nehmen, indem wir die Vorleistungen der Landwirtschaft oder auch Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Regionen abbauen und damit durch Investitionsanreize in moderne – ich betone, moderne – und innovative Umwelttechnik investieren. Die meisten Landwirte haben heute in Mecklenburg-Vorpommern die modernste Agrartechnik im Einsatz. Damit sind wir führend in Deutschland. Unsere Philosophie, bei der bleibe ich, ist Schutz durch Nutzung. Das ist gelebte Umweltpolitik, so, wie ich sie verstehe, wie es am sinnvollsten für die Natur und für die Umwelt in Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen ist. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Udo Pastörs, NPD: Durch verantwortungsvolle Nutzung, Herr Minister. Durch verantwortungsvolle Nutzung.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vertreter meiner Fraktion im Agrarausschuss haben den Prozess der Änderung des Wassergesetzes des Landes offen und auch konstruktiv begleitet. Offen heißt, wir haben die Argumente der Befürworter und der Gegner der Veränderungen der Abstandsregelungen zur Kenntnis genommen und mit ihnen diskutiert. Konstruktive Begleitung heißt, wir haben konkrete Vorschläge gemacht, Entschließungen in den Agrarausschuss eingebracht und die Ergebnisse der Anhörung durch eine gute Auswahl der Teilnehmer und der Fragestellungen bereichert.